Aufruf-Störer Burda Digital Health

Werbung

Synästhesie

Synästhesie ist per Definition die Kopplung von Wahrnehmungen, zum Beispiel, wenn Töne Farbempfindungen auslösen. Lesen Sie hier alles über Synästhesie.

Werbung

Inhaltsverzeichnis
Illustration: Kopf und Oberkörper einer Person bunt eingefärbt. Rechts und links sieht man gezeichnete Noten und einen Notenschlüssel

© Mike Orlov / iStock

Zusammenfassung:

  • Definition: Synästhesie ist die Kopplung von Wahrnehmungen; ein Reiz löst unwillkürlich eine zusätzliche Wahrnehmung aus, z. B. ein Ton eine Farbwahrnehmung. Menschen mit Synästhesie werden Synästheten oder Synästhetiker genannt. Echte Synästhesie ist wahrscheinlich angeboren und andauernd; im Gegensatz zu ähnlichen Phänomenen wie einer veränderten Wahrnehmung unter Drogeneinfluss. Wichtig: Synästhesie ist keine Krankheit, sondern eine Variante der menschlichen Wahrnehmung.
  • Beispiele: Es gibt verschiedene Formen von Synästhesie, zum Beispiel das farbige Hören, bei dem Töne, Geräusche oder Musik, Farbempfindungen hervorrufen.
  • Beeinflusst Synästhesie die Intelligenz? Nicht direkt, aber Synästhesie könnte kreative Prozesse und das Erinnerungsvermögen fördern.
  • Kann man Synästhesie lernen? Synästhesie kann nicht erlernt werden, jedoch kann der Umgang damit verbessert werden, etwa durch Stressmanagement und Austausch mit anderen Betroffenen.

Werbung

Definition: Was ist Synästhesie?

Farben hören, Töne schmecken, Geräusche sehen – so erleben Menschen mit Synästhesie die Welt. Synästhesie beschreibt eine Variante der menschlichen Wahrnehmung, bei der mehrere Empfindungen untrennbar miteinander verbunden sind. Zum Beispiel könnte das Hören des Tons C die Wahrnehmung der Farbe Gelb hervorrufen.

Synästhetische Wahrnehmungen geschehen spontan und unbewusst. Sie können nicht oder nur mit großer Anstrengung unterdrückt werden – ähnlich wie man unwillkürlich einen Geruch wahrnimmt, der in der Luft liegt. Die Wahrnehmungskoppelungen sind individuell verschieden, aber konstant. Grundsätzlich können verschiedene Eindrücke mit ebenso vielen Wahrnehmungen verbunden sein. Nur zwei Beispiele von vielen für Synästhesie sind Musik zu schmecken oder Töne zu sehen. Manchmal ist auch nicht ein Sinnesreiz (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken oder Fühlen) der Auslöser, sondern ein Gedanke oder eine Vorstellung. In solchen Fällen der Synästhesie können Zeiteinheiten oder Zahlen mit Farben und Formen verbunden sein.

Menschen mit einer solchen Wahrnehmungskoppelung werden als Synästheten oder Synästhetiker bezeichnet. Für sie haben die Sinnesverbindungen, die mit der Synästhesie einhergehen, oft eine besondere Bedeutung, da sie ihr Erleben der Welt einzigartig machen. Synästhetische Erfahrungen werden teilweise als bereichernd und kreativitätsfördernd beschrieben, können aber auch als überwältigend oder störend empfunden werden, zum Beispiel, da Synästhetiker das Gefühl von Reizüberflutung erleben oder ihre Erfahrungen nur schwer mit anderen teilen können.

Wie entsteht Synästhesie?

Synästheten haben ein Gehirn, das auf besondere Weise verbunden ist. Die genauen Gründe hierfür sind jedoch noch nicht vollständig geklärt. Forscher der Universitätsklinik Köln und des Forschungszentrums Jülich konnten in Hirnscans nachweisen, dass die Gehirne von Synästheten an zwei Stellen mehr graue Hirnsubstanz, bestehend aus Milliarden Nervenzellen, aufweisen. Diese Bereiche befinden sich im rechten unteren Schläfenlappen, der unter anderem die Farbwahrnehmung verarbeitet, und im linken Scheitellappen, wo verschiedene Sinneseindrücke miteinander verknüpft werden.

