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Kiefersperre

Bei einer Kiefersperre lässt sich der Mund nicht mehr normal schließen. Lesen Sie hier mehr über Ursachen, Behandlungen und den Hippokrates-Handgriff.

Geprüft von Sophie Sonnenberger, Medizinredakteurin

Veröffentlicht:
Aktualisiert: 2022-02-14T00:00:00+01:00 2022-02-14T00:00:00+01:00

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Inhaltsverzeichnis
Seitliches Porträt eines Mannes mit Bart

© Shutterstock

Kiefersperre: Was ist das?

Bei einer Kiefersperre lässt sich der Mund nicht mehr richtig schließen. Der Kieferschluss ist dabei gar nicht oder nur sehr langsam und unter großen Schmerzen möglich. Damit ist die Kiefersperre das Gegenteil einer Kieferklemme, bei der sich der Mund nicht normal öffnen lässt. Typischerweise strahlen die Schmerzen bei einer Kiefersperre in den Hals oder in die Ohren aus.Die Auslöser sind vielfältig und reichen von Verschleißerscheinungen im Kiefergelenk bis hin zu Abszessen und Frakturen. Die gute Nachricht: Kiefersperren kommen nur selten vor und sind in aller Regel gut behandelbar. Normalerweise verschwinden sie sofort, sobald die Ursache behoben ist.

Für Betroffene ist die Symptomatik dennoch sehr belastend, weil der Kiefer offen steht und ihnen Sprechen und Essen entsprechend schwerfallen. Das ist nicht nur unangenehm, sondern verursacht auch oft Ängste. In den meisten Fällen sind diese aber unbegründet – eine Kiefersperre lässt sich gut behandeln.

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Dauer einer Kiefersperre

Die Frage nach der Dauer einer Kiefersperre lässt sich nicht pauschal beantworten. Sie kann zwischen wenigen Sekunden und einigen Tagen variieren. Wie lange die Problematik besteht, hängt in erster Linie von ihrer Ursache und der damit verbundenen Therapie ab.

Wieso schmerzen bei einer Kieferklemme die Ohren?

Anatomisch betrachtet liegen Kiefergelenk, Mittelohr und der äußere Gehörgang eng zusammen. Deshalb ist es nicht ungewöhnlich, dass Zahn- oder Kieferschmerzen in diese Region ausstrahlen. Manche Betroffene empfinden daher Ohrenschmerzen, Hals- oder Nackenschmerzen, obwohl das eigentliche Problem im Kiefergelenk verortet ist. Das ist normal und kein Grund zur Sorge.

Ursachen einer Kiefersperre

Die Kiefersperre ist kein eigenes Krankheitsbild, sondern lediglich ein Symptom einer anderen Problematik. Um sie loszuwerden, muss der Arzt zunächst den Auslöser finden. In den meisten Fällen findet er sich direkt im Kiefergelenk. Folgende Auslöser sind für eine Kiefersperre bekannt:

Kieferluxation

Als Luxation bezeichnen Ärzte das Ausrenken des Kiefergelenks. Das bedeutet, dass die Gelenkköpfchen des Unterkiefers aus der Gelenkpfanne des Oberkiefers springen. Passiert das, ist die Mobilität des Kiefers von einem Moment auf den anderen blockiert. Eine solche Verrenkung kann die Folge eines Unfalls sein, kann aber auch durch jede größere Öffnung des Mundes entstehen – etwa bei einem herzhaften Gähnen oder dem Biss in einen großen Apfel.

Bei einem gesunden Kiefer ist die Gefahr für eine Luxation aber äußerst gering. Anders sieht es aus, wenn Knochen oder Gelenkstrukturen vorgeschädigt sind. Zum Beispiel durch Verschleiß bei Arthrose, Entzündungen oder übermäßiger Belastung infolge von Bruxismus oder CMD. Bruxismus ist der Fachbegriff für – meist nächtliches – Zähneknirschen und Zähnepressen, das dem Kiefer auf Dauer sehr zusetzen kann.

Hinter der Abkürzung CMD verbirgt sich der Begriff „Craniomandibuläre Dysfunkion“. Das ist ein Sammelbegriff für Funktionsstörungen der Kiefergelenke und der Kaumuskulatur, die unterschiedliche Ursachen haben können.

