Zusammenfassung:
- Definition: Ein „Umgehung“ oder eine „Überbrückung“, wenn Herzkranzgefäße verengt oder blockiert sind – der Blutfluss wird wiederhergestellt, damit das Herz wieder ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird.
- Wann OP? Kommt infrage, wenn ein bestimmtes Herzkranzgefäß (linker Hauptstamm) betroffen ist, die Verengung komplex ist oder mehrere Herzkranzgefäße betroffen sind; wenn möglich bevorzugen Ärzte Implantation eines Stents, dieser Eingriff ist weniger invasiv und gefährlich
- Ablauf und Dauer: unter Vollnarkose, minimalinvasiv oder Brustbein öffnen, Dauer hängt von Technik und Umfang des Eingriffs ab, beträgt aber meist einige Stunden
- Risiken: Jede OP besitzt Risiken, auch Bypass-OP; möglich sind Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen oder Herzinfarkt, meist ist die OP aber erfolgreich und die Beschwerden verringern sich
- Nach OP: Einige Tage zur Erholung und Beobachtung im Krankenhaus, dann Reha und später Nachsorge, um das OP-Ergebnis zu kontrollieren
- Leben nach OP: Meist ist wieder ein normales Leben möglich, wichtig ist aber ein gesunder Lebensstil; die Lebenserwartung ist in der Regel nicht eingeschränkt, wenn das Herz nicht schon vorher stark geschädigt war
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Was ist ein Bypass am Herz?
Übersetzt hat das englische Wort Bypass die Bedeutung „Umgehung“, „Überbrückung“ oder „Umleitung“. In der Medizin bezeichnet ein Bypass die Überbrückung eines verengten oder verschlossenen Blutgefäßes. Das kann ein Herzkranzgefäß sein, aber auch ein Blutgefäß am Bein, etwa bei einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK oder „Raucherbein“).
Die Gefäßblockade beeinträchtigt den Blutfluss zu einem Organ oder Gewebe. Um diesen wiederherzustellen, legen Ärzte im Rahmen einer Bypass-OP ein weiteres Blutgefäß neben die verstopfte Stelle. Mithilfe des Bypasses umgehen oder überbrücken sie somit den Engpass im Blutgefäß.
Als Bypass verwenden Ärzte meist körpereigene Arterien oder Venen, die sie an anderer Stelle des Körpers entnehmen. Bei einem Herz-Bypass stammen die eingesetzten Gefäße meist aus der Brustwand, den Armen oder den Beinen eines Patienten. Manchmal nutzen sie auch künstliche Materialien für die Bypässe, etwa aus Goretex oder Teflon.
Das menschliche Herz besitzt insgesamt drei Herzkranzgefäße, die es umschließen (die linke Herzkranzarterie teilt sich kurz dem Abgang aus der Aorta in zwei große Äste auf). Sie versorgen den Herzmuskel mit Blut, Sauerstoff und Nährstoffen, damit er richtig arbeiten und pumpen kann. Ablagerungen – sogenannte Plaques – können jedoch eines oder mehrere dieser Gefäße verengen oder ganz verschließen. Dann ist der Blutfluss zum Herzen eingeschränkt. Ärzte sprechen von der koronaren Herzkrankheit (KHK). Diese kann wiederum in einer Angina Pectoris, einer Brustenge mit anfallsartigen Schmerzen in der Herzgegend, und schließlich in einem Herzinfarkt münden.
Wann Bypass-OP?
Die Bypass-Operation ist eine Möglichkeit, bei verengten Herzkranzgefäßen die Blutversorgung des Herzmuskels wieder sicherzustellen. In manchen Fällen setzen Mediziner auch einen Stent in das betroffene Gefäß ein. Das ist ein kleines Röhrchen, manchmal mit Medikamenten beschichtet, welches das Gefäß anschließend offenhält und es stabilisiert. Es soll einen Wiederverschluss des Gefäßes verhindern.
Ob Ärzte eine Herz-Bypass-Operation empfehlen, hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa welche und wie viele Herzkranzgefäße betroffen sind und wie stark sie verstopft sind. Auch das Alter, bestehende Grunderkrankungen und der allgemeine Gesundheitszustand spielen in die Entscheidung hinein, ob eine Bypass-OP möglich ist. Ganz allgemein bedeutet ein höheres Alter ein erhöhtes OP-Risiko. Dies gilt auch für eine Bypass-OP.
