Was ist eine Chemotherapie?
Chemotherapie greift in die Zellteilung ein
Bei einer Chemotherapie setzen Ärzte zelltötende Medikamente ein, sogenannte Chemotherapeutika oder Zytostatika. Im Gegensatz zur Operation oder Bestrahlung, die bösartige Tumorzellen nur lokal angreifen, wirkt die Chemotherapie im gesamten Körper. „Systemisch“ sagen Ärzte dazu.
Die Wirkstoffe greifen in den Teilungs- und Vermehrungszyklus von Krebszellen ein und verhindern, dass der Krebs weiter wächst. Sie schädigen vor allem die Erbsubstanz (DNA) von Zellen, die sich sehr schnell teilen. Diese sterben dann ab. Das gilt für Krebszellen, aber auch für gesunde Haar-, Haut- und Schleimhautzellen. Dies ist auch der Grund, warum bei einer Chemotherapie in der Regel die Haare ausfallen.
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Kurative oder palliative Chemotherapie
Es gibt verschiedene Chemotherapie-Arten, die unterschiedliche Ziele verfolgen: Entweder sollen die Zytostatika sämtliche Krebszellen beseitigen und den bösartigen Tumor heilen – dann bezeichnen Ärzte sie als kurative Chemotherapie (kurativ = heilend). Manchmal ist der Krebs aber schon weiter fortgeschritten und hat Metastasen in anderen Organen gebildet. Dann ist eine Heilung meist nicht mehr möglich. In diesem Fall zielt die Chemotherapie darauf ab, das Fortschreiten des Krebses zu bremsen, Beschwerden zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und die Lebenszeit zu verlängern. Palliative Chemotherapie ist der Fachausdruck dafür.
Adjuvante oder neoadjuvante Chemotherapie
Die adjuvante Chemotherapie schließt sich an eine andere Krebsbehandlung an – nämlich die Operation. So versuchen Ärzte nach der OP, eventuell noch verbliebene Krebszellen im Körper zu beseitigen. Ziel ist es, das Risiko für einen Rückfall (Rezidiv) zu senken.
Die neoadjuvante Chemotherapie bedeutet dagegen, dass Ärzte die Zytostatika vor der Operation anwenden. Sie versuchen dadurch, den Tumor so weit zu verkleinern, dass er sich schonender operieren lässt. Chirurgen können so mehr Gewebe oder Teile eines Organs erhalten und der Eingriff fällt weniger radikal aus. So lässt sich zum Beispiel bei Frauen mit Brustkrebs oft noch brusterhaltend operieren.
Chemotherapie – ambulant oder stationär
Je nach Krebsart und Intensität der Behandlung führen Ärzte die Chemotherapie ambulant in einer spezialisierten onkologischen Fachpraxis oder stationär im Krankenhaus durch. Bei einer ambulanten Chemotherapie können Sie einige Stunden später wieder nach Hause gehen und sich dort erholen. Niedergelassene Onkologen bieten jedoch immer eine Notfallnummer an, unter der sie jederzeit erreichbar sind, falls es gesundheitliche Probleme gibt. Bei einer stationären Chemotherapie bleiben Sie anschließend in der Klinik und Ärzte beobachten, wie Sie die Zytostatika vertragen. Bei unerwarteten oder heftigen Nebenwirkungen können sie schnell gegensteuern.
Chemotherapie – Erfolgsquote und Heilungschancen
Es lässt sich nicht genau beziffern, welche Erfolgsquote die Chemotherapie hat. Denn es hängt entscheidend von der Krebsart und dem Stadium ab, wie hoch die Heilungschancen sind. Allgemein gilt: Je früher Ärzte den Krebs aufspüren, desto schonender lässt er sich behandeln und desto höher ist auch die Genesungswahrscheinlichkeit. So brauchen viele Krebspatienten in einem frühen Stadium keine Chemotherapie. Sie schadet dann mehr als sie nützt.