Kiefergelenksarthrose

Vor allem bei älteren Patienten kann eine Arthrose zu einer Kiefersperre führen, die sich meist weit im Voraus durch reibende und knackende Geräusche beim Kauen ankündigt. Tatsächlich ist das Kiefergelenk anfällig für Verschleiß, denn es ist das am stärksten beanspruchte Gelenk des Körpers und nicht nur beim Kauen aktiv, sondern auch beim Sprechen und Schlucken.

Das Problem: Schon kleine Fehlbelastungen können die Abnutzung des Kiefergelenks massiv beschleunigen und eine Arthrose begünstigen. Problematisch sind zum Beispiel fehlende Backenzähne, unsauber gesetzte Zahnfüllungen oder Zahnersatz, Verletzungen, Fehlstellungen oder Bruxismus.Bei einer Kiefergelenksarthrose nimmt die Knorpelscheibe zwischen Gelenkkopf und Gelenkpfanne Schaden. Sie wird mit der Zeit dünner und zerstörte Knorpelzellen begünstigen Entzündungen in der Gelenkinnenhaut. Mit dem Verfall (Degeneration) der Knorpelschiebe steigt das Risiko, dass diese verrutscht und die Funktion des Kiefergelenks blockiert. Das kann zu einer Kiefersperre oder einer Kieferklemme führen – je nachdem, in welche Richtung sich der Diskus verschiebt.

Die Veränderung der Knorpelscheibe kann auch die knöchernen Strukturen und den Bandapparat beeinträchtigen. Beides ist der Stabilität des Gelenks nicht dienlich und mit Schmerzen verbunden, die typischerweise in Kopf, Nacken und Ohren ausstrahlen. Im Laufe der Zeit treten oft Probleme beim Öffnen und Schließen des Mundes auf. Leiern die Bänder aus und ermöglichen dem Gelenk zu viel Spielraum, steigt zudem das Risiko für ein Ausrenken des Kiefers und einer damit verbundenen Sperre.

Frakturen

Mitunter sind auch Frakturen ein Grund für eine Kiefersperre. Vor allem bei Brüchen im Unterkiefer, etwa infolge eines Unfalls oder Schlages, können Knochensplitter das Gelenk so blockieren, dass es zu einer Kieferklemme oder einer Kiefersperre kommt. In solchen Fällen hilft nur ein operativer Eingriff.

Psychische Ursachen

Einige psychische Erkrankungen wie Depressionen oder das Burnout-Syndrom sind mit Kiefergelenkbeschwerden assoziiert. Die Zusammenhänge sind noch nicht vollständig erforscht, aber viele Menschen neigen dazu, Anspannung und Stress auf die Zähne und damit den Kiefer zu übertragen, etwa durch Zähneknirschen oder Zähnepressen.

Oft geschieht das nachts und unwillkürlich, doch für den Kiefer ist die ständige Belastung auf Dauer schädlich. Psychische Erkrankungen oder Phasen seelischer Belastung können daher durchaus mitverantwortlich für die Entstehung einer Kiefersperre sein. Der Arzt sollte sie bei der Behandlung berücksichtigen.

Kiefersperre nach zahnärztlichen Behandlungen

Wer nach einer Weisheitszahn-OP, einer Karies- oder Wurzelbehandlung auf einmal Probleme mit dem Kiefer hat, sollte zunächst an eine Kieferklemme denken. Dabei lässt sich der Mund nicht mehr richtig öffnen. Nach Zahnarztbesuchen tritt diese Symptomatik im Vergleich zur Kiefersperre deutlich häufiger auf. Nur in sehr wenigen Fällen kommt es als Neben- oder Nachwirkung zahnärztlichen Behandlung zu einer Kiefersperre.

Meist lässt sie sich dann auf eine Leitungsanästhesie zurückführen. Das ist eine Betäubungsart, die bei Eingriffen im Unterkiefer zum Einsatz kommt. Obwohl es sich dabei um einen Routine-Piecks handelt, ist eine Leitungsanästhesie nicht ganz leicht zu setzen, da der Zahnarzt sie „blind“ injizieren muss.

