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Wie Stress und Übergewicht zusammenhängen

Ist das Stresslevel besonders hoch, schnellen auch die Kilos nach oben. Neue Studien zeigen, wie Entspannungstechniken und Perspektivwechsel beim Abnehmen helfen.

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Entspannt abnehmen: Schuhe, Obst, Hanteln, Wasser und ein Maßband liegen auf dem Boden

© Stock Photo

Wie Übergewicht und Stress zusammenhängen

Bewegungsmangel und übermäßiges Essen, vermuten viele, sei der einzige Grund für starkes Übergewicht. Man müsse nur mehr Sport treiben, Salat essen, Kalorien zählen oder sich einfach besser zügeln. Doch aktuelle Studien des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München und des Universitätsklinikums Bonn weisen auf eine andere Ursache hin: Adipositas, so ihre Erkenntnis, steht häufig in Verbindung mit anhaltendem Stress. Psychische Belastungen, Überbeanspruchung am Arbeitsplatz oder Konflikte in der Familie wirken sich negativ auf den Hormonhaushalt aus und begünstigen massive Gewichtszunahmen. Besonders der Stress im Gehirn hängt mit dem Fettstoffwechsel zusammen, wie die Forscher zeigen konnten. Eine zentrale Rolle spielt dabei das Eiweiß FKBP51. „Wir wissen schon länger, dass das Protein einen starken Einfluss auf Depressionen und Angsterkrankungen hat“, sagt Forschungsgruppenleiter Mathias Schmidt vom Max-Planck-Institut in München. „Immer wenn wir Stress ausgesetzt sind, ist der Spiegel an FKBP51 hoch. Es ist ein Sensor für starke Belastung.“ Die Wissenschaftler wiesen nun erstmals nach, dass FKBP51 sogar das zelleigene Recyclingprogramm, die sogenannte Autophagie, beeinflusst. Bei diesem Reinigungsprozess bauen Zellen beschädigte Bestandteile ab. Dabei verbrennt der Körper unter anderem auch viszerales Fett. Stress verlangsamt die Autophagie und begünstigt damit Adipositas. Ein wichtiger Schlüssel, um starkes Übergewicht zu reduzieren, sei, Stress abzubauen und die mentale Widerstandskraft, die Resilienz, zu stärken.

Doch welche Art von Belastung wirkt sich auf die Leibesfülle aus? „Im Grunde alles, was den Körper aus der Balance bringt“, erklärt Biologe Schmidt. Die Auslöser können Hitze oder Kälte sein, zu viel oder zu wenig Nahrung, Krankheiten und Schmerzen, aber auch Sorgen, soziale Einsamkeit oder eine zu hohe Arbeitsbelastung. Stress, der zu Übergewicht führt, weiß der Wissenschaftler, sei jedoch vor allem chronisch.

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Stress ist ansteckend

Mathias Schmidt ist eigentlich Verhaltensforscher für Mäuse. Viele seiner Entdeckungen lassen sich in anschließenden Studien auf den Menschen übertragen. „Besonders problematisch sind die unkontrollierbaren Situationen“, sagt der Wissenschaftler. Der Beginn der Corona-Pandemie war so eine. Menschen wurden plötzlich krank oder starben. Es gab noch keine Impfungen, jeder Kontakt konnte zur Bedrohung werden. „Heute wissen wir, wie wir das Risiko, an Covid zu erkranken, reduzieren können, und sind deshalb entspannter“, erklärt der Münchner Forscher. Erste Studien zeigen, dass die Deutschen während der Pandemie dicker geworden sind. Laut einer Studie der Technischen Universität München hat fast jeder zweite Deutsche 5,5 Kilo zugenommen. Gründe seien neben fehlender Bewegung seelische Probleme gewesen.

Doch auch der Stress anderer ist ansteckend, wie die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts in Studien an Nagern und am Menschen feststellten. So erhöht sich das Stresshormon Cortisol im Blut von Personen, die anderen beim Gestresstsein nur zusehen. „Bei Tieren ist das Stresslevel der Beobachter fast genauso hoch wie das der Betroffenen“, weiß Verhaltensforscher Schmidt. Je näher sich Menschen stehen, wie das in der Regel bei Paaren, Freunden oder Eltern und Kindern der Fall ist, desto stärker steigt der Stress auf beiden Seiten.

FOCUS-GESUNDHEIT 06/22

Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Text finden Sie in der Ausgabe Magen & Darm. Weitere Themen: Sodbrennen, Reflux und Gastritiswieder in den Griff bekommen. Verdauungsmythen im Gesundheitscheck. U.v.m.

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Was sind Cortisol-High- und -Low-Responder?

