Was ist Psychotherapie?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie Betroffene eine Psychotherapie durchführen:
- Ambulante Psychotherapie: Dabei besuchen Betroffene die Praxis ihres Therapeuten zu festen Terminen, zum Beispiel einmal wöchentlich. Die Psychotherapie findet in der Regel in Form von Einzelsitzungen statt.
- Stationäre Psychotherapie: Hier lassen sich Patienten für einen gewissen Zeitraum in einer Klinik behandeln. Die stationäre Therapie ist für Betroffene in akuten Krisen sinnvoll – zum Beispiel nach einem traumatischen Erlebnis, bei starken Depressionen oder einer Alkoholabhängigkeit.
- Gruppenpsychotherapie: Bei einer Gruppentherapie absolvieren Patienten mit ähnlichen Krankheitsbildern gemeinsam eine Psychotherapie. Der soziale Austausch kann helfen, die Ziele schneller zu erreichen. Manche machen auch erst eine Einzel- und dann eine Gruppenpsychotherapie.
Psychotherapeut und Psychiater – die Unterschiede
Betroffene fragen sich häufig, wie sich Psychiatrie und Psychotherapie beziehungsweise ein Psychiater und Psychotherapeut unterscheiden. Einige Kennzeichen:
- Ein Psychotherapeut ist ein Experte, der ausschließlich therapeutisch und ohne Medikamente arbeitet. Ein Psychotherapeut kann verschiedene Berufsausbildungen haben: Es kann ein studierter Psychologe mit einer Zusatzausbildung zum Therapeuten oder ein studierter Mediziner mit einer Weiterbildung sein. Pädagogen mit einer Zusatzqualifikation können Psychotherapien für Kinder und Jugendliche anbieten.
- Ein Psychiater ist nicht therapeutisch tätig. Er ist studierter Mediziner und hat sich durch eine Facharztausbildung darauf spezialisiert, psychische Erkrankungen zu erkennen und sie körperlich zu behandeln. Er verschreibt dazu meist Medikamente (Psychopharmaka).
Psychotherapie-Arten: Verschiedene Ansatzpunkte der Behandlung
Psychotherapeuten bieten verschiedene Psychotherapie-Formen an. In der folgenden Übersicht lesen Sie, wie die jeweilige Psychotherapie abläuft und wann sie sinnvoll ist.
Verhaltenstherapie
Die Verhaltenstherapie gehört zu den häufigsten Arten der Psychotherapie. Therapeuten setzen dabei an konkreten Störungen des Denkens, Fühlens und Handelns an. Die Therapieform geht davon aus, dass Menschen jedes Verhalten und Denkmuster erlernt haben - und somit auch ändern können. Mittels konkreter Übungen eignen Sie sich ein neues Verhalten an, zum Beispiel eine positivere Denkweise bei Prüfungssituationen. Die Verhaltenstherapie ist sinnvoll bei vielen verschiedenen psychischen Krankheitsbildern, darunter Angststörungen, Phobien, Depressionen, Essstörungen, Suchterkrankungen und Zwangsstörungen.Paartherapie
Eine Paartherapie bietet sich an, wenn Probleme in der Beziehung andauern. Allerdings handelt es sich dabei meist um soziale und nicht um psychische Konflikte. Der Begriff „Paartherapeut“ ist nicht gesetzlich geschützt. Das bedeutet, dass der Therapeut keine spezifische Ausbildung abschließen muss, um eine Beratung anzubieten. Die Paartherapie zählt offiziell nicht zu den Psychotherapien.
Trotzdem kann eine Paartherapie hilfreich sein, wenn die Betroffenen die Konflikte in ihrer Ehe oder Beziehung nicht allein lösen können. Der Therapeut wird untersuchen, welche Ursachen hinter den Problemen stecken und zusammen mit dem Paar an konkreten Lösungen arbeiten.
Psychoanalyse
Eine Psychoanalyse können Therapeuten anbieten, die eine Zusatzausbildung in diesem Bereich abgeschlossen haben. Die Methode geht auf Sigmund Freud zurück. Der Neurologe war der Meinung, dass psychische Erkrankungen durch Konflikte in der Kindheit entstehen, die der Betroffene nicht richtig verarbeitet hat. Die Aufgabe des Psychoanalytikers ist es, die Erzählungen des Betroffenen zu deuten und diese Konflikte zu erkennen.
Die Psychoanalyse ist offener als die anderen psychotherapeutischen Verfahren, die sich auf ein konkretes Problem konzentrieren. Der Psychoanalytiker betrachtet alle Konflikte. Außerdem sitzt der Patient dem Therapeuten nicht gegenüber, sondern nimmt auf einer Liege oder einem Sofa Platz. Der Betroffene soll so freier erzählen und assoziieren können.
