Vorteile | Nachteile |
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die Frau führt ihrem Körper keine künstlichen Hormone zu (keine Nebenwirkungen) | nicht sorgfältig, gekonnt und/oder regelmäßig angewendet, sind solche Methoden nicht sehr zuverlässig |
natürliche Verhütungsmethoden vermitteln ein gutes Gespür für den eigenen Körper | kein Schutz an fruchtbaren Tagen, zusätzliche Verhütung, z. B. Kondom, notwendig |
verschiedene Faktoren können die Methoden beeinflussen (Schlafmangel, Medikamente, Zeitverschiebung etc.) | |
Was ist natürliche Verhütung?
Natürlich zu verhüten bedeutet, eine Schwangerschaft ohne hormonelle, chemische oder – während der unfruchtbaren Tage – mechanische Hilfsmittel möglichst zu vermeiden. Bei der sogenannten natürlichen Familienplanung (NFP) wendet die Frau entsprechend natürliche Methoden an: Sie achtet auf die Signale ihres Körpers und des Menstruationszyklus, um die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage zu bestimmen.
Natürliche Verhütung lässt sich im Alltag gut umsetzen, auch bei unregelmäßigem Zyklus, in der Stillzeit oder bei Schichtarbeit und Zeitverschiebung. Allerdings muss sich die Frau mit ihrem Körper und dessen Zeichen auseinandersetzen, die jeweilige Methode erst erlernen und Werte wie Körpertemperatur oder Beschaffenheit des Schleims am Gebärmutterhals (Zervixschleim) täglich dokumentieren.
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Natürliche Verhütungsmethoden
Natürliche Empfängnisverhütung kommt ohne Hormone (z. B. Anti-Baby-Pille, Hormonspirale), chemische (u.a. Scheidenzäpfchen) und – zumindest während der unfruchtbaren Tage – auch ohne mechanische Verhütungsmittel wie Kondom oder Diaphragma aus. Die Frau bestimmt zur natürlichen Verhütung zum Beispiel anhand ihrer Körpertemperatur, an welchen Tagen sie schwanger werden kann. Nach dem Eisprung erhöht sich nämlich die sogenannte Basaltemperatur, die Körpertemperatur nach dem Aufwachen.
Ein weiterer Gradmesser für die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage ist der sogenannte Zervixschleim. Das ist der Schleim, den die Drüsen am Gebärmutterhals bilden. Verflüssigt er sich, ist dies ein Zeichen dafür, dass der Eisprung kurz bevorsteht.
Hinweis: Möchte ein Paar auch während der fruchtbaren Tage miteinander schlafen, muss es ein zusätzliches Verhütungsmittel verwenden, zum Beispiel ein Kondom oder ein Diaphragma.
Temperaturmethode
Bei dieser Form der natürlichen Verhütung ermittelt die Frau anhand der Körpertemperatur ihre fruchtbaren und unfruchtbaren Tage. Sie muss die Temperatur immer zur gleichen Tageszeit und stets mit demselben Thermometer messen. Um einen relevanten Wert zu bekommen, muss die Frau mindestens fünf Stunden geschlafen haben und darf weder etwas gegessen noch getrunken haben noch körperlich aktiv gewesen sein. Sie bestimmt die für die Temperaturmethode entscheidende Basaltemperatur direkt nach dem Aufwachen und schreibt sie auf.
Steigt die Körpertemperatur, ist das ein Zeichen für den Eisprung beziehungsweise dafür, dass die Frau nun fruchtbar ist und schwanger werden kann. Konkret: Ist die Basaltemperatur an drei Tagen hintereinander mindestens 0,2 Grad höher als an den sechs Tage zuvor, kann die Frau davon ausgehen, dass der Eisprung stattgefunden hat. Die Temperaturmethode hat einen Pearl-Index von 1 bis 3. Es wurden also innerhalb eines Jahres eine bis drei von 1.000 Frauen schwanger, die mit dieser Methode verhütet hatten. Dies gilt allerdings nur bei der richtigen Anwendung. Diese Methode ist also nicht sehr sicher. Als alleiniger Schwangerschaftsschutz ist sie entsprechend nicht empfehlenswert.
Das liegt an verschiedenen Faktoren, zum Beispiel, dass
- die Frau ihren Körper sehr gut kennen muss, um mit der Temperaturmethode zu verhüten.
