Was ist eine Kreuzallergie?
Viele Pollenallergiker reagieren nicht nur auf Baum- oder Gräserpollen allergisch. Gleichzeitig machen ihnen auch bestimmte Früchte, Gewürze oder Nüsse zu schaffen. Eine Kreuzallergie ist per Definition eine Nahrungsmittelallergie, die durch eine Überempfindlichkeit gegenüber anderen Allergenen (das sind die allergieauslösenden Substanzen), wie zum Beispiel Pollen, Latex oder Hausstaubmilbenkot, ausgelöst wird. Die Ursache für diese Reaktion zwischen Pollen und sogenannten pollenassoziierten Lebensmitteln beruht auf der strukturellen Ähnlichkeit der Allergene von Pollen und Früchten.
Die Kreuzallergie wird also nicht durch das eigentliche Allergen hervorgerufen, sondern durch andere Substanzen, die eine ähnliche Oberflächenstruktur haben wie das Allergen. So finden die Abwehrzellen, die gegen das Allergen in den Birkenpollen gerichtet sind, in Äpfeln ähnliche Bindungsstellen, an die sie andocken können. Die Folge ist eine allergische Reaktionskaskade: Der Birkenpollenallergiker bekommt beim Biss in den Apfel typische Allergie-Beschwerden. Ohne die Allergie gegen Birkenpollen, hätte er beim Verzehr des Apfels keine Symptome.
Etwa 60 Prozent der Pollenallergiker entwickeln diese Kreuzreaktion auf Nahrungsmittel. Doch auch bei einer Allergie gegen Hausstaubmilben oder Latex kann die Kreuzreaktion vorkommen. Eine Kreuzallergie tritt meist erst auf, wenn sich die Erstallergie manifestiert hat. Deshalb sind Erwachsene häufiger betroffen als Kinder. Auch die Art der Pollenallergie beeinflusst die Wahrscheinlichkeit für eine Kreuzreaktion. Kreuzallergien bei Frühblühern sind besonders häufig. So reagieren Personen, die gegen Birken- Erlen und Haselpollen allergisch sind häufig mit einer Kreuzallergie gegen Nüsse.
Was passiert bei einer Allergie im Körper?
Bei einer Allergie richtet sich das Immunsystem gegen eigentlich ungefährliche Substanzen. Diese sogenannten Allergene können Pflanzenpollen, Kot von Hausstaubmilben, Arzneimittel oder tierische Eiweiße sein. Die Immunabwehr erkennt nicht, dass die Stoffe eigentlich harmlos sind und bekämpft sie. Beim ersten Kontakt mit dem Allergen produzieren die Abwehrzellen, sogenannte Immunglobulin E-Antikörper, kurz IgE-Antikörper. Diese sind spezifisch auf das Allergen ausgerichtet und lagern sich an der Oberfläche von Mastzellen, einem speziellen Typ weißer Blutkörperchen, an.
Der Erstkontakt mit dem Allergen verläuft in der Regel symptomlos und wird als Sensibilisierung bezeichnet. Beim nächsten Kontakt zum Allergen ist das Immunsystem in Alarmbereitschaft: Die IgE-Antikörper erkennen das Allergen und bilden mit ihm einen Komplex. Die Mastzelle platzt und der Botenstoff Histamin wird freigesetzt.
Dadurch entstehen die typischen allergischen Beschwerden. Die allergische Reaktion ist also eine übertriebene Immunreaktion. Krankheiten, die durch eben diese überschießende Immunantwort verursacht werden, bezeichnen Mediziner auch als atopische Erkrankung. Viele Patienten mit Kreuzallergien leiden auch unter anderen atopischen Krankheiten (zum Beispiel Heuschnupfen, Asthma, Neurodermitis).
