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Erkältungsmythen – welche sind richtig, welche falsch?

Heiße Zitrone stärkt die Abwehr, Händewaschen schützt, und 
wer mit nassen Haaren ins Freie geht, provoziert quasi einen Schnupfen: Was trifft zu und was ist Mythos?

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Erkältungsmythen: Hände legen sich um eine Tasse mit einer Zitrone drin und drum herum liegen Zitronen, Kapseln, ein Honigholzlöffel und Nasenspray

© iStock-Photo

Bei den ersten Anzeichen musst du ...
Und ist der Infekt erst mal da, nimm ...

Spricht man von Erkältung, gehen so viele Mythen um, wie Viren in der Winterluft wirbeln. Gut gemeinte Ratschläge sollen das Immunsystem stärken oder die Erkältung schneller heilen. Um zu verstehen, was wirklich vor Viren schützt und wie Sie Erkältungssymptome lindern, hilft ein Blick auf die Arbeitsweise der Immunabwehr. Sie ist ein komplexes System, bei dem eine Vielzahl von Abläufen wie Zahnräder ineinandergreifen. Wir haben vier verbreitete Mythen rund um Ansteckung, Symptome, Ernährung und Sport auf ihre Wirksamkeit geprüft.

Erkältungsviren und Freunde
 

200 verschiedene Erreger lösen eine Erkältung aus. Darunter sind Varianten von Rhino-, Corona- und Adenoviren. Diese fünf Virenarten und ihre Infektionskrankheiten sind bei uns häufig anzutreffen.

  • Rhinovirus: 30 bis 50 Prozent der Erkältungen werden ausgelöst durch das Rhinovirus
  • Mastadenovirus: Die Viren verursachen Atemwegsinfekte, Blasen- oder Bindehautentzündungen
  • Influenzavirus: Die „echte“ Grippe nennt sich auch Influenza. Davor schützt die Impfung
  • Enterovirus: Die meisten Infektionen mit dem Enterovirus verlaufen ohne Symptome
  • Coronavirus: Vier harmlose Varianten des Virus sind für 30 Prozent der Erkältungen verantwortlich. Die neue Variante Sars-CoV-2 ist derzeit weitaus gefährlicher

Mythos 1

 Erkältung kommt von Kälte

Nein, wir erkälten uns nicht, weil uns kalt ist. Trotzdem fangen sich Erwachsene zwei bis fünf Erkältungen jährlich ein, die meisten im Herbst und Winter. Das liegt zum einen an den Viren selbst: „In der kalten Jahreszeit sind infektiöse Viruspartikel stabiler“, erklärt Martina Prelog, Fachimmunologin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Wärme greift ihre Struktur an. Zum anderen belastet Kälte unser Abwehrsystem. „Haut und Schleimhaut bilden die erste Barriere gegen Erreger“, sagt Prelog. Ihre Aufgabe ist es, Viren und Bakterien möglichst schon beim ersten Kontakt zu zerstören. Während die Haut diese Aufgabe über einen sauren pH-Wert und ihre spezielle Bakterienflora erfüllt, setzt die Schleimhaut zusätzliche Abwehrmechanismen ein: „Im Schleim sind entzündungshemmende Botenstoffe, die Bakterien und Viren spalten“, so Prelog.

Flimmerhärchen und Antikörper auf der Schleimhaut tun den Rest. Intakte Haut und Schleimhaut sind also ein wichtiger Teil unserer Immunabwehr – aber angreifbar. „Diese erste Schutzbarriere kann geschwächt werden durch Austrocknen.“ An trockenen, rissigen Händen setzen sich Viren leichter fest – 30 Sekunden lang mit Seife Händewaschen spült nahezu 100 Prozent der Erreger ab. Und verhindert, dass die Viren buchstäblich von der Hand in den Mund oder die Nase gelangen, wenn wir uns ins Gesicht fassen – was laut Statistik alle paar Sekunden geschieht.