Das wichtigste Behandlungsziel des Eingriffs am Herzen ist es, den Blutfluss und damit die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Herzmuskels wieder zu gewährleisten. So lässt sich das Risiko für einen (weiteren) Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen in vielen Fällen bannen.
Auch eine Umstellung der Lebensweise wirkt sich positiv auf die Gefäße aus. Dazu gehören zum Beispiel eine gesündere Ernährung, mehr Bewegung und das Nichtrauchen. Auch Medikamente können dabei helfen, dass sich ein Gefäß nicht noch weiter verengt.
Manchmal genügen diese allgemeinen Maßnahmen jedoch nicht, etwa wenn ein Blutgefäß schon stark verengt oder sogar verschlossen ist. Dann bleibt oft nur der invasive Eingriff, also eine Operation. Manche haben auch schon Herzinfarkt erlitten und Ärzte entdecken erst jetzt eine Gefäßverengung oder einen Gefäßverschluss, den es zu behandeln gilt. Der Bypass nach einem Herzinfarkt ist eine wichtige Therapiemöglichkeit.
Bypass oder Stent?
Bei dieser Art der Herzoperation gibt es zwei Möglichkeiten: Stent oder Bypass.
- Ein Stent ist ein kleines Gitterröhrchen, das Ärzte in die verstopften Blutgefäße hineinschieben. Der Stent soll das Gefäß offenhalten, stützen und verhindern, dass es sich wieder verengt. Der Vorteil einer Stent-Operation liegt darin, dass sie weniger invasiv ist als ein Bypass. Chirurgen können den Stent über eine kleine Öffnung an Hüfte oder Handgelenk durch das Gefäß bis zum Herzen vorschieben.
- Die Bypass-Operation ist dagegen meist ein größerer Eingriff, bei dem Ärzte mitunter das Brustbein der Patienten öffnen müssen. Außerdem müssen sie ein Gefäß an einer anderen Stelle des Körpers entnehmen und es nahe dem Herzen als „Umleitung“ einpflanzen.
Wann immer es möglich ist, empfehlen Ärzte daher den Einsatz eines Stents. Doch manchmal ist ein Herz-Bypass unumgänglich. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe:
- Der linke Hauptstamm ist verengt: Als Hauptstamm wird jener Gefäßteil bezeichnet, der von der Hauptschlagader (Aorta) abgeht. Er bildet den Anfang der Herzkranzgefäße. Im weiteren Verlauf verzweigt sich das Gefäß, legt sich wie ein Geflecht ums Herz[JS1] und versorgt das Organ mit Sauerstoff und Nährstoffen. Zwar sind die Herzkranzgefäße individuell unterschiedlich groß, doch die linke Koronararterie ist in der Regel deutlich größer als die rechte. Ist diese verengt oder verstopft, raten Ärzte zum Herz-Bypass.
Es liegt eine komplexe Verengung oder Blockade mehrerer Herzkranzgefäße vor: In diesem Fall genügen Stents meist nicht, um eine ausreichende Blutversorgung sicherzustellen. Außerdem sind manche Gefäße über einen Katheter, der an der Hüfte eingeschoben wird, schwer zu erreichen.
Bypass-OP am Herz: Ablauf
Die Bypass-Operation ist einer der häufigsten Eingriffe am Herzen. Etwa 60.000 Bypass-Operationen führen Herzchirurgen in Deutschland im Jahr durch. Die Operation selbst findet unter Vollnarkose statt. Der weitere Ablauf der Bypass-OP lässt sich so beschreiben:
- Chirurgen entnehmen zunächst Blutgefäße von einer anderen Körperstelle, die später als Bypass am Herzen eingesetzt werden. In der Regel geschieht dieser Schritt der Bypass-OP minimalinvasiv. Diese Technik der „Schlüssellochchirurgie“ kommt mit kleinen Schnitten aus.
- Anschließend öffnen sie den Brustkorb und durchtrennen das Brustbein, um an das Herz zu gelangen. Nicht in allen Fällen ist das nötig, manchmal kann die Bypass-OP auch minimalinvasiv erfolgen. Das hängt davon ab, wie gut die zu überbrückende Stelle für den Arzt zugänglich ist.