Auch die Frage, ob diese Gehirnstruktur angeboren ist oder sich erst nach der Geburt entwickelt, ist noch nicht endgültig geklärt. Vieles spricht dafür, dass Synästhesie angeboren ist. Sie tritt zum Beispiel familiär gehäuft auf, was auf eine genetische Ursache hinweist. Zudem berichten Synästhetiker teilweise davon, dass sie ihre synästhetischen Wahrnehmungen bereits aus ihrer frühen Kindheit kennen.

Es ist jedoch schwierig, eindeutig zu belegen, dass Synästhesie angeboren ist. Denn ein Kind muss zunächst lernen, zum Beispiel Farben oder Zahlen zu erkennen, bevor es synästhetische Erfahrungen beschreiben kann. Ohne dieses Wissen können die Wahrnehmungen nicht mitgeteilt werden. Dies erschwert die Untersuchung der genauen Entstehung von Synästhesie erheblich.

Ist Synästhesie eine Krankheit?

Synästhesie ist keine Krankheit, Einbildung oder Halluzination, sondern eine Variante der menschlichen Wahrnehmung. Sie bleibt in der Regel ein Leben lang gleich und kann eindeutig nachgewiesen werden, zum Beispiel durch bildgebende Verfahren wie MRT oder CT sowie durch psychologische Tests. Durch solche Verfahren lässt sich die gesunde und genuine (echte) Synästhesie auch von ähnlichen Phänomenen abgrenzen, wie etwa einer veränderten Wahrnehmung infolge einer psychischen Erkrankung oder unter Drogeneinfluss. Etwa vier Prozent aller Menschen haben eine Form der Synästhesie. Es wird diskutiert, ob Menschen mit Autismus eine erhöhte Häufigkeit von Synästhesie aufweisen. Eine Studie, die in der Fachzeitschrift Molecular Autism veröffentlicht wurde, ergab, dass knapp 19 Prozent der Menschen mit Autismus auch Synästhetiker sind. Obwohl eine einzelne Studie nicht allgemeingültig ist, zeigt sie doch eine Tendenz auf.

Was sind Beispiele für Synästhesie

Es gibt verschiedene Formen von Synästhesie, da viele unterschiedliche Eindrücke, etwa Sinneseindrücke, Gedanken oder Emotionen, mit vielen verschiedenen Wahrnehmungen verbunden sein können. Zu den häufigsten Formen zählen:

  • Farbiges Hören: Musik, Töne und/oder Geräusche rufen Form- oder Farbempfindungen hervor.
  • Graphem-Farb-Synästhesie: Buchstaben und/oder Zahlen sind fest mit einem Farbeindruck verbunden.
  • Sequenz-Raum-Synästhesie: Zeiteinheiten wie Wochentage und/oder Ziffern werden mit einer bestimmten räumlichen Anordnung wahrgenommen.
  • Lexikal-gustatorische Synästhesie: Wörter rufen einen bestimmten Geschmack oder ein Gefühl auf der Zunge hervor.
  • Gefühls-Synästhesie: Emotionale Zustände werden als Farbe und/oder Form wahrgenommen.
  • Person-Farb-Synästhesie: Persönlichkeiten werden einer bestimmten Farbe (oder Ziffer) zugeordnet.
  • Ordinal Linguistic Personification (OLP): Grapheme, wie einzelne Buchstaben oder Kombinationen wie „ch“, sind mit Farben und/oder Formen, oder auch mit Geschlecht, Charaktereigenschaften oder Emotionen verknüpft.
  • Ticker-Tape-Synästhesie: Gesprochene, gehörte oder gedachte Wörter erscheinen wie ein Newsticker für Sekundenbruchteile vor dem inneren Auge.

Werbung

Beeinflusst Synästhesie die Intelligenz?

