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Was tun bei Prüfungsangst?

Feuchte Hände, Herzrasen, Blackouts – Prüfungsangst ist unangenehm und kann den Kopf blockieren. Lesen Sie hier, wie sich Prüfungsangst überwinden lässt.

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Inhaltsverzeichnis
Drei Händepaare halten eine Schablone eines Kopfes

© Champixs / iStock

Zusammenfassung:

  • Prüfungsangst überwinden: Am besten mittels Therapie, aber auch alltagstaugliche Methoden bei leichter Ausprägung möglich, z. B. Lerntechniken aneignen, Routinen etablieren, Atemübungen/Entspannungstechniken
  • Medikamente: Bei stärker ausgeprägter Prüfungsangst kann der Arzt Medikamente wie Beruhigungsmittel, Antidepressiva oder Beta-Blocker verschreiben
  • Natürliche Mittel: Hier ist die Studienlage dünn, eine gewisse Wirkung wird zum Beispiel Passionsblume, Baldrian, Kamille, Johanniskraut, Lavendel oder Zitronenmelisse zugeschrieben
  • Therapie: Als wirkungsvoll bei Prüfungsangst gelten Biofeedback, kognitive Verhaltenstherapie oder Verhaltenstherapie
Per Definition bezeichnet Prüfungsangst einen Zustand, in dem Menschen vor einer Prüfungssituation extremen Stress und eine starke innere Unruhe spüren. Diese Angst vor einer Prüfung betrifft bis zu 40 Prozent der Studierenden, so eine Studie der Medical School Berlin und der Charité aus dem Jahr 2019.


Die Ursachen der Prüfungsangst sind unterschiedlich und schwer festzumachen. Die Prüfungsangst-Symptome umfassen Blackout, Schwitzen, Übelkeit oder auch zittrige Hände. Mitunter können Betroffene an sich vorhandenes Wissen nicht mehr abrufen. Unangenehm, aber nicht unausweichlich. Lesen Sie hier, was bei Prüfungsangst hilft.

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Prüfungsangst erkennen: Definition

Nicht jeder, der vor einem Test feuchte Hände und Herzklopfen hat, hat behandlungsbedürftige Prüfungsangst. Es müssen aus psychologischer Sicht verschiedene Kriterien erfüllt sein, beispielsweise, dass die betroffene Person die Angst als übertrieben empfindet oder Prüfungssituationen (fast) immer Angst auslösen.

„Ein wichtiges Merkmal ist auch, dass sich behandlungsbedürftige Prüfungsangst auf das Leben auswirkt, es also zum Beispiel Verzögerungen im Studium gibt, weil die betroffene Person den Test verschiebt oder die Prüfungssituation vermieden wird, indem sie sie absagt“, erläutert Prof. Dr. Lydia Fehm, Psychologische Psychotherapeutin am Zentrum für Psychotherapie der Humboldt-Universität zu Berlin und Co-Autorin des Buches „Prüfungsangst (Fortschritte der Psychotherapie)“.
Prof. Dr. Lydia Fehm, Psychologische Psychotherapeutin am Zentrum für Psychotherapie der Humboldt-Universität zu Berlin und Co-Autorin des Buches Prüfungsangst (Fortschritte der Psychotherapie).
Kompliziert macht die Diagnose, dass der Prüfungsangst keine spezifischen Diagnosekriterien zugeordnet sind. Es kann sich um eine soziale Angststörung (soziale Phobie) handeln, im Zuge derer die betroffene Person hauptsächlich Angst vor Demütigung, Peinlichkeit oder negativer Bewertung hat. Es kann aber auch eine spezifische Phobie vorliegen. Dann nämlich, wenn die Hauptsorge der betroffenen Person zum Beispiel das Nichtbestehen der Prüfung ist.

