Zusammenfassung
- Definition: Ein Hormon, das in den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse produziert wird; hilft den Zellen, den Zucker aus dem Blut aufzunehmen und senkt so den Blutzuckerspiegel
- Wirkung: Insulin dockt an den Insulinrezeptoren auf der Zelloberfläche an und bahnt dem Zucker nach dem „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ den Weg in die Zelle
- Insulinarten: Mehrere Insulinarten für viele Anwendungsfälle, Unterschiede in der Wirkdauer (z.B. kurz, intermediär und lang wirksames Insulin, Mischinsulin), Herstellung (Humaninsulin, Insulinanaloga)
- Anwendung: Verschiedene Arten der Anwendung, z.B. Spritze, Pen, Insulinpumpe; zwei Hauptvarianten der Insulintherapie sind die intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT, meist bei Typ-1-Diabetes) und die konventionelle Insulintherapie (häufig bei Typ-2-Diabetes)
- Anwendungsgebiete: Für Typ-1- und Typ-2-Diabetes, aber auch für seltenere Diabetesformen; neue Wirkstoffe für Typ-2-Diabetes (z.B. Semaglutid, Dulaglutid) senken den Blutzucker, helfen zugleich bei der Gewichtsreduktion („Insulinspritze“ zum Abnehmen)
- Nebenwirkungen: Insulin ist in der Regel gut verträglich, bei Überdosierung (zu viel Insulin gespritzt) kann Unterzucker die Folge sein, bei Unterdosierung ist Überzuckerung möglich
- Gegenanzeigen und Wechselwirkungen: Überempfindlichkeit gegenüber Insulin oder Unterzucker; Wechselwirkung mit mehreren Medikamenten möglich, z.B. ACE-Hemmer, Acetylsalicylsäure – immer den Arzt fragen!
- Alternative zu Insulin: Für Typ-1-Diabetiker ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Transplantation der Bauchspeicheldrüse (manchmal plus Niere) oder der insulinproduzierenden Beta-Zellen (Inselzelltransplantation) möglich; Typ-2-Diabetiker haben viele blutzuckersenkende Medikamente zur Auswahl
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Was ist Insulin?
Insulin ist laut Definition ein körpereigenes Hormon, das eine blutzuckersenkende Wirkung hat. Es funktioniert wie eine Art „Türöffner“, der die Zellen aufsperrt und dem Zucker den Weg in die Zellen ebnet. Weil der Zucker aus dem Blut aufgenommen wird, sinkt der Blutzuckerwert. Der Zucker steht den Zellen anschließend zur Energiegewinnung zur Verfügung.
Bei der Zuckerkrankheit Diabetes mellitus (Typ 1 und Typ 2) spielt das Hormon eine zentrale Rolle. Diese Formen von Diabetes unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Ursachen, sondern auch in der Fähigkeit zur Insulinproduktion.
Wo wird Insulin gebildet?
Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse produziert. Diese Drüse heißt auch Pankreas. Zuständig für die Herstellung des Insulins sind besondere Zellen: die Beta-Zellen der sogenannten Langerhans-Inseln. Daher rührt auch der Name „Insulin“, denn das lateinische Wort „insula“ bedeutet übersetzt „Insel“.
Typ-1-Diabetes
Beim Typ-1-Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse kaum oder kein Insulin mehr – es herrscht Insulinmangel und der Insulinwert im Blut ist zu niedrig. Als Faustregel gilt: Der Insulinwert sollte normalerweise so hoch sein, dass er den Blutzucker (nüchtern, bei Erwachsenen) auf 60 bis 100 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) senken kann. Ein Insulinmangel lässt sich nur durch von außen zugeführtes Insulin beheben. Es übernimmt dann die Aufgabe, die sonst das körpereigene Insulin-Hormon erfüllen würde. Menschen mit Typ-1-Diabetes sind lebenslang auf eine Insulintherapie angewiesen. Sie müssen das Hormon zuführen.
Wie viele Insulin-Einheiten bei einem Menschen mit Typ-1-Diabetes pro Tag nötig sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel von der geplanten Nahrungsaufnahme oder der körperlichen Aktivität. Die jeweiligen Insulin-Einheiten lassen sich für verschiedene Situationen berechnen.
