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So heilen Wunden besser

Zur Angst vor der OP gesellt sich häufig noch die Sorge vor einer hässlichen Narbe. Was Sie beitragen können, damit das Mal flach und unauffällig wird. Eine kleine Wundfibel.

Von

Geprüft von Andrea Hennis, Chefredakteurin FOCUS-GESUNDHEIT

Veröffentlicht: 2024-08-07T11:14:57+02:00

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Verband und Verbandschere auf weißem Hintergrund

© Miragec / Getty Images

Ein tiefer Schnitt mit dem Skalpell, sicher geführte Instrumente, und nach dem Eingriff verschließt eine Naht den Ort des Geschehens. Was im Operationssaal eine Abfolge von Routineab­läufen ist, hinterlässt im Körper zunächst ein Bild der Zerstörung. Das chirurgische Messer hat Gewebeschichten durch­trennt, Zellen vernichtet, Blutgefäße und Nervenbahnen zerschnitten. Und doch: Für den Operierten besteht kaum Grund zur Sorge. Denn der Organismus gewinnt rasch Kontrolle über die Situation, sodass am Ende – wenn alles gut läuft – nur noch eine blasse Narbe von der einstigen Kata­strophe zeugt.

„Im Prinzip hat es der Körper bei Operationswunden sogar leichter als bei großflächigen Schürfwunden“, weiß Erwin Schultz, Chefarzt der Hautklinik und Sprecher des interdisziplinären Wund­zentrums am Klinikum Nürnberg. Durch die Naht liegen die Ränder der Opera­tionsverletzung dicht aneinander und wachsen recht schnell wieder zusammen. Das ist in der Regel nach sechs bis zehn Tagen der Fall.

Die Haut ist ein Paradebeispiel für die menschliche Regenerationsfähigkeit. Der Körper verfügt über alle Mechanismen, um Einschnitte, die eine Operation an­gerichtet hat, eigenständig zu reparieren. Patienten können dennoch einiges unter­nehmen, um den Selbstheilungsprozess zu unterstützen. Und sollten dies auch tun – damit die Narbe, die nach einem operativen Eingriff unweigerlich entsteht, optimal verheilt und nach einer gewissen Zeit kaum noch auffällt.

Blutungen signalisieren dem Körper: Reparaturprozess starten!

Die erste Stufe der Heilung läuft bereits an, wenn die frisch Operierten im Auf­wachraum liegen. Zunächst fließt noch etwas Blut, was die Wunde reinigt. Zer­störte Zellen und Keime werden ausge­schwemmt. Dann bilden Blutplättchen zusammen mit einem feinen Fasernetz aus dem Eiweißstoff Fibrin einen ersten Wundverschluss. Das stoppt die Blutung und verhindert gleichzeitig, dass neue Kei­me eindringen. Der erste wichtige Schritt zur Heilung ist getan.

Die drei Phasen der Heilung

Der Reparaturprozess läuft stets nach diesem Muster ab

Die drei Phasen der Wundheilung

© FOCUS-Gesundheit

1. Reinigungsphase
Bis Tag 3 nach OP: Der Körper initiiert einen Entzündungsprozess. Weiße Blutkörperchen helfen bei der Reinigung der Verletzung. Sekret schwemmt Reste beschädigter Zellen und Keime aus. Blutplättchen bilden einen Pfropf, um die Blutung zu stoppen

2. Aufbau von neuem Gewebe
Höhepunkt nach 72 Stunden: Mit Ersatzgewebe wird die Wunde von den Rändern heraufgefüllt. Fibroblasten setzen sich an die Wundränder, bauen ein Netz , bilden Kollagen. So wird die Stelle stabilisiert. Fresszellen reinigen die Wunde

3. Narbenbildung
Bis zu 2 Jahre: Das Ersatzgewebe wandelt sich in Narbengewebe, die Wunde schließt sich endgültig. Zwei Wochen nach dem Eingriff hat das verletzte Gewebe rund fünf Prozent seiner ursprünglichen Belastbarkeit erreicht, nach vier Wochen etwa 40 Prozent. Die Narbe kann sich in Form und Farbe noch verändern

Nach zehn Tagen können die Fäden gezogen werden

Schwillt die Wunde in den darauffolgen­ den Tagen leicht an, rötet sich und juckt ein wenig, ist das ein Zeichen dafür, dass die Reparatur nach Plan fortschreitet. Der Körper führt in dieser Phase eine Ent­zündungsreaktion herbei. „Wichtig ist in dieser Zeit, die Wunde unter sterilem Ver­bandsmaterial keimfrei zu halten und nicht an der Verletzung zu manipulieren“, sagt Wundexperte Schultz. Regelmäßiger Verbandswechsel sowie eine guter Schutz sind nun wichtig. Das Neuverbinden ist immer auch eine gute Gelegenheit, den Fortgang der Heilung zu begutachten. „Alarmiert sollte man sein, wenn die Wunde plötzlich heiß wird, stark schmerzt und pocht, wenn sie wieder nässt oder Eiter austritt“, sagt Schultz. Dies sind Zei­chen für eine Infektion.

