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Selbst schuld an der Krebserkrankung? So gehen Sie mit negativen Gefühlen um

Nach der Krebsdiagnose quälen sich Betroffene oftmals mit Schuldgefühlen und der Frage, ob sie die eigene Erkrankung hätten verhindern können. Wie Sie mit diesen Gefühlen umgehen und ihnen entgegenwirken können.

Geprüft von Sophie Sonnenberger, Medizinredakteurin

Veröffentlicht:
Aktualisiert: 2021-11-19T00:00:00+01:00 2021-11-19T00:00:00+01:00

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Krebspatientin mit Kopfbedeckung blickt nachdenklich aus dem Fenster

© Shutterstock

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO könnte jede dritte Krebserkrankung durch eine gesündere Lebensweise verhindert werden. Zu den häufig genannten Risikofaktoren zählen Rauchen, Alkohol und Übergewicht, gefolgt von Luftverschmutzung und UV-Strahlung.

Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) gibt an, dass 37 Prozent der Krebserkrankungen in Deutschland durch ein gesünderes Leben hätten vermieden werden können. Das betrifft die Diagnose von in etwa 510.000 Menschen. Viele Erkrankte quälen sich mit der Frage, ob sie schuld an ihrer Diagnose sind.

Krebs – Schuld ist oft der Zufall

Auf der diesjährigen Yescon, Deutschlands größter Krebs-Convention für Erkrankte und Experten, haben sich Mediziner, zwei Betroffene und eine Psychologin mit diesem Thema beschäftigt. Krebs sei keine Frage von Schuld, bekräftigen die Fachleute.

Im Wesentlichen sei es auf Zufall zurückzuführen, warum eine Person an einem bösartigen Tumor erkrankt und die andere nicht. Auch wenn laut RKI und WHO 37 Prozent der Krebserkrankungen vermeidbar seien, bedeute das auch, dass 63 Prozent der Erkrankungen im Wesentlichen durch Zufall auftreten.

Krebs entsteht, wenn sich die Zellen unkontrolliert teilen und sich im Gewebe verbreiten. Der Grund sind genetische Veränderungen im Erbgut einer Zelle. Eine Mutation kann potenziell jedes Mal passieren, wenn sich eine Zelle teilt. Meist müssen sich mehrere Mutationen ansammeln, damit die Wachstumskontrollen der Zelle aus den Fugen geraten und sich Krebs entwickelt. „Die genetischen Veränderungen entstehen zufällig.

Aber bestimmte Risikofaktoren können sie in unterschiedlichem Ausmaß befördern“, erklärt Ralf Angermund, medizinischer Direktor der Abteilung „Hämatologie und Solide Tumoren“ bei der Pharmafirma Janssen in Deutschland. Sprich: Die Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Mutationen, aber sie sind nicht die alleinigen Auslöser.

Die genetischen Veränderungen entstehen zufällig. Aber bestimmte Risikofaktoren können sie in unterschiedlichem Ausmaß befördern.

Ralf Angermund

Facharzt für Onkologie und Hämatologie

Unser Experte für Onkologie und Hämatologie

Ralf Angermund , Seit 18 Jahren leitet er bei Janssen Deutschland den medizinischen Bereich Hämatologie und beantwortet Fragen von Ärzten, die im Zusammenhang bei der Therapie mit den Medikamenten von Janssen aufkommen.
Dr. Ralf Angermund

© Janssen-Cilag GmbH

Dr. Ralf Angermund ist Facharzt für Onkologie und Hämatologie. Seit 18 Jahren leitet er bei Janssen Deutschland den medizinischen Bereich Hämatologie und beantwortet Fragen von Ärzten, die im Zusammenhang bei der Therapie mit den Medikamenten von Janssen aufkommen.

Auch Umweltfaktoren erhöhen das Krebsrisiko

 „Leute bekommen aber auch Lungenkrebs, obwohl sie nie geraucht haben“, ergänzt der Facharzt für Innere Medizin. Die Biografien von Krebspatienten sind vielfältig. Viele denken, dass nur hochbetagte Raucher und nicht-sportliche Mittvierziger an Lungenkrebs erkranken. Das entspreche aber nicht der Realität. 

Bei der Frage nach dem Ursprung von Tumoren richten Wissenschaftler den Blick zunehmend in Richtung Umweltfaktoren. Hierzu zählen die zunehmende Licht- und Luftverschmutzung, Infektionen, Sonnenstrahlung sowie die Architektur einer Stadt. Diesen ist der Mensch im Zweifel ausgesetzt ohne dass er sie beeinflussen kann.

