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Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)

Der Nacken spannt, der Kopf pocht, die Ohren pfeifen. Hier erfahren Sie, wie sich eine CMD äußert und was Sie dagegen tun können.

Geprüft von Sophie Sonnenberger, Medizinredakteurin

Veröffentlicht:
Aktualisiert: 2022-11-23T00:00:00+01:00 2022-11-23T00:00:00+01:00

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Inhaltsverzeichnis
Frau greift mit einer Hand und schmerzverzerrten Gesicht in Nacken

© Shutterstock

Was ist eine Craniomandibuläre Dysfunktion?

Kauen und das Sprechen – für diese wichtigen Aufgaben ist das „Craniomandibuläre System“ zuständig. Es besteht aus dem Ober- und Unterkiefer, der Kaumuskulatur und den Kiefergelenken. Läuft das System nicht rund, bezeichnen Ärzte dieses Störungsbild als Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD). Damit meinen sie eine Fehlfunktion im Bereich zwischen Schädel (Cranium) und Kiefer (Mandibula) sowie alle Beschwerden, die darauf zurückgeführt werden können.

Laut der Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik (GZFA) leiden rund 20 Prozent der Bevölkerung unter behandlungsbedürftigen CMD-Symptomen. Meist geht es dabei um typische Volkskrankheiten wie Kopf- oder Rückenschmerzen, die ihre Ursache im Kieferbereich haben können. Obwohl heute immer mehr und auch besonders junge Menschen von der Fehlfunktion betroffen sind, wird die CMD in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Selbst Fachärzte ordnen die Beschwerden manchmal nicht richtig ein.

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Denn der Kauapparat ist eines unserer kompliziertesten Systeme im Körper. Über Muskeln und Nerven ist er eng mit dem Kopf, der Wirbelsäule, dem Gehirn und manchen Organen verknüpft. Funktionsstörungen im Kausystem können deshalb Probleme in anderen Bereichen des Organismus verursachen und umgekehrt. Und auch die Symptome gehen bei der CMD aus diesem Grund häufig über den Bereich von Kiefer und Kopf hinaus.Wegen dieses komplexen Hintergrundes haben CMD-Betroffene oft einen jahrelangen Ärztemarathon hinter sich, bevor sie wirklich Hilfe bekommen. Wer geht schon mit Rückenproblemen zum Zahnarzt? Einige wenige markante Symptome bringen die Betroffenen zu einer bestimmten Fachgruppe – und die Ärzte auf die falsche Spur. Hier erfahren Sie, wie sich CMD äußert, wie die Krankheit entdeckt wird und bei welchem Arzt Sie richtig sind.
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Symptome der Craniomandibulären Dysfunktion

CMD verbirgt sich hinter den unterschiedlichsten Symptomen. Die können sich von Kopf bis Fuß erstrecken und je nach Alter des Betroffenen variieren:

  • unklare Gesichtsschmerzen, vor allem verspannte Wangen
  • Kopfschmerzen
  • Nackenschmerzen und -verspannungen
  • Schulter- und Rückenschmerzen
  • Knieschmerzen
  • Schwindelattacken
  • Tinnitus
  • Schmerzen im Ohrbereich, vor allem bei Mundbewegungen
  • Knackgeräusche am Ohr
  • lockere oder abgeschliffene Zähne
  • Zahnschmerzen
  • Schmerzen im Kiefergelenk
  • überempfindliche Zähne
  • Sehstörungen
  • Schluckbeschwerden
  • Stimmveränderungen
  • Taubheitsgefühle in den Armen und Fingern
  • eingeschränkte Mundöffnung
     