Typ-1-Diabetes tritt meist schon in jungen Jahren in Erscheinung. Diese Form zählt zu den Autoimmunerkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen richtet – in diesem Fall ist es die Bauchspeicheldrüse.
Typ-2-Diabetes
Beim Typ-2-Diabetes schüttet die Bauchspeicheldrüse oft noch geringe Mengen an Insulin aus. Wie viel Insulin die Bauchspeicheldrüse bei Diabetikern noch produziert, lässt sich durch das Proinsulin feststellen. Es ist eine nicht ausgereifte Vorstufe des Hormons Insulin und gilt als wichtiger Marker bei Typ-2-Diabetes. Ist das Proinsulin intakt, weist dies auf einen Defekt der Beta-Zellen hin. Denn normalerweise wird die Vorstufe in zwei Bausteine zerlegt: Insulin und C-Peptid.
Auch wenn die Bauchspeicheldrüse noch wenig Insulin herstellt - oft wirkt es nicht mehr ausreichend, weil die Körperzellen zu wenig empfindlich auf das Insulin-Hormon reagieren. Die Insulinempfindlichkeit (Insulinsensitivität) der Zellen ist herabgesetzt. Diese verminderte oder aufgehobene Wirkung des Insulins in den Geweben des Körpers bezeichnen Ärzte auch als Insulinresistenz. Dann können die Zellen die Glukose aus dem Blut schlechter aufnehmen und verwerten. Der Zucker verbleibt im Blut und der Blutzuckerspiegel ist zu hoch.
Menschen mit Typ-2-Diabetes benötigen zunächst meist kein Insulin. Viele kommen mit einer Änderung des Lebensstils (gesunde Ernährung, mehr Bewegung) oder blutzuckersenkenden Medikamenten aus, um ihren Blutzucker im Griff zu behalten. Erst wenn diese Maßnahmen nicht mehr ausreichend helfen, kommt das Insulin als Medikament ins Spiel, um die Blutzuckerwerte zu senken.
Insulin: Wirkung
Die Funktion [DF2] des Insulins ist es, die Zellen nach dem „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ aufzuschließen, damit sie den Traubenzucker aus dem Blut – die Glukose – aufnehmen können. Das Insulin dockt dafür an einem sogenannten Insulinrezeptor auf der Zelloberfläche an. So kann die Glukose ins Zellinnere gelangen. Anschließend können die Zellen den Zucker für ihren Energiestoffwechsel nutzen.
Bei einem Insulinmangel können diese Prozesse nicht oder nicht richtig ablaufen. Dann fehlt den Zellen der „Treibstoff“ in Form von Glukose. Gleichzeitig sammelt sich der Zucker im Blut an und die Blutzuckerwerte steigen. Insulin ist also ein lebenswichtiges Hormon für den Stoffwechsel.
Insulin, das sich Typ-1- und manchmal auch Typ-2-Diabetiker künstlich zuführen, ahmt die Wirkung des körpereigenen Hormons nach. Es senkt den Blutzuckerspiegel und kann dabei helfen, gefährliche Folgeerkrankungen durch einen Insulinmangel zu vermeiden. Denn langfristig erhöhte Blutzuckerwerte schädigen die großen und kleinen Gefäße sowie die Nerven. Betroffen sind oft die Nieren, Augen, das Herz und die Beine.
Insulin und Glucagon
Der Blutzucker ist kein starrer Wert, sondern unterliegt natürlichen Schwankungen. Die Bauchspeicheldrüse setzt Insulin gleichmäßig über den Tag verteilt frei. Insulinsekretion ist der Fachbegriff für diesen Vorgang. Nach Mahlzeiten verstärkt das Pankreas die Insulinausschüttung, um den Zucker aus der Nahrung rasch verwerten zu können.
Ein wichtiger Gegenspieler für das Insulin ist Glucagon. Wie das Insulin ist Glucagon ein sogenanntes Peptidhormon. Es kommt ins Spiel, wenn die Blutzuckerwerte zu niedrig sind. Es erhöht den Blutzuckerspiegel, indem es die Bildung von Glukose aus Glykogen (der Speicherform von Glukose) in der Leber anregt. So mobilisiert Glucagon die Zuckerreserven und beugt einem Unterzucker vor.
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Insulinarten
Es gibt heute verschiedenste Insulinarten für nahezu alle Anwendungsfälle. Unterschiede bestehen in der Wirkdauer des Insulins, aber auch in der Insulinherstellung und der chemischen Struktur.
