Was ist eine Milchallergie?
Erwachsene sind selten von einer Milchallergie betroffen, sie entsteht vor allem bei Babys und Kleinkindern. Meist beginnt sie nach dem Abstillen, wenn der Säugling erstmals Kuhmilch zu trinken bekommt. Denn das Immunsystem und der Magen-Darm-Trakt eines Babys sind noch nicht komplett ausgereift und daher weniger geschützt vor allergieauslösenden Substanzen.
Wieso manche Menschen diese Allergie entwickeln und andere nicht, ist bis heute nicht eindeutig wissenschaftlich geklärt. Die Forschung nimmt an, dass die Veranlagung für die Allergie vererbt wird. Kommt bei einem Elternteil bereits eine Allergie vor, hat das Kind ein erhöhtes Risiko, ebenfalls daran zu erkranken.
Unterschied Kuhmilchallergie und Laktoseintoleranz
Der Hauptunterschied zwischen einer Kuhmilchallergie und einer Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) liegt in deren Ursachen: Die Allergie wird durch ein überreagierendes Immunsystem ausgelöst, die Laktoseintoleranz hingegen entsteht, wenn im Körper ein bestimmtes Enzym (Laktase) fehlt oder in zu geringer Menge vorhanden ist. Dieses Enzym spaltet den Milchzucker (Laktose) auf und ermöglicht dessen Verdauung. Nach dem Verzehr von Milch bekommen Menschen, die an Milchzuckerunverträglichkeit leiden, daher Verdauungsprobleme wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Durchfall.Im Erwachsenenalter entwickeln Menschen deutlich häufiger eine Laktoseintoleranz als eine Milchallergie. Bei Babys und Kindern wiederum kommt die Milchzuckerunverträglichkeit seltener vor.
Die Darmflora beeinflusst das Allergierisiko
Kinder, die an einer Kuhmilchallergie leiden, haben ein anderes Darmmikrobiom. Künftig kann dieses Wissen bei Behandlungen eine entscheidende Rolle spielen.
Prof. Dr. Jan C. Simon, Direktor der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum in LeipzigSimon ist Autor von über 340 wissenschaftlichen Studien und Buchartikeln sowie Träger von 15 wissenschaftlichen Auszeichnungen.
Man hat in Studien herausgefunden, dass Kinder, die an einer Kuhmilchallergie leiden, eine andere Zusammensetzung der Bakterien im Darm haben als gesunde Gleichalterige. Einige Bakterienstämme in der Darmflora bestimmen, wie viele Allergene in die Blutbahn gelangen. Die Forschung ist hier jedoch noch am Anfang – man beginnt gerade erst, das alles zu verstehen. Aber die Darmflora wird bei der Behandlung von Allergien zukünftig eine bedeutende Rolle spielen.
Präbiotika, also nicht verdauliche Lebensmittelbestandteile wie etwa Ballaststoffe, sind wichtig für den Darm, denn sie fördern das Wachstum und die Aktivität und Diversität von Bakterien. So lässt sich die Darmflora stärken und eventuell auch ein Allergierisiko mindern. Auch eine Kombination von Prä- und Probiotika wird bei der Behandlung von Kindern mit Milchallergie eingesetzt. Ob dies eine frühere Abschwächung der Allergie begünstigt, wird in der Forschung aber noch untersucht. Einfach ein paar Kapseln mit Probiotika schlucken und dann hört die Milchallergie auf, das funktioniert leider nicht.
Bei etwa acht von zehn Kindern hört die Milchallergie spätestens in der Schulzeit wieder auf. Meistens passiert das bereits im Laufe des zweiten Lebensjahres – vermutlich dann, wenn das Immunsystem im Magen-Darm-Trakt vollständig ausgereift ist und nicht mehr so anfällig für Allergene ist.
Interview: Yvonne Küster
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Milchallergie: Baby
Die Kuhmilchallergie ist bei Kindern unter drei Jahren die häufigste Allergie. Etwa zehn Prozent aller Säuglinge sind davon betroffen. Sie wird vor allem durch den frühen Kontakt mit Fremdeiweiß (also Eiweiß, das anders ist als das Eiweiß in der Muttermilch) ausgelöst, das beispielsweise in Kuhmilch oder Beikost steckt.