Bei den meisten CMD-Patienten sind Kopfschmerzen das Hauptsymptom – klassischerweise als Spannungskopfschmerz, der vom Hinterkopf ausgeht und auch den Nacken- und Schulterbereich betrifft. Beim Zahnarzt berichten die Betroffenen daneben oft von Schmerzen im Gesichtsbereich. Typisch ist aber vor allem, dass es keine „normale“ Erklärung für die Schmerzen gibt. Klassische Behandlungen bleiben wirkungslos und bringen keinen dauerhaften Erfolg.Ebenfalls typisch ist leider eine sehr lange Leidensgeschichte der Patienten. Ist das Zusammenspiel der Zähne von Ober- und Unterkiefer gestört, hat das immense Auswirkungen auf viele Körperregionen. Betroffene haben deshalb häufig eine jahrelange Odyssee hinter sich, auf der Suche nach der Ursache ihrer Beschwerden. Erschwerend kommt hinzu, dass CMD die Lebensqualität stark einschränken kann. Chronische Schmerzen, Schwindelgefühle oder auch Tinnitus belasten sowohl das Berufs- als auch das Beziehungsleben.Wenn Ihnen einige der Symptome bekannt vorkommen, dann sollten Sie einen CMD-Spezialisten aufzusuchen und sich untersuchen lassen. Denn je eher die Ursachen bekämpft werden, desto besser stehen die Heilungschancen. Theoretisch können sich zwar Knackgeräusche, Bewegungseinschränkungen und Schmerzen auch von selbst wieder bessern, doch das gelingt nicht immer. Wenn sich die Beschwerden im Gegenteil verschlimmern, führt das im unglücklichsten Fall dazu, dass sich der Mund irgendwann nicht mehr normal öffnen lässt. Spätestens in diesem Stadium ist die Erkrankung dann nur noch sehr schwer zu behandeln.

 

Diagnose einer Craniomandibulären Dysfunktion

Die vielschichtigen Symptome machen es nicht leicht, eine Craniomandibulären Dysfunktion zu diagnostizieren. Einige davon lassen sich nur schwer mit dem Biss, den Zähnen oder dem Kiefergelenk in Verbindung bringen. CMD-Patienten erhalten daher oft eine Behandlung, die auf einzelne Beschwerden abzielt, nicht aber die richtige Ursache angreift.

Haben Sie den Verdacht, dass Sie an CMD leiden könnten, sollten Sie also einen spezialisierten Zahnarzt aufsuchen. Er wird verschiedene Maßnahmen durchführen, um zu testen, ob bei Ihnen tatsächlich eine CMD vorliegt. Ein einfacher Schnelltest bringt schon erste Erkenntnisse.

Dazu legt der Arzt zwei einfache Holzspatel jeweils links und rechts auf die untere Zahnreihe und lässt den Patienten leicht zubeißen. Liegen beide Spatel in einer Ebene, ist der Kontakt zwischen den Zähnen des Ober- und des Unterkiefers wahrscheinlich synchron. Unterscheiden sich die Spatel dagegen, könnte das auf einen falschen Biss hindeuten.

In diesem Fall folgt auf den Biss-Check eine klinische und manuelle Funktionsanalyse (FAL). Sie gibt Aufschluss darüber, welche Behandlungen eventuell nötig sind. Denn ein falscher Biss, eine sogenannte eine Okklusionsstörung, ist häufig ein Grund für CMD. Die FAL umfasst verschiedene Maßnahmen, die ohne technische Instrumente auskommen.

In zahlreichen Einzeluntersuchungen werden Schmerzsymptome und Fehlstellungen der Zähne erfasst, die Krankengeschichte erhoben, die Kaumuskulatur und Gelenkstrukturen abgetastet sowie Kaubewegung, Mundöffnung und Kiefergelenksgeräusche untersucht. Auch die momentane Lebenssituation des Betroffenen wird abgefragt. Steht der Patient sehr unter Stress? Gab es in der Vergangenheit belastende Ereignisse? Auch solche Fragen können Hinweise auf die Ursache der CMD geben.Die klinische und manuelle Diagnostik birgt keinerlei Risiken und ist völlig schmerzfrei. Bestätigt sich dabei der Verdacht, dass Sie an einer CMD leiden könnten, wird ihr Arzt womöglich weitere Untersuchungen anordnen. Mit einer instrumentellen Funktionsanalyse können die ersten Ergebnisse abgesichert und weitere Erkenntnisse über die Ursachen gewonnen werden. Mit technischen Instrumenten werden dabei Störungen der Zahnkontakte, der Zahnstellung oder der Kieferposition identifiziert.Zum Einsatz kommt etwa ein Kausimulator, ein sogenannter Artikulator. Er ahmt die Zahnkontakte bei unterschiedlichen Kiefergelenkspositionen nach, ohne dass Reflexe oder die Muskelspannung das Bild verfälschen. Dadurch können die Kontakte der Zähne beim normalen Zusammenbiss und die Auswirkungen auf das craniomandibuläre System analysiert werden.Bei bestimmten Fragestellungen erleichtern außerdem bildgebende Verfahren die Diagnos. Häufig ist eine Röntgenaufnahme das erste Mittel der Wahl, um chirurgische Krankheitsursachen auszuschließen. Aber auch auf die Magnetresonanztomographie wird öfter zurückgegriffen. Denn dieses Verfahren ist in der Lage, sowohl das Weichgewebe als auch die knöchernen Strukturen im Kiefergelenk abzubilden. So können entzündliche und degenerative Veränderungen ebenso festgestellt werden wie Funktionsstörungen des Gelenks.Je nach Befund des Zahnarztes sind obendrein Besuche bei anderen Fachärzten nötig. Vor allem orthopädische Spezialisten mit speziellen Kenntnissen in der Rehabilitationsmedizin und Schmerztherapie können weiterhelfen. Sie begutachten die Stellung der (Hals-)Wirbelsäule, der Schultern und der Hüften, weil die erwiesenermaßen zu CMD-Beschwerden beitragen können. Ärzte für psychosomatische Medizin kennen sich wiederrum mit psychosozialen Einflüssen aus und untersuchen, ob Stress, Angst oder Depressionen die CMD begünstigen.Wichtig zu wissen ist: Funktionsanalysen gehören nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Bei privat versicherten Patienten sind sie – je nach Tarif – im Versicherungsschutz inbegriffen.