Die Erfolgsquote der Chemotherapie lässt sich auch deshalb schwer angeben, weil Ärzte sie meist nicht als alleinige Behandlung einsetzen, sondern mit weiteren Therapien kombinieren. In vielen Fällen senkt die Chemotherapie die Gefahr, dass der Krebs zurückkehrt. Auch können Zytostatika Beschwerden lindern und das Überleben verlängern – auch dies ist für viele ein Erfolg.
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Chemotherapie: Nebenwirkungen sind nicht unerheblich
Eine Chemotherapie ist zwar sehr wirksam gegen den Krebs, besitzt aber verschiedenste, nicht unerhebliche Nebenwirkungen. Viele Krebspatienten fürchten sich deshalb, wenn sie das Wort „Chemotherapie“ nur hören. Doch nicht jeder erlebt sämtliche Nebenwirkungen im gleichen Ausmaß. Außerdem hängt die Stärke der Nebenwirkungen von der Art und Dosierung der eingesetzten Zytostatika ab. Ärzte können heute die unerwünschten Wirkungen der Chemotherapie gut in den Griff bekommen und die Medikamente verträglicher machen. Die wichtigsten Nebenwirkungen der Zytostatika im Überblick:
Chemotherapie und Haarausfall – ein fast unzertrennliches Gespann
Der Haarausfall ist wohl die bekannteste Nebenwirkung der Chemotherapie. Die Zytostatika schädigen alle Zellen, die sich schnell teilen. Dazu gehören auch die Zellen der Haarwurzeln. Neben dem Kopfhaar können dadurch ebenso die Augenbrauen, Wimpern, Schamhaare und andere Körperhaare ausfallen.Wenn das Kopfhaar verschwindet, ist es für die Umwelt optisch ersichtlich, dass ein Mensch an Krebs erkrankt ist. Der Haarausfall bei einer Chemotherapie ist für viele ein ästhetisches Problem, besonders für Frauen. Aber er lässt sich mit Perücken, Tüchern oder Mützen gut kaschieren. Und nach dem Abschluss der Chemotherapie wachsen die Haare wieder nach.
Eine Chemotherapie ohne Haarausfall wünschen sich wohl fast alle Krebspatienten. In den meisten Fällen ist dies jedoch nicht möglich. Manche Substanzen verursachen keinen vollständigen Haarverlust, sondern lassen das Haar nur lichter werden.
Eine neue Möglichkeit, um den Haarausfall zu reduzieren, sind Kühlkappen. Krebspatienten setzen während der Infusion eine Haube aus Silikon auf den Kopf, durch die Kühlflüssigkeit zirkuliert. Die Blutgefäße verengen sich durch die Kälte, die Durchblutung der Kopfhaut sinkt und es kommen geringere Mengen an Zytostatika dort an. So fällt der Haarausfall bei einer Chemotherapie nicht so gravierend aus, wie Studien an Frauen mit Brustkrebs gezeigt haben. Manche empfinden jedoch die Kälte als unangenehm, frieren oder bekommen Kopfschmerzen.Übelkeit und Erbrechen
Viele Zytostatika lösen Übelkeit und Erbrechen aus – manche stärker, manche schwächer. Es gibt jedoch wirksame Medikamente gegen beide Nebenwirkungen der Chemotherapie, sogenannte Antiemetika. Sie wirken direkt im Brechzentrum im Gehirn und dämpfen seine Aktivität. Den meisten Patienten helfen die Anti-Brech-Mittel gut.Geschädigte Schleimhäute