Die Milcheiweißallergie zeigt sich beim Baby durch verschiedene Symptome, beispielsweise Hautausschlag, verändertem Stuhlgang (Durchfall, Verstopfung, blutigen Stuhl) oder Übelkeit (siehe Aspekt „Milchallergie Symptome“).Die Beschwerden treten recht schnell auf, oft schon innerhalb weniger Minuten, sie können aber auch erst nach einigen Stunden oder Tagen entstehen. Da hinter den Symptomen auch ein anderes gesundheitliches Problem stecken kann, empfehlen Kinderärzte, zunächst einen sogenannten Provokationstest durchzuführen.
Um den Ausbruch einer Allergie vorzubeugen, raten Experten, ein Baby mindestens die ersten sechs Lebensmonate lang zu stillen (mindestens vier davon voll). Muttermilch enthält nicht nur alle wichtigen Nährstoffe, sondern auch Antikörper, die dem Kampf gegen Krankheiten dienen. Wenn das Kind Muttermilch nicht verträgt, sollte es im ersten halben Lebensjahr eine hydrolysierte Säuglingsnahrung oder Aminosäurenformula erhalten. Diese enthält nur Milcheiweiße, die in kleine Bruchstücke aufgespalten worden sind, was ihre allergene Wirkung deutlich reduziert. Danach kann das Kind schrittweise Beikost erhalten. Wann das Kind an Kuhmilch gewöhnt werden kann, sollten Eltern mit dem Kinderarzt absprechen. Generell ist wichtig, dass Eltern erstmal keine pure Milch geben. Sie können stattdessen erhitzte Milch, etwa in Backprodukten, zugeben. Die Milchproteine wirken hierdurch weniger allergen und das kindliche Immunsystem kann sich sanfter daran gewöhnen.
Eine Frage ist auch, wann eine Besserung der Beschwerden eintritt. Eine Kuhmilchallergie verschwindet bei 80 Prozent der betroffenen Kinder bis zum Schulalter vollständig. Wichtig für einen guten Verlauf ist allerdings, dass die Eltern zuhause nicht rauchen und keine Haustiere halten, denn beides kann die allergischen Reaktionen beim Kind verstärken und eine dauerhafte Erkrankung begünstigen.
Milchallergie: Symptome
Die Symptome einer Kuhmilchallergie treten in verschiedenen Organen auf, etwa auf der Haut, im Magen-Darm-Trakt und den Atemwegen. Sie können sofort entstehen (sogenannter Soforttyp) oder sich erst einige Stunden oder Tage später zeigen (sogenannter Spättyp):
- Beim Soforttyp produziert das Immunsystem des Betroffenen Antikörper gegen das Kuhmilcheiweiß. Diese heften sich an Zellen des Immunsystems und lösen daraufhin die Freisetzung von Entzündungsbotenstoffen aus.
- Beim Spättyp werden im Körper T-Zellen (spezielle Zellen des Abwehrsystems) aktiviert, um die Kuhproteine zu bekämpfen. Da hierbei keine Antikörper gebildet werden, ist diese Kuhmilchallergieform nicht mit Hilfe eines Bluttests nachweisbar.
Die körperlichen Symptome können einzeln auftreten oder, was häufiger der Fall ist, kombiniert vorkommen, mild oder heftig sein. Im schlimmsten Fall erleidet der Betroffene einen anaphylaktischen Schock, bei dem es zu Atemnot und einem Kreislaufstillstand kommen kann.
Eine Kuhmilchallergie äußert sich durch folgende Symptome:
Hautreaktionen:
- Hautrötung
- Juckreiz
- Ausschlag (zum Beispiel Pickel, Bläschen, Pusteln) und Ekzeme
- Verschlechterung eines bereits bestehenden atopischen Ekzems (Neurodermitits)
Bei Babys sind vor allem Kopfhaut, Gesicht, Arme und Beine betroffen.
