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"Wurzelbehandlungen brauchen Zeit – haben aber beste Erfolgsaussichten"

Chirurgische Eingriffe im Zahninneren stehen im Ruf, schmerzhaft und äußerst unangenehm zu sein. Zu Unrecht. Zwei Experten erklären, worauf es bei einer Wurzelkanalbehandlung ankommt und wie die Erfolgsaussichten sind.

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Ein Zahnarzt und seine Assistentin führen eine Zahnbehandlung mit Betäubungsspritze durch.

© Shutterstock

Ein Lächeln öffnet viele Türen. Und am besten sieht das freundliche Gesicht mit den „echten“ Zähnen aus. Diese so lange wie möglich zu erhalten ist das Ziel zahnmedizinischer Behandlung. Für Entzündun­gen, die bis tief ins Innere des Zahns reichen, sind Ärztinnen und Ärzte mit dem Fachgebiet Endodontologie die Spezialis­ten. Sie führen Wurzelkanal­behandlungen durch, wie der Eingriff medizinisch korrekt heißt. Dank wirksamer Betäu­bungsmedikamente hat das zahnchirurgische Verfahren seinen Schrecken inzwischen weitgehend verloren. Lang­wierig kann es dennoch sein. Aber es ist oft auch die letzte Chance. „Wir können heute Zähne sehr lange erhalten, die wir vor 20 Jahren noch zie­hen mussten“, sagt Christian Gernhardt, Professor für Zahn­erhaltungskunde an der Uni­versitätspoliklinik Halle.

Woran spürt man, dass die Wurzel der Grund des Übels ist?

Die häufigste Ursache für eine Wurzelkanalbehandlung ist eine Entzündung des wei­chen Gewebes in der Zahn­wurzel, Pulpa oder Zahnmark genannt. Ob diese vorliegt, kann nur eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt feststellen. „Meistens haben Kariesbak­terien oder deren Abbaupro­dukte den Zahn zerstört und sind bis ins Mark vorge­drungen“, erklärt Gernhardt.

„Auch Unfälle oder eine Behandlung, etwa eine große Füllung oder das Abschleifen des Zahns, können ein Grund sein.“ In diesen Fällen ist die Pulpa nicht mehr ausrei­chend versorgt und reagiert mit Entzündung. Die Patien­tin oder der Patien spürt meist heftige Zahnschmer­zen, oft klopfend. Hören die­se plötzlich auf, kann das ein Warnsignal sein: Das entzün­dete Mark ist abgestorben, der Zahn „tot“. Ärztin oder Arzt testen deshalb zunächst mit Klopf­ und Kältereiz, ob der Nerv noch reagiert. Ein Röntgenbild zeigt, ob eine Entzündung besteht und wie ausgedehnt diese ist.

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Wie erfolgreich ist eine Wurzelkanalbehandlung?

In 80 bis 90 Prozent der Fälle werden die Zähne dauerhaft gerettet. Das zeigen Langzeit­studien über zehn Jahre. „Im Einzelfall können wir allerdings nicht garantieren, dass die Behandlung gelingt“, stellt der niedergelassene Endo­dontologe Bernard Bengs aus Berlin klar. Zu viele Faktoren spielen hinein: Wie groß ist die Entzündung? Wie viel Zahn­substanz ist bereits abgetra­gen? „Daneben kommt es auf das Immunsystem des Patien­ten an. Auch Besonderheiten im Mundraum – sehr enge, verkalkte oder gebogene Wur­zelkanäle – beeinflussen das Ergebnis“, so Bengs. Nicht zu­letzt spielt die Erfarung des Zahnarztes eine Rolle für den Behandlungserfolg. Der Pati­ent selbst kann abgesehen von einer guten Zahnpflege wenig tun, um neuerliche Entzün­dungen zu vermeiden.

Behandlungen der Zahnwurzel brauchen Zeit – haben aber beste Erfolgsaussichten.

Prof. Christian Gernhardt

stellv. Direktor am Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universität Halle

Was genau hat sich eigentlich entzündet? 

Das Zahninnere besteht zum überwiegenden Teil aus dem knochenähnlichen Gewebe Dentin. Darin verlaufen feine Wurzelkanäle. Jede Zahnwur­zel hat mindestens einen. Die Kanäle sind mit dem Weich­gewebe Pulpa gefüllt. Durch­zogen ist es von Blutgefäßen und Nervenfasern, die Rich­tung Kieferknochen gehen. Die Infektion des Marks reizt die Nerven, die Schmerzsigna­le an das zentrale Nervensys­tem leiten. Besteht die Ent­zündung im Zahninneren über längere Zeit, kann sie auf den Kieferknochen übergreifen. Oder in das umliegende Ge­webe vordringen, wo sich Eiterablagerungen in Form einer „dicken Backe“ äußern.

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Wie läuft die Behandlung ab?

Der Mediziner bohrt den Zahn auf und entfernt das entzün­dete oder bereits zerfallene Gewebe der Pulpa. Mit feinen rotierenden Feilen erweitert und reinigt er die Kanäle. Es folgt eine Spülung, die sämt­liche Keime entfernen soll. „Damit die Lösung auch in kleinste Verästelungen vor­dringt und dort Biofilme auf­löst, in denen sich Bakterien verschanzen, sollten diese ak­tiviert werden“, erklärt Exper­te Gernhardt. Dies geschieht entweder mittels pulsieren­ dem Laser oder (Ultra­)Schall. Beides sind keine Kassenleis­tungen. 