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Ursachen für die Craniomandibuläre Dysfunktion

Ausgangspunkt der CMD ist immer eine Verspannung der Kau-, Kopf- und Gesichtsmuskeln. Für diese Verspannungen können ganz unterschiedliche Faktoren verantwortlich sein. Aus Sicht von Zahnmedizinern sind meist zwei Risikofaktoren schuld: Zahnfehlstellungen und psychische Belastungen.

Risikofaktor 1: Zahnfehlstellungen

Manche Fehlstellungen haben genetische Ursachen und treten in einer Familie gehäuft auf. Meist sind aber Zahnlücken und falsch angepasste Kronen oder Füllungen der Grund dafür, dass der Biss nicht stimmt. Auch bei Betroffenen, die vom Kieferorthopäden behandelt wurden und eine Spange getragen haben, kann es sein, dass der Unterkiefer beim Schließen eine neue Position eingenommen hat. Die Kieferfehlstellung sorgt bei ihnen dafür, dass die Zähne ungleich belastet werden und sich die Kau-, Kopf- und Gesichtsmuskeln verspannen, um die neue Position auszugleichen.

Eine weitere Ursache für CMD ist das Pressen und Knirschen mit den Zähnen: der Bruxismus. Weil die Zähne dadurch abgenutzt werden, ist der Biss an den Front- und Eckzähnen nicht mehr harmonisch. Aber auch Blockierungen an der Wirbelsäule, Probleme am Becken, alte Unfälle oder Haltungsschäden können den Stein ins Rollen bringen und sich auf die Stellung und Funktion von Zähnen und Gelenken auswirken.

Weil das Kiefer über ein komplexes System aus Nervensträngen, Muskeln und Bändern mit dem Mittelohr, dem Kopf, der Halswirbelsäule und dem Rücken verbunden ist, führt der hohe Druck auf das Gebiss zu Symptomen im ganzen Körper. Andersrum können Veränderungen in diesen Regionen dazu führen, dass sich unser Kiefer verspannt und verschiedene CMD-Symptome ausgelöst werden.

Risikofaktor 2: Stress & emotionale Belastung

Psychologen und Ärzte sind sich einig: Wir stehen heute unter deutlich größerem Stress als frühere Generationen. Sind wir in der Familie oder dem Beruf sehr belastet, reagiert oft auch unser Kausystem auf diesen Druck. Vor allem nachts „knirschen wir mit den Zähnen“ oder „beißen wir die Zähne zusammen“ und verarbeiten so unangenehme Gefühle.

Indem wir unbewusst mit unserem Gebiss mahlen, begünstigen wir eine CMD oder sorgen sogar dafür, dass die Beschwerden chronisch werden. Denn auch durch das Knirschen und Pressen bzw. durch die Abnutzung die es nach sich zieht, wird das Zusammenspiel der Zähne von Ober- und Unterkiefer gestört. Eine falsche Bisslage ist die Folge, die wiederum die Muskulatur unnatürlich stark beansprucht und Verspannungen verursacht.