Wie wird Insulin hergestellt?
- Gentechnisch hergestelltes Insulin: Standard in der Insulintherapie. Die meisten Diabetiker setzen es zur Behandlung ein. Bei diesen „künstlichen“ Insulinen unterscheidet man Humaninsulin, das chemisch mit dem menschlichen Insulin identisch ist, und Insulinanaloga (Analoginsulin), die sehr ähnlich wie Humaninsulin wirken, jedoch chemisch anders aufgebaut sind.
- Tierisches Insulin: Für Neueinstellungen des Diabetes werden Insuline tierischer Herkunft heute nicht mehr angewendet. Die gentechnisch hergestellten Insuline haben die Tierinsuline weitgehend abgelöst. Die tierische Insulinherstellung erfolgt aus der Bauchspeicheldrüse von Rindern oder Schweinen.
Insulinarten – je nach Wirkdauer
- Kurzwirksame Insuline: Ihre Wirkung setzt rasch ein (daher auch schnellwirksame Insuline) und hält wenige Stunden an. Diabetiker setzen sie zusätzlich bei den Mahlzeiten ein, um den akuten Insulinbedarf zu decken. Eine gesunde Bauchspeicheldrüse schüttet nämlich nach dem Essen Insulin aus, um den Zucker aus der Nahrung rasch verwerten zu können. Ärzte sprechen auch von „Bolus“. Ein kurzwirksames Insulin ahmt dieses Bolusprinzip nach. Es heißt deshalb auch Bolusinsulin. Schnellwirksame Insuline gibt es als Normalinsulin (ohne wirkungsverzögernde Zusätze) oder Insulinanaloga.
- Intermediär wirksame Insuline: Sie sind zum Beispiel als Humaninsulin mit wirkungsverzögernden Zusätzen (z.B. Neutrales Protamin Hagedorn = NPH-Insulin oder Zink) erhältlich. Die Wirkdauer beträgt ungefähr einen halben Tag (ca. zwölf Stunden).
- Langwirksame Insuline (Verzögerungsinsuline): Sie enthalten Zusätze, die den Wirkungseintritt verzögern. Eine intakte Bauchspeicheldrüse produziert gleichmäßig über den Tag verteilt Insulin. Ärzte sprechen von der „Basalrate“. Der Körper deckt so seinen Tagesbedarf an Insulin und stellt sicher, dass der Stoffwechsel gut funktioniert. Ein langwirksames Insulin ahmt dieses Basalprinzip nach und heißt daher auch Basalinsulin. Es wirkt langsam und stetig. Zwar setzt die Wirkung langsamer ein als bei den kurzwirksamen Insulinen, hält dann aber oft den ganzen Tag an (ca. 24 Stunden). Basalinsuline gibt es beispielsweise in Form von Insulinanaloga oder Humaninsulin.
- Mischinsuline: Dies ist eine fixe Kombination aus kurzwirksamen und intermediär beziehungsweise langwirksamem Insulin. Mischinsuline gibt es zum Beispiel als Insulinanaloga oder Humaninsulin.
Für alle insulinpflichtigen Diabetiker gilt jedoch: Sie müssen vor den Mahlzeiten ihren Blutzucker messen, die richtige Insulindosis berechnen und sie spritzen. Daher forschen Wissenschaftler heute an „intelligenten“ Insulinen, den sogenannten „Smart-Insulinen“. Sie sollen als Insulin-Depot im Körper funktionieren, aus dem der Körper bei Bedarf Insulin in den Blutkreislauf freisetzt – also wenn der Blutzuckerspiegel ansteigt. Weil eine Blutzuckermessung schon integriert ist, sprechen Forscher auch von glukosesensitiven Insulinen.