Magen-Darm-Beschwerden:
- Übelkeit
- Bauchschmerzen, die bis zu Koliken ausarten können
- Erbrechen
- Blähungen
- Sodbrennen
- Durchfall
- Blutig-schleimiger Stuhlgang
- Verstopfung
Atemwegsprobleme:
- Verengung der Bronchien
- Atemnot
- Asthma bronchiale
- Kehlkopfschwellung
- Schnupfen
Psychische Symptome:
- Unruhe
- Untröstliches Schreien bei Kindern
- Müdigkeit/Abgeschlagenheit
Weitere seltene Symptome:
- Kreislauf-Probleme
- Allergischer (anaphylaktischer) Schock
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Milchallergie: Test
Welcher Arzt ist der richtige Ansprechpartner? Um eine Kuhmilchallergie sicher zu diagnostizieren, sollte man einen Allgemeinmediziner, Gastroenterologen oder Kinderarzt aufsuchen, der sich auf Allergien spezialisiert hat. Zunächst wird dieser ein ausführliches Untersuchungsgespräch führen und fragen, welche Symptome der Patient hat, wann diese erstmals aufgetreten sind und wie die Ernährung des Betroffenen aussieht. Besteht der Verdacht auf eine Milcheiweißallergie, empfiehlt der Arzt dem erwachsenen Patienten bzw. den Eltern, das Kind für zwei bis vier Wochen kuhmilchfrei zu ernähren, Fachleute bezeichnen dies als Eliminationsdiät.
Treten die körperlichen Beschwerden dann nicht mehr auf, ist dies ein deutlicher Hinweis, dass eine Kuhmilchallergie besteht. Des Weiteren kann der Mediziner einen sogenannten Provokationstest durchführen, um die Allergie festzustellen. Dabei bekommt der Patient unter ärztlicher Aufsicht Kuhmilch verabreicht und anschließend wird beobachtet, ob bei dem Betroffenen Allergiesymptome auftreten.
Um eine Milchallergie festzustellen, können auch folgende Blut- und Hauttests zum Einsatz kommen:
- Antikörper-Test: Hierbei wird mit Hilfe einer Blutprobe untersucht, ob der Körper IgE-Antikörper gegen das Milcheiweiß gebildet hat. Dies deutet auf eine Kuhmilchallergie hin.
- Prick-Test: Bei diesem Test tropft der Arzt verschiedene Lösungen (mit möglichen Auslösern der Allergie) auf den Arm oder den Rücken des Patienten. Anschließend sticht er mit einer Nadel die betroffene Hautstelle leicht an. Entwickelt sich dort nach einiger Zeit (circa 20 Minuten) eine Rötung oder Schwellung (zum Beispiel Quaddeln), ist der Allergietest positiv.
- Intrakutan-Test: Der Arzt injiziert Testlösungen, die Allergene enthalten, in die Haut des Patienten. Zusätzlich trägt er eine Histamin- und eine Kochsalzlösung auf die Haut auf, um die Wirkung des Allergietests besser zu bewerten. Treten an den Hautstellen, wo die Injektion erfolgte, nach circa 20 Minuten Rötungen und Schwellungen auf, handelt es sich um eine Allergie.
Milchallergie: Behandlung
Eine Kuhmilchallergie lässt sich durch eine Behandlung nicht heilen, man kann die körperlichen Symptome jedoch lindern und durch eine Ernährungsumstellung vermeiden. Das bedeutet, auf Kuhmilchprodukte komplett zu verzichten. Wird das Immunsystem nicht mehr mit den Milcheiweißen konfrontiert, bleiben die allergischen Reaktionen aus.
Kuhmilchallergie Ernährung
Eine Ernährungsumstellung sollte bei Kindern erstmal auf sechs bis 18 Monate beschränkt sein. Der Grund: Das Immunsystem eines Kindes entwickelt in dieser Zeit häufig eine Toleranz gegenüber den allergieauslösenden Substanzen und bekämpft sie nicht mehr. Nach diesem Zeitraum sollte der Kinderarzt daher überprüfen, ob die Allergie überhaupt noch besteht.