Wenn die Wunde nicht heilt

Diese Anzeichen deuten auf eine Infektion hin. Trifft eines zu, dringend Ärztin oder Arzt konsultieren:

  • Wunde riecht übel: Ein fauliger oder käsiger Geruch können als Ursache eine bakterielle Infektion haben
  • Schmerzen und Wundausfluss: Eiter, vermehrtes Sekret sowie zunehmende Druckschmerzen deuten darauf hin, dass die Verletzung nicht gut heilt
  • Lymphknoten geschwollen: Vergrößerte Lymphknoten zeigen an, dass das Immunsystem aktiv ist und der Körper gegen einen Infekt kämpft
  • Hohes Fieber: Jetzt sofort handeln! Fieber kann ein Anzeichen für eine Blutvergiftung sein. Umgehend ärztliche Behandlung suchen

Verläuft alles gut, werden nach etwa zehn Tagen die Fäden gezogen. Größere Wundmale versuchen Chirurgen heute durch eine spezielle Naht, die Intrakutan­ naht, zu verhindern. Der Faden wird dabei knapp unter der Hautoberfläche geführt; um Einstichstellen, die später vernarben, möglichst zu vermeiden. Minimalinvasive Operationstechniken kommen ohne den „großen Schnitt“ aus. Auch das minimiert das Ausmaß der Verletzung.

Dennoch, eine Narbe bleibt immer zu­rück. Sie entsteht, sobald die zweite Haut­schicht, die Dermis, beschädigt wird. Im Prinzip ist Narbengewebe Haut zweiter Wahl. Während die Kollagen­fasern normalerweise miteinander ver­kreuzt sind, verlaufen sie im Narbenge­webe parallel. Dadurch büßt das Gewebe an Elastizität ein, ist weniger gut durch­blutet und verletzungsanfälliger. Zudem ist die Pigmentierung geringer, sodass sich eine Narbe optisch von der restlichen Haut abhebt und empfindlicher ist gegen­über UV­-Strahlung.

FOCUS-Gesundeheit 03/2024 – Moderne Chirurgie

© FOCUS-Gesundheit

Moderne Chirurgie

FOCUS-Gesundheit 03/24
Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Text finden Sie in der Ausgabe Moderne Chirurgie. Weitere Themen: Was personalisierte Chirurgie für Patienten bedeutet. Gezielte Maßnahmen vor der OP reduzieren Schmerzen und Komplikationen. U.v.m.

Sicherheit zuerst: Der Körper verschließt schnell die Wunde

Biomedizinisch betrachtet ist es durch­ aus sinnvoll, diese Schwachpunkte in Kauf zu nehmen. „Eine Verletzung setzt die Hauptfunktion der Haut als Schutz­barriere außer Kraft“, erklärt Gerd Gaug­litz, Dermatologe aus München und Mit­autor der medizinischen Leitlinien zur Narbentherapie. Die gefährliche Lücke zu schließen hat fr den Körüper absolute Priorität. „Da kommt es aufs Tempo an, nicht auf Aussehen und physiologische Perfektion“, sagt Gauglitz. Die vollständige Heilung braucht Zeit. Tiefe Ver­letzungen benötigen rund neun Monate, bis sie wieder aufgefüllt sind. In dieser Zeit verändert sich die Narbe, passt sich optisch immer mehr dem gesunden Ge­webe an – zumindest bei einem normalen Heilungsverlauf.

„Wuchernde Narben entstehen, wenn die Wundheilung gestört ist“, erläutert Gerd Gauglitz. Auch starker Zug auf die Wunde, beispielsweise an Körperstellen mit hoher Hautspannung wie im Bereich von Schulter, Brust oder Gelenken, kann eine übermäßige Produktion von Binde­gewebe anregen. Dermatologen sprechen von hypertrophen Narben. Ein weiterer problematischer Typ sind sogenannte Keloide, gutartige Narbentumoren, die auch in das umliegende Gewebe hinein­wuchern. Unbehandelt können sie über Jahre weiterwachsen. Genetische Fakto­ren spielen sehr wahrscheinlich eine Rolle bei der Keloidbildung. Außerdem neigen junge Menschen und Personen mit dunkler Pigmentierung eher dazu.