Die Wirkdauer von Insulin ist verschieden und hängt von der Insulinart und dem jeweiligen Insulinpräparat ab. Die Tabelle zeigt einige Beispiele:
Insulin | Wirkdauer (Stunden) | |
Insulinanaloga | ||
Basalinsuline | Degludec | >42 |
Detemir | 19 bis 26 | |
Glargin | 20 bis 27 | |
Bolusinsuline | Aspart | 4 bis 5 |
Glulisin | 4 bis 5 | |
Lispro | 4 bis 5 | |
Humaninsuline | ||
Basalinsuline (Intermediär-/Verzögerungsinsulin) | NPH (verschiedene Insulinpräparate) | 14 |
Bolusinsuline (Mahlzeiten-Insuline) | Normalinsulin (verschiedene Insulinpräparate) | 8 |
Human-/ Analog-Mischinsuline | ||
Mischinsuline (Verzögerungs- und Bolusinsulin in festem Mischungsverhältnis) | 30% Normalinsulin, 70% NPH | 14 |
50% Normalinsulin, 50% NPH | 14 | |
30% Aspart, 70% NPH | 10-14 | |
Quelle: diabinfo.de |
Insulin: Anwendung
Es gibt heute verschiedenste Varianten der Insulintherapie, die sich individuell auf jeden Patienten mit Diabetes zuschneiden lassen. Welche Behandlung mit Insulin in Frage kommt, hängt vom jeweiligen Insulinbedarf, aber auch von den Aktivitäten und Vorlieben ab. Sie können Insulin über eine Spritze (Nadel), einen Pen oder eine Insulinpumpe verabreichen. Die meisten Diabetiker kommen gut mit der Insulintherapie in ihrem Alltag zurecht.
Intensivierte und konventionelle Insulintherapie
Es gibt zwei verschiedene Prinzipien, nach denen Sie das Insulin anwenden können: die intensivierte und die konventionelle Insulintherapie. Der Unterschied besteht in den ausgewählten Insulinarten sowie der Häufigkeit und Dosierung des Insulins.
- Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT): Sie funktioniert nach dem Basis-Bolus-Prinzipund ist heute der Standard bei Typ-1-Diabetes. Dabei passen Sie die Insulinmenge kurzfristig und flexibel an den Blutzuckerspiegel, die Essensmenge und die körperliche Aktivität an. Die Voraussetzung: Sie müssen regelmäßig Ihren Blutzucker messen. Um den Grundbedarf an Insulin zu decken, injizieren Sie ein- oder zweimal am Tag ein langwirksames Insulin (Basisinsulin). Zusätzlich spritzen Sie mehrmals täglich zu jeder Mahlzeit ein kurzwirksames Insulin mit einer Nadel, damit der Körper den Zucker aus der Nahrung verwerten kann (Bolusinsulin). Alternativ verwenden Sie dafür eine Insulinpumpe, die ausschließlich kurzwirksames Insulin abgibt. Die intensivierte Insulintherapie macht Sie flexibler im Alltag. Außerdem schützt sie besser vor den Komplikationen der Zuckerkrankheit als die konventionelle Insulintherapie.
- Konventionelle Insulintherapie: Diese Form der Behandlung setzen vor allem Typ-2-Diabetiker ein. Sie spritzen sich zweimal pro Tag zum Frühstück und Abendessen ein Mischinsulin. Dieses besteht aus einer festen Mischung aus kurz und länger wirksamen Insulinen (Bolus- oder Basisinsulin). Dies bedeutet jedoch, dass Sie regelmäßig eine definierte Menge Nahrung aufnehmen müssen. Und wenn Sie sich viel bewegen, müssen Sie wiederum mehr essen. Sie stimmen also das Essen und die körperliche Aktivität auf die Insulinwirkung ab. Die konventionelle Insulintherapie eignet sich, wenn Sie einen gleichförmigen, eher starren Tagesablauf haben und feste Zeiten für die Insulininjektion möchten. Dafür müssen Sie weniger rechnen.
- Basalunterstützte Orale Therapie (BOT): Dabei kombinieren Sie die einmaligen Gabe eines langwirkenden Basalinsulins mit blutzuckersenkenden Tabletten (z.B. Metformin, DPP4-Hemmer). Diese Behandlung eignet sich nur für Typ-2-Diabetiker.