Anders als etwa bei einer Blutabnahme in der Armbeuge kann er die perfekte Einstichstelle nicht sehen oder ertasten. Deshalb kommt es beim Einstich gelegentlich zu Verletzungen von Muskeln, Nerven oder Blutgefäßen. Das kann Hämatome, Schwellungen und Reizungen nach sich ziehen, die in seltenen Fällen eine Kiefersperre verursachen können.

Eine andere Komplikation sind Spitzenabszesse. Dabei bildet sich an der Einstichstelle eine eitrige Entzündung, die starke Schmerzen und eine Kiefersperre auslösen kann.

Entzündungen und Vernarbungen am Kiefer können außerdem im Kontext einer Krebsbehandlung auftreten, insbesondere bei einer Bestrahlung, Chemotherapie oder Operation. Auch in solchen Fällen kann es zu einer Kiefersperre kommen.

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Diagnose einer Kiefersperre

Liegt eine Kieferklemme vor, gilt es die Ursache dafür zu finden. In vielen Fällen liegt diese auf der Hand, etwa bei einer Verrenkung des Kiefers. Bestehen Unsicherheiten bezüglich des Auslösers, können bildgebende Verfahren bei der Diagnose helfen.

Infrage kommt neben einem Röntgenbild etwa eine Magnetresonanztomographie (MRT). Das ist ein Verfahren, das ohne Röntgenstrahlen auskommt und im Gegensatz zum Röntgen nicht nur Knochen, sondern auch Weichgewebe darstellen kann. Es eignet sich deshalb gut, um Muskeln, Gelenkkapseln, Gelenkscheiben, Sehnen und Bänder zu überprüfen und zum Beispiel eine Diskusverlagerung zu erkennen.

Besteht der Verdacht einer Fraktur oder einer Tumorerkrankung, kann eine Computertomografie (CT) oder ein digitales Volumentomogramm (DVT) sinnvoll sein. Beide arbeiten mit Röntgenstrahlung, wobei diese bei einem DVT deutlich geringer ausfällt.

Auch eine computergestützte Analyse des Kiefers kann in manchen Fällen dazu beitragen, den Ursachen einer Kieferklemme auf die Spur zu kommen.

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Therapie einer Kiefersperre

Da eine Kiefersperre keine eigene Krankheit, sondern nur ein Symptom einer anderen Erkrankung ist, zielt die Therapie immer die Behandlung der eigentlichen Ursache ab.

Grundsätzlich gilt: Wer eine Kiefersperre vermutet, sollte zum Arzt gehen. Wer versucht, den Kiefer mit Gewalt zu schließen, riskiert unnötige Komplikationen, Schmerzen und Folgeschäden.

Die wichtigste Botschaft für alle Betroffenen lautet daher: Die Auslöser einer Kiefersperre sind überschaubar und von einem Arzt in der Regel problemlos festzustellen.

Sobald sie beseitigt sind, verschwindet die Sperre sofort. In der Regel handelt es sich bei einer Kiefersperre um einen reversiblen und gut therapierbaren Zustand.

Folgende Behandlungen kommen dafür infrage:

Hippokrates-Handgriff

Bei einer Verrenkung (Luxation) des Kiefergelenks gilt es, die herausgesprungenen Gelenkköpfchen so schnell wie möglich wieder in die richtige Position zu bringen.

Dafür eignet sich der Hippokrates-Handgriff, bei dem der Arzt beiden Daumen auf die Kauflächen der Unterkieferzähne legt, während die restlichen Finger den Unterkiefer umschließen. Aus dieser Position heraus zieht er den Unterkiefer leicht nach unten und vorne, richtet ihn gerade und drückt ihn in die normale Position zurück, bis die Gelenkköpfchen wieder in die Gelenkpfannen einrasten.

Damit ist die Sache meist erledigt, in manchen Fällen ist es jedoch sinnvoll, das Gelenk noch einen Tag ruhig zu stellen – zum Beispiel mit Draht oder einer Schiene. So kann sich die ursprüngliche Position stabilisieren und Entzündungen vorgebeugt werden. Wichtig bei einer Kieferluxation ist schnelle Hilfe: Je länger eine Verrenkung besteht, desto unangenehmer wird es, den Kiefer in die richtige Position zurückzuverlagern – oft ist der Eingriff dann nur noch unter Narkose möglich.Patienten, die häufiger unter einem ausgerenkten Kiefer leiden, können den Hippokrates-Handgriff auch selbst anwenden. Mit etwas Erfahrung, der nötigen Vorsicht und anfänglicher Anleitung durch einen Arzt ist das für viele Betroffene problemlos möglich.