Psychotherapie gegen Zähneknirschen?

Zähneknirschen ist eine der Hauptursachen für Probleme beim Kauen oder im Kiefergelenk. Die Behandlungsoptionen sind facettenreich und müssen individuell auf den Patienten abgestimmt sein.

Prof. Dr. Sabine Ruf, Direktorin der Poliklinik für Kieferorthopädie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen
Frau Prof. Ruf, warum ist Zähneknirschen oft so folgenschwer?

Weil es eine Craniomandibuläre Dysfunktion verursachen kann. Hierbei reibt der Patient den unteren Kiefer gegen den oberen, Zahnreihe gegen Zahnreihe. Nicht nur das Gebiss leidet, es können auch Verspannungen im Kiefer-, Kopf- und Gesichtsbereich und Gelenkschäden entstehen.

Stoppt eine Zahnschiene das Knirschen?

Meist nicht, sie kann aber die Zähne vor einem Abrieb schützen, was sehr wichtig ist. Daher sollte die Schiene konsequent jede Nacht getragen werden. Um das Knirschen zu beenden, muss jedoch die Ursache herausgefunden und behandelt werden. Beißt der Patient die Zähne zusammen, weil er gerade Stress hat und diesen mithilfe des Knirschens verarbeitet? Dann ist es wichtig, die seelische Belastung zu reduzieren. Auch ein massiver Reflux, also das Aufsteigen von Magensaft in die Speiseröhre, häufiger Nikotin- oder Alkoholkonsum oder bestimmte Medikamente wie Antidepressiva können der Grund sein.

Was raten Sie Patienten, die CMD-Symptome haben?

Ich empfehle, sich an einen Experten zu wenden, der eine Weiterbildung im Bereich CMD gemacht hat, oder eine Klinik aufzusuchen, die eine CMD-Sprechstunde anbietet. Nur wer sich auf die Erkrankung spezialisiert hat, kann die unspezifischen Symptome sofort richtig einordnen. Auch die Therapie ist facettenreich. Die primäre Behandlungsmethode ist häufig eine Zahnschiene, aber manchmal sind andere Maßnahmen wie eine orthopädische Behandlung, Physiotherapie oder Psychotherapie notwendig. Oft kommen Patienten leider erst in die Klinik, wenn sie schon eine Ärzte-Odyssee hinter sich haben.

Interview: Yvonne Küster

CMD und Demografie

Eine interne Erhebung der Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik (GZFA) untersucht, wie sich CMD bei 100 erfassten Patientenfällen über die Geschlechter verteilt. Sie bestätigt aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, nach denen Frauen eher unter CMD-Symptomen leiden als Männer. Obwohl auch bei den Männern in gleichem Maße Risikofaktoren vorlagen, hatten sie seltener Beschwerden. Die GZFA vermutet, dass Frauen sensibler auf Schmerzen reagieren – und deshalb auch häufiger und früher einen Arzt aufsuchen.

Auch abhängig vom Alter zeigen sich Unterschiede. So klagen nur sehr wenige Kinder und Jugendliche über die klassischen Probleme wie z. B. Kopfschmerzen und Tinnitus. In ihrem Alter kann sich einerseits der Gesamtorganismus noch besser an Störfaktoren anpassen. Andererseits fällt es Kindern schwerer, Beschwerden richtig zu benennen. Bei älteren Teenagern treten die Symptome dann schon eher auf – meist in Verbindung mit Stress, körperlicher Anspannung oder veränderter Bisslage.

In den Vierzigern tritt die CMD schließlich gehäuft auf. Der Grund: Ungünstige Lebens- und Arbeitsumstände bringen das Fass zum Überlaufen. In der „Rushhour des Lebens“ stehen viele unter enormem Druck, gleichzeitig kann sich der Körper bei belastenden Einflüssen nicht mehr so leicht anpassen. In der Folge reagiert er mit typischen CMD-Symptomen.

Im fortgeschrittenen Alter überlagern dann oft andere Erkrankungen und Beschwerden die klassische CMD, was die Diagnose erschwert. Zahnärzte legen das Augenmerk bei älteren Patienten auf verschleißbedingte Veränderungen am Gebiss, Funktionsstörungen werden dabei leicht übersehen oder treten in den Hintergrund.