Zudem findet die Psychoanalyse häufiger als gewöhnliche Psychotherapien statt: Die Patienten haben bis zu fünf Termine pro Woche. Eine Psychoanalyse kann über mehrere Jahre dauern. Die Methode ist daher für Betroffene sinnvoll, deren Beschwerden bereits lange andauern und eine genauere Analyse benötigen, etwa bei Persönlichkeitsstörungen.Gestalttherapie
Die Gestalttherapie ist eine Form der Psychotherapie, die den Menschen als Ganzes und vielseitige "Gestalt" ansieht. Der Betroffene erkennt bei der Methode, welche Emotionen für ihn in seinem Leben und in der Beziehung zu seinen Mitmenschen hinderlich sind, etwa Selbstzweifel, Ängste oder Wut. Durch Gespräche und konkrete Handlungen, zum Beispiel Rollenspiele und Experimente, lernen Sie neue Einstellungen und Gefühle kennen. Der Therapeut tritt in der Gestalttherapie weniger als Experte, sondern mehr als Begleiter und Unterstützer auf.
Musiktherapie
Die Musiktherapie eignet sich für Patienten, denen es schwerfällt, ihre Gefühle und Gedanken verbal durch Worte mitzuteilen. Bei dieser Form der Psychotherapie drückt sich der Betroffene stattdessen über die Musik aus. Beim Hören von verschiedenen Klängen lernt er, seine Emotionen zu erkennen. Beim Spielen von Instrumenten kann er seine Gefühle und Bedürfnisse in Form von verschiedenen Rhythmen ausdrücken. Gleichzeitig wirkt die Musik entspannend und hilft beim Stressabbau.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Diese Art der Psychotherapie ist verwandt mit der Psychoanalyse. Therapeuten suchen ebenfalls nach nicht verarbeiteten Erlebnissen in der Vergangenheit – meist in der Kindheit. Statt alle Konflikte zu betrachten, konzentriert sich die Methode jedoch auf einen zentralen Konflikt. Durch die Einsichten aus der Psychotherapie können Therapeut und Patient gemeinsam Veränderungen in der Gegenwart anstoßen.
Im Gegensatz zur Psychoanalyse findet die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie im Sitzen und nur ein- bis zweimal pro Woche statt. Die Methode bietet sich bei mehreren Krankheitsbildern an, darunter Depressionen, Angststörungen und Zwänge.
Analytische Psychotherapie
Auch die analytische Psychotherapie ähnelt der Psychoanalyse. Der Therapeut sucht nach Konflikten in der Kindheit, die Beschwerden in der Gegenwart auslösen. Der Patient nimmt ebenfalls auf einer Liege Platz.
Die analytische Psychotherapie ist jedoch strukturierter als die Psychoanalyse. Therapeut und Patient legen vor den Sitzungen ein klares Ziel fest, welches sie durch die Therapie erreichen wollen. Außerdem findet die Therapie in größeren Abständen statt – im Durchschnitt zwei Mal pro Woche. Eine analytische Psychotherapie ist bei diversen Beschwerden sinnvoll, darunter Ängste, Zwänge oder Schlafstörungen.
Systemische Psychotherapie
Bei der systemischen Therapie oder systemischen Psychotherapie sieht der Therapeut seinen Patienten als soziales Wesen. Er bezieht sich nicht nur auf ihn, sondern auch auf sein Umfeld – etwa auf seinen Partner, seine Familie und Freunde. Der Psychotherapeut versucht bei dieser Therapieform, den Fehler beispielsweise im System Familie zu finden. Er identifiziert Verhaltens- und Kommunikationsmuster, die den Patienten krank machen. Anschließend erarbeiten Therapeut und Betroffener gemeinsam konkrete Lösungsvorschläge.
Gesprächspsychotherapie
Die Gesprächstherapie oder Gesprächspsychotherapie geht auf den Psychologen Carl Rogers zurück. Er war der Auffassung, dass jeder Mensch danach strebt, sich weiterzuentwickeln. Das schafft er laut Rogers jedoch nicht, wenn er Unstimmigkeiten bei sich selbst entdeckt – etwa, wenn sich eine Person für mutig hält, aber Angst vor Herausforderungen hat. Durch diese Unstimmigkeiten entstünden psychische Krankheitsbilder wie Depressionen oder Abhängigkeiten.
An diesen Thesen setzt die Gesprächspsychotherapie an. Der Therapeut konzentriert sich nicht auf die psychischen Symptome, sondern hilft dem Patienten, sich selbst zu akzeptieren und sich weiterzuentwickeln. Für diese Art der Psychotherapie ist es besonders wichtig, dass der Therapeut mitfühlend und verständnisvoll ist.