Auch die Zellen der Schleimhäute teilen sich schnell – daher können Zytostatika sie schädigen. Betroffen sind oft die Schleimhäute im Magen-Darm-Trakt und im Mund. Durchfall, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit oder schmerzhafte Entzündungen der Mundschleimhaut sind die Folgen. Verdauungsbeschwerden lassen sich gut mit Medikamenten behandeln. Gegen die Entzündungen im Mund helfen eine gute Mundhygiene und regelmäßige Mundspülungen. Hautausschläge (H3)Eine Chemotherapie verursacht auch Nebenwirkungen auf der Haut in Form von Ausschlägen oder Akne. Die Haut rötet sich, schwillt an, bildet Bläschen, juckt, trocknet aus, schuppt oder schält sich. Unter dem Einfluss der Sonnenstrahlung kann sie sich dunkel verfärben. Meist bilden sich die Probleme der Haut nach dem Ende der Chemotherapie wieder zurück. Wichtig ist es jedoch, während der Chemotherapie auf eine gute Hautpflege zu achten. Einige Tipps:- Hitze, Feuchtigkeit, enges Schuhwerk oder Nassrasuren meiden – sie reizen die Haut
- Pralle Sonne und Solarien meiden, nur mit Kleidern in die Sonne gehen
- Bade- und Duschöle verwenden, die pH-neutral und nicht parfümiert sind
- Lauwarmes Wasser ist besser als heißes oder eiskaltes
- Rückfettende Cremes und Salben verwenden
Nagelveränderungen
Manche Zytostatika verändern die Nägel, allen voran die Taxane aus der Eibenrinde. Die Nägel können sich verfärben, Streifen und Furchen bekommen, rissig und brüchig werden oder sich ganz ablösen. Zwei Beispiele: Taxane verfärben die Nägel orange, während das Zytostatikum Cyclophosphamid sie schwarz werden lässt. Bei der Chemotherapie mit Docetaxel, einem Taxan, kühlen Ärzte die Nägel daher vorbeugend mit Kühlpads auf den Händen und Füßen. Daneben können sich die Nägel infizieren, was sehr schmerzhaft werden kann.
Einige Tipps zum Schutz der Nägel:
- Verzichten Sie auf eine übermäßige Nagelmaniküre, künstliche Nägel oder Nagellackentferner mit Aceton.
- Achten Sie auf weites Schuhwerk, das nicht drückt.
- Nägel sollten nicht längere Zeit mit Wasser in Berührung kommen. Beim Geschirrspülen tragen Sie besser Baumwollhandschuhe und darüber Schutzhandschuhe auf Vinylbasis.
- Schneiden Sie Ihre Nägel gerade und nicht zu kurz.
- Cremen Sie die Nagelhaut und das Gewebe um den Nagel herum täglich mit einer harnstoffhaltigen Creme ein.
- Manchmal hilft auch dunkler Nagellack, um die Verfärbungen unsichtbar zu machen.
Blutarmut – Mangel an roten Blutkörperchen
Die Chemotherapie vermindert die Anzahl der roten Blutkörperchen, der Erythrozyten. Diese sind für den Transport von Sauerstoff in die Gewebe und Organe unerlässlich. Die Blutarmut (Anämie) ist häufig bei Krebspatienten. Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Blässe sowie körperliche und geistige Leistungsschwächen sind die Kennzeichen. Bluttransfusionen oder Erythropoietin (EPO), das aus dem Doping bekannt ist, helfen bei Blutarmut.Mangel an weißen Blutkörperchen und Blutplättchen
Eine häufige Nebenwirkung der Chemotherapie ist der Mangel an weißen Blutkörperchen. Mediziner bezeichnen dies als Leukopenie. Meist ist die Anzahl der sogenannten neutrophilen Granulozyten erniedrigt. Diese sind eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen und spielen bei der Immunabwehr eine wichtige Rolle. Neutropenie ist der Fachausdruck dafür. Wichtig ist daher, sich gut vor Infektionen zu schützen. Ärzte verabreichen zudem manchmal Arzneien, welche die Produktion der weißen Blutkörperchen im Knochenmark anregen. Auch die Anzahl der Blutplättchen (Thrombozyten) kann vermindert sein – dann ist die Blutgerinnung gestört. Auch dagegen gibt es wirksame Medikamente.Fatigue – chronisch erschöpft
Die Fatigue ist ein Zustand körperlicher, seelischer und geistiger Erschöpfung, der sich auch durch ausreichend Ruhe und Schlaf nicht bessert. Viele kommen im Lauf ihrer Krebserkrankung an einen solchen Punkt. Ein Grund für die übermäßige Erschöpfung kann auch die Blutarmut sein. Bei Fatigue helfen Bewegung, Sport sowie eine Psychotherapie.„Chemobrain“ – wenn der Kopf streikt