Grundsätzlich gilt jedoch: In allen Altersgruppen können Probleme auftreten. In der Frühphase lassen sie sich oft mit relativ geringerem Aufwand korrigieren. Je länger eine CMD besteht, desto schwieriger wird es, sie zu heilen, und desto weitreichender sind ihre Folgen.

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Behandlung von CMD

CMD ist heilbar – das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist: Die Heilung hängt stark davon ab, wie früh die Behandlung beginnt und wie gut die verschiedenen Fachärzte zusammenarbeiten. Denn wie bei vielen Erkrankungen können sich auch die Symptome der CMD mit der Zeit verfestigen. Und: So komplex das Krankheitsbild der CMD ist, so komplex ist auch oft der Weg zu einem Leben ohne Beschwerden.

Gemeinsam sollten Spezialisten deshalb eine maßgeschneiderte Behandlungsstrategie entwickeln, an der verschiedene Fachbereiche beteiligt sind. Zuständig für die Untersuchung und Behandlung ist zunächst einmal Ihr Zahnarzt. Er wird bei Bedarf einen Physiotherapeuten, Osteopathen, HNO-Ärzte, Orthopäden, Psychologen oder Spezialisten für Psychosomatik einbinden.

Schienentherapie

Die erste Stufe der Behandlung ist meist eine Knirschschiene. Sie ist herausnehmbar, verändert die Zähne nicht und wird vor allem nachts getragen. Die Schiene schützt die Zähne vor Abrieb, wirkt aber nicht gegen die Ursache des Knirschens und Pressens. Hat sich die Kaumuskulatur nach wenigen Wochen nicht deutlich entspannt, kann der Arzt deshalb eine Aufbissschiene verordnen.

Sie wirkt nicht nur schützend, sondern auch therapeutisch. Aufbissschienen berücksichtigen die Lage des Unterkiefers und bringen es in eine neue Position. So soll die überaktive Kaumuskulatur beruhigt und das Kiefergelenk entlastet werden. Aufbissschienen werden individuell angepasst und sind aufwendig herzustellen. Da sich die Kieferstellung im Laufe der Behandlung verändern kann, muss die Schiene sorgfältig kontrolliert und immer wieder neu eingestellt werden.

Nach der Schienentherapie wird Ihr Zahnarzt die Kronen und Füllungen so anpassen, dass beim Knirschen punktuell keine übermäßigen Kräfte mehr wirken können. Umfangreiche Zahnsanierungen werden heute hingegen kaum mehr gemacht. Ihr Nutzen konnte wissenschaftlich nicht bewiesen werden.

In Kooperation mit Dr. Hennig Keil

Es ist erstaunlich, welchen Einfluss unsere Zähne auf die sportliche Leistung haben.

Dr. Hennig Keil, Zahnarzt

Eine gut angepasste Sportzahnschiene kann helfen, den Kiefer und Körper in einer optimalen Position zu halten, was zu einer besseren Haltung und letztendlich zu einer besseren Leistung führen kann. Es ist eine einfache Methode, die den entscheidenden Unterschied ausmachen kann.

Physiotherapie

Hilfreich bei CMD sind daneben physiotherapeutische Maßnahmen, wie Kälte- und Wärmeanwendungen, Massagen und Dehnungsübungen. Bei der manuellen Therapie kommen spezielle Handgriffe zum Einsatz, mit denen Schmerzen gelindert und Bewegungsstörungen beseitigt werden. Physiotherapeuten untersuchen dabei die Gelenkmechanik, die Muskelfunktion und die Koordination der Kieferbewegungen. Sowohl mit passiven Techniken als auch aktiven Übungen werden blockierte oder eingeschränkte Gelenke mobilisiert.

Medikamente

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Behandlung medikamentös zu begleiten. Schmerzmittel, Entzündungshemmer oder Arzneimittel, die die Muskulatur entspannen, können akute Schmerzen lindern und die funktionstherapeutische Behandlung unterstützen. Allerdings ersetzen sie nicht die sorgfältige Suche nach den Ursachen für die Beschwerden. Überlassen Sie die Auswahl des geeigneten Mittels und seine Dosierung auf jeden Fall Ihrem Arzt. Diese Medikamente haben Nebenwirkungen und können bei zu langer Einnahmedauer abhängig machen.