Zur Desinfektion kann auch Laser eingesetzt werden, der Keime mit Hitze bekämpft. Um die Wurzelbakterien dicht zu verschließen, wird eine zu­vor verflüssigte Masse in die Kanäle gepresst. Dazu müssen Ärztin oder Arzt deren exak­te Länge kennen. Bestimmt wird diese entweder durch ein weiteres Röntgenbild oder – genauer und strahlungsär­mer – mit der elektronischen Längenmessung (keine Kas­senleistung). Ist die Wurzel schließlich dicht und die Ent­zündung abgeklungen, kann der Zahn mit einer Fül­lung oder Krone versorgt wer­den. Nach einigen Monaten erfolgt eventuell eine erneute Kontrolle per Röntgenaufnah­me, die zeigt, ob die Entzün­dung im Kieferknochen rück­läufig ist, die Behandlung also erfolgreich war. Das ist wich­tig, weil schwelende Entzün­dungsprozesse den Körper be­lasten und Herz­ oder Gelenk­probleme verursachen können.

Das passiert bei einer Wurzelbehandlung

Der Weg zum Übel führt über den Zahnwurzelkanal

Wurzelkanalbehandlung

© FOCUS-Gesundheit

Feine Instrumente werden über den Wurzelkanal bis zur Zahnwurzel eingeführt, um dort Entzündungen zu behandeln

Ist die Prozedur schmerzhaft?

„Die Medikamente zur Betäu­bung sind heute so gut, dass Patienten wirklich schmerz­frei und entspannt sind“, ver­sichert Bengs. „Ansonsten könnten wir mit dem Dental­mikroskop auch gar nicht ar­beiten“.

Extraleistungen – Was ist sinnvoll?

Die Wurzelkanalbehandlung zahlt meist die Krankenkasse. Ärzte bieten jedoch zusätzliche Leistungen, die privat berechnet werden:

Mikroskopische Behandlung

Ca. 25 – 80 Euro je Sitzung. „Absolut sinnvoll, um die feinen Wurzelkanäle zu finden und Zahnsubstanz beim Aufbohren zu schonen“, sagt Christian Gernhardt, Experte für Zahnerhaltung an der Uni Halle.

Elektronische Längenmessung

4 – 14 Euro pro Anwendung. Laut Gernhardt „exakter und strahlungsärmer als die Messung per Röntgenbild“.

Aktivierung der Spüllösung

Verstärkt die Desinfektionswirkung. 4 – 14 Euro je Sitzung. „Sinnvoll, um die Kanäle keimfrei zu bekommen“, so Gernhardt.

3D-Röntgen

150 – 350 Euro. „Die Strahlenbelastung ist höher als bei normalen Röntgenaufnahmen. Die Untersuchung sollte Spezialfällen vorbehalten sein“, sagt Gernhardt.

Beratung

Kostenfreie Zweitmeinung bei der Zahnärztekammer: www.patientenberatung-der-zahnaerzte.de/patienten-im-mittelpunkt

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Wann ist Besserung zu erwarten?

„Eine Wurzelkanalbehandlung braucht Sorgfalt und Zeit, das geht nicht schnell, schnell“, betont Gernhardt. In der Regel sind mehrere Termine not­wendig, die recht lange dauern können. Die Behandlung selbst ist anspruchsvoll. Trotz Rönt­gen wissen Ärztin oder Arzt vorab nicht immer genau, wie viele Wurzelkanäle der er­krankte Zahn hat und wo sie genau liegen. „Manchmal sind diese auch verschlossen und deshalb schwer zu entdecken“, erläutert Gernhardt. Die Ka­näle sind ungefähr 20 Millime­ter lang und haben teilweise einen Durchmesser von unter 0,1 Millimeter, sie können ex­trem verästelt und gebogen sein – all dies macht eine voll­ständige Reinigung und Des­infektion kompliziert. 

Sind Wurzelspitze oder Kieferkno­chen entzündet, kann sich die Heilung über Monate hinzie­hen. Wenn der Patient immer noch Schmerzen oder andere Entündungsanzeichen spürt, muss die Prozedur wiederholt werden. Ärzte sprechen von Revision. Ist auch dann die Entzündung nicht im Griff, kann als letzte Option die Wurzelspitze gekürzt werden. Zahnärzte oder Oralchirurgen arbeiteten sich von außen über den Kieferknochen zur Zahn­wurzel vor, kappen diese um zwei bis drei Millimeter und entfernen entzündetes Ge­webe. „Diese sogenannte Re­sektion löst das Problem nur, wenn der Wurzelkanal vorher keimfrei und komplett gefüllt ist“, sagt Bengs. Andernfalls sei es nur eine Frage der Zeit, bis die Entzündung erneut aufflamme.

Warum kann sich ein behandelter Zahn verfärben?

„Durch Einblutungen vom Pulpagewebe in die kleinen Dentinkanälchen entsteht eine Art blauer Fleck, der sich leider nicht zurückbildet“, erklärt Bengs. Oder aber es dringen Farbstoffe aus der Nahrung in die Kanäle ein, weil im wurzelgefüllten Zahn ohne die Pulpa weniger Druck herrscht. „Im Schneidezahn­bereich kann man Verfärbun­gen sehr gut aufhellen“, sagt der Endontologe. „Das hält Jahre und ist schonender als eine Krone.“

Dieser Text erschien zuerst in der Ausgabe Moderne Chirurgie von FOCUS-Gesundheit. Das Magazin ist erhältlich als E-Paper und als Print-Ausgabe.

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Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Den passenden Arzt finden Sie über unser Ärzteverzeichnis.

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