Prof. Dr. Gerd Gauglitz, Dermatologe und Mitautor der Leitlinie zur Narbentherapie

Die Narbe flach halten: Was Dermatologen tun können

Ärztinnen und Ärzte haben eine Reihe von Therapiemöglichkeiten, um in eine fehlgesteuerte Narbenbildung korrigie­rend einzugreifen. Synthetische Gluko­kortikoide – umgangssprachlich als Kor­tison bezeichnet –, direkt in das Narben­gewebe injiziert, hemmen die Bildung von neuem Gewebe und können so Wu­cherungen stoppen. Diese Behandlung kombinieren Dermatologen häufig mit Kryotherapie, einer Vereisung mit flüssi­gem Stickstoff, die überschüssiges Ge­webe absterben lässt. Auch Laserbehand­lungen lassen Narben abflachen und Rötungen verblassen.

Solche Therapien erfordern einen langen Atem. Bei stark wucherndem Gewebe können durchaus bis zu zwei Jahre ver­gehen, bis das Ergebnis zufriedenstellend ist. Im Idealfall fällt die Narbe danach auf den ersten Blick kaum noch auf. Zumin­dest bei OP­-Narben bis zu einer Länge von zehn Zentimetern ist das realistisch. „Ganz verschwinden lassen können wir sie natürlich nicht“, sagt Gauglitz.

Derzeit untersuchen verschiedene Studien, wie sich eine sanfte Laser­behandlung auswirkt, die sehr früh, nämlich bereits einen Monat nach dem Wundverschluss, beginnt. Die Hoffnung ist, so die physiologische Wundheilung zu unterstützen und noch bessere opti­sche Ergebnisse zu erzielen. Noch ist laut Gauglitz nicht klar, wie gut der Effekt tatsächlich ist. „Letztlich“, so der Experte, „werden 90 Prozent aller OP­-Narben von selbst unauffällig.“

Das sollten Sie für eine gute Wundheilung beachten

Offene Wunden richtig pflegen

In der ersten Zeit geht es vor allem darum, Infektionen und Verschmutzungen zu vermeiden

  • Schutz, nicht Luft: Wunden am besten mit sterilem Verbandsmaterial abdecken. Luft sollte nicht an die offene Wunde kommen. Das erhöht das Infektionsrisiko. Außerdem trocknet die Wunde schneller aus, was den Abtransport des Sekrets und damit die körpereigene Reinigungsarbeit behindert
  • Regelmäßiger Verbandswechsel: Alle ein bis zwei Tage muss frisch verbunden werden. Mit dem Verband nimmt man auch die oberste Sekretschicht ab – und damit alles, was der Körper loswerden will. Wenn es mal klebt: nicht ruckartig abziehen. Die Wundauflage mit körperwarmer, steriler Kochsalzlösung einweichen und sanft ablösen
  • Duschpflaster benutzen: Um Verunreinigungen durch Seife oder Shampoo zu vermeiden, sollte man zum Duschen ein wasserabweisendes Pflaster aufkleben
  • So geht kühlen: Oft ist Kälte angenehm. Aber Vorsicht! Zu lange und zu kalt stört die Heilung. Statt Eis oder Kältesprays besser Coolpads in ein Tuch wickeln und auflegen

Der Narbe Zeit geben

Die wichtigsten Maßnahmen, damit die Narbe schön flach und unauffällig wird

  • Sonnenschutz: Lange und lockere Kleidung und – wenn die Wunde geschlossen ist – Sonnencreme zum Schutz der Narbe sind unverzichtbar. Das gilt bis zu einem Jahr nach der OP. Anderenfalls drohen Verfärbungen
  • Silikonpflaster und -gel: Vermehrter Feuchtigkeitsverlust signalisiert der Haut, dass eine schadhafte Stelle geschlossen werden muss; sie produziert Narbengewebe. Silikongele und ‐pflaster gaukeln mit dem Feuchtigkeitsfilm vor, alles sei in Ordnung. Der Körper stellt die Reparaturbemühungen ein, die Narbe wird flacher
  • Geduld haben: Bis eine Narbe vollständig ausgereift ist, können bis zu zwei Jahre vergehen. In dieser Zeit verändert sich optisch oft noch viel. Entwickelt sich das Narbengewebe wulstig oder wuchert in gesundes Gewebe hinein, ist ärztlicher Rat gefragt

Den Lebensstil anpassen

Nikotin ist Gift auch für die Wundheilung, Sport ist jetzt zu viel – kleine Veränderungen, die viel bringen

  • Mit Sport pausieren: Nach der OP braucht der Körper Ruhe. Sechs bis acht Wochen sollte man mit dem Sport aussetzen. Zug, Reibung oder Druck stören die Heilung, die Narbe kann wulstig werden
  • Abstinent bleiben: Nikotin und Alkohol verzögern nachweislich die Wundheilung. Auf beides verzichten
  • Eiweißreiche Kost: Während des Heilungsprozesses benötigt der Körper mehr Protein und genügend Energie, die er aus Kohlenhydraten bezieht. Jetzt besonders auf eine ausgewogene Ernährung achten
FOCUS-Gesundheit – Klinikliste 2025

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Klinikliste 2025

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Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Den passenden Arzt finden Sie über unser Ärzteverzeichnis.

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