Farbige Rasterelektronenmikroskopie der Teilung von Lungenkrebszellen aus einem Adenocakrinom

© Science Photo Library

Nur unter dem Rastermikroskop sichtbar: Die Teilung von Lungenkrebszellen aus einem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs. Der Krebs tritt häufiger bei Frauen und Nichtrauchern auf und ist die häufigste Art von Lungenkrebs bei Menschen unter 45 Jahren

Warum Annahme und Akzeptanz helfen

Die Frage nach der Schuld bei einer Krebserkrankung sei sinnlos – da sind sich die Experten auf der Yescon einig. Eine Diagnose dieser Art reiße Patienten sowieso schon den Boden unter den Füßen weg und erschüttere sie von Grund auf. Sich selbst zu beschuldigen, führe zu noch mehr Leidensdruck. „Da unsere Psyche aber stets nach Erklärungen sucht, um den Schein von Kontrolle über eine Situation aufrecht zu erhalten, quälen sich trotzdem viele Patienten damit“, erklärt die Psychologin und Autorin Stefanie Stahl.

Um dem Schuldgefühl entgegenzuwirken, helfe es, sich selbst zu stärken. Dies könne Patienten gelingen, indem sie ihre Erkrankung akzeptieren und versuchen, sie wertfrei zu betrachten. „Denn was psychisch am meisten Kraft kostet, ist Widerstand gegen etwas zu leisten, was nicht zu ändern ist“, sagt die Psychologin.

Da unsere Psyche aber stets nach Erklärungen sucht, um den Schein von Kontrolle über eine Situation aufrecht zu erhalten, quälen sich trotzdem viele Patienten mit der Schuldfrage.

Stefanie Stahl

Diplom-Psychologin und Autorin aus Trier. Ihr bekanntestes Buch heißt "Das Kind in dir muss Heimat finden"

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Wie Krebspatient Schmitz lernte, sein Schicksal zu akzeptieren

Ein Beispiel hierfür ist Stefan Schmitz. Der Grafikdesigner ist auf der Yescon, dem Marktplatz zum Austausch über das Thema Krebs, als Betroffener zu Gast. Mit 46 bekam er Darmkrebs und war damit sehr jung für diese Diagnose. Zunächst machte Schmitz sich Vorwürfe, selbst an seiner Erkrankung schuld zu sein. Dann entwickelte er eine Bewältigungsstrategie, die von Psychologin Stahl als äußerst klug beschrieben wurde: Er änderte seine Einstellung.

Mithilfe seines persönlichen Mantras „Es ist wie es ist“ schuf er sich eine Stimmung, die ihm dabei half, den Krebs und die Behandlungen zu ertragen, seine Erkrankung anzunehmen und sie wertfrei zu betrachten. Heute sagt Schmitz: „Krebs ist für mich wie ein Abenteuer. So eine Krankheit zu bekommen, ist aufwühlend und es steckt sehr viel Leidenschaft da drin. Schönes zu Erleben hat genau die gleichen Zutaten.“

Krebs ist für mich wie ein Abenteuer. So eine Krankheit zu bekommen, ist aufwühlend und es steckt sehr viel Leidenschaft da drin. Schönes zu Erleben hat genau die gleichen Zutaten.

Stefan Schmitz

Graphik-Designer und Darmkrebspatient

Liebevoll anstatt vorwurfsvoll im Umgang mit der Schuldfrage

Schmitz Einstellung zu seinem Krebs ebnete für ihn den Weg, seinen Schuldgefühlen entgegenzuwirken. Für Menschen, die sich wegen ihrer Erkrankung Vorwürfe machen, gibt es nur einen Weg, sagt Psychologin Stahl: Annehmen und Akzeptieren. „Das sind oft die Voraussetzungen, um die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Nur so lässt sich die Einstellung ändern und somit auch die eigenen Emotionen kontrollieren.“

FOCUS-Gesundheit 01/24 – Einfach besser leben 2024

© FOCUS-Gesundheit

FOCUS-Gesundheit 01/2024

Einfach besser leben 2024
Viele Alterungsprozesse lassen sich nachweislich bremsen. Was uns jung hält. Wie wir Lust an Bewegung (wieder) finden. Plus: Übungen fürs Home-Workout. U.v.m.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Den passenden Arzt finden Sie über unser Ärzteverzeichnis.

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