Wie Übergewicht und Stress zusammenhängen
Doch welche Art von Belastung wirkt sich auf die Leibesfülle aus? „Im Grunde alles, was den Körper aus der Balance bringt“, erklärt Biologe Schmidt. Die Auslöser können Hitze oder Kälte sein, zu viel oder zu wenig Nahrung, Krankheiten und Schmerzen, aber auch Sorgen, soziale Einsamkeit oder eine zu hohe Arbeitsbelastung. Stress, der zu Übergewicht führt, weiß der Wissenschaftler, sei jedoch vor allem chronisch.
Werbung
Stress ist ansteckend
Mathias Schmidt ist eigentlich Verhaltensforscher für Mäuse. Viele seiner Entdeckungen lassen sich in anschließenden Studien auf den Menschen übertragen. „Besonders problematisch sind die unkontrollierbaren Situationen“, sagt der Wissenschaftler. Der Beginn der Corona-Pandemie war so eine. Menschen wurden plötzlich krank oder starben. Es gab noch keine Impfungen, jeder Kontakt konnte zur Bedrohung werden. „Heute wissen wir, wie wir das Risiko, an Covid zu erkranken, reduzieren können, und sind deshalb entspannter“, erklärt der Münchner Forscher. Erste Studien zeigen, dass die Deutschen während der Pandemie dicker geworden sind. Laut einer Studie der Technischen Universität München hat fast jeder zweite Deutsche 5,5 Kilo zugenommen. Gründe seien neben fehlender Bewegung seelische Probleme gewesen.
Doch auch der Stress anderer ist ansteckend, wie die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts in Studien an Nagern und am Menschen feststellten. So erhöht sich das Stresshormon Cortisol im Blut von Personen, die anderen beim Gestresstsein nur zusehen. „Bei Tieren ist das Stresslevel der Beobachter fast genauso hoch wie das der Betroffenen“, weiß Verhaltensforscher Schmidt. Je näher sich Menschen stehen, wie das in der Regel bei Paaren, Freunden oder Eltern und Kindern der Fall ist, desto stärker steigt der Stress auf beiden Seiten.
FOCUS-GESUNDHEIT 06/22
Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Text finden Sie in der Ausgabe Magen & Darm. Weitere Themen: Sodbrennen, Reflux und Gastritiswieder in den Griff bekommen. Verdauungsmythen im Gesundheitscheck. U.v.m.Zum E-Paper-Shop
Zum Print-Shop
Was sind Cortisol-High- und -Low-Responder?
Werbung
Wie man am besten auf Stress reagiert
Seine Strategie: innere Distanz gewinnen – zum Beispiel von angespannten Arbeitssituationen – oder in unkontrollierbaren Situationen einen Schritt zurücktreten. Das gelingt etwa mit Achtsamkeits- oder Atemübungen, Yoga, Meditation oder progressiver Muskelentspannung. „Man muss herausfinden, welche Methode zu einem passt, und diese regelmäßig üben und anwenden“, so Junne.
Auch ein Perspektivwechsel wirkt Wunder. Häufig reagieren Menschen nach gelernten Mustern, bewerten einen Streit immer wieder gleich oder glauben zu wissen, was andere über sie denken. Adipöse Menschen sehen sich laut Studienergebnissen meistens negativer, als ihre Umwelt sie sieht. Ihr Selbst-Stigma und ihr Schamgefühl aufgrund des Übergewichts sind meistens besonders groß. „Man kann üben, eine Situation und auch das eigene Körpererleben bewusst anders zu bewerten“, sagt Psychosomatik-Experte Junne, „und sich vor Augen führen, was man kann und was man an sich selbst schätzt.“ Das erhöhe die Selbstwirksamkeit, die dabei hilft, sich an eine gesündere Ernährungsweise zu halten, regelmäßiger Entspannungsübungen durchzuführen oder regelmäßiger Sport zu treiben.
SOS-Maßnahmen gegen akuten Stress
Schwierigen Situationen kann man nicht immer vorbeugen. Folgende Übungen helfen, gelassen zu bleiben:
Die Ein-Minuten-Meditation
Suchen Sie sich einen bequemen und ruhigen Platz. Finden Sie einen Punkt und fixieren Sie diesen etwa 60 Sekunden lang. Achten Sie dabei nur auf die Empfindung des ein- und ausströmenden Atems.
Luft holen
Wer durch die Nase atmet, atmet ruhiger und länger. Gut merken lässt sich die 4711-Übung. Dabei holen Sie vier Sekunden lang tief Luft und atmen auf sieben aus. Wiederholen Sie das Ganze elfmal.
Besonders geeignet ist Ausdauersport: „Nach akuten Stresssituationen werden über die Muskelarbeit Stresshormone abgebaut, langfristig steigert Bewegung auch die Resilienz gegen Stress“, erklärt Junne. Auch ein flotter Spaziergang in der Natur oder um den Block, der leichte Schweißperlen auf die Stirn treibt, helfe schon.
Wie Fasten helfen kann Abzunehmen
Von heute auf morgen so lange Nahrungspausen einzulegen ist für Menschen, die an Adipositas leiden, eine große Herausforderung. Denn auch Fasten ist Stress. Die Verhaltenstherapie ist ein wichtiger Baustein in der Behandlung, ist Mediziner Junne überzeugt. „Doch auch vom Gespräch mit anderen Betroffenen profitieren Patienten“, weiß der Experte. Mit gegenseitiger Unterstützung lassen sich Lebensstiländerungen besser durchhalten.