- Anschließend legen Mediziner den Bypass, um die verengten oder verschlossenen Gefäße zu überbrücken. Das eine Ende des neuen Gefäßes setzen sie hinter die Verschlussstelle, das andere Ende verknüpfen sie direkt mit der Aorta.
- Sind alle Bypässe gelegt, wird das Brustbein zusammengeklammert und der Brustkorb wieder verschlossen.
Die Dauer der Bypass-OP hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel von der bei der Bypass-Op eingesetzten Technik (minimalinvasiv oder Brustkorb öffnen). Auch der Ort und die Anzahl der notwendigen Bypässe spielen für die OP-Dauer eine Rolle. In der Regel brauchen Ärzte etwa drei bis fünf Stunden für den Eingriff.
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Bypass OP: Risiken
Da es sich um einen größeren Eingriff handelt, sind in Einzelfällen Komplikationen nach einer Bypass-OP möglich. Es kann zum Beispiel zu einem Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen kommen. Etwa 1 von 100 Operierten erleidet im Rahmen der Operation einen Schlaganfall. Außerdem können Blutungen im Herzbeutel, Infektionen, Schmerzen oder Probleme mit der Wundheilung auftreten.
Eine Bypass-OP kann noch eine Zeit lang mit Beschwerden verbunden sein. Sie sind jedoch bei einem Eingriff am Herzen normal. Einige Patienten bekommen Beschwerden im Bereich des Brustkorbs. Sie leiden zum Beispiel unter Schmerzen zwischen den Schulterblättern. Hier hilft eine Physiotherapie. Auch kann ein Taubheitsgefühl in der Brust oder im Unterschenkel entstehen, wenn Ärzte die Vene für den Bypass im Bein entnommen haben.
Den meisten Behandelten hilft die Bypass-Operation jedoch. Bei circa 94 von 100 Patienten verringern sich die Beschwerden dauerhaft. Nur bei 6 von 100 Operierten ist innerhalb von vier Jahren ein weiterer chirurgischer Eingriff wegen neuer Verengungen nötig.
Nach Bypass-OP
Nach der Bypass-Operation müssen Sie noch einige Tage stationär im Krankenhaus bleiben, um sich von dem Eingriff am Herzen zu erholen. Die ersten Tage nach der Bypass-OP sind außerdem zur Kontrolle da. Ärzte überwachen unter anderem den Herzrhythmus, Blutdruck und andere Werte. Allerdings beginnen Sie auch schnell mit der Bewegungstherapie. Es gilt, Patienten möglichst rasch zu „mobilisieren“.
Die Dauer des Krankenhausaufenthalts nach einer Bypass-OP kann variieren. Üblich ist aber ein Zeitraum von einer bis zwei Wochen. Dann sind auch die Wunden so weit verheilt, dass Sie aus dem Krankenhaus in eine gewöhnliche Rehabilitationsklinik wechseln können. Öffnen die Ärzte den Brustkorb während der Bypass-OP, ist eine Narbe, die mehr oder weniger sichtbar bleiben wird, wahrscheinlich.
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Reha nach Herz-Bypass-OP
Nach einer Herz-Bypass-OP gibt es das Angebot der Reha. Sie zielt darauf ab, Beschwerden zu behandeln, Sie wieder fit für den Alltag zu machen, die körperliche und eventuell berufliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen und erneuten Herzproblemen vorzubeugen (vor allem Risikofaktoren ausschalten). Eine Reha nach einer Bypass-OP können Sie ambulant oder stationär durchführen. Meist dauert sie drei bis vier Wochen. Es gibt Kliniken, die auf Herzpatienten spezialisiert sind. Meist trägt die gesetzliche Rentenversicherung die Kosten für die Reha, manchmal auch die Krankenversicherung oder ein anderer Träger.