In Mund und Nase treffen die Erreger auf Schleimhäute, die von trockener Heizungsluft geschwächt sind. „Kommt noch Kälte dazu, ziehen sich die Gefäße zusammen, das Gewebe wird schlechter durchblutet, und weniger Abwehrzellen kommen dort an.“ Rauchen und Alkohol sind zusätzliche Risikofaktoren. „Alkohol trocknet die Schleimhäute aus, Rauchen verengt die Gefäße und hemmt die Abwehrzellen in der Schleimhaut“, erklärt Prelog.

Auch wenn in der kalten Jahreszeit der Glühwein lockt – Zurückhaltung beim Alkohol sowie Rauchverzicht tun der Immunabwehr gerade im Winter gut. Eine gute Durchblutung schützt zusätzlich vor Infekten. „Körperliche Aktivität trainiert das Gefäßsystem, schneller auf Temperaturwechsel zu reagieren“, erklärt Prelog. Bewegung an der frischen Luft hält die Gefäße aktiv. Zusätzlich gilt: viel trinken! „Zwei bis drei Liter Wasser am Tag halten die Schleimhäute feucht“, rät Prelog.

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Mythos 2

Eine Erkältung kommt drei Tage, bleibt drei Tage und geht drei Tage

Diese Binsenweisheit stimmt tatsächlich. In der Regel dauert eine Erkältung neun Tage.
Für den typischen Erkältungsverlauf sind allerdings nicht die Viren selbst verantwortlich, sondern unser Immunsystem. Um die feindliche Attacke abzuwehren, setzt es eine Abwehrschlacht in Gang, zu der auch Symptome wie Triefnase und Hustenanfall gehören. Das Ziel: die Eindringlinge aus dem Körper zu schwemmen oder zu schleudern. Sobald das Virus in die Schleimhautzellen eindringt, machen sich Abwehrzellen des angeborenen Immunsystems vor Ort an die Arbeit. „Es ist die erste Polizei im Körper, sie wird bereits nach wenigen Stunden aktiv“, sagt Expertin Prelog. Immer mehr weiße Blutkörperchen, wie Monozyten, werden ins Schleimhautgewebe rekrutiert. Im Gewebe wandeln sie sich in Makrophagen und fressen Viren auf. 90 Prozent aller Infektionen bekämpft die angeborene Abwehr. 

Währenddessen ruft die attackierte Schleimhautzelle mittels Botenstoffen Entzündungszellen zu Hilfe. Die angeborene Abwehr, auch „unspezifisches“ Immunsystem genannt, schützt uns von Geburt an mithilfe spezieller Immunzellen und Botenstoffen vor Erregern. Eine beginnende Entzündungsreaktion in der Schleimhaut ist die erste Immunantwort: Der Rachen kratzt, die Nasenschleimhaut produziert Schleim. In dieser Phase sollte man viel trinken, um den Schleimfluss zu unterstützen. „Gegen eine verstopfte Nase helfen Kochsalz-Nasentropfen. Abschwellende Nasensprays sollten nur bei starker Beeinträchtigung und nicht länger als sieben Tage am Stück benutzt werden“, rät Prelog.

Im Kampf schickt das angeborene Immunsys­tem weiter Entzündungsbotenstoffe durch den Körper – eine Kettenreaktion, die das lymphatische System aktiviert. Halsschmerzen gesellen sich dazu, denn lymphatisches Gewebe sitzt unter an­ derem in den Mandeln. Sie schwellen an. „Gegen Halsschmerzen helfen Lutschbonbons, die die Durchblutung fördern und entzündungslindernd wirken“, so Prelog.

In den ersten Tagen kommen die herbeigerufe­nen Zellen des erworbenen, oder auch „spezifi­schen“, Immunsystems an, das sich im Laufe des Lebens im direkten Kontakt mit Krankheitserre­gern ausbildet und diese gezielt bekämpft. Bis die ersten spezifischen Antikörper gegen den Erreger produziert sind, dauert es fünf bis sieben Tage. In dieser Zeit lösen Boten­stoffe im ganzen Körper eine leichte Ent­zündung aus – Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sind die Folge: „Die Symptome kommen von Botenstoffen wie Interleukin-6, das die Körpertemperatur reguliert und Entzündungszellen aus dem Knochenmark freisetzt“, erklärt Prelog.