Kreuzallergie: Reaktionsstärke variiert
Die Reaktionsstärke des Körpers auf pollenassoziierte Nahrungsmittel ist von verschiedenen Einflussfaktoren abhängig:
- Allergengehalt im Lebensmittel: In biologischen Produkten schwankt der Allergengehalt abhängig von Sorte, Produktionsregion und Reifegrad
- Kumulationseffekte: Eine Sorte Obst wird eventuell ohne Beschwerden vertragen, mehrere Sorten, zum Beispiel in einem Obstsalat, dagegen nicht
- Zubereitungsarten wie Erhitzen oder Fermentieren können das Allergen zerstören
- Stärke des aktuellen Pollenflugs
- Sport kann die Reaktionsschwelle herabsetzen. Vor, nach und während der Anstrengung sollten Sie keine verdächtigen Lebensmittel verzehren
- Medikamente wie Betablocker oder nichtsteroidale Antirheumatika können die allergische Reaktion beeinflussen
- Aktuelle Erkrankungen wie ein Magen-Darm-Infekt oder eine Erkältung
- Stress
- Alkoholgenuss
- Hormonelle Faktoren (zum Beispiel Menstruation, Schwangerschaft)
Werbung
Tabelle: Welche Kreuzallergien gibt es
Einige Nahrungsmittel lösen häufiger eine Kreuzallergie aus als andere. Zum Beispiel Haselnüsse, Erdnüsse oder Sellerie verursachen häufig eine Kreuzallergie. Die folgende Liste zeigt, bei welcher Allergie es mit welchen Lebensmitteln zu einer Kreuzreaktion kommen kann.
Wenn Sie glauben an einer Kreuzallergie zu leiden, sollten Sie nicht vorbeugend Diät halten und bestimmte Lebensmittel aus ihrem Speiseplan streichen! Das kann schnell zu einer Mangelernährung führen. Gehen Sie besser zum Arzt und lassen sich beraten. Liegt tatsächlich eine Kreuzallergie vor, bietet zum Beispiel der Deutsche Allergie- und Asthmabund eine ausführliche Ernährungsberatung. Hier analysieren Experten genau, welche Lebensmittel Sie in welcher Form nicht vertragen. Rohe Äpfel zum Beispiel lösen bei Ihnen Beschwerden aus? Vielleicht sind zu Mus verkochte Äpfel besser verträglich und Sie müssen auf die wichtigen Inhaltsstoffe nicht verzichten.
Bestehende Allergie gegen: | Allergen: | mögliche Kreuzallergie mit: |
---|---|---|
Birke, Erle, Hasel | Pollen |
Äpfeln, Haselnüssen, Karotten, Sellerie, Soja, Birnen, Aprikosen, Kirschen, Pfirsichen, Pflaumen |
Gräser | Pollen |
Tomaten, Getreidekörnern, Erdnüssen, Hülsenfrüchten |
Beifuß/Wegerich | Pollen |
Sellerie, Karotten, Kartoffeln, Fenchel, Curry, Estragon, Anis, Muskat, Pfeffer, Paprika, Ingwer, Kümmel, Koriander, Kardamom, Dill, Petersilie, Mangos |
Ambrosia | Pollen |
Melonen, Zucchini, Gurken, Bananen, Äpfel, Sellerie |
Lieschgras, Roggen | Pollen |
Sojamehl, Weizen, Erdnüsen, Kartoffeln, Tomaten, Beifuß, Sellerie, Karotten, Kamille, Anis, Paprikas, Gurken, Melonen, Muskat, Pfeffer, Ingwer, Zimt |
Ficus benjamina | Pollen |
Feigen, Kiwis, Bananen, Papayas, Ananas, Avocados, Brotfrucht, Jackfrucht |
Latex (Naturlatex, synthetisches Latex) | Eiweiß, Zusatzstoffe |
Bananen, Avocados, Kiwis, Feigen, Tomaten, Kartoffeln, Ananas, Esskastanien, Pfirsichen, Mangos, Papayas, Acerola-Kirschen, Sellerie |
Hausstaubmilben | Kot |
Meeresfrüchte, Garnelen, Miesmuscheln, Schalentieren, Schnecken |
Vogelfedern | Eiweiß | Ei, Geflügel, Innereien |
Tierhaare (Tierepithelien) | Eiweiß | Fleisch |
Penicillin | Medikament | anderen Penicillin-Sorten, Cephalosporinen |
Quellen: Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam, Deutscher Allergie und Asthmabund, Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V.
Kreuzallergie: Symptome
Die Symptome einer Kreuzallergie können in ihrer Intensität individuell variieren.