Ursachen und Symptome von Prüfungsangst

„Dass es keine eindeutige wissenschaftliche Definition gibt, ab wann die Prüfungsangst ein problematisches Ereignis ist, macht die Diagnose ebenso schwierig wie die Forschung“, sagt Lydia Fehm. Das ist auch der Grund, warum die Ursachen behandlungsbedürftiger Prüfungsangst noch wenig erforscht sind. Die Wissenschaft geht jedoch davon aus, dass es keine einzelne Wurzel gibt, sondern eher einen Wurzelballen. Die Ansätze, um Prüfungsangst zu bewältigen, zielen aktuell meist darauf ab, die Symptome zu reduzieren.

Die Anzeichen sind je nach Stadium unterschiedlich: „In der akuten Prüfungsphase treten eher typische Angstsymptome auf wie Herzklopfen, Schwitzen, Übelkeit, Erröten, zittrige Hände oder Blackouts“, erklärt Lydia Fehm. In der Vorbereitungsphase in den Wochen vor dem Test, die die Betroffenen ihrer Erfahrung nach häufig mehr belastet als die Prüfung selbst, sind es eher Stresssymptome, die auftreten: Anspannung, Gereiztheit, Überforderungserleben, Schlafprobleme.

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Was tun gegen Prüfungsangst?

Prüfungsangst kann die Leistung drastisch einschränken, obwohl Betroffene den jeweiligen Stoff eigentlich beherrschen. Um die Blockaden in Kopf und Körper zu lösen, kommt in schweren Fällen für gewöhnlich eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung zum Einsatz (siehe unten: Prüfungsangst: welche Therapien sie lindert).

Tipps gegen Prüfungsangst

Bestimmte Strategien, die sich auch eigenständig im Alltag umsetzen lassen, können jedoch bei weniger ausgeprägter Prüfungsangst ebenfalls Hilfe und Linderung verschaffen. Die amerikanische Mayo Clinic, die neben dem Krankenhausbetrieb auch in der Forschung tätig ist, empfiehlt zum Beispiel, Folgendes auszuprobieren:

  • Effiziente Lerntechniken aneignen: Einige Universitäten, aber auch Krankenkassen oder Online-Plattformen bieten Kurse zum effizienten Lernen an. Wer weiß, wie er am besten lernt, wo er das tut und wann Pausen sinnvoll sind, fühlt sich mitunter entspannter vor einem Test.
  • Routinen etablieren: Es kann beruhigend wirken – und das Lernen erleichtern – immer am gleichen Ort und/oder zur gleichen Zeit zu lernen. Auch ein immer gleiches Ritual vor dem Test entspannt ängstliche Prüflinge mitunter. Kurz: Alles, worüber das Gehirn nicht noch zusätzlich nachdenken muss, kann die Angst mildern helfen.
  • Essen, trinken, bewegen: Das Gehirn funktioniert am besten, wenn es mit ausreichend Energie versorgt ist. Wer sich nicht ausgehungert an den Schreibtisch setzt und regelmäßig ein Glas Wasser trinkt, macht hier schon viel richtig. Ein bisschen Bewegung zwischen zwei Lernblöcken hilft, die Anspannung zu reduzieren. Am besten raus an die frische Luft gehen, die verbessert nachweislich die Stimmung und die Fähigkeit des Gehirns, sich an Aufgaben anzupassen.
  • Schlafen und entspannen: Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung können helfen, das Gefühl von Stress und Überforderung zu mindern. Ausreichend Schlaf ist wichtig, um konzentrierter und belastbarer zu sein.
  • Mit anderen reden: Einer Studie der iranischen Shiraz Universität aus dem Jahr 2022 zufolge half es den Studierenden mit Prüfungsangst, mit Freunden und Verwandten zu sprechen, um ihre Aufregung zu überwinden. Auch mit dem Prüfer zu reden, ihn nochmals nach dem Prüfungsstoff zu fragen und ihm ehrlich zu sagen, dass man in Testsituationen sehr aufgeregt ist, kann dazu beitragen, Stress und Angst zu reduzieren.