Ärzte legen individuell fest, welche Rehamaßnahmen sich am besten für Sie eignen und Ihnen am meisten helfen. Dies können zum Beispiel sein:
- Bewegung, Gymnastik, Sport
- Physiotherapie, Ergotherapie
- Entspannungstechniken, z. B. Yoga, Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson
- Ernährungsberatung
- Vermittlung von Wissen rund um das Krankheitsbild, Risikofaktoren (z. B. Rauchen, falsche Ernährung, Bewegungsmangel), Therapien
- psychologische und soziale Hilfsangebote
Bypass: Nachsorge
Spätestens drei Monate nach der Bypass-OP sollten Sie zur Nachsorge einen Termin bei einem Kardiologen wahrnehmen. Per Ultraschall lässt sich der Erfolg der Operation, die Durchgängigkeit der Gefäße und die Belastbarkeit des Herzmuskels prüfen. Mit einem Belastungs-EKG können Arzt und Patient testen, welche körperlichen Anstrengungen möglich und in Ordnung sind. Normalerweise können Sie anschließend wieder Ihren gewohnten Alltagstätigkeiten nachgehen. Dennoch sollten Sie nach der Bypass-OP regelmäßig Termine zur Nachsorge beim Kardiologen ausmachen. Er behält Ihr Herz gut im Blick und kann Veränderungen rechtzeitig aufspüren.
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Leben nach der Bypass-OP
Grundsätzlich ist es nach einer Bypass-OP möglich, dass Sie Ihr gewohntes Leben ohne Einschränkungenfortsetzen können. Es gibt jedoch einige Tipps zum Verhalten nach einer Bypass-OP, die Sie beherzigen sollten:
- Erst nach 14 Tagen dürfen Sie wieder duschen, baden erst nach Abschluss der Anschlussheilbehandlung.
- Das Brustbein ist erst nach sechs bis acht Wochen wieder verheilt. So lange müssen Sie sich körperlich schonen. Sie sollten zum Beispiel keine schweren Gegenstände heben oder tragen.
- Für etwa sechs Wochen nach dem Herz-Bypass sollten Sie nicht selbst Autofahren, bis sich Kreislauf und die allgemeine Belastbarkeit erholt haben. Als Beifahrer im Auto zu sitzen, ist jedoch kein Problem. Auch Fliegen ist erlaubt.
- Sport nach einer Bypass-OP ist ebenfalls kein Problem. Im Gegenteil: Ausreichend Bewegung kann sogar die Heilung unterstützen. Allerdings sollten Sie sich mit Ihrem Arzt besprechen, welche Art von Bewegung es sein sollte und wie intensiv sie sein darf. Sie sollten auf Ihre Belastbarkeit achten und sich nicht überanstrengen. In den ersten drei Monaten sollten sie zudem keine Sportarten treiben, bei denen Sie das Brustbein in besonderem Maße beanspruchen. „Schonende“ Sportarten sind zum Beispiel Wandern, Joggen, Schwimmen oder Radfahren. Achtung: Wenn Sie beim Sport übermäßige Atemnot, Schweißausbrüche, Herzschmerzen oder -rasen verspüren, stoppen Sie die sportliche Aktivität sofort und kontaktieren Sie den Arzt.
Nach einem Bypass am Herzen lässt sich die Lebenserwartung nicht pauschal beziffern. Einen Einfluss auf die Lebenserwartung haben verschiedene Faktoren. Beispiele: Ihr Alter, weitere Erkrankungen, Ihr allgemeiner Gesundheitszustand oder wie gut Sie die Risikofaktoren ausschalten, die zu dieser Operation geführt haben. War das Herz vor der Herz-Bypass-Operation nicht schon geschädigt, gleicht die Lebenserwartung nach einem erfolgreichen Eingriff jener eines gesunden Menschen.
Quellen
- Leitlinie: Nationale Versorgungsleitlinie Chronische KHK+ NVL-Programm (BÄK, KBV, AWMF), Stand: 01.08.2024
- Online Informationen Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG): www.dgthg.de; Abruf: 02.09.2024
- Online Informationen Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ): www.patienten-information.de; Abruf: 02.09.2024
- Online Informationen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG): www.gesundheitsinformation.de; Abruf: 02.09.2024
- Online Informationen Deutsche Herzstiftung e.V Herzinfarkt.: https://herzstiftung.de; Abruf: 02.09.2024
- Online Informationen Deutsche Herzstiftung e.V. Nach der Bypass-OP: https://herzstiftung.de; Abruf: 02.09.2024
- Online Informationen München Klinik: www.muenchen-klinik.de; Abruf: 02.09.2024
- Online Informationen Deutsche Herzstiftung e.V.: https://herzstiftung.de; Abruf: 02.09.2024
- Online Informationen Deutsches Herzzentrum der Charité: www.dhzb.de; Abruf: 02.09.2024