- Anwenderinnen die Temperaturentwicklung zunächst eine Weile aufzeichnen müssen, damit sie aussagekräftig wird.
- die Methode anfällig für äußere Einflüsse ist, zum Beispiel Erkrankungen, Schlafmangel, Zeitverschiebung etc.
Billings Methode
Diese Methode der natürlichen Verhütung heißt auch Zervixschleim-Methode, da der Schleim, den die Drüsen am Gebärmutterhalskanal produzieren, als Gradmesser für die Fruchtbarkeit dient. Sie können einfach Ihre Finger benutzen, um den Schleim aus der Scheide zu entnehmen. Der Zervixschleim verändert über den Zyklus hinweg seine Konsistenz, grob lassen sich vier Phasen einteilen:
- Phase 1: Dies ist der Zeitraum unmittelbar nach der Periode. Der Östrogenspiegel ist niedrig, der Köper produziert kaum Zervixschleim.
- Phase 2: Diese Phase bezeichnet die Tage vor dem Eisprung. Jetzt steigt der Östrogenspiegel an, der Zervixschleim wird weiß oder trüb gelb und klebrig. Die produzierte Menge ist gering.
- Phase 3: Diese drei bis vier Tage heißen auch „die nassen Tage“, sie liegen direkt vor und nach dem Eisprung. Der Östrogenspiegel ist nun hoch, der Zervixschleim wird klar und zähflüssig, er zieht Fäden, wenn Sie ihn zwischen zwei Fingern spannen. Die Scheide ist in dieser Phase feuchter als sonst. Jetzt sind Sie fruchtbar.
- Phase 4: Der Zervixschleim wird wieder weniger, er färbt sich trüb und wird klebrig. Am Ende verschließt er als Pfropf den Gebärmutterhals und versperrt in diesen unfruchtbaren Tagen den Spermien den Weg.
Als alleiniger Schwangerschaftsschutz eignet sich die Billings-Methode nicht. Ihr Pearl-Index schwankt stark, im Schnitt liegt er bei 15, was bedeutet, dass 150 von 1.000 Frauen trotzdem schwanger werden. Der Grund: der weibliche Hormonhaushalt unterliegt Schwankungen, zum Beispiel kann der Schleim anders aussehen, wenn man von der Pille auf die Billings-Methode wechselt. Auch Infektionen können die Schleimkonsistenz beeinflussen und zu Fehlinterpretationen führen.
Sympothermale Methode
Diese natürliche Verhütungsmethode ist mehr oder weniger ein Mix aus Temperatur- und Billings-Methode. Sie ermitteln hierbei Ihre fruchtbaren und unfruchtbaren Tage mittels bestimmter Körperzeichen.
Genauer: Sie messen täglich Ihre Aufwachtemperatur (Basaltemperatur) vor dem Aufstehen. Am Tag des Eisprungs und kurz danach ist sie mindestens 0,2 °C erhöht. Zudem prüfen Sie die Beschaffenheit des Zervixschleims (siehe Billings-Methode).
Alle Werte notieren Sie täglich und erstellen damit Ihre persönliche Zyklustabelle. Eine andere Methode ist es, die Ergebnisse der symptothermalen Methode in eine App einzugeben. Da heutzutage das Smartphone (fast) immer dabei ist, ist so das Risiko geringer, dass Sie Ihre Aufzeichnungen auf Reisen vergessen. Und die Apps wandeln die eingegebenen Daten meist automatisch in eine anschauliche Grafik um, sodass Sie es leichter haben, Ihren Zyklusverlauf zu verfolgen.
Im Vergleich zu anderen natürlichen Verhütungsmethoden gilt die symptothermale Methode als recht sicher. Ihr Pearl-Index beträgt bei optimaler Anwendung 0,4 bis 1,8. Allerdings dauert es rund drei Zyklen, bis Anwenderinnen diese Methode erlernt haben und zuverlässig anwenden können. Da die Frau unterschiedliche Körperzeichen zueinander in Beziehung setzt, lassen sich die fruchtbaren Tage zwar nicht ganz exakt ermitteln, aber auf etwa zwölf bis 14 Tage pro Zyklus eingrenzen. In dieser Zeit müssen Sie zusätzlich verhüten, zum Beispiel mit einem Kondom.