Insulin verabreichen – verschiedenste Möglichkeiten
Insulin müssen Diabetiker ins Unterhautfettgewebe (subkutan) injizieren. Von dort aus gelangt es in die Blutbahn. Die orale Einnahme von Insulin-Tabletten ist nicht möglich, weil das Insulin im Verdauungstrakt abgebaut würde. Forscher arbeiten jedoch an Strategien, um dieses Problem zu lösen. Folgende Möglichkeiten der Verabreichung gibt es derzeit:
- Insulin-Pen: Viele Diabetiker nutzen Pens, weil sie einfach zu handhaben sind. Sie sind ungefähr so groß und dick wie ein Kugelschreiber. Der Pen enthält Ampullen mit Insulin. Sie stellen auf dem Insulin-Pen selbst ein, welche Menge Sie jeweils benötigen und injizieren das Insulin über eine feine Nadel. Erhältlich sind Einweg-Pens, die Sie nach der Benutzung entsorgen, sowie nachfüllbare Pens. Mit der Wahl des Insulin-Pens legen Sie sich jedoch auf das Insulin eines bestimmten Herstellers fest – Ampullen und Pens sind nämlich nicht beliebig austausch- und kombinierbar.
- Insulinpumpe: Diese Geräte sind etwa so groß wie eine Streichholzschachtel. Eine Insulinpumpebesteht aus einer Insulinampulle, einem Akku und einer Steuerungselektronik. Sie stechen eine dünne Nadel in das Fettgewebe der Unterhaut, befestigen diese mit einem Pflaster und verbinden sie über einen dünnen Schlauch mit der Pumpe. Das Gerät tragen Sie am Gürtel oder in der Hosentasche. Erhältlich sind auch Modelle ohne Schlauch (Pflasterpumpe, Insulin-Patch-Pumpe). Dann programmieren Sie die Pumpe, müssen aber zuvor erlernen, wie diese genau funktioniert. Die Insulinpumpe enthält ein kurzwirksames Insulin, welches sie kontinuierlich in kleinen Mengen über den Tag verteilt in den Körper abgibt. So decken Sie den Grundbedarf an Insulin. Zu den Mahlzeiten können Sie – je nach Bedarf – per Knopfdruck zusätzliche Insulinmengen freisetzen (wie bei einer Spritze oder einem Pen).
- Insulinspritze: Sie nehmen eine Ampulle mit Insulin, ziehen das Medikament mit der Spritze auf und injizieren es. Gut geeignete Stellen sind der Bauch und der Oberschenkel.
Ein anderes Beispiel ist das schlaue Insulinpflaster, an dem Forscher tüfteln. Es besitzt feinste, mit Insulin gefüllte Mikronadeln und einen Sensor, der den Blutzucker misst. Diabetiker kleben es einfach auf die Haut, so die Idee. Das Pflaster registriert zu hohe Blutzuckerwerte und injiziert dann selbstständig die richtige Insulindosis. Auf dem Markt ist das Insulinpflaster allerdings noch nicht.
Geforscht wird auch an einer „künstlichen Bauchspeicheldrüse“, welche die Funktion des natürlichen Organs nachahmt. Dabei misst ein „Fühler“ (Sensor) unter der Haut permanent den Blutzucker, während ein Computer die Messdaten auswertet und eine Insulinpumpe steuert – sie setzt die nötige Insulindosis frei. Ärzte bezeichnen das System als „closed loop“, also geschlossenes System. Das häufige Blutzuckermessen und Injizieren der richtigen Dosis entfällt bei der künstlichen Bauchspeicheldrüse. Sie würde den Alltag von Diabetikern enorm erleichtern und die Lebensqualität steigern.
Insulin: Kosten
Die gesetzlichen und privaten Krankenkassen tragen die Kosten für das Insulin, sofern das Präparat in Deutschland zugelassen ist. Preislich sind die Insuline in etwa miteinander vergleichbar. Allerdings ist bei verschreibungspflichtigen Arznei- und Verbandmitteln normalerweise eine Selbstbeteiligung von zehn Prozent fällig. Diese entspricht mindestens fünf und höchstens zehn Euro. Es gibt jedoch bestimmte Belastungsgrenzen für chronisch kranke Menschen: Sie darf nicht mehr als ein Prozent des Bruttoeinkommens pro Jahr betragen. Sie können auch eine „Befreiungskarte“ beantragen und die jährliche Selbstbeteiligung schon im Voraus begleichen. Dann sind Sie den Rest des Jahres von Zuzahlungen aller Art befreit und müssen auch keine Rechnungen sammeln. Insulinpflichtige Diabetiker haben zudem einen Anspruch auf bestimmte Hilfsmittel, zum Beispiel ein Blutzuckermessgerät oder Teststreifen.