Der Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS) hemmt diese Botenstoffe und lindert Fieber und Schmerzen. Auch Ruhe tut dem Körper in dieser Phase gut. „Im Schlaf organisiert und regeneriert sich unser Immunsystem“, erklärt Prelog. Das gilt auch, wenn wir gesund sind – zu wenig Schlaf ermüdet unsere Abwehrzellen. Neben zu wenig Melatonin hemmt auch zu viel Cortisol die Immunabwehr. „Nach einer stressigen Phase ist das Immunsystem oft anfälliger für Infektionen“, so Prelog. Nach wenigen Tagen klingen die Symptome meist ab: „Regulatorische T-Zellen bremsen das Immunsystem auf normales Niveau.“ Nur der typische Husten hält sich hartnäckig.

„Reizhusten kommt von einer Überempfindlichkeit der Schleimhäute, sozusagen eine Nachwehe der Entzündungsreaktion“, klärt Prelog auf. Deshalb sollte man auch nach einer Infektion auf seinen Körper achten: Entzündungsfaktoren wirken nach, unter anderem in den Gefäßen. Der komplette Ablauf belastet den Körper. „Nach zwei Wochen ist man dann tatsächlich durch“, verspricht die Expertin.

FOCUS-GESUNDHEIT 01/23

Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Text finden Sie in der Ausgabe Besser leben. Weitere Themen: Studien belegen den gesundheitlichen Gewinn von Kaffee, neue Medikamente reduzieren Übergewicht. U.v.m.

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Mythos 3

Vitamin C hilft gegen Erkältungen

Weht mit dem Winter die Erkältungssaison ins Haus, greifen viele reflexartig zu Vitamin-C-Präparaten. Schließlich schützt das Vitamin vor Infekten, oder? Falsch, weder schützen Vitamin- C-Kapseln vor Ansteckung, noch lindert ein Glas frisch gepresster Orangensaft Erkältungssymptome. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) urteilt eindeutig: „Eine zusätzliche Einnahme von Vitamin C in Form von Supplementen hat keine präventive oder therapeutische Wirkung auf die Dauer oder Häufigkeit von grippalen Infekten.“ Vitamin-C-Booster bei einer laufenden Nase helfen also nicht.

Dennoch gibt es etwas, das Sie für Ihr Immunsystem tun können: durch günstige Ernährung Ihrem Darm Gutes tun. „Forschungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die Versorgung des Körpers mit bestimmten Nährstoffen unser Immunsystem beeinflusst“, erklärt die DGE. In der Darmschleimhaut sitzt der Großteil körpereigener Immunzellen, gemeinsam bilden sie das darmassoziierte lymphatische Gewebe. Die Darmschleimhaut ist damit die größte Einheit unseres Abwehrsystems – ihr Mikrobiom hat einen erheblichen Einfluss auf unser Immunsystem. „Mikroorganismen“, so die DGE, „besiedeln Haut, Schleimhäute und Darm – je vielfältiger, desto besser.“

Fördern lässt sich diese Vielfalt vor allem durch Ballaststoffe. Die meisten pflanzlichen Lebensmittel beinhalten sie, besonders reich an den wertvollen Nahrungsfasern sind Hülsenfrüchte und Artischocken, aber auch Vollkornprodukte. 100 Gramm Vollkornnudeln enthalten fünf Gramm Ballaststoffe, Weizennudeln lediglich zwei. Auf 30 Gramm Ballaststoffe sollte ein gesunder Erwachsener am Tag kommen.

Daneben sind auch Vitamine und Mineralstoffe essenziell für eine starke Abwehr. „Aminosäuren, Vitamin E, C und A, Selen und Zink verbessern die Infektabwehr und verringern Gewebeschäden“, erklärt die DGE. Vitamin C findet sich in Paprika, Kohlarten, Tomaten und Zitrusfrüchten; Zink kommt in Haferflocken, Roggenvollkornbrot und Milchprodukten vor. Ein Vitamin‐C‐Booster ist im akuten Krankheitsfall also wenig hilfreich, eine abwechslungsreiche Ernährung das ganze Jahr über ist jedoch eine Energiequelle für das Immunsystem. „Täglich fünf Hände voll rohes und gegartes Obst und Gemüse inklusive Hülsenfrüchten und Nüssen, außerdem eine ausreichende Vitamin‐D-Versorgung durch Bewegung im Freien von März bis Oktober und mindestens anderthalb Liter Wasser am Tag trinken“, so sieht es die DGE vor. Halten Sie sich an diesen Plan, kommt die Immunabwehr von ganz alleine in Schwung.