Die folgenden Symptome deuten auf eine Kreuzreaktion hin:
- Kribbeln auf den Lippen
- Juckreiz in Mund, Rachen, manchmal Ohren
- Schwellung von Lippen, Mundschleimhaut und/oder Gaumen
- Zungenschwellung
- Hautveränderungen, Bläschen oder Nesselsucht im Bereich des Mundes
- Husten
Die Symptome der Kreuzallergie beschränken sich oft auf den Mundbereich. In seltenen Fällen kann allerdings auch eine schwere allergische Reaktion auftreten, die den gesamten Körper betrifft (Anaphylaxie). Dann kommt es zu den folgenden Beschwerden:
- Juckreiz am ganzen Körper
- Nesselsucht und Quaddelbildung am ganzen Körper
- Hautrötung
- Verschlechterung von vorhandenen Ekzemen (zum Beispiel bei Neurodermitis)
- Magen-Darm-Beschwerden
- Übelkeit und Erbrechen
- Schwindel
- Kopfschmerzen
- Kreislaufprobleme
- Schock
Die Symptome der Kreuzallergie treten in der Regel wenige Minuten bis zwei Stunden nach dem Verzehr des Nahrungsmittels auf. Meist verläuft eine Kreuzallergie mild und die Beschwerden verschwinden nach einigen Minuten wieder.
Eine Allergie kann lebensbedrohlich werden: Reagiert der gesamte Körper heftig auf das Allergen, kann der Kreislauf versagen und es kommt zu einer Unterversorgung der Organe. Diesen Zustand nennen Mediziner einen anaphylaktischen Schock. Eine mögliche Reaktion ist eine Kehlkopfschwellung, die die Atemwege verschließt. Auch Kreislauf- und Multiorganversagen sind mögliche Folgen und können tödlich enden. Ein anaphylaktischer Schock ist daher immer ein medizinischer Notfall und Sie sollten umgehend einen Notarzt verständigen oder ein Krankenhaus aufsuchen.
Werbung
Risikofaktoren für Kreuzallergien
Jeder Mensch kann im Laufe seines Lebens eine Allergie und somit auch eine Kreuzallergie entwickeln. Es gibt einige Faktoren, die das Risiko steigern. Dazu zählen:
- genetische Veranlagung
- ungesunde Ernährung
- übermäßige Hygiene
- Rauchen
- Passivrauchen
- Übergewicht und Fettleibigkeit
Bei Säuglingen und Kindern kommen außerdem die folgenden Risikofaktoren für eine (Kreuz-)allergie hinzu:
- Fehlender Impfschutz: Groß angelegte Studien haben gezeigt, je mehr Impfungen ein Kind erhalten hat, desto geringer ist sein Risiko, Heuschnupfen, Asthma oder Neurodermitis zu bekommen
- Nicht-Stillen von Säuglingen in den ersten vier Lebensmonaten
- Meiden potenzieller Nahrungsmittel-Allergene in der Schwangerschaft/bei Kleinkindern: Nahrungsmittel, die häufig Allergien auslösen, zu meiden, schützt Kinder nicht vor einer möglichen Allergie. Im Gegenteil: Es gibt Hinweise darauf, dass sich dies sogar negativ auf eine Toleranzentwicklung auswirken kann und das Immunsystem dadurch häufiger auf ungefährliche Stoffe anspringt.
- Kaiserschnitt
Diagnose: Kreuzallergie testen
Wenn Sie den Verdacht haben, an einer Kreuzallergie zu leiden, sollten Sie Ihren Arzt aufsuchen. Als erster Ansprechpartner dient der Hausarzt. Er kann Ihnen bei Bedarf einen Allergologen oder Hals-Nasen-Ohrenarzt (HNO) empfehlen, der den Allergietest und die weitere Behandlung übernimmt.
Wurde bei Ihnen bereits eine Allergie diagnostiziert, können Sie sich auch direkt an den behandelnden Allergologen oder HNO-Arzt wenden. Er kennt Ihren Fall und kann die Situation und Ihre Beschwerden gut einschätzen und beurteilen.
Besteht der Verdacht auf eine Kreuzallergie wird der Arzt einen Allergietest durchführen, um die zugrundeliegende Allergie zu identifizieren. Dazu stehen ihm verschiedene Testmöglichkeiten zur Verfügung.