Kalendermethode
Diese Methode, die nach ihren Entwicklern, den Ärzten Hermann Knaus und Kyusaku Ogino, auch Knaus-Ogino-Methode heißt, sollte ursprünglich die Empfängnischancen bei einem bestehenden Kinderwunsch maximieren. Sogar Ogino selbst wieß jedoch explizit darauf hin, dass sie als alleinige Verhütungsmethode unzuverlässig sei. Zu Recht, die Kalendermethode hat einen Pearl-Index von 9, das heißt, von 100 Frauen werden neun trotzdem ungewollt schwanger, von 1.000 entsprechend 90.
Bei der Kalendermethode notiert die Frau über mindestens ein Jahr hinweg ihre Zyklustage in einem Menstruationskalender. Auf Basis dieser Aufzeichnungen ermittelt sie den kürzesten und längsten Zyklus der vergangenen zwölf Monate und wendet eine bestimmte Formel an, um ihre fruchtbaren Tage trotz eventueller Unregelmäßigkeiten im Menstruationszyklus zu bestimmen:
- Vom kürzesten Zyklusmonat zieht sie 18 ab. Bei einem Zyklus von 28 Tagen also zum Beispiel 28 - 18 = 10. Das Ergebnis ist der erste fruchtbare Tag.
- Vom längsten Regelmonat zieht die Frau elf Tage ab. Bei einem Zyklus von 34 Tagen wäre das beispielsweise 34 - 11 = 23.
In diesem Beispiel wäre die Anwenderin folglich zwischen dem zehnten und 23. Zyklustag fruchtbar, dazwischen unfruchtbar.
Verhütungsapp
Sie haben keine Lust, handschriftlich ein Zyklustagebuch zu führen? Kein Problem, mittlerweile gibt es zur Überwachung natürlicher Verhütung Apps. Die sind per Smartphone oder Tablet immer dabei und verfügbar. Mittels Grafiken stellen diese Verhütungs-Apps (teils kostenlos) die eingegebenen Daten und damit die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage anschaulich dar.
Wer sich von einer solchen App Verhütungshilfe holen möchte, sollte aber darauf achten, dass sie einem gewissen Qualitätsstandard entspricht. So sollte sie
- die wichtigen Parameter (z. B. Aufwachtemperatur, Konsistenz des Zervixschleims, Beschaffenheit des Muttermunds, Zykluslänge etc.) erfassen und auswerten können
- regelmäßig aktualisiert werden
- über eine verständliche Beschreibung und Bedienbarkeit verfügen
- von einem klar erkennbaren (und serösen) Anbieter stammen
- die für die App/Auswertung genutzten Quellen angeben
Manche Frauen verwenden für die natürliche Verhütung auch einen Verhütungscomputer. Der misst entweder die Körpertemperatur oder überprüft den Urin auf bestimmte Hormone. Dieser kleine Helfer ist zum einen aber nicht ganz billig (bis zu mehreren hundert Euro), zum anderen gilt er als nicht sicherer als korrekt angewendete herkömmliche Methoden der natürlichen Verhütung.
Das richtige Verhütungsmittel finden (Podcast #15)
Gast: Dr. Mandy Mangler, Chefärztin der Gynäkologie am Auguste-Viktoria-Klinikum in Berlin
Mehr Infos zur Folge
Das passende Verhütungsmittel muss nicht immer das gleiche sein. „Ruhig mal wechseln“, sagt Dr. Mandy Mangler. Sie ist Chefärztin der Gynäkologie am Auguste-Viktoria-Klinikum in Berlin und unsere Expertin dieser Folge.
Die Pille ist zwar noch das Verhütungsmittel Nummer eins in Deutschland – aber die ärztlichen Verordnungen sind seit Jahren rückläufig. Gerade bei jungen Frauen. Es gibt Alternativen, die für die eine oder den anderen vielleicht besser funktionieren.
Wir klären über die vielen Möglichkeiten auf, sich vor einer ungewollten Schwangerschaft zu schützen; gehen auf Nebenwirkungen ein und schildern euch, wie ihr Fehler in der Anwendung vermeidet – damit ihr herausfinden könnt, welches Verhütungsmittel für eure Lebenssituation und Bedürfnisse ideal ist.
