Verhaltenstherapie: Was ist das?
Die Methode geht davon aus, dass Menschen jede ihrer Verhaltensweisen erlernt haben. Eignen sich Personen falsche Muster an, die einen Leidensdruck auslösen, sprechen Experten von einer psychischen Krankheit – etwa eine Phobie oder eine Essstörung. In der Verhaltenstherapie versucht der Therapeut die Erkrankung zu heilen, indem er zusammen mit dem Patienten an einem neuen, positiveren Verhalten arbeitet.
Experten setzen bei der Verhaltenstherapie an konkreten Störungen des Denkens, Fühlens und Handelns in der Gegenwart an. Das unterscheidet die Therapieform von der Tiefenpsychologie beziehungsweise tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie. Dabei suchen Therapeuten nach unverarbeiteten Konflikten in der Vergangenheit.
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Verhaltenstherapie: Wann ist sie sinnvoll?
Therapeuten nutzen die Verhaltenstherapie als Methode bei vielen verschiedenen psychischen Erkrankungen. Für folgende Krankheitsbilder ist die Behandlung besonders sinnvoll:
- Depressionen
- Angststörungen und Phobien
- Essstörungen wie beispielsweise Magersucht
- Suchterkrankungen wie etwa Alkoholabhängigkeit
- Zwangsstörungen
- Störungen im Kindes- und Jugendalter, wie zum Beispiel die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
- Psychosomatische Störungen
- Körperliche Erkrankungen wie chronische Schmerzen, Rheuma oder Tinnitus
- In Kombination mit einer Ergotherapie
Verhaltenstherapie: Methoden
Verhaltenstherapeuten wenden unterschiedliche Methoden an. Die bekannteste Praxis ist die kognitive Verhaltenstherapie. Kognitiv kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "erkennen". In der Therapieform geht es darum, dass der Patient seine negativen Gefühle, Gedanken und Handlungen wahrnimmt.
Ein häufiges schädliches Gedankenmuster ist, aus einer Kleinigkeit sofort negative Schlüsse zu ziehen. Der Betroffene sieht etwa seinen Chef in der Cafeteria – dieser grüßt ihn jedoch nicht. Übertriebene Gedanken und Gefühle wie "Mein Chef kann mich nicht leiden" oder "Er wird mir sicher bald kündigen" kommen in ihm auf. Experten sprechen dabei auch vom Katastrophisieren.
Therapeuten setzen in der Verhaltenstherapie bei diesen konkreten Situationen an. Sie helfen ihren Patienten dabei, die negativen Gedanken in neutrale und realistischere umzuformen – etwa "Mein Chef hat mich nicht gegrüßt. Vielleicht hat er mich in der vollen Cafeteria nicht gesehen".
Eine weitere etablierte Methode ist die Konfrontationstherapie. Diese Form wenden Therapeuten vor allem bei Ängsten an. Sie wählen zwischen zwei verschiedenen Ansätzen:
Bei der Reizüberflutung konfrontieren sie den Patienten direkt mit der Situation, die ihnen am meisten Angst bereitet. Patienten mit Höhenangst begleiten sie beispielsweise auf das Dach eines Hochhauses. Der Patient soll dort nun so lange aushalten, bis die Angst nachlässt. Er lernt dabei, dass die gefürchtete Katastrophe nicht eintritt – er fällt etwa nicht vom Dach herunter. So prägt er sich das Hochhaus als harmlos und nicht als angsteinflößend ein.
Der sanftere Ansatz ist die sogenannte systematische Desensibilisierung. Dabei setzt der Therapeut seinen Patienten zunächst in einen Zustand der Entspannung, etwa durch die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson. Anschließend führt er ihn Schritt für Schritt an die angstauslösende Situation heran – erst gedanklich und dann in Realität. Der Patient soll die Situation so mit Entspannung verknüpfen statt mit Angst.
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Verhaltenstherapie: Kinder
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Verhaltenstherapie: Ablauf
Zu Beginn der eigentlichen Therapie sucht der Therapeut nach den schädlichen Verhaltensmustern des Betroffenen. Anschließend geht es in die Praxis: Der Therapeut schlägt in der Regel konkrete Übungen vor, die der Patient im Alltag anwendet. In der nächsten Therapiesitzung besprechen sie die neue Erfahrung.
Das Ziel dieser Mini-Hausaufgaben ist, dass der Betroffene seine Verhaltensweisen Schritt für Schritt ändert und schwierige Situationen in Zukunft allein meistern kann.
Experten sprechen dabei von Hilfe zur Selbsthilfe.
Die Verhaltenstherapie findet in der Regel einmal wöchentlich statt. Wie viele Sitzungen die Behandlung umfasst, ist individuell verschieden. Einige Patienten benötigen nur wenige Termine, um besser im Alltag zurechtzukommen. Andere Betroffene brauchen mehrere Monate, um hartnäckige Denk- und Handlungsweisen abzulegen. Im Vergleich zu den analytischen Psychotherapien ist die Verhaltenstherapie jedoch eher von kurzer Dauer.
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Verhaltenstherapie: Kosten
Wer unter einer psychischen Erkrankung wie Depressionen, Ängsten oder einer Suchterkrankung leidet, muss sich in der Regel keine Gedanken um die Kosten der Verhaltenstherapie machen. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Behandlung.
Auch Menschen, die psychische Beschwerden aufgrund einer anderen Erkrankung wie etwa chronischen Schmerzen haben, können einen Antrag bei der Krankenkasse stellen.
Ob die private Krankenversicherung die Kosten der Verhaltenstherapie trägt, ist jedoch nicht einheitlich geregelt. Betroffene müssen sich bei ihrer Krankenkasse erkundigen.
Um eine Verhaltenstherapie zu beginnen, brauchen Sie keine Überweisung Ihres Hausarztes. Sie können direkt einen Sprechstundentermin bei einem Psychotherapeuten vereinbaren, der Verhaltenstherapien anbietet. Nach einer oder mehreren Probestunden gibt Ihnen der Therapeut ein Antragsformular. Das müssen Sie für die Krankenkasse ausfüllen.
Quellen
- James A C et al.: Kognitive Verhaltenstherapie gegen Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen; Cochrane Library; 2015; DOI: 10.1002/14651858.CD004690
- Batra A, et al.: Verhaltenstherapie. Grundlagen – Merkmale – Anwendungsgebiete; Thieme Verlag; 2. Auflage 2005
- Schwarz F & Maier C: Psychotherapie der Psychosen; Thieme Verlag; 2001
- Online-Informationen Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.: https://dve.info; Abruf: 20.09.2019
- Online-Informationen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG): www.gesundheitsinformation.de; Abruf: 20.09.2019
- Online-Informationen Berufsverbände und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie: www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org; Abruf: 20.09.2019