Chirurgische Behandlung

Eine chirurgische Therapie kommt nur dann in Frage, wenn alle konservativen Behandlungsmaßnahmen erfolglos geblieben sind. Als minimalinvasive Operationsmethode wird dann zum Beispiel die sogenannte Gelenkspülung angewandt. Dabei wird der obere Teil des Kiefergelenks mit zwei dünnen Nadeln punktiert und mit Flüssigkeit gespült. Auf diese Weise sollen feine Narben gelöst und entzündete Zellen oder Eiweißstoffe herausgeschwemmt werden.

Ein weiteres Verfahren ist die Arthroskopie des Kiefergelenks. Sie wird dann eingesetzt, wenn klinische und bildgebende Verfahren keine exakte Diagnose erlauben oder nicht-invasive Therapien zu keiner Besserung geführt haben. Dazu wird eine Art Mikroskop in das Kiefergelenk eingeführt. Es stellt Veränderungen an Knorpeln, Knochen, Bändern und an der Schleimhaut vergrößert dar. Dabei gibt die Arthroskopie nicht nur ein genaueres Bild über die Lage, sie erlaubt auch therapeutische Maßnahmen. Zum Beispiel können Knorpeloberflächen geglättet oder Verwachsungen gelöst werden.

Nur in seltenen, schweren Fällen werden offene kieferchirurgische Operationen durchgeführt, um die Kiefergelenke zu entlasten. Sie sind nur als allerletztes Mittel und nur nach sorgfältiger Abwägung angeraten.

Behandlungskosten

Die Kosten für Diagnostik und Therapie einer CMD werden nicht von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Die meisten Leistungen müssen also von den Patienten selbst gezahlt werden. Wie hoch die Kosten ausfallen, hängt vom Umfang der Behandlung ab.

Bestätigt sich der erste Verdacht auf CMD, werden im Rahmen der klinischen Funktionsdiagnostik umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Hier allen Kosten zwischen 700 und 900 Euro an. Im Anschluss ist oft eine instrumentelle Funktionsdiagnostik nötig, die mit 1700 bis 2500 Euro zu Buche schlägt.

Ist die Analyse abgeschlossen, geht es meist um eine dauerhafte Veränderung der Bisslage. Die Kosten, die bei dieser Therapie entstehen, sind so individuell, dass die exakte Summe nicht pauschal geschätzt werden kann. Sie richtet sich nach dem tatsächlichen Arbeitsaufwand und dem Schwierigkeitsgrad. Privat- und Zusatzversicherungen erstatten – je nach Vertrag – bestimmte Teile der Diagnostik und Behandlung.

Selbsthilfe bei CMD

Auch Sie selbst können einiges dafür tun, Ihre Beschwerden zu lindern. Die Deutsche Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT) rät zu folgenden Maßnahmen:

Selbstbeobachtung

Versuchen Sie, Ihre Kaumuskulatur tagsüber immer wieder zu beobachten. Pressen die Zahnreihen aufeinander? Ist der Kiefer angespannt? Die Zähne sollten sich beim Kauen oder Schlucken nur kurz berühren, dann aber wieder auseinandergehen und in Ruheposition etwas Abstand haben. Malen Sie ein auffälliges Zeichen auf ein weißes Stück Papier und kleben Sie es auf Gegenstände in Ihrer Umgebung, zum Beispiel die Armbanduhr, den Computermonitor, den Autorückspiegel oder das Handy. Kontrollieren Sie die Stellung Ihrer Zähne, immer wenn Sie den Aufkleber sehen. Sollten Sie sich mit zusammen gebissenen Zähnen ertappen, öffnen Sie den Mund für circa zehn Sekunden und schließen Sie ihn anschließend ganz entspannt.

Stressbewältigung

Suchen Sie sich eine Beschäftigung, die für einen mentalen und körperlichen Ausgleich sorgt. Autogenes Training, progressive Muskelrelaxation oder andere Entspannungstechniken können den Umgang mit Stress erleichtern. Die Krankenkasse bezuschusst eine Reihe solcher Kurse. Auch Ausdauersport ist hilfreich. Schon ein Spaziergang oder eine kurze Radtour können helfen, die Anspannung abzubauen.Pause für die Kiefermuskeln

Wenn Sie unter starken Schmerzen leiden, sollten Sie für eine Weile auf harte und zähe Nahrung verzichten. Statt Brötchen, Kaugummi oder Steaks sollten Sie zu weicherer Kost greifen, die sich leichter kauen lässt. Ihre Kiefermuskeln können sich außerdem besser entspannen, wenn Sie nicht allzu lange sprechen und Ihren Mund nur selten weit öffnen.

