Beweglichkeit zurückgewinnen
Lustvolle Bewegung ist die beste Medizin, wenn es im Rücken oder Nacken zwickt. Doch was, wenn der Schmerz so heftig auftritt, dass es einen vor jedem Schritt graut? Dann stellen Mittel wie Ibuprofen, Diclofenac oder selbst Opioide eine wertvolle Option dar.
Nutzt man die Schmerzfreiheit für leichtes Krafttraining, Schwimmen, Yoga oder auch nur für längere Spaziergänge, bietet der Gewinn an körperlicher Leistungsfähigkeit die Chance, das Zerren im Rücken dauerhaft zurückzudrängen.
„Auch bei chronischen Beschwerden kann eine zeitlich begrenzte medikamentöse Behandlung helfen, aktivierende Maßnahmen umzusetzen“, sagt Marcus Schiltenwolf, Leiter des Bereichs Konservative Orthopädie und Schmerzmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg. „Entscheidend ist dabei, dass der Arzt den Erfolg der Therapie regelmäßig kontrolliert und die Medikamente nur dann weiter verordnet, wenn sich eine Besserung einstellt.“
Schmerztabletten bei Rückenschmerzen
Bei mittelstarken Beschwerden mindern rezeptfreie Arzneien die Pein.
Wirkstoffe wie Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen oder ASS blockieren die Bildung von Prostaglandinen, den körpereigenen Schmerz- und Entzündungsboten. Niedrig dosiert, gibt es die nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) ohne Rezept. Laut Studien verschaffen sie kurzfristig Linderung.
Auf lange Sicht beeinflussen die Mittel den Verlauf von Kreuzweh allerdings nicht besser als Placebos. Paracetamol (zählt nicht zu den NSAR) bleibt bei unspezifischen Rückenschmerzen ohne Effekt. „Für kurze Zeit eingenommen, sind die Entzündungshemmer gut verträglich“, so Orthopäde Schiltenwolf. Nebenwirkungen betreffen vor allem Magen und Darm (z.B. Schleimhautreizung, Blutungen) sowie Nieren.
Menschen mit Nierenschwäche oder Herzerkrankungen sollten mit ihrem Arzt reden, bevor sie zu nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) greifen.
Werbung
Wärmepflaster bei Rückenschmerzen
Die klebenden Helfer entspannen die verkrampfte Muskulatur in Nacken oder Kreuz.
Die Pads werden direkt auf dem Schmerzort fixiert und geben ihre Wärme über Stunden ab. Das kurbelt die Durchblutung an und hilft den Muskeln an der Körperoberfläche, sich zu entspannen.
Es gibt zwei Arten von Wärmespendern. Pflaster mit dem Pfefferextrakt Capsaicin erzeugen das Wärmegefühl durch den Reizeffekt auf der Haut. Bei Pflastern mit Aktivkohle und Eisen entwickelt sich die Hitze durch eine chemische Reaktion im Inneren der Auflage.
Die Pflaster sind nicht ganz frei von Nebenwirkungen. Capsaicin kann zu Juckreiz auf der Haut führen. Die selbstwärmenden Auflagen wiederum verursachen mitunter Hautrötungen.
40% der Wirkung von Schmerzmitteln gehen nicht auf das eigentliche Medikament, sondern auf den Placebo-Effekt zurück.
Werbung
Spritze bei Hexenschuss
Cortison-Gaben sind beliebt bei akuten Rückenschmerzen – aber Experten raten ab.
Ist der Leidensdruck nach einem Hexenschuss (Lumbago) sehr groß, bitten Patienten den Arzt oft um eine Spritze in den Gesäßmuskel. Der Orthopäde injiziert daraufhin meist ein örtliches Betäubungsmittel oder einen Mix aus Lokalanästhetikum und niedrig dosiertem Cortison.
In den letzten Jahren rücken Ärzte jedoch von der Nadeltherapie ab. Sie hilft Studien zufolge kaum besser als etwa eine Ibuprofen-Tablette, kann aber Komplikationen wie etwa Abszesse auslösen. Die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz (NVL) rät deshalb bei „akuten oder chronischen nicht spezifischen Kreuzschmerzen“ von Spritzen für den Rücken ab.
„Streng genommen sind Schmerzspritzen sogar ein Behandlungsfehler“, urteilt Marcus Schiltenwolf.
FOCUS-GESUNDHEIT 03/20
Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Text sowie mehr zum Thema Orthopädie finden Sie in der Ausgabe Rücken & Gelenke von FOCUS-GESUNDHEIT, erhältlich als E-Paper oder Print-Heft.
Zum E-Paper-Shop
Zum Print-Shop
Muskelentspannende Mittel
Spezielle Wirkstoffe können akute und heftige Verspannungen kurzfristig lindern.
Muskellockernde Arzneien wie z.B. Methocarbamol, Tizanidin oder Diazepam lindern akutes Kreuzweh, das auf einer verhärteten Skelettmuskulatur beruht. Die sogenannten Muskelrelaxantien wirken zumeist im Gehirn. Dort hemmen sie die Impulse an die Muskeln, sich zusammenzuziehen.
Bei den Arzneien handelt es sich in der Regel um verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel. Sie machen oft müde (Ausnahme Methocarbamol). „Das Abhängigkeitspotenzial ist erheblich. Deshalb sollte man Muskelrelaxantien nur kurz einnehmen“, empfiehlt Schmerztherapeut Marcus Schiltenwolf. Und auch nur dann, wenn Wärmetherapien, Krankengymnastik oder Bewegung keine Besserung gebracht haben.
Werbung
Infiltrationsbehandlung
Bei dieser Behandlung spritzt der Arzt die Medikamente exakt an den Schmerzort.
Orthopäden sprechen von Infiltrationen, wenn sie ihre Medikamente punktgenau dorthin injizieren, wo der Schmerz sitzt – etwa an die durch einen Bandscheibenvorfall gereizte Nervenwurzel (periradikuläre Therapie). Ein Gemisch aus Cortison und Lokalanästhetikum betäubt den Nerv kurzzeitig und fördert die Abschwellung.
Die Kontrolle mit Ultraschall oder Röntgen hilft, die Nadel präzise zu platzieren. „Infiltrationen können Schmerzen vorübergehend bessern und den Schmerzkreislauf unterbrechen“, urteilt Marcus Schiltenwolf. „Wie alle passiven Methoden helfen sie jedoch nur kurzfristig.“
Tipps: Rückenschmerzen vorbeugen (Unser Podcast für ein gutes Körpergefühl – Folge #9)
Zu Gast im Podcast:
Dr. med. Ulf Marnitz, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am Rückenzentrum am Markgrafenpark in BerlinRückenschmerzen kennt (fast) jeder, denn sie zählen zu den häufigsten Beschwerden der Menschen in Deutschland.
In dieser Podcastfolge sprechen wir mit dem Schmerzexperten, Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. Ulf Marnitz darüber, was jeder tun kann, um der Pein im Kreuz effektiv vorzubeugen. Der ergonomische Büroarbeitsplatz gehört genauso dazu wie die richtige Bewegung.
Unser Experte erklärt, warum Sitzbälle Schnee von gestern sind und wie ihr die innere Rückenmuskulatur am besten trainiert. Die passende Übung für zu Hause verrät er natürlich auch.
Außerdem finden wir die SOS-Tipps für akute Rückenschmerzen heraus und klären, was langfristig hilft. Zudem erfahrt ihr, wie ein Bandscheibenvorfall entsteht und weshalb schonen immer kontraproduktiv ist.