Prüfungsangst: Medikamente, die helfen

Extreme Prüfungsangst lässt sich auch mit Medikamenten behandeln. Typischerweise bekommen Betroffene Beruhigungsmittel (z. B. mit dem Wirkstoff Diazepam), Antidepressiva (z. B. mit dem Wirkstoff Imipramin oder Opipramol) oder auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen konzipierte Beta-Blocker (z. B. Proparanolol) verschrieben. Diese Medikamente sind jedoch ursprünglich nicht für Prüfungsangst gemacht. Es handelt sich also um einen sogenannten Off-Label-Gebrauch. Entsprechend umstritten ist der Einsatz unter Experten, aber: „In akuten Situationen können Beta-Blocker die Belastungsspitzen nehmen“, weiß Lydia Fehm.

Die Medikamente hemmen nämlich die Wirkung des Stresshormons Adrenalin und des Botenstoffs Noradrenalin. Das Herz schlägt daraufhin langsamer, das Gefühl der Angst löst sich.
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Natürliche Mittel gegen Prüfungsangst

Ein im weiteren Sinne natürliches Mittel gegen Prüfungsangst sind Atemübungen. Seinen Atem zu kontrollieren, sendet dem unterbewusst arbeitenden Teil des Gehirns eine Aufgabe, auf die er sich konzentrieren kann, und lenkt ihn von den rasenden Angstgedanken ab.

Es gibt daneben auch einige pflanzliche Produkte, die die Prüfungsangst mildern sollen. Aber: „Für ihre Wirkung gibt es meines Wissens nicht genug Wirksamkeitsbelege“, schränkt Lydia Fehm ein. Sie glaubt aber auch, dass „gut ist, was hilft. Wenn sich jemand nach einer Tasse Lavendeltee ruhiger fühlt, soll er das machen.“

Zu den pflanzlichen Mitteln, die die Prüfungsangst reduzieren sollen, gehören unter anderem:

  • Passionsblume: Es gibt ein paar kleine Studien, die darauf hindeuten, dass Passionsblume dabei helfen könnte, Angstgefühle und nervöse Unruhezustände zu lindern. Sie enthält bestimmte Flavonoide, die beruhigend wirken. Flavonoide sind Naturstoffe, die eigentlich die Pflanze vor äußeren Einflüssen schützen sollen. Bei der Passionsblume sind das zum Beispiel Isovitexin oder Schaftosid.
  • Baldrian: Prüfungsangst ade dank Baldrian? Die European Medicines Agency (EMA) schreibt ihm zwar beruhigende Wirkung bei milder nervöser Anspannung zu. Bei Angststörungen scheint dieser Effekt aber nicht zu greifen. Wie genau Baldrian wirkt, also über welchen Inhaltsstoff, ist bisher ebenfalls nicht bekannt. Und: Baldrian hat erst nach etwa zwei Wochen Einnahmezeit einen Effekt.
  • Johanniskraut: Das Echte Johanniskraut (Hypericum perforatum) ist zur Anwendung bei leichten bis mittelschweren depressiven Episoden anerkannt. Seine Wirkung bei Angst-/Unruhezuständen ist dagegen wissenschaftlich noch nicht sehr gut belegt. Möglich ist ein Effekt, da bestimmte Johanniskraut-Extrakte verhindern, dass Botenstoffe wie die „Glückshormone“ Serotonin und Dopamin oder die entspannende Gamma-Aminobuttersäure (GABA) abgebaut werden – und damit auch die Angst nachlässt.
  • Kamille: Das Flavonoid Apigenin verleiht der Kamille ihre beruhigende Wirkung. Eine Meta-Studie aus dem Jahr 2019, die verschiedene Untersuchungen zur Wirkung der weiß-gelben Blume auswertet, kommt zu dem Schluss, dass Kamille bei generalisierter Angststörung helfen könne. Der Klassiker ist Tee, es gibt sie aber auch als Kapseln.
  • Lavendel: Es existieren zwar einige Studien, die sich mit dem Effekt von Lavendel auf Unruhe beschäftigen. Bei vielen ist jedoch das Studiendesign wackelig, zum Beispiel weil die Probandengruppen klein oder nicht homogen sind. Entsprechend schwer ist es, eine klare, wissenschaftlich fundierte Aussage zur Wirksamkeit zu treffen. Immerhin: Einer Meta-Studie zufolge, die 90 einzelne Untersuchungen zur Wirkung von Lavendel auswertet, kann ätherisches Öl des Lavendels, genauer: die Duftstoffe Linalool und Linalylacetat, bei Unruhezuständen helfen.
  • Zitronenmelisse: Auch hier ist die Studienlage dünn, Effekte sind aber möglich. Eine Meta-Analyse aus 2021 sieht beispielsweise Hinweise darauf, dass Zitronenmelisse unter anderem akute Unruhezustände mildern kann. Der beruhigende Effekt ist mutmaßlich darauf zurückzuführen, dass vor allem die beiden im ätherischen Öl der Zitronenmelisse enthaltenen Duftstoffe Citral und Citronellal verhindern, dass der Körper Gamma-Aminobuttersäure abbaut. Das ist ein Neurotransmitter, also ein Botenstoff, der entspannend und schlaffördernd wirkt.