Was darf man nicht essen? Für Betroffene sind diese Lebensmittel tabu:
- Rohmilch
- Magermilch
- Vollmilch
- H-Milch
Sowie alle Milchprodukte wie etwa Joghurt, Käse, Quark, Kondensmilch, Buttermilch, Kefir, Sahne und Butter.
Doch Milcheiweiß ist auch versteckt in vielen Nahrungsmittelprodukten enthalten, beispielsweise in:
- Brot
- Gebäck
- Ketchup
- Soßen
Wer sicher gehen will, ein milchfreies Nahrungsmittelprodukt zu kaufen, sollte sich die aufgelisteten Inhaltsstoffe genau ansehen: Lebensmittel, die Kasein, Milcheiweiß, Molke und tierisches Eiweiß enthalten, dürfen Kuhmilchallergiker nicht verzehren. Auch Milchprodukte ohne Lactose (sie haben die Bezeichnung „Minus-L“) sind nicht geeignet, da sie zwar keinen Milchzucker, aber die Eiweiße der Kuhmilch enthalten.
Was darf man essen? Kurze Antwort: Alles, was kein Milcheiweiß enthält. Speisen, bei denen normalerweise Kuhmilch verwendet wird, lassen sich oft mit Ersatzprodukten wie Mandelmilch, Reismilch oder Hafermilch zubereiten (die Produkte sollten möglichst mit Kalzium angereichert sein). Sojamilchprodukte hingegen sollten Kinder frühestens nach dem ersten Geburtstag bekommen, denn sie kann hormonähnliche Substanzen enthalten und ist somit nicht für Säuglinge geeignet.Als Flaschennahrung ist für Babys, die eine Kuhmilchallergie haben, die sogenannte Aminosäuren-Formulanahrung besonders geeignet. Diese Säuglingsmilch ist komplett frei von Kuhmilch und enthält nur die kleinsten Eiweißbausteine (Aminosäuren), die keine Allergie verursachen.
Auf Kalzium besonders achten: Bei der Ernährungsumstellung ist außerdem zu beachten, dass Milchprodukte viele wichtige Nährstoffe enthalten, wie Kalzium, Vitamin B12 und Jod. Diese muss das betroffene Kind nun durch alternative Lebensmittel erhalten. So sind Vitamin B12 und Jod etwa in Seelachs, Leber, Fischstäbchen und Ei reichhaltig vorhanden. Da Kalzium jedoch hauptsächlich in Milchprodukten vorkommt und Kinder für ihr Wachstum einen großen Bedarf an dem Mineralstoff haben, muss genau darauf geachtet werden, dass der Speiseplan wirklich ausreichend Kalzium liefert. Eltern sollten auf jeden Fall eine Ernährungsberatung in Anspruch nehmen und zusammen mit dem Experten einen ausgewogenen Ernährungsplan erstellen. Im Zweifel sollte auch der Kinderarzt gefragt werden, ob bei dem betroffenen Kind die Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln ratsam ist.Kuhmilchallergie Medikamente
Bei einer allergischen Reaktion können einige Medikamente zum Einsatz kommen. In erster Linie sind es Antihistaminika, die es etwa in Tablettenform oder als Tropfen gibt.Quellen
- S2k-Leitlinie Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI): Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien, Stand: 05.10.2020
- Online-Informationen Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.: www.kinderaerzte-im-netz.de; Abruf: 05.10.2020
- Online-Informationen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: www.kindergesundheit-info.de; Abruf: 07.10.2020
- Online-Informationen Deutscher Allergie- und Asthmabund: www.daab.de; Abruf: 05.10.2020
- Online-Informationen Deutscher Allergie- und Asthmabund: www.daab.de; Abruf: 07.10.2020
- Online-Informatiomnen European Centre for Allergy Research Foundation (ECARF): www.ecarf.org; Abruf: 05.10.2020
- Online-Informationen Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: www.dge.de/wissenschaft; Abruf: 06.10.2020
- Online-Informationen DocCheck Community GmbH: https://flexikon.doccheck.com; Abruf: 07.10.2020