Medikamente

Normalerweise lässt sich eine Kiefersperre ohne Medikamente beseitigen. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Wenn die Kiefersperre mit einer Entzündungsreaktion wie einem Spritzenabszess zu tun hat, ist der Einsatz von Antibiotika sinnvoll.

Bei Hämatomen oder Nervenreizungen nach einer Zahnbehandlung ist außerdem die Einnahme von schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamenten nützlich, außerdem können sogenannte Muskelrelaxantien dabei helfen, die Muskulatur zu entspannen und Beschwerden zu lindern.

Schiene

Lässt sich die Kiefersperre auf eine übermäßige Belastung der Kiefergelenke und der Kaumuskulatur – etwa bei Bruxismus oder CMD – zurückführen, sollten die betroffenen Strukturen entlastet werden. Ein einfacher und effektiver Weg dafür ist eine Schiene aus Kunststoff, die meist als „Aufbissschiene“ bezeichnet wird. Sie soll Ober- und Unterkiefer auseinanderhalten und so den Träger vom Knirschen abhalten.

Die Schienen werden individuell angepasst und schützen nicht nur die Zähne vor unnötiger Belastung, sondern schonen auch die Kaumuskulatur. Diese sogenannten adjustierten Aufbiss- oder Okklusionsschienen beeinflussen nicht nur die Symptomatik, sondern auch die Ursache des Problems.

Psychotherapie und Stressreduktion

In vielen Fällen bringt die Kombination einer zahnärztlichen mit einer psychotherapeutischen Therapie gute Ergebnisse. Sind Stress oder psychische Erkrankungen mitursächlich für die Kiefersperre gilt es, dieses Problem bei der Wurzel zu packen und dauerhafte für Entlastung zu sorgen.

So absurd es auf dem ersten Blick klingen mag: Kiefer, Zähne und Seele hängen eng zusammen. In schweren Fällen von Bruxismus und CMD und damit verbundenen Kiefersperren ist eine Psychotherapie also durchaus ein geeigneter Weg, die Behandlung zur ergänzen. In manchen Fällen sind auch gymnastische Übungen für die Kiefermuskulatur, Wärme durch Rotlicht oder Auflagen und Entspannungstechniken wie autogenes Training, Yoga oder Progressive Muskelentspannung hilfreich.

Operationen

Mitunter sind operative Eingriffe bei der Öffnung eines eitrigen Abszesses oder einer Kiefergelenksarthrose nötig, doch das kommt eher selten vor. Bei Frakturen hingegen ist eine Operation meist unumgänglich: Der Chirurg entfernt dabei Knochensplitter, beseitigt Fehlstellungen und Verschiebungen und bringt den Kiefer zurück in die ursprüngliche Position, wo er mit Titanschrauben oder Platten fixiert wird. Ist alles wieder an Ort und Stelle, löst sich die Sperre unmittelbar auf.

Können Betroffene einer Kiefersperre vorbeugen?

Nicht direkt. Aber: Wer häufiger darunter leidet, sollte die Stellung der Kiefergelenke überprüfen lassen und gegebenenfalls Fehlstellungen korrigieren.

Dabei ist es wichtig, Knacken und Knirschen ernst nehmen: Oft sind diese Geräusche die ersten Anzeichen dafür, dass ein Problem wie Arthrose, CMD oder Bruxismus vorliegt.

Es ist sinnvoll, bei solchen Erkrankungen frühzeitig gegenzusteuern. Nicht nur wegen der drohende Kiefersperre, sondern auch, weil sie oft mit anderen Beschwerden wie Kopf-, Hals- Ohren- oder Nackenschmerzen einhergehen und zu einem frühzeitigen verschleiß des Kiefers beitragen.

Quellen
  • Schwenzer N, et al.: Spezielle Chirurgie, Band 2: Zahn-Mund-Kiefer-Heilkunde; Thieme Verlag; 3.Auflage 2001
  • Online-Informationen Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik (GZFA): www.gzfa.de; Abruf: 20.12.2017
  • Online-Informationen Praxis Dr. Wolf Sonthofen: www.drwolf-sonthofen.de; Abruf: 20.12.2017

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