Viele Krebspatienten, die sich einer Chemotherapie unterziehen, erleben Störungen der Konzentration, des Gedächtnisses und des Denkvermögens. Dafür haben Ärzte einen Begriff geprägt: Chemobrain. Die Ursache für den Streik des Gehirns ist noch nicht ganz klar. Vermutlich ist es nicht die Chemotherapie selbst, sondern der Stress und die psychische Belastung durch die Krebserkrankung könnten verantwortlich sein.Erhöhte Infektionsgefahr und Fieber
Weil die Chemotherapie das Immunsystem schwächt, sind Patienten anfälliger für Infektionen mit Viren, Bakterien oder Pilzen. Bei Fieber müssen Ärzte schnell handeln und die Patienten kommen auf eine Isolierstation. Infektionen können sogar lebensbedrohlich werden. So müssen Ärzte manchmal die Dosis der Chemotherapie herabsetzen oder die zeitlichen Abstände verlängern. Antibiotika (gegen Bakterien) und Antimykotika (Anti-Pilz-Mittel) können vor Infektionen schützen oder sie behandeln.Nervenschäden
Eine Chemotherapie kann auch die Nerven an den Händen und Füßen angreifen. Vor allem platinhaltige Chemotherapeutika, Taxane oder Vincaalkaloide führen zu Nervenschäden. Die Folgen können sein:
- Taubheitsgefühle
- vermindertes Tastempfinden
- Störungen der Feinmotorik
- Missempfindungen wie Kribbeln oder Ameisenlaufen
- Nervenschmerzen
Die Beschwerden durch die Nervenschäden lassen sich lindern, wenn Sie Kälte vermeiden (Handschuhe, dicke Socken tragen). Auch regelmäßige Bewegungsübungen für die Finger, Hände und Füße wirken den Symptomen entgegen. Daneben testen Ärzte, ob man Nervenschäden durch Kälteschuhe und Kühlhandschuhe vorbeugen kann – ähnlich wie die Kühlkappen für die Kopfhaut.
Paravasate sind gefürchtet
Ein Paravasat bedeutet, dass die Zytostatika während einer Infusion nicht ins Gefäß (die Vene) laufen, sondern versehentlich ins Gewebe geraten. Die Substanzen sind sehr aggressiv. Sie schädigen das Gewebe und lassen es absterben. Schmerzen, Schwellungen und Rötungen sind die Anzeichen dafür, dass bei der Chemotherapie etwas falsch läuft. Paravasate müssen Ärzte schnell in den Griff bekommen.
Chemotherapie: Spätfolgen sind möglich
Viele Nebenwirkungen der Chemotherapie klingen wieder ab, wenn die Behandlung beendet ist – aber nicht immer. Manche leiden auch noch Wochen, Monate oder sogar Jahre später an Komplikationen und Spätfolgen der Chemotherapie. Einige Beispiele:
- Unfruchtbarkeit: Die Chemotherapie kann Samen- und Eizellen schädigen und die Fortpflanzungsfähigkeit bei Frauen und Männern beeinträchtigen. Die Fruchtbarkeit kann eingeschränkt sein oder ganz verloren gehen.
- Frühzeitige Wechseljahre: Die Chemotherapie kann Frauen frühzeitig in die Wechseljahre versetzen, weil sie auch die Hormonproduktion in den Eierstöcken bremst.
- Die Nervenschäden können bleibend sein und die Lebensqualität schmälern.
- Die Fatigue vergeht bei manchen Krebspatienten nicht mehr – sie können nur schwer ihren Alltag meistern. Auch eine Rückkehr in den Beruf gelingt wegen der Fatigue nicht.
- Schäden an anderen Organen, zum Beispiel Herz, Niere oder Lunge
- Bleibende Störungen von Gedächtnis und Aufmerksamkeit
- Das Risiko für weitere Krebserkrankungen steigt nach einer Chemotherapie. Das gilt besonders, wenn die Chemotherapie schon in jungen Jahren stattgefunden hat.
