Wer in ein Flugzeug steigt, begibt sich innerhalb kürzester Zeit auf eine Höhe von mehreren Kilometern über der Erdoberfläche. Dort oben ist es extrem kalt und die Luft enthält kaum noch Sauerstoff. Zum Glück merken die Passagiere in der Kabine davon nichts – das einzige Zeichen für den raschen Höhenwechsel ist ein leichter Druck auf den Ohren. Ein beliebtes Gegenmittel dafür sind Kaugummis. Durch das beständige Kauen kommt es zu einem Druckausgleich im Ohr.
Werbung
Wie funktioniert ein Druckausgleich und wozu dient er?
Das Mittelohr ist ein abgeschlossener Raum, der mit Luft gefüllt ist. Nach außen dient das Trommelfell als Begrenzung. Belüftet wird das System von der sogenannten eustachischen Röhre, auch Tube oder Ohrtrompete genannt. Sie mündet in den Nasen-Rachen-Raum und öffnet sich leicht beim Schlucken oder Kauen. Über diesen passiven Druckausgleich gelangt immer wieder ein bisschen Luft in das Mittelohr, so dass es beständig an dieselben Druckverhältnisse wie außen angepasst wird. „Das ist sehr wichtig, damit das Trommelfell in einer entspannten Position ist und sich schwingend hin und her bewegen kann“, erklärt Michael E. Deeg, Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Sprecher des Deutschen Berufsverbands der Hals-Nasen-Ohrenärzte.
Ohne die Schwingungen des Trommelfells würde ein Mensch nichts hören. „Der Druckausgleich kann auch aktiv durchgeführt werden“, sagt Deeg. „Dazu halten Sie sich die Nase zu und erhöhen den Druck im Nasen-Rachen-Raum, indem Sie versuchen, durch die Nase auszuatmen. Dabei pusten Sie auch Luft in die eustachische Röhre hinein und es knackt leicht, wenn es zum Druckausgleich kommt.“
Druckausgleich beim Fliegen - das Wichtigste kurz zusammengefasst
Was passiert bei einer Erkältung?
Bei einer Erkältung oder einem Infekt kann es passieren, dass die Tube zu schwillt und sich dadurch verschließt. Wer einen leichten Schnupfen hat, bei dem funktioniert der Druckausgleich nicht mehr regelmäßig, sondern nur zwei bis dreimal am Tag. „Wenn man allerdings fest bläst und den aktiven Druckausgleich macht, bringt man schon Luft in das Mittelohr“, so HNO-Arzt Deeg. Anders, wenn die Tube aufgrund eines starken Infekts komplett zugeschwollen ist: „Dann geht gar keine Luft mehr hinein.“
Werbung
Wieso ist der Druckausgleich beim Fliegen wichtig?
„Während der Flieger hoch geht, passiert eigentlich nichts“, sagt Deeg. Durch den Unterdruck in der Kabine entsteht im Mittelohr ein höherer Druck als außen. Dieser Überdruck drückt das Trommelfell leicht nach außen, gleicht sich aber bei Schluck- oder Kaubewegungen passiv über die eustachische Röhre aus. „Das funktioniert in der Regel gut.“ Wenn das Flugzeug sinkt, ist es umgekehrt – der Außendruck steigt rasch an, im Mittelohr entsteht ein Unterdruck. „Wenn Sie durch Schlucken oder einen aktiven Druckausgleich wieder Luft ins Mittelohr pressen müssen, fällt das deutlich schwerer. Deshalb gibt es in 99 Prozent der Fälle nur Probleme beim Landeanflug“, schätzt Deeg.
Sollte ich erkältet in den Flieger steigen?
„Am besten Sie probieren einen Tag vorher aus, ob der aktive Druckausgleich noch funktioniert“, empfiehlt der HNO-Experte. „Wenn Sie kräftig blasen und es knackt im Ohr, ist alles in Ordnung.“ Funktioniert der Druckausgleich beispielsweise aufgrund eines akuten Infekts nicht, kann es Probleme geben – „und zwar drastisch“, warnt Deeg. „Beim Landen gelangt keine Luft ins Trommelfell hinein, es wird immer weiter gedehnt. Das tut richtig weh.“ Im schlimmsten Fall entsteht ein sogenanntes Barotrauma, ein druckbedingtes Trauma des Trommelfells.
Gibt es Gegenmaßnahmen?
Wer merkt, dass er aufgrund einer Erkältung keinen Druckausgleich mehr machen kann, aber in naher Zukunft fliegen muss, kann sich vorbereiten. Der HNO-Experte empfiehlt eine Kombination aus abschwellenden und kortisonhaltigen Nasensprays. „Diese wirken bis in den Nase-Rachenraum hinein, also dorthin, wo die eustachische Röhre ist. Dadurch funktioniert es meist doch ganz gut mit dem Druckausgleich.“ Die Sprays sollten rechtzeitig vor der Landung angewandt werden, damit sie noch Zeit haben, ihre Wirkung zu entfalten.
Werbung
Was tun, wenn es doch schmerzt?
„Ähnlich wie bei der Prophylaxe können Sie versuchen abschwellende und kortisonhaltige Nasensprays zu verwenden“, so Deeg. Auch Medikamente wie Ibuprofen (sogenannte Antiphlogistika) helfen, da sie nicht nur Schmerzen stillen, sondern entzündungshemmend und abschwellend wirken. „Bei einem Barotrauma sollten Sie aber am besten einen Hals-Nasen-Ohrenarzt aufsuchen“, betont der Fachmann.