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Insulin: Anwendungsgebiete
- Maturity Onset Diabetes of the Young (MODY): Hier liegen genetische Defekte in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse vor. Dieser Typ ist vererbbar und tritt daher familiär gehäuft auf. Betroffen erkranken schon als Kinder oder Jugendliche.
- Latent Autoimmune Diabetes in Adults (LADA): Bei diesen Diabetikern sind Autoantikörper wie beim Typ-1-Diabetes nachweisbar. Sie erkranken jedoch nicht in jungen Jahren, sondern erst als Erwachsene an Diabetes.
Ärzte versuchen mit dem „künstlichen“ Insulin, das Fehlen oder den Mangel des Blutzuckerhormons auszugleichen. So sollen natürliche Prozesse im Körper möglichst normal ablaufen.
„Insulinspritze“ zum Abnehmen
Für Menschen mit Typ-2-Diabetes sind in Deutschland zwei neue Wirkstoffe zugelassen: Semaglutid und Dulaglutid. Patienten injizieren den Wirkstoff selbst in das Unterhautfettgewebe (Bauch, Oberschenkel, Oberarm). Sie müssen das Medikament jedoch regelmäßig und dauerhaft spritzen.
Semaglutid und Dulaglutid senken den Blutzuckerspiegel, indem sie die Insulinfreisetzung stimulieren und die Ausschüttung von Glucagon hemmen. Außerdem verlangsamen die Wirkstoffe die Entleerung des Magens und verstärken so das Sättigungsgefühl. Die Medikamente sollen die Kontrolle über das Essverhalten verbessern und Heißhungerattacken vermindern. Auf diese Weise kann eine Spritze (ohne Insulin) auch beim Abnehmen helfen.
Ein weiteres Präparat mit dem Wirkstoff Semaglutid (in einer niedrigeren Dosierung und mit einem höheren Preis) ist in Deutschland seit kurzem für Menschen mit Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) zugelassen. Viele Menschen – auch jene, die ein paar Kilos verlieren möchten – nutzen das Medikament als Diätmethode und „Lifestyle-Medikament“. Es wird auch als „Insulinspritze zum Abnehmen“ bezeichnet, was eigentlich nicht korrekt ist. Denn das Präparat enthält kein Insulin, sondern regt lediglich die Ausschüttung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse an.Insulin: Nebenwirkungen
Insgesamt gilt Insulin als gut verträglich. Wichtig ist es jedoch immer, dass Diabetiker das Insulin weder zu hoch noch zu niedrig zu dosieren. Sonst kann das Insulin folgende Nebenwirkungen haben:
- Unterzucker (Hypoglykämie): Das Insulin wurde zu hoch dosiert und den Zellen fehlt Zucker für ihren Energiestoffwechsel. Ein Unterzucker kann auch entstehen, wenn Sie verstärkt körperlich aktiv sind, zu wenig essen oder Alkohol trinken.
- Überzucker (Hyperglykämie): Das Insulin wurde zu niedrig dosiert und die Menge genügt nicht, um den Blutzucker ausreichend zu senken.
Ansonsten können Humaninsuline und Insulinanaloga noch folgende Nebenwirkungen haben:
- Humaninsulin kann unter anderem Hautreaktionen (z.B. Rötung, Schwellung, Schmerzen), Zerstörung des Fettgewebes an der Einstichstelle, Sehstörungen zu Beginn der Therapie oder Überempfindlichkeitsreaktionen verursachen.
- Insulinanaloga können zu Gewichtszunahme, vorübergehenden Sehstörungen zu Therapiebeginn, Zerstörung des Unterhautfettgewebes und allergischen Hautreaktionen führen. Außerdem haben sie eine mitogene Wirkung, was bedeutet, dass die Zellteilung (Mitose) angeregt wird.
Zu viel Insulin gespritzt – was tun?
Wenn Sie sich versehentlich zu viel Insulin gespritzt haben, sinken die Blutzuckerwerte und es kann zum Unterzucker kommen. Eine starke Unterzuckerung kann lebensgefährlich werden und Sie müssen den Notarzt verständigen (unter 112). Auch wenn Sie für eine Mahlzeit mehr Kohlenhydrate berechnet haben als nötig und daher zu viel Insulin gespritzt haben, ist eine Unterzuckerung möglich. Manche verwechseln auch die Insulinart oder haben das Insulin zu lange vor dem Essen gespritzt – auch dann kann Unterzucker die Folge sein.Bei einer Unterzuckerung gehen Sie so vor:
- Führen Sie sich möglichst schnell Kohlenhydrate zu, um den Blutzuckerspiegel wieder zu erhöhen.
