Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) gibt an, dass 37 Prozent der Krebserkrankungen in Deutschland durch ein gesünderes Leben hätten vermieden werden können. Das betrifft die Diagnose von in etwa 510.000 Menschen. Viele Erkrankte quälen sich mit der Frage, ob sie schuld an ihrer Diagnose sind.
Krebs – Schuld ist oft der Zufall
Auf der diesjährigen Yescon, Deutschlands größter Krebs-Convention für Erkrankte und Experten, haben sich Mediziner, zwei Betroffene und eine Psychologin mit diesem Thema beschäftigt. Krebs sei keine Frage von Schuld, bekräftigen die Fachleute.
Im Wesentlichen sei es auf Zufall zurückzuführen, warum eine Person an einem bösartigen Tumor erkrankt und die andere nicht. Auch wenn laut RKI und WHO 37 Prozent der Krebserkrankungen vermeidbar seien, bedeute das auch, dass 63 Prozent der Erkrankungen im Wesentlichen durch Zufall auftreten.
Krebs entsteht, wenn sich die Zellen unkontrolliert teilen und sich im Gewebe verbreiten. Der Grund sind genetische Veränderungen im Erbgut einer Zelle. Eine Mutation kann potenziell jedes Mal passieren, wenn sich eine Zelle teilt. Meist müssen sich mehrere Mutationen ansammeln, damit die Wachstumskontrollen der Zelle aus den Fugen geraten und sich Krebs entwickelt. „Die genetischen Veränderungen entstehen zufällig.
Aber bestimmte Risikofaktoren können sie in unterschiedlichem Ausmaß befördern“, erklärt Ralf Angermund, medizinischer Direktor der Abteilung „Hämatologie und Solide Tumoren“ bei der Pharmafirma Janssen in Deutschland. Sprich: Die Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Mutationen, aber sie sind nicht die alleinigen Auslöser.
Die genetischen Veränderungen entstehen zufällig. Aber bestimmte Risikofaktoren können sie in unterschiedlichem Ausmaß befördern.
Unser Experte für Onkologie und Hämatologie
Ralf Angermund , Seit 18 Jahren leitet er bei Janssen Deutschland den medizinischen Bereich Hämatologie und beantwortet Fragen von Ärzten, die im Zusammenhang bei der Therapie mit den Medikamenten von Janssen aufkommen.Auch Umweltfaktoren erhöhen das Krebsrisiko
Bei der Frage nach dem Ursprung von Tumoren richten Wissenschaftler den Blick zunehmend in Richtung Umweltfaktoren. Hierzu zählen die zunehmende Licht- und Luftverschmutzung, Infektionen, Sonnenstrahlung sowie die Architektur einer Stadt. Diesen ist der Mensch im Zweifel ausgesetzt ohne dass er sie beeinflussen kann.
Warum Annahme und Akzeptanz helfen
Die Frage nach der Schuld bei einer Krebserkrankung sei sinnlos – da sind sich die Experten auf der Yescon einig. Eine Diagnose dieser Art reiße Patienten sowieso schon den Boden unter den Füßen weg und erschüttere sie von Grund auf. Sich selbst zu beschuldigen, führe zu noch mehr Leidensdruck. „Da unsere Psyche aber stets nach Erklärungen sucht, um den Schein von Kontrolle über eine Situation aufrecht zu erhalten, quälen sich trotzdem viele Patienten damit“, erklärt die Psychologin und Autorin Stefanie Stahl.
Um dem Schuldgefühl entgegenzuwirken, helfe es, sich selbst zu stärken. Dies könne Patienten gelingen, indem sie ihre Erkrankung akzeptieren und versuchen, sie wertfrei zu betrachten. „Denn was psychisch am meisten Kraft kostet, ist Widerstand gegen etwas zu leisten, was nicht zu ändern ist“, sagt die Psychologin.
Da unsere Psyche aber stets nach Erklärungen sucht, um den Schein von Kontrolle über eine Situation aufrecht zu erhalten, quälen sich trotzdem viele Patienten mit der Schuldfrage.
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Wie Krebspatient Schmitz lernte, sein Schicksal zu akzeptieren
Mithilfe seines persönlichen Mantras „Es ist wie es ist“ schuf er sich eine Stimmung, die ihm dabei half, den Krebs und die Behandlungen zu ertragen, seine Erkrankung anzunehmen und sie wertfrei zu betrachten. Heute sagt Schmitz: „Krebs ist für mich wie ein Abenteuer. So eine Krankheit zu bekommen, ist aufwühlend und es steckt sehr viel Leidenschaft da drin. Schönes zu Erleben hat genau die gleichen Zutaten.“
Krebs ist für mich wie ein Abenteuer. So eine Krankheit zu bekommen, ist aufwühlend und es steckt sehr viel Leidenschaft da drin. Schönes zu Erleben hat genau die gleichen Zutaten.
Liebevoll anstatt vorwurfsvoll im Umgang mit der Schuldfrage
Schmitz Einstellung zu seinem Krebs ebnete für ihn den Weg, seinen Schuldgefühlen entgegenzuwirken. Für Menschen, die sich wegen ihrer Erkrankung Vorwürfe machen, gibt es nur einen Weg, sagt Psychologin Stahl: Annehmen und Akzeptieren. „Das sind oft die Voraussetzungen, um die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Nur so lässt sich die Einstellung ändern und somit auch die eigenen Emotionen kontrollieren.“