Es gibt keine Hinweise darauf, dass Synästhesie direkt die Intelligenz beeinflusst. Allerdings wird diskutiert, ob Synästhesie mit Hochbegabung oder erhöhter Kreativität in Verbindung steht. Dies ist denkbar, da Lernen im Wesentlichen darin besteht, neue Verknüpfungen im Gehirn zu schaffen. Die Gehirne von Synästhetikern sind auf besondere Weise verknüpft, was bedeutet, dass sie Informationen teilweise besser speichern und abrufen können. Eine Empfindung ist bei ihnen oft mit zusätzlichen Wahrnehmungen verbunden, was das Erinnern erleichtern kann. Diese besondere Art der Vernetzung könnte auch kreative Prozesse fördern, da Synästhetiker Verbindungen zwischen unterschiedlichen Eindrücken herstellen, die für Nicht-Synästhetiker unzugänglich sind.

Kann man Synästhesie lernen?

Synästhesie ist wahrscheinlich angeboren und kann nicht erlernt werden. Die Verknüpfungen im Gehirn, die synästhetische Wahrnehmungen verursachen, bleiben meist ein Leben lang gleich – weshalb Synästhetiker sie auch nicht verlernen können. Was jedoch geübt werden kann, ist der Umgang mit Synästhesie. Durch die gleichzeitige Wahrnehmung mehrerer Reize kann es zu Überforderung kommen. Wichtig sind dann zum Beispiel ausreichende Erholungsphasen und Schlaf oder Stressmanagement. Auch Gespräche mit psychologischer Hilfe oder der Austausch mit anderen Synästhetikern können hilfreich sein. Eine Anlaufstelle wäre zum Beispiel die Deutsche Synästhesie-Gesellschaft.

Quellen
  • Baron-Cohen S et al.: Is synaesthesia more common in autism?; Mol Autism; 2013; DOI: 10.1186%2F2040-2392-4-40
  • Mylopoulos M et al.: Synesthesia: a colorful word with a touching sound?; Frontiers in Psychology; 2013; DOI: 10.3389/fpsyg.2013.00763
  • Pressemeldung Forschungszentrum Jülich: Wo wird im Gehirn das "A" rot?; 05.02.2009
  • Online-Informationen Deutsche Synästhesie-Gesellschaft e. V. Was ist Synästhesie?: www.synaesthesie.org; Abruf: 31.07.2024
  • Online-Informationen Deutsche Synästhesie-Gesellschaft e. V. Fragen zur Synästhesie allgemein: www.synaesthesie.org; Abruf: 31.07.2024
  • Online-Informationen Deutsche Synästhesie-Gesellschaft e. V. Was ist Synästhesie?: www.synaesthesie.org; Abruf: 31.07.2024
FOCUS-Gesundheit 03/2024 – Moderne Chirurgie

© FOCUS-Gesundheit

Moderne Chirurgie

FOCUS-Gesundheit 03/2024
Was personalisierte Chirurgie für Patienten bedeutet. Gezielte Maßnahmen vor der OP reduzieren Komplikationen. Plus: Die FOCUS-Empfehlungslisten mit Deutschlands Top-Ärzten und -Kliniken für Chirurgie

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Den passenden Arzt finden Sie über unser Ärzteverzeichnis.

Höchster Qualitätsanspruch: So arbeiten wir.

Fragen? Schreiben Sie uns!

Dr. Andrea Bannert

Redaktionsleitung DIGITAL FOCUS-Gesundheit

Facebook Logo Instagram Logo Email Logo
Fragen Bild
Redaktor Bild

Hinweis der Redaktion

Im Sinne einer besseren Lesbarkeit unserer Artikel verwenden wir kontextbezogen jeweils die männliche oder die weibliche Form. Sprache ist nicht neutral, nicht universal und nicht objektiv. Das ist uns bewusst. Die verkürzte Sprachform hat also ausschließlich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung. Jede Person – unabhängig vom Geschlecht – darf und soll sich gleichermaßen angesprochen fühlen.

Weitere Online-Angebote:

Services der © BurdaVerlag Data Publishing GmbH, Deutsches Institut für Qualität und Finanzen