Temperaturreize

Je nach Ursache der Beschwerden kann entweder Kälte oder Wärme wohltuend sein. Den meisten Betroffenen helfen Wärmeanwendungen, z. B. mit einem feuchtwarmen Waschlappen oder Rotlichtlampen, die drei Mal täglich mit rund 30 Zentimeter Abstand zum betroffenen Bereich aufgestellt werden. Ein warmes Vollbad kann zusätzlich zur Entspannung beitragen und die Muskeln lockern. Bei akuten Gelenkschmerzen helfen dagegen Kältereize. Dazu einfach einen Coolpack aus dem Gefrierfach in ein Küchen- oder Handtuch wickeln und auf die betroffene Stelle legen.

Massage

Nach der Erwärmung kann eine Massage gut tun. Halten Sie dafür Ihren Zeige- und Mittelfinger eng zusammen und kreisen Sie damit vorsichtig über Ihre Kaumuskulatur, dort, wo Ihre Kiefer aufeinandertreffen.

CMD-Übungen

Verschiedene Übungen können helfen, die Kiefermuskeln zu lockern. Grundvoraussetzung ist immer, dass Sie entspannt sitzen oder bequem liegen. Legen Sie in der Ausgangsposition die Zungenspitze hinter die oberen Schneidezähne, an den vorderen Gaumen. Die Zahnreihen sollten keinen Kontakt haben. Nun können Sie verschiedene Übungen ausprobieren.

Hier drei Beispiele

  • Setzen Sie sich aufrecht auf eine Stuhlkante. Legen Sie die Hände auf der Tischplatte ab. Nun schließen Sie die Augen und konzentrieren sich voll und ganz auf die Vorgänge im Kiefer. Atmen Sie ruhig und entspannt. Öffnen und schließen Sie dann den Mund in kleinen und mit der Zeit immer größer werdenden Bewegungen. Die Mundöffnung ist leicht und fließend.
  • Legen Sie die Finger am Kinn auf und nehmen Sie die Zähne leicht voneinander. Mit dem unteren Kiefer drücken Sie die Finger weg. Gehen Sie jedoch nur so weit, bis Ihre Zahnreihen bündig sind. Dann kommen Sie wieder langsam zurück in die Ausgangsposition.
  • Platzieren Sie die Fingerkuppe des Mittelfingers hinter den Zähnen und legen Sie den Daumen unter das Kinn. Die Zähne liegen nun leicht auf dem Finger auf. Die Hand zieht dann leicht nach vorne, das Kiefer hält dagegen. Der Finger bleibt dabei waagrecht und drückt nicht nach unten. Nach und nach können Sie die Dauer der Übung steigern.
Quellen
  • Online-Informationen CMD Dachverband e. V.: www.cmd-dachverband.de; Abruf: 20.12.2017
  • Online-Informationen Dr. med. dent. Christian Köneke: www.cmd-therapie.de; Abruf: 20.12.2017
  • Online-Informationen Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik (GZFA): www.gzfa.de; Abruf: 20.12.2017
  • Online-Informationen Universitätsklinikum Heidelberg: www.klinikum.uni-heidelberg.de; Abruf: 20.12.2017
  • Online-Informationen Deutsche Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie: www.dgfdt.de; Abruf: 20.12.2017
  • Online-Informationen CMD-Centrum Hamburg-Eppendorf: www.cmd-centrum.com; Abruf: 20.12.2017

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Tipps für Ihre Zahngesundheit von Dr. Clemens Schablowsky

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Was macht eine/n guten Zahnmediziner/in aus?

Einfühlungsvermögen, fachliche Kompetenz und ein starkes Team.

Was sollte jeder über seine Zähne wissen?

Eine gute Mundhygiene und vor allem das Putzen der Zahnzwischenräume ist die Grundvoraussetzung für den Erhalt der eigenen Zähne.

Zweimal am Tag Zähneputzen, reicht das?

Ja, absolut. Jedoch sollte man einmal am Tag die Zahnzwischenräume reinigen – entweder mit Zwischenraumbürsten oder Zahnseide.

Das vollständige Interview mit Dr. Clemens Schablowsky finden Sie hier.