Wie Ballaststoffe das Immunsystem nähren

Ballaststoffe werden im Dickdarm von Bakterien zu kurzkettigen Fettsäuren wie Propionsäure und Butyrat abgebaut. Diese senken den pH-Wert des Darminhalts und dienen der Darmschleimhaut als Nährstoffe. Die Darmschleimhaut beheimatet 70 Prozent der körpereigenen Immunzellen – eine ballaststoffreiche Ernährung füttert das Immunsystem.

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Mythos 4

Sport schwitzt die Erkältung einfach aus

Ein Kratzen im Hals und kalte Füße – jetzt eine Runde joggen und die Erkältung ausschwitzen? Besser nicht! Äußern sich Erkältungssymptome, kämpft unser Immunsystem bereits seit einem oder zwei Tagen gegen die Erreger. Die Abwehr hat beeits begonnen, Botenstoffe auszusenden und Entzündungsreaktionen anzustoßen. Beim Sport kommen weitere Stressreize hinzu: Der Puls steigt an, die Durchblutung in Lunge, Muskeln und Schleimhäuten wird gefördert und das Immunsystem zusätzlich stimuliert.

Die Folge: Entzündungsreaktionen schwelen länger als üblich. Im schlimmsten Fall kann sich eine gefährliche Herzmuskelentzündung entwickeln. „Sport ist während eines akuten Infekts tabu“, sagt Bernd Wolfarth, Leiter der Abteilung Sportmedizin an der Charité Universitätsmedizin in Berlin. Und auch nach Abklingen der Symptome ist Vorsicht geboten. „Selbst wenn die akute Infektion vorbei ist, kann im Körper noch eine Entzündung vorhanden sein und Organe in Mitleidenschaft ziehen. Eine voreilige Überanstrengung befeuert diese Prozesse“, so Wolfarth. Er empfiehlt daher eine Schonfrist von drei bis fünf Tagen. „Anschließend ist es wichtig, in sich hineinzuhorchen. Nur wer symptomfrei ist und sich fit fühlt, sollte wieder mit Sport beginnen“, rät der Sportmediziner.

In gesunden Zeiten dagegen ist Bewegung ein echtes Wundermittel gegen Infekte. Ein ruhendes Immunsystem wird durch die regelmäßigen Stressreize des Sports trainiert. „Sport macht die Abwehr effektiver“, bestätigt Hans‐Georg Predel, Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin der Sporthochschule Köln. „Der Körper schüttet vermehrt Botenstoffe aus. Zusammen mit Adrenalin werden so Abwehrzellen mobilisiert, die Entzündungen bekämpfen“, erklärt er. Sport bereitet die Immunzellen quasi auf den Ernstfall vor; und lehrt das Immunsystem, sich nach dem Stress wieder zu beruhigen. Denn nicht nur die schnelle Reaktion auf einen Angriff, auch der geregelte Rückzug nach der Schlacht ist Zeichen für ein gesundes Immunsystem.

Nicht zuletzt sorgt Sport dafür, dass genügend Immunzellen dort ankommen, wo sie zur Abwehr des nächsten Angriffs gebraucht werden. Das bestätigt auch Immunologin Prelog: „Von einer guten Durchblutung profitiert die erste Abwehr, denn Antikörper kommen schneller und in großer Zahl in der Schleimhaut an.“

FOCUS-Gesundheit 01/24 – Einfach besser leben 2024

© FOCUS-Gesundheit

FOCUS-Gesundheit 01/2024

Einfach besser leben 2024
Viele Alterungsprozesse lassen sich nachweislich bremsen. Was uns jung hält. Wie wir Lust an Bewegung (wieder) finden. Plus: Übungen fürs Home-Workout. U.v.m.

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Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Den passenden Arzt finden Sie über unser Ärzteverzeichnis.

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