Chemotherapie: Ablauf ist individuell verschieden
Der Ablauf einer Chemotherapie kann zwar von Patient zu Patient ein wenig unterschiedlich sein, er lässt sich aber grundsätzlich so beschreiben:
- Zyklen: Ärzte verabreichen die Chemotherapie in Zyklen in bestimmten zeitlichen Abständen. Die Anzahl der Zyklen (die Häufigkeit) und die Dosierungen der Chemotherapie legen Ärzte zuvor genau in einem Schema fest.
- Wie oft? Ein gängiges Schema ist 6 x 3: Sechs Zyklen Chemotherapie mit jeweils drei Wochen Pause dazwischen. Die Zeitintervalle können jedoch auch kürzer sein. In der Pause kann sich der Körper wieder erholen.
- Welche Wirkstoffe? Meist kombinieren Ärzte mehrere Zytostatika miteinander, die verschiedene Wirkmechanismen haben. So erhöhen sie die Schlagkraft der Medikamente. Welche Chemotherapeutika zum Einsatz kommen, hängt immer von der Krebsart ab.
- Wie verabreicht? Die Chemotherapie erhalten Patienten in der Regel als Infusion über die Vene. So verteilen sich die Wirkstoffe schnell über das Blut. Es gibt aber noch andere Formen der Chemotherapie.
- Wie lange? Die Dauer der Chemotherapie liegt bei einigen Stunden. Ärzte verabreichen die Zytostatika oft in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Allerdings braucht die Vorbereitung der Chemotherapie einige Zeit und auch danach bleiben Sie noch kurz in der Arztpraxis oder der Klinik. Insgesamt müssen Sie etwa mit einem halben Tag rechnen. Bei einer ambulanten Chemotherapie können Sie anschließend nach Hause gehen. Bei einer stationären Chemotherapie bleiben Sie danach in der Klinik.
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Chemotherapie: Medikamente und Verabreichungsmöglichkeiten
Es gibt eine ganze Reihe von Medikamenten, die für die Chemotherapie unterschiedlichster Krebsarten zugelassen sind. Allen gemeinsam ist, dass sie die Zellteilung hemmen. Zytostatika greifen Krebszellen in verschiedenen Phasen des Vermehrungszyklus an. Daher kombinieren Ärzte mehrere Wirkstoffe miteinander, um so viele Krebszellen wie möglich in unterschiedlichen Wachstumsphasen zu erwischen.
Zytostatika – Beispiele für Wirkstoffgruppen
- Anthrazykline brechen die Erbsubstanz DNA der Krebszellen auseinander und verändern die Zellmembran. Sie sind besonders wirksam, weil sie auch außerhalb der Zellteilungsphasen wirken. Allerdings haben sie deshalb auch viele Nebenwirkungen. Zu den Anthrazyklinen gehören unter anderem Doxorubicin und Epirubicin. Ein Beispiel: Bei Brustkrebs setzen Ärzte oft eine Chemotherapie mit Epirubicin, Cyclophosphamid (EC) und Paclitaxel (ein Taxan) ein. Das gesamte Schema heißt dann ETC.
- Taxane sind pflanzlichen Ursprungs und stammen aus der Eibenrinde. Taxane greifen an den „Verteilstationen“ für das Erbgut in der Zelle an, den Mikrotubuli. Die Chemotherapeutika versteifen die Fäden der Mikrotubuli und stoppen so die Zellteilung. Paclitaxel und Docetaxel sind häufig eingesetzt Wirkstoffe aus dieser Klasse.
- Vincaalkaloide stammen aus der Pflanze „Immergrün“. Wie Taxane entfalten sie ihre Wirkung an den Mikrotubuli und greifen in die Zellteilung ein. Vinblastin und Vincristin gehören zu den Vincaalkaloiden.
- Alkylanzien verbinden sich mit dem Erbgut des Zellkerns, vernetzen die DNA-Stränge miteinander oder spalten sie auf. So sorgen sie dafür, dass die Zelle ihre Erbinformationen bei der Zellteilung nicht weitergeben kann. Vertreter der Alkylanzien sind Cyclophosphamid oder platinhaltige Zytostatika wie Cisplatin und Carboplatin.