Achtung: Nicht alle pflanzlichen Mittel sind von gleicher Qualität. Auch Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen, Unverträglichkeiten oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind möglich. Johanniskraut kann zum Beispiel die körpereigene Eisenaufnahme sowie die Wirkung oraler Verhütungsmittel oder gerinnungshemmender Medikamente mit dem Wirkstoff Warfarin einschränken. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, bevor Sie bei Prüfungsangst zu Beruhigungsmitteln aus pflanzlichen Quellen greifen.

Prüfungsangst: Welche Therapie sie lindern

Es gibt verschiedene Studien, darunter auch eine zusammenfassende Meta-Studie aus 2019, die der Hypnose bei Prüfungsangst, oder besser: bei Unruhe-/Angstzuständen, eine gewisse Wirksamkeit zuschreiben.

Allerdings: In einem Review aus dem Jahr 2012 stellten Professor Nathaniel von der Embse von der amerikanischen East Carolina University und zwei Kollegen fest, dass bei Kindern und jungen Erwachsenen mit Prüfungsangst bestimmte psychologische Methoden, einzeln oder kombiniert, am wirkungsvollsten waren. Auch für Erwachsene gibt es Arbeiten, die ähnliche Ergebnisse in Bezug auf Prüfungsangst zeigen. Zu diesen Methoden gehören:

  • Biofeedback: der Patient lernt, unbewusst im Körper ablaufende Prozesse gezielt wahrzunehmen und zu beeinflussen
  • Kognitiv-behaviorale Psychotherapie/kognitive Verhaltenstherapie: falsche, belastende Denkmuster werden durch realistischere, weniger schädliche Gedanken ersetzt
  • Verhaltenstherapie: verändern erlernter, ungünstiger Verhaltensweisen
Quellen
  • Akhondzadeh, S et al.: Passionflower in the treatment of generalized anxiety: a pilot double-blind randomized controlled trial with oxazepam; Journal of Clinical Pharmacy and Therapeutics; 2002; DOI: 10.1046/j.1365-2710.2001.00367.x
  • Badrian, M et al.: Medical science students’ experiences of test anxiety: a phenomenological study; BMC Psychology; 2022; DOI: 10.1186/s40359-022-00896-4
  • Donelli, D et al.:  Effects of lavender on anxiety: A systematic review and meta-analysis; Phytomedicine; National Library of Medicine; 2019; DOI: 10.1016/j.phymed.2019.153099
  • Ghazizadeh, J et al.: The effects of lemon balm (Melissa officinalis L.) on depression and anxiety in clinical trials: A systematic review and meta-analysis; Phytotherapy Research; 2021; DOI: 10.1002/ptr.7252
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  • Van der Embse, N et al.: Test Anxiety Interventions for Children and Adolescents: A Systematic Review of Treatment Studies from 2000–2010; in: Psychology in the Schools; 2012; DOI: 10.1002/pits.21660
  • Zargarzadeh, M et al.: The effect of progressive muscle relaxation method on test anxiety in nursing students; Iranian Journal of Nursing and Midwifery Research; 2014
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  • Online-Informationen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): www.gesundheitsinformation.de; Abruf: 26.03.2024
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