Dr. Clemens Schablowsky,

Zahnarzt in 25421 Pinneberg

Fachgebiet:

  • Zahnmedizin

Teilgebiet:

  • Tätigkeitsschwerpunkt: Implantologie

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Tipps für Ihre Zahngesundheit von Dr. Volker Böll

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Keine Schmerzen, kein Problem, denken sich viele, wenn es um die Zähne geht. Warum sollten Patienten unbedingt zur regelmäßigen Kontrolle in die Praxis?

Regelmäßige Kontrollen sind wichtig, um beginnende Kariesstellen frühzeitig zu erkennen. Aber auch Erkrankungen wie zum Beispiel des Zahnfleisches sollten rechtzeitig erkannt werden, um großen Schaden zu vermeiden.

Welchen Schwerpunkt setzen Sie bei Ihrer Arbeit?

Die Wurzelkanalbehandlung, die sogenannte Endodontie. Sie hat zum Ziel, den natürlichen Zahn zu erhalten, obwohl dessen Nerv erkrankt ist. Damit das bestmöglich gelingt, arbeite ich hier mit einem Operationsmikroskop – ein wichtiges Instrument, das die Darstellung feiner anatomischer Details ermöglicht, wodurch ich meine Fähigkeiten präzise einsetzen kann.

Mit welchem Mythos über Zähne wollten Sie schon immer einmal aufräumen?

Damit, dass jede Schwangerschaft einen Zahn kostet. Das ist komplett falsch. Allerdings sollte die Zahnpflege während der Schwangerschaft nicht nachlassen. Denn das Zahnfleisch werdender Mütter ist durch hormonelle Umstellungen empfindlicher für Entzündungen.

Das vollständige Interview mit Dr. Volker Böll finden Sie hier.

Dr. Volker Böll,

Zahnarzt mit Praxis in 68519 Viernheim

Fachgebiet:

  • Zahnmedizin

Teilgebiet:

  • Tätigkeitsschwerpunkt: Endodontologie
  • Tätigkeitsschwerpunkt: Implantologie
  • Tätigkeitsschwerpunkt: Parodontologie

Therapieschwerpunkt:

  • Ästhetische Zahnheilkunde
  • CEREC (computergefräste Keramik-Inlays)
  • Operationsmikroskop
  • Wurzelbehandlung (Endodontie)
  • Zahnersatz (Prothetik)
  • Zahnersatz, vollkeramisch

Abrechnung:

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Tipps für Ihre Zahngesundheit von Dr. Thomas Lang

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Welchen Schwerpunkt setzen Sie bei Ihrer Arbeit?

Ganzheitliches Denken und Behandeln – auch im Hinblick auf Unverträglichkeiten.

Mit welchem Mythos über die Zähne wollten Sie schon immer mal aufräumen?

„Jedes Kind kostet einen Zahn.“ Bei richtiger Vorsorge und Pflege ist das nicht haltbar.

Bei welchen Anzeichen sollte man nicht zögern und unbedingt einen Zahnarzt aufsuchen?

Zahnfleischbluten – das ist immer ein Grund, einen Zahnarzt aufzusuchen.

Das vollständige Interview mit Dr. Thomas Lang finden Sie hier.

Dr. Thomas Lang,

Zahnarzt mit Praxis in 50931 Köln-Lindenthal

Fachgebiet:

  • Zahnmedizin

Teilgebiet:

  • Naturheilverfahren
  • Tätigkeitsschwerpunkt: Ästhetische Zahnheilkunde
  • Tätigkeitsschwerpunkt: Funktionsdiagnostik
  • Tätigkeitsschwerpunkt: Funktionsdiagnostik und -therapie
  • Tätigkeitsschwerpunkt: Prophylaxe
  • Tätigkeitsschwerpunkt: Prothetik / Zahnersatz

Therapieschwerpunkt:

  • Amalgam-Ausleitung
  • Amalgam-Sanierung
  • Amalgamfreie Behandlung
  • Bleaching (Bleichen der Zähne)
  • CEREC (computergefräste Keramik-Inlays)
  • Digitale Volumentomographie (DVT)
  • Funktionsanalyse
  • Ganzheitliche Zahnmedizin
  • Kiefergelenk-Behandlung (Gnathologie)
  • Material-Testung
  • Metallfreie Sanierung
  • Schnarchen

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