- Antimetabolite ähneln körpereigenen Substanzen, die im Stoffwechsel vorkommen. Sie binden an verschiedene Eiweiße oder integrieren sich in die Erbsubstanz. So unterbrechen sie die Zellteilung. Wirkstoffe aus diese Gruppe sind zum Beispiel 5-Fluorouracil (5-FU), Gemcitabin oder Capecitabin.
- Topoisomerase-Hemmer setzen an bestimmten Enzymen an, die bei der Zellteilung wichtige Aufgaben übernehmen – den Topoisomerasen. Die Zytostatika sorgen dafür, dass sich die Erbsubstanz nach der Vervielfältigung nicht mehr zusammensetzen lässt. Es entstehen Brüche, die Zelle kann sich nicht mehr teilen und stirbt ab. Die Medikamente kommen vor allem bei fortgeschrittenen Krebserkrankung zum Einsatz. Wirkstoffe sind zum Beispiel Topotecan oder Etoposid.
Chemotherapie-Medikamente – so verabreichen Ärzte sie
- Infusion (der häufigste Fall): Ärzte injizieren die Zytostatika in die Vene. Die Wirkstoffe verteilen sich rasch im gesamten Körper. So erwischen Sie Krebszellen, die irgendwo im Organismus kreisen. Zytostatika sind sehr aggressive Substanzen und können die Venen schädigen. Daher lassen sich viele Krebspatienten vor der Chemotherapie einen Port legen. Ein Arzt implantiert in einem kurzen Eingriff eine Kammer aus Metall oder Kunststoff in der Nähe des Schlüsselbeins. Diese besitzt einen kleinen Schlauch, der in eine große Körpervene mündet. Die Venen (am Arm) werden so geschont. Außerdem sinkt die Gefahr, dass die Medikamente ins Gewebe laufen. Einen Port müssen Sie nach der Chemotherapie regemäßig mit Kochsalzlösung spülen lassen, damit er nicht verstopft. Er kann längere Zeit im Körper verbleiben. Nach dem Abschluss der Behandlung können Sie ihn (in Absprache mit Ihrem Arzt) wieder entfernen lassen.
- Tabletten oder Kapseln: Manche Chemotherapien lassen sich auch in Form von Tabletten anwenden, etwa bei Brustkrebs, Darmkrebs oder Magenkrebs. Patienten nehmen sie dann regelmäßig über den Mund (oral) ein. Der Vorteil: Sie müssen nicht zur Infusion in die Arztpraxis oder Klinik und sind zeitlich flexibler und unabhängiger. Der Nachteil: die Medikamente sind schwer zu dosieren, weil die Wirkstoffe über den Verdauungstrakt aufgenommen werden und so in die Blutbahn gelangen. Doch jeder Patient hat einen individuellen Stoffwechsel. Oft enthalten die Tabletten die Vorstufe eines Zytostatikums, das der Organismus dann in die eigentlich wirksame Form umwandelt. Ein Beispiel ist Capecitabin, das der Körper in das Zytostatikum 5-Fluorouracil (5-FU) umbaut.
- Lokal: Eine Chemotherapie, etwa bei Hautkrebs, lässt sich auch als Creme oder Salbe auf die Haut auftragen. Die lokale Chemotherapie ist zum Beispiel auch bei Lebermetastasen möglich. Bei der transarteriellen Chemoembolisation (TACE) werden die Wirkstoffe über die Leberarterie in die Leber geleitet und gehen dort gezielt lokal gegen bösartige Tumoren vor. Bei Gehirn- und Rückenmarkstumoren geben Ärzte die Chemotherapie oft in den Rückenmarkskanal. Die Medikamente erreichen dann nur die Regionen, die mit dem Kanal im Rückenmark verbunden sind, etwa das Gehirn und die Hirnhäute.
Hilft Methadon gegen Krebs?
