Was ist ein Arzneimittelexanthem?
Ist das Immunsystem nicht beteiligt, handelt es sich per Definition nicht um eine Allergie. Weil die Symptome einer allergischen Reaktion aber sehr ähneln, sprechen Ärzte in diesen Fällen von einer pseudo-allergischen Reaktion.
Die Überempfindlichkeit gegenüber Arzneimitteln äußert sich vorrangig in zwei verschiedenen Arten von Reaktionen:
- Sofortreaktionen – treten innerhalb von ein bis sechs Stunden auf
- Spätreaktionen – treten erst mehrere Stunden oder gar Tage nach dem Kontakt mit dem Arzneimittel auf. Arzneimittelexantheme fallen meist in diese Kategorie, sie sind dabei die häufigste Form von Spätreaktionen auf Arzneimittel
Die Ursache für eine Arzneimittelallergie ist ein fehlgeleitetes Immunsystem, dass seine T-Zellen darauf sensibilisiert, dass sie das jeweilige Arzneimittel bekämpfen und so das Arzneimittelexanthem verursachen. Die T-Zellen dienen normalerweise dem Immunsystem dazu, fremde Strukturen zu erkennen, die dem Körper gefährlich werden können. Dann vermehren sie sich, binden an die Fremdkörper und neutralisieren sie.
In manchen Fällen schätzen sie aber einen eigentlich für den Körper ungefährlichen Stoff als gefährlich ein und bekämpfen diesen. So entsteht eine allergische Reaktion. Für die pseudo-allergische Überreaktion ist die Ursache nicht ganz so klar. Doch auch hier bilden sich Arzneimittel-spezifische T-Zellen.
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Arzneimittelexanthem: Dauer
Wann der Verlauf eines Arzneimittelexanthems beginnt, hängt davon ab, ob die Überempfindlichkeitsreaktion zum ersten Mal auftritt. Ist das der Fall und der Körper kommt zum ersten Mal mit dem Arzneimittel in Kontakt, dauert es einige Tage, bis sich die T-Zellen sensibilisiert haben. Bis die ersten Symptome auftreten, kann daher etwa eine Woche vergehen, manchmal sogar bis zu zwei Wochen. Es kann sogar sein, dass der oder die Betroffene das Arzneimittel schon gar nicht mehr einnimmt und das Arzneimittelexanthem erst danach auftritt.
Wenn der Körper sich gegenüber dem Arzneimittel bereits zu einem früheren Zeitpunkt sensibilisiert hat, tritt das Arzneimittelexanthem schneller auf. Dann bilden sich die ersten Anzeichen meist schon nach etwa 24 bis 48 Stunden. Wie der weitere Verlauf aussieht, hängt davon ab, um welches Arzneimittelexanthem es sich genau handelt. In der Regel verschwindet ein Arzneimittelexanthem nach wenigen Tagen wieder, sobald der oder die Betroffene das das Arzneimittelexanthem verursachende Medikament nicht mehr einnimmt.
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Arzneimittelexanthem: Symptome
Es gibt verschiedene Arten von Arzneimittelexanthemen, die sich auch in verschiedenen Formen auf der Haut zeigen. Dazu gehören etwa
- das makulopapulöse Arzneimittelexanthem (MPE)
- die akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP)
- das Drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms (DRESS)-Syndrom
- das fixe toxische Arzneiexanthem (FTA)
Makulopapulöses Arzneimittelexanthem (MPE)
Akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP)
Fixes toxisches Arzneiexanthem (FTA)
Ein FTA wird häufiger durch die Arzneimittel Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Tetrazykline oder Antiphlogistika ausgelöst. Es ist meist auf eine bestimmte Körperregion beschränkt. Ärzte vermuten, dass bei einem ersten Kontakt mit dem Arzneimittel darauf sensibilisierte T-Zellen in den entsprechenden Hautregionen bleiben und bei einem erneuten Kontakt die Reaktion auslösen. Dann entstehen meist binnen einiger Stunden nach dem Kontakt mit dem Arzneimittel runde, ovale, rotbraune Plaques, die in ihrer Mitte eine leichte, blasenhafte Erhebung haben können. Der Ausschlag tritt bei diesem Arzneimittelexanthem oft an Hände und Fingern, Füßen und Zehen, den Lippen oder im Genitalbereich auf. Er heilt meist schnell wieder ab, wenn Betroffene das entsprechende Medikament absetzen. Manchmal kann der Verlauf schwer werden und der Ausschlag breitet sich über den ganzen Körper aus. Dann sprechen Ärzte von einem generalisierten bullösen fixen Arzneimittelexanthem.
Drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms (DRESS)
Das DRESS-Syndrom ist eine schwere Überempfindlichkeitsreaktion auf Arzneimittel. Neben der Haut sind auch Organe betroffen, die Sterblichkeit liegt bei etwa zehn Prozent. Meist wird dieses Arzneimittelexanthem durch aromatische Antiepileptika ausgelöst. Das DRESS-Syndrom beginnt erst deutlich später als andere Arzneimittelexantheme. Oftmals erst zwischen zwei und acht Wochen nach der Einnahme eines Arzneimittels. Auch bis die Symptome abklingen, nachdem Betroffene das entsprechende Medikament absetzen, dauert mit bis zu zwei Wochen länger als bei anderen Arzneimittelexanthemen. Der Hautausschlag des DRESS-Syndroms kann dabei ganz verschieden aussehen, häufiger tritt die Rötung fleckig und mit Quaddeln oder Papeln auf. Dazu können Wasserablagerungen im Gesicht, Fieber und geschwollene Lymphknoten auftreten.
Arzneimittelexanthem: Diagnose
Besteht der Verdacht auf ein Arzneimittelexanthem, ist die Diagnose ein wichtiger Schritt. Zu welchem Arzt Betroffene dann gehen sollten? Zunächst ist der Hausarzt der richtige Ansprechpartner. Er kann erste Untersuchungen durchführen und besser beurteilen, ob es sich tatsächlich um ein Arzneimittelexanthem handeln könnte. Auch ein Hautarzt (Dermatologe) kommt als Ansprechpartner infrage – er kennt sich bestens mit allen Erkrankungen der Haut aus.
Handelt es sich tatsächlich um ein Arzneimittelexanthem – also um eine Überempfindlichkeitsreaktion der Haut auf ein Arzneimittel – sollte unbedingt abgeklärt werden, welches Arzneimittel die Reaktion ausgelöst hat. Das ist wichtig, damit der oder die Betroffene das entsprechende Medikament kein zweites Mal zu sich nimmt.
Nachdem der behandelnde Arzt den Patienten eingehend befragt hat und bisherige Behandlungen kennt, besteht meist schon ein gewisser Verdacht, welches Medikament das Arzneimittelexanthem ausgelöst haben könnte. Ärzte versuchen nun, diesen Verdacht zu bestätigen. Dazu kommen verschiedene Tests infrage:
- Der Hauttest: der Arzt gibt eine kleine Menge des verdächtigen Wirkstoffs auf eine Stelle der Haut. Er schaut, ob die entsprechende Überreaktion auftritt.
- Der Lymphozytentransformationstest: Der Arzt entnimmt dem Patienten Blut. Das Blut wird im Labor auf für den Wirkstoff spezifische T-Zellen (T-Lymphozyten) untersucht.
- Der Provokationstest: Hierbei nimmt der Patient unter ärztlicher Aufsicht das verdächtige Medikament ein. Der Arzt beobachtet, ob eine entsprechende Überreaktion auftritt.
Die Tests zur Diagnose eines Arzneimittelexanthems führen die Ärzte in der Regel erst dann durch, wenn alle Symptome des Arzneimittelexanthems abgeklungen sind. Also meist zwischen vier Wochen und sechs Monaten nachdem die ersten Anzeichen aufgetreten waren. Bis dahin sollte das Medikament, das möglicherweise das Arzneimittelexanthem ausgelöst hat, auf jeden Fall gemieden werden.
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Arzneimittelexanthem: Therapie
Das wichtigste in der Behandlung eines Arzneimittelexanthems ist für den Arzt zunächst, das auslösende Arzneimittel auszumachen und abzusetzen. Die weitere Therapie erfolgt nach der Schwere der Symptome. Klingen die Anzeichen schnell ab, genügt oft das Absetzen des Medikaments. Liegen schwerere Symptome vor, versuchen Ärzte in der Regel, mit der Behandlung die Symptome zu lindern.
Schwer verlaufende Arzneimittelexantheme behandeln Ärzte dabei mitunter auch mit systemischen Kortikosteroiden. Gegebenenfalls ergänzen sie die Behandlung des Arzneimittelexanthems durch eine Schmerztherapie.
Quellen
- S2k-Leitlinie: Leitlinie Allergologische Diagnostik von Überempfindlichkeitsreaktionen auf Arzneimittel (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e.V. (DGAKI)); Stand: 31.12.2014
- Ständer, S et al.: Drug Reaction with Eosinophilia and Systemic Symptoms (DRESS); Der Hautarzt; 2013; DOI: 10.1007/s00105-013-2615-0
- Sidoroff, A: Akute generalisierte exanthematische Pustulose; Der Hautarzt; 2014; DOI: 10.1007/s00105-013-2698-7
- Pfützner, W: Arzneimittelexantheme; Allergo Journal; 2015; DOI:10.1007/s15007-015-0848-1
- Scherer Hofmaier, K et al.: Arzneimittelallergien: klinische Präsentation und Warnzeichen; Therapeutische Umschau; 2015; DOI: 10.1024/0040-5930/a000743
- Klimek, L et al.: Weißbuch Allergie in Deutschland; Springer; 4. Auflage 2019
- Goebeler, M & Hamm, H: Basiswissen Dermatologie; Springer 2017
- Online-Informationen Allergieinformationsdienst: www.allergieinformationsdienst.de; Abruf: 03.12.2020
- Online-Informationen Pschyrembel: www.pschyrembel.de; Abruf: 03.12.2020