Jeder Mensch reagiert unterschiedlich stark auf herausfordernde Situationen. Florian Junne, Direktor der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Magdeburg, unterscheidet sogenannte Cortisol-High- und -Low-Responder. Bei Ersteren ist die Ausschüttung des Stresshormons als Reaktion auf Alltagsstress erhöht. Die Menschen reagieren auf Reize schnell und stärker mit Anspannung. Studien zeigen, dass eine größere Cortisolausschüttung infolge von Stress zu häufigerem Snacken und zu einer höheren Kalorienaufnahme führt. Und auch die Vorliebe für die hochkalorischen Lebensmittel mit viel Zucker und Fett nimmt mit steigenden Cortisolwerten zu. Stress wirkt also auf zwei Ebenen: Er bremst die Fettverbrennung und steigert den Hunger. Ein doppelter Grund, ihm entgegenzuwirken.

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Wie man am besten auf Stress reagiert

„Die Selbstbeobachtung ist in der Verhaltenstherapie bei Adipositas besonders wichtig“, erklärt Mediziner Junne. Sich Fragen stellen, etwa: Wie war mein Tag? Wie habe ich auf Stress reagiert, und was war der Auslöser dafür? Habe ich mehr gegessen, öfter genascht? „Zwischen einem Stressreiz und der Reaktion liegt ein Raum“, sagt der Experte, „den gilt es für die gesündere Entscheidung, etwa beim Essen, zu nutzen.“

Seine Strategie: innere Distanz gewinnen – zum Beispiel von angespannten Arbeitssituationen – oder in unkontrollierbaren Situationen einen Schritt zurücktreten. Das gelingt etwa mit Achtsamkeits- oder Atemübungen, Yoga, Meditation oder progressiver Muskelentspannung. „Man muss herausfinden, welche Methode zu einem passt, und diese regelmäßig üben und anwenden“, so Junne.

Auch ein Perspektivwechsel wirkt Wunder. Häufig reagieren Menschen nach gelernten Mustern, bewerten einen Streit immer wieder gleich oder glauben zu wissen, was andere über sie denken. Adipöse Menschen sehen sich laut Studienergebnissen meistens negativer, als ihre Umwelt sie sieht. Ihr Selbst-Stigma und ihr Schamgefühl aufgrund des Übergewichts sind meistens besonders groß. „Man kann üben, eine Situation und auch das eigene Körpererleben bewusst anders zu bewerten“, sagt Psychosomatik-Experte Junne, „und sich vor Augen führen, was man kann und was man an sich selbst schätzt.“ Das erhöhe die Selbstwirksamkeit, die dabei hilft, sich an eine gesündere Ernährungsweise zu halten, regelmäßiger Entspannungsübungen durchzuführen oder regelmäßiger Sport zu treiben.

SOS-Maßnahmen gegen akuten Stress

Schwierigen Situationen kann man nicht immer vorbeugen. Folgende Übungen helfen, gelassen zu bleiben:

 

Die Ein-Minuten-Meditation
Suchen Sie sich einen bequemen und ruhigen Platz. Finden Sie einen Punkt und fixieren Sie diesen etwa 60 Sekunden lang. Achten Sie dabei nur auf die Empfindung des ein- und ausströmenden Atems.

 

Luft holen

Wer durch die Nase atmet, atmet ruhiger und länger. Gut merken lässt sich die 4711-Übung. Dabei holen Sie vier Sekunden lang tief Luft und atmen auf sieben aus. Wiederholen Sie das Ganze elfmal.

Besonders geeignet ist Ausdauersport: „Nach akuten Stresssituationen werden über die Muskelarbeit Stresshormone abgebaut, langfristig steigert Bewegung auch die Resilienz gegen Stress“, erklärt Junne. Auch ein flotter Spaziergang in der Natur oder um den Block, der leichte Schweißperlen auf die Stirn treibt, helfe schon.

Wie Fasten helfen kann Abzunehmen

Die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts konzentrieren sich indes darauf, die Autophagie anzukurbeln. Dass sich Fasten positiv auf den Recyclingprozess der Zellen auswirkt, ist schon länger bekannt. So regt der Wechsel aus festen Essenszeiten und ausgedehnten Pausen die Zellen dazu an, sich zu erholen und beschädigte Bestandteile abzubauen. Intervallfasten hat Untersuchungen zufolge einen weiteren positiven Effekt: Es lässt das Fett von Leber und Bauchspeicheldrüse schmelzen, Körperzellen reagieren wieder besser auf das blutzuckersenkende Hormon Insulin. Somit schützt der Nahrungsverzicht auch nachweislich vor Diabetes. Wissenschaftler gehen davon aus, dass nach etwa 14 Stunden Nahrungspause der Prozess der Autophagie startet.

Von heute auf morgen so lange Nahrungspausen einzulegen ist für Menschen, die an Adipositas leiden, eine große Herausforderung. Denn auch Fasten ist Stress. Die Verhaltenstherapie ist ein wichtiger Baustein in der Behandlung, ist Mediziner Junne überzeugt. „Doch auch vom Gespräch mit anderen Betroffenen profitieren Patienten“, weiß der Experte. Mit gegenseitiger Unterstützung lassen sich Lebensstiländerungen besser durchhalten.

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Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Den passenden Arzt finden Sie über unser Ärzteverzeichnis.

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