Es gibt zahlreiche Berichte in den Medien zur Wirkung des Opioids Methadon gegen Krebs. Der Hintergrund: Eine Chemikerin aus Ulm ging im Jahr 2017 mit der Feststellung an die Öffentlichkeit, dass Methadon die Wirkung einer Chemotherapie verstärken und Krebszellen zerstören kann – aber bislang nur im Labor. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) stellt zum Einsatz von Methadon in der Krebsbehandlung folgendes fest: Dass Methadon eine gute schmerzlindernde Wirkung besitze, sei vielfach nachgewiesen. Für eine antitumorale Wirkung bei Krebs lägen dagegen bislang keine ausreichenden Beweise vor.
Chemotherapie: Ernährung ist besonders wichtig
Essen nach Lust und Laune!
Fragen Sie Ihren behandelnden Arzt um Rat oder nutzen Sie eine Ernährungsberatung, falls Sie schon vor oder während der Chemotherapie mit der Ernährung Probleme haben. Ansonsten hören Sie gut auf Ihren Bauch und essen Sie das, worauf Sie am meisten Lust haben. Nehmen Sie einfach ihr „Wunschessen“ zu sich – das können heute Karotten und morgen Spaghetti Bolognese sein. Bei manchen verändern sich unter einer Chemotherapie auch die Vorlieben: Sie bevorzugen plötzlich Nahrungsmittel, die sie vorher nicht gemocht haben. Andere mögen nichts, was stark riecht oder intensiv schmeckt.Allgemeine Tipps zur Ernährung bei Chemotherapie
- Essen Sie viel frisches Obst und Gemüse. Gut sind auch Vollkorn- und Milchprodukte, Eier, pflanzliche Fette (Lein-, Raps-, Oliven-, Sonnenblumenöl), Fisch, Fleisch, Hülsenfrüchte und Nüsse.
- Probieren Sie aus, welche Lebensmittel Ihnen schmecken und welche Sie gut vertragen. Es müssen nicht jeden Tag die gleichen sein.
- Essen Sie, wenn Sie sich gut fühlen und Appetit haben.
- Sorgen Sie für eine angenehme, entspannte Atmosphäre. Nehmen Sie sich Zeit und genießen Sie das Essen.
- Essen Sie mehrmals am Tag kleinere, aber energiereiche Portionen. Halten Sie gesunde Snacks als Energielieferanten für zwischendurch parat.
- Reichern Sie Ihre Mahlzeiten mit Kalorien an: Setzen Sie den Speisen Käse hinzu oder verwenden Sie Milch statt Wasser zur Zubereitung.
- Trinken Sie ausreichend, am besten Wasser, Fruchtsäfte, Tees oder Fruchtsaftschorlen.
- Nehmen Sie keine Nahrungsergänzungsmittel zu sich, ohne dass Ihr Arzt dies weiß. Einige können die Wirksamkeit der Chemotherapie beeinflussen, zum Beispiel Antioxidantien. Dazu gehören einige Vitamine, die Mineralstoffe Zink oder Selen sowie sekundäre Pflanzenstoffe wie Carotinoide oder Flavonoide.
Beratung zur Ernährung bei Chemotherapie
Manchmal ist auch eine professionelle Ernährungsberatung sinnvoll. Dies gilt besonders für Krebsarten, die direkt mit der Nahrungsaufnahme und -verwertung verbunden sind. Beispiele sind Speiseröhrenkrebs, Magenkrebs oder Darmkrebs. Wichtig ist es, einer Mangelernährung und einem Verlust an Gewicht und Muskelmasse vorzubeugen. In einigen Fällen hilft auch vorübergehend eine flüssige Trinknahrung. Sie heißt auch Astronautenkost im Volksmund.Quellen
- S3-Leitlinie: Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen (Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), et al.); Stand: April 2017
- Online-Informationen Deutsche Krebsgesellschaft (DKG): www.krebsgesellschaft.de; Abruf: 23.05.2019
- Online-Informationen Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ): www.krebsinformationsdienst.de; Abruf: 23.05.2019
- Online-Informationen Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO): www.dgho.de; Abruf: 24.05.2019
- Online-Informationen Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): www.dge.de; Abruf: 24.05.2019
- Online-Informationen Tumorzentrum München (TZM): www.ernaehrung-krebs-tzm.de; Abruf: 24.05.2019