Natürliche Verhütung: Sicherheit
Bei natürlicher Verhütung einen Pearl-Index, also eine Kennzahl für deren Sicherheit zu nennen, ist schwierig. Die jeweils genannten Angaben dienen eher der Orientierung. Das liegt zum einen daran, dass es verschiedene Methoden gibt, die unterschiedlich zuverlässig sind. Zum anderen hängt die Sicherheit stark davon ab, wie geübt die Frau in der Anwendung der jeweiligen Methode zur natürlichen Familienplanung ist. Je erfahrener ein Paar mit natürlicher Verhütung ist, desto sicherer wird die jeweilige Methode.
Natürliche Verhütung für den Mann
Auch für Männer gibt es einige natürliche Verhütungsmethoden. Diese sind jedoch alle ziemlich zweifelhaft. So soll zum Beispiel ein Hodenbad in 35 Grad warmem Wasser oder der Verzehr von Papayasamen die Spermien außer Gefecht setzen. Einen wissenschaftlichen Beleg gibt es dafür allerdings nicht.
Ebenso kritisch betrachten Experten das Samenleiterventil, das ein Tischler 2016 erfunden hat. Der Mann setzt es in die Samenleiter und drückt bei Bedarf einen Kippschalter, der selbige verschließt und Spermien nicht mehr durchkommen lässt. Experten fürchten, dass die Samenleiter langfristig durch das Abklemmen geschädigt werden könnten – aber derzeit sieht es ohnehin nicht so aus, als würde das Ventil in absehbarer Zeit auf den Markt kommen.
Und auch der Klassiker, der Coitus Interruptus, bei dem der Mann den Penis vor dem Samenerguss aus der Scheide zieht, ist nicht das Wahre. Er ist sehr unsicher, da bereits vor dem Orgasmus ein wenig Sperma, der sogenannte Lusttropfen, aus dem Penis austreten kann.
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Natürliche Verhütung: Vorteile und Nachteile
Keine Hormone, keine Chemie im Körper. Dies dürfte für viele Frauen ein Argument für natürliche Verhütung sein. Solche Methoden ermöglichen es ihren Anwenderinnen, ihren Körper und ihren natürlichen Zyklus besser wahrzunehmen und die Abläufe kennenzulernen. Sie werden sicherer im Umgang mit ihrem Monatszyklus. Die Methoden lassen sich auch in der Stillzeit anwenden. Im Körper der Mutter zirkulieren dann keine Wirkstoffe, die dem Kind über die Muttermilch schaden könnten.
Zudem fördert natürliche Verhütung die gleichberechtigte Verantwortung für den Schwangerschaftsschutz. Zwar liegt es an der Frau, ihre fruchtbaren Tage zu ermitteln. Während dieser Zeit ist dann aber auch der Partner beteiligt, zum Beispiel, indem er ein Kondom benutzt.
Aber es braucht Geduld, bis natürliche Verhütung zuverlässig funktioniert. Denn die Frau muss sich intensiv mit ihrem Zyklus auseinandersetzen und ihn über einige Monate hinweg beobachten, um ihn einschätzen und beurteilen zu können. Bei Frauen, die selten einen Eisprung haben, lassen sich die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage manchmal gar nicht ermitteln. Auch in der Stillzeit, der Pubertät oder den Wechseljahren, wenn der Zyklus noch oder wieder unregelmäßig ist, müssen Frauen oft über lange Phasen zusätzlich verhüten, weil sie die fruchtbaren Tage nicht eindeutig eingrenzen können.
Der größte Nachteil dürfte jedoch sein, dass die natürliche Verhütung sehr fehleranfällig ist. Ist die Frau nicht konsequent bei der Kontrolle ihrer Körpersignale, beurteilt sie diese nicht korrekt oder treten Faktoren ein, die die Ergebnisse von Temperatur- oder Zervixschleim-Methode verfälschen, ist das Risiko hoch, trotz natürlicher Verhütung schwanger zu werden.
Quellen
- Wiesner C: Natürliche Familienplanung; Deutsches Ärzteblatt; 2020; DOI: 10.3238/arztebl.2020.0251a
- Online-Informationen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA): www.familienplanung.de; Abruf: 13.03.2024
- Online-Informationen Pro Familia Bundesverband: www.profamilia.de; Abruf: 13.03.2024
- Online-Informationen Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF). Natürliche Familienplanung: www.frauenaerzte-im-netz.de; Abruf: 13.03.2024
- Online-Informationen Berufsverband der Frauenärzte e.V. (BVF). Wie kann ich die Festigkeit des Muttermundes feststellen?: www.frauenaerzte-im-netz.de; Abruf: 13.03.2024