- Hauttest (Prick-Test; Prick-zu-Prick-Test): Der Arzt träufelt eine Testlösung mit Allergenen oder eine Probe des Nahrungsmittels auf den Unterarm des Patienten und sticht die Haut leicht an. Liegt eine Allergie vor, bilden sich nach etwa 15 bis 20 Minuten sichtbare Quaddeln auf der Haut.
- IgE-Antikörper-Test: Anhand einer Blutprobe des Patienten ermittelt der Mediziner die enthaltenen IgE-Antikörper. Liegt eine Allergie vor, finden sich im Blut spezielle, gegen das Antigen wirksame Antikörper vor.
- Provokationstest: Der Patient atmet unter ärztlicher Aufsicht das unter Verdacht stehende Allergen ein bzw. nimmt das Nahrungsmittel zu sich. Dabei ist es wichtig, dass der Betroffene vor dem Test eben dieses Allergen komplett gemieden hat.
Werbung
Kreuzallergie behandeln
Kreuzallergie: Medikamente
Die Symptome der allergischen Reaktion können Sie mit verschieden Medikamenten behandeln. Die Mittel gibt es in Tablettenform, als Inhalationssprays, Salben oder Injektionen.
- Antihistaminika (zum Beispiel der Wirkstoff Cetirizin) blockieren die Histamin-Rezeptoren im Körper. Das bedeutet, das Medikament blockiert die Andockstelle des Histamins an den Körperzellen und der Allergie-Botenstoff kann seine Wirkung nicht entfalten.
- Glukokortikoide (zum Beispiel Kortison) hemmen die Immunabwehr. Das Immunsystem wird gedrosselt und die Abwehrreaktion fällt deutlich geringer aus oder bleibt ganz aus.
- Mastzellstabilisatoren (zum Beispiel Cromoglicinsäure) verhindern, dass Histamin aus den Mastzellen ausgeschüttet wird. Das unterbindet die allergische Reaktion.
Medikamente können lediglich die Symptome der Kreuzallergie unterbinden. Die Allergie selbst, also Heuschnupfen, Latex- oder Hausstaubmilbenallergie, bleibt weiter bestehen.
Hyposensibilisierung
Eine Hyposensibilisierung kann die zugrundeliegende Allergie beheben. Es handelt sich um eine langwierige Behandlung, die die Betroffenen aber im Idealfall beschwerdefrei machen kann.
Der Patient bekommt das jeweilige Allergen in langsam ansteigender Dosis über einen längeren Zeitraum in Form von Tabletten, Tropfen oder Spritzen verabreicht. Das Immunsystem gewöhnt sich dadurch an den Stoff und reagiert weniger stark. In Folge gehen die Allergie-Beschwerden zurück oder verschwinden sogar ganz. Das gilt auch für die Kreuzreaktionen, die Nahrungsmittel auslösen.
Quellen
- S-1 Leitlinie: Nahrungsmittelallergie infolge immunologischer Kreuzreaktivitäten mit Inhalationsallergenen (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI)); Stand: 30. Oktober 2016
- S-2K-Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI)); Stand: 16.01.2018
- S3-Leitlinie Allergieprävention (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI) und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ)); Stand: Juli 2014
- S2k-Leitlinie: Diagnostik bei Verdacht auf eine Betalaktamantibiotika-Überempfindlichkeit (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI)); Stand: 12. Oktober 2018
- Moll, Ingrid: Dermatologie; Thieme-Verlag; 8. Auflage 2016; S. 161 ff
- Online-Informationen Deutscher Allergie und Asthmabund: www.daab.de; Abruf: 04.11.2020
- Online-Informationen Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. (LZG): www.lzg-rlp.de; Abruf: 21.06.2022
- Online-Informationen Institut für Medizinische Diagnostik Berlin-Potsdam: www.imd-berlin.de; Abruf: 04.11.2020
- Online-Informationen Gesellschaft Pädiatrische Allergologie: www.gpau.de; Abruf: 24.11.2020
- Online-Informationen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA): www.kindergesundheit-info.de; Abruf: 24.11.2020