- Gut ist schnell wirkender Traubenzucker (Glukose). Sie können aber auch Zucker, Cola, Limonade oder süße Säfte verwenden.
- Traubenzucker gibt es in Form von Tafeln, Bonbons, Tabletten oder als Zuckerlösung aus der Tube (Apotheke). Diabetiker sollten Traubenzucker am besten immer für Notfälle bei sich tragen.
- Bei Anzeichen einer schweren Unterzuckerung (z.B. Verwirrtheit, Bewusstseinseintrübung, Koma) immer sofort den Notarzt verständigen (unter 112)!
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Insulin: Gegenanzeigen und Wechselwirkungen
Für Insuline gibt es einige Gegenanzeigen (Kontraindikationen), bei denen Sie das blutzuckersenkende Hormon nicht anwenden sollten.
Gegenanzeigen für Humaninsuline und Insulinanaloga sind:
- Überempfindlichkeit gegenüber Insulin („Insulin-Allergie“)
- Unterzucker (Hypoglykämie)
- Insulinom: Dies ist ein seltener, meist gutartiger Tumor der Bauchspeicheldrüse. Er geht von den insulinproduzierenden Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse aus. Die veränderten Tumorzellen produzieren – unabhängig von der Nahrungsaufnahme – verstärkt Insulin und Betroffene erleben wiederholte Unterzuckerungen.
Daneben kann das Insulin einige Wechselwirkungen mit anderen gleichzeitig angewendeten Medikamenten hervorrufen – die Wirkung kann dann stärker oder schwächer ausfallen. Einige Beispiele für Medikamenten, die Wechselwirkungen mit Humaninsulin und Insulinanaloga erzeugen:
- ACE-Hemmer, Acetylsalicylsäure, Cyclophosphamid, Fibrate oder MAO-Hemmer können die Insulin-Wirkung verstärken.
- Schilddrüsenhormone, Glukokortikosteroide („Kortison), Thiaziddiuretika, atypische Antipsychotika, Proteaseinhibitoren oder Beta-2-Sympathomimetika können die Insulin-Wirkung abschwächen.
Besprechen Sie sich immer mit Ihrem Arzt, bevor Sie Insulin anwenden und lesen Sie die Packungsbeilage!
Alternativen zu Insulin
Auch eine Inselzelltransplantation ist bei einem Typ-1-Diabetes möglich. Dabei werden insulinbildenden Beta-Zellen übertragen. Die Voraussetzungen sind ähnlich wie bei einer Bauchspeicheldrüsentransplantation. Nach einer Inselzelltransplantation müssen Diabetiker aber meist trotzdem noch geringen Mengen Insulin spritzen (je nachdem, wie viele Beta-Zellen übertragen wurden).
Nach beiden Arten der Transplantation müssen Betroffene lebenslang Medikamente einnehmen, die das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppressiva). Ziel ist es, eine Abstoßung der Bauchspeicheldrüsen oder der Beta-Zellen verhindern.
Für Typ-2-Diabetiker gibt es eine Vielzahl an blutzuckersenkenden Medikamenten. Zunächst sind die Tabletten oft eine Alternative zu Insulin. Wirken die Arzneien in Kombination mit einer veränderte Ernährungsweise und viel Bewegung jedoch nicht mehr ausreichend, müssen auch sie Insulin einsetzen.
Quellen
- S3-Leitlinie: Therapie des Typ-1-Diabetes (Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)); Stand: 01.09.2023
- Online Informationen Diabinfo: https://www.diabinfo.de; Abruf: 02.10.2024
- Online Informationen Deutsche Diabetes Hilfe: www.diabetesde.org; Abruf: 02.10.2024
- Online Informationen Deutsches Zentrum für Diabetesforschung: www.dzd-ev.de; Abruf: 02.10.2024
- Online Informationen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG): www.gesundheitsinformation.de; Abruf: 03.10.2024
- Online Informationen Deutsche Diabetes Hilfe: www.diabetesde.org; Abruf: 03.10.2024
- Online Informationen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG): www.gesundheitsinformation.de; Abruf: 03.10.2024