Psychotherapie für Kinder
Auch bei Kindern und Jugendlichen kann eine Psychotherapie sinnvoll sein – etwa, wenn das Kind anhaltende psychische Probleme in der Schule, in der Familie oder mit Freunden hat. Der Psychotherapeut wird zunächst prüfen, ob eine Therapie notwendig ist. In manchen Fällen löst sich das Problem durch einen Schulwechsel, eine Erziehungsberatung oder ein Gespräch mit dem Jugendamt.
Wenn der Therapeut eine Psychotherapie als sinnvoll erachtet, legt er zusammen mit dem Kind und den Eltern konkrete Ziele fest – beispielsweise die Prüfungsangst abzulegen. In der Regel finden die Treffen alle ein bis zwei Wochen statt, um an den Zielen zu arbeiten. Dabei ist es wichtig, dass der Therapeut die Sitzungen altersgerecht gestaltet. Spielen und Malen sind bei jüngeren Kindern zum Beispiel wichtige Elemente, um Gedanken und Gefühle auszudrücken. In regelmäßigen Abständen plant der Therapeut zudem Treffen mit den Eltern, um Erfolge und weitere Schritte zu besprechen.Werbung
Psychotherapie: Kosten trägt nicht immer die Krankenkasse
- Verhaltenstherapie
- tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
- analytische Psychotherapie
Um eine Psychotherapie zu beginnen, brauchen Sie keine Überweisung. Sie können direkt einen Sprechstundentermin bei einem Psychotherapeuten vereinbaren. In der Regel schlägt dieser zwei Probestunden vor, um Sie kennenzulernen und die Art der Therapie festzulegen. Wenn Sie einverstanden sind, gibt Ihnen der Therapeut ein Antragsformular. Das müssen Sie für die Krankenkasse ausfüllen.
Die Krankenkasse bewilligt die Psychotherapie in der Regel für zwölf Sitzungen. Benötigen Sie nach dieser Zeit weitere Hilfe, können Sie die Therapie verlängern. Dafür müssen Sie einen weiteren Antrag ausfüllen.
Welche Therapiearten die private Krankenversicherung übernimmt, ist nicht einheitlich geregelt. Patienten müssen individuell bei ihrer Kasse nachfragen. Wer eine Psychotherapie beginnen möchte, welche die Krankenkasse nicht unterstützt, muss sich auf höhere Kosten einstellen. Der Preis für eine Sitzung von 50 Minuten richtet sich nach der Gebührenordnung für Psychotherapeuten und beträgt rund 100 Euro.
Wann ist Psychotherapie sinnvoll?
Werbung
Psychotherapie: Ablauf
Einen Platz bei einem Psychotherapeuten zu finden, ist für Betroffene häufig nicht einfach. In vielen Regionen müssen Patienten auf einen Platz warten. Die Servicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen können Sie bei der Suche unterstützen.
Haben Sie einen Psychotherapeuten gefunden, treffen Sie ihn zunächst zu zwei oder auch mehr Probesitzungen. In diesen Erstgesprächen lernt Sie der Therapeut persönlich kennen und kann sich ein Bild über Ihre psychischen Probleme machen. Wenn sowohl Therapeut als auch Patient ein gutes Gefühl haben, können sie die Art und die Ziele der Psychotherapie gemeinsam festlegen.
Die Dauer der Psychotherapie richtet sich für gewöhnlich danach, wie viele Sitzungen die Krankenkasse bewilligt. In der Regel sind es zwölf Sitzungen von jeweils 50 Minuten. Benötigt der Patient weitere Hilfe, kann er die Therapie in der Regel verlängern.
Normalerweise finden die Therapiestunden einmal wöchentlich statt. In ruhigeren Phasen können Patienten alle zwei oder drei Wochen eine Stunde in Anspruch nehmen, in akuten Phasen mehrmals wöchentlich.
Ist der Leidensdruck des Betroffenen sehr hoch, kann eine stationäre Psychotherapie sinnvoll sein. Der Ablauf unterscheidet sich je nach Klinik. Meist kombinieren die Mediziner verschiedene Elemente wie Einzeltherapie, Gruppentherapie, Verhaltensübungen und Bewegung. Die stationäre Psychotherapie dauert meist acht bis zehn Wochen.
Quellen
- Senf W et al.: Praxis der Psychotherapie: Ein integratives Lehrbuch; Thieme; 5. Auflage 2011
- Online-Informationen Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V.: www.dgppn.de; Abruf: 23.09.2019
- Online-Informationen Pschyrembel: www.pschyrembel.de; Abruf: 23.09.2019
- Online-Informationen Psychotherapie-Informationsdienst des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen: www.psychotherapiesuche.de; Abruf: 23.09.2019
- Online-Informationen Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie: www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org; Abruf: 23.09.2019