Ob Smartphone, Tablet oder Laptop – LED-Bildschirme sind für die meisten Menschen ein fester Bestandteil des täglichen Lebens. Deshalb dürfte fast jeder schon festgestellt haben, dass die Augen nach ein paar Stunden vor dem Display trocken und müde werden oder die Sicht verschwimmt. „Digital Eye Strain“ oder auch „Sehstress“ nennt die Wissenschaft dieses Phänomen.
Mehr noch: Das blaue Licht steht im Verdacht, auf Dauer die Sehleistung ebenso zu beeinträchtigen wie den Schlaf – und damit auch die Leistungsfähigkeit. Ob Brillen, deren Gläser das blaue Licht filtern, dem entgegenwirken können, hat ein Forscherteam untersucht und sich dafür 17 Studien mit 619 Teilnehmenden aus sechs Ländern angeschaut.
Was macht blaues Licht?
Als blaues Licht bezeichnet man energiereiche, kurzwellige Lichtanteile. Diese finden sich zu einem kleineren Teil im natürlichen Sonnenlicht, zu einem größeren in künstlichem Licht – unter anderem dem von Bildschirmen.
Zunächst einmal ist blaues Licht nichts Schlechtes. Es hemmt die Abgabe des „Schlafhormons“ Melatonin, macht dementsprechend wach und hebt die Stimmung. Es könnte aber auch dazu führen, dass wir schlechter ein- und durchschlafen.
Zudem flackert blaues Licht mehr als andere Lichtfarben und blendet eher, was die Augen auf Dauer müde werden lässt. Darüber hinaus besteht der Verdacht, dass blaues Licht auf lange Sicht die Zellen der Netzhaut unwiederbringlich zerstört und die Entstehung einer altersbedingten Makuladegeneration, einer schwere Sehminderung, fördert. Die Studienlage zu den negativen Effekten von blauem Licht ist allerdings bisher dürftig – weitere Forschung ist nötig.
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Wie wirken Blaulichtfilterbrillen?
Um festzustellen, ob Brillen, deren Gläser blaues Licht filtern, den negativen Effekten entgegenwirken können, haben Forscher der Universitäten Melbourne und London eine Übersichtsarbeit erstellt und 2023 in der Fachpublikation Cochrane veröffentlicht.
Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es wenig wissenschaftlich fundierte Belege für die Wirksamkeit von Blaulichtfilterbrillen gibt. Konkret stellten sie Folgendes fest:
- Augenbelastung: Blaulichtfilterbrillen reduzieren die Ermüdung der Augen durch die Arbeit am Bildschirm nicht mehr als Gläser ohne Filter. Möglicher Grund könnte sein, dass nicht das blaue Licht die Augen müde werden lässt, sondern das seltenere Blinzeln.
- Schlaf: Hier konnten die Forschenden keine definitiven Schlussfolgerungen in puncto Wirksamkeit von Blaulichtfilterbrillen ziehen. Einige Studien stellten eine signifikante Verbesserung des Schlafs fest, andere nicht.
- Sehschärfe und andere Parameter: Auch was den Effekt eines Blaulichtfilters auf die Sehschärfe betrifft, war die Studienlage nicht eindeutig. Parameter wie Melatoninspiegel, Blendempfindlichkeit oder Gesundheit der Netzhautmitte (Makula) erfassten die einbezogenen Studien nicht.
- Nebenwirkungen: Blaulichtfilterbrillen scheinen nicht nur sehr begrenzt wirksam zu sein – sie können vielleicht sogar schaden. In wenigen Studien berichteten die Teilnehmenden von Kopfschmerzen, verstärkten depressiven Symptomen, niedergeschlagener Stimmung oder über Unwohlsein beim Tragen. Diese Effekte traten jedoch bei Brillen ohne Blaulichtfilter ebenso auf.
Die Forschenden betonen, dass bisher Erkenntnisse zur Langzeitwirkung von Blaulichtfilterbrillen fehlen und beispielsweise auch der Effekt auf die Gesundheit der Netzhaut und den Schlaf künftig genauer (oder überhaupt erst) erforscht werden müsste.
Alternativen: Was wirklich hilft, um die Augen gesund zu halten
Komplett auf die Bildschirmnutzung zu verzichten, wird heutzutage kaum jemand können oder wollen. Wer viele Stunden am Computer arbeitet, aufs Tablet oder Handy schaut, sollte aber ein paar Dinge beachten:
- Für gute Lichtverhältnisse sorgen: Ist das Außenlicht zu hell, blendet es oder reflektiert gar im Bildschirm, strengt das die Augen an. Ist die Beleuchtung zu dunkel, vermindert sich die Sehschärfe und die Augen ermüden früher. Laut Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA) und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOB) sollte die Beleuchtung am Arbeitsplatz im Bereich zwischen 400 und 600 Lux liegen. Das lässt sich zum Beispiel über einen Mix aus Tageslicht plus Steh- oder Tischleuchte erreichen.
- Genügend Abstand halten: Wer zu nah oder zu weit weg vom Display sitzt, strapaziert seine Augen. 50 bis 80 Zentimeter gelten als optimal. Die Oberkante des Computer-Bildschirms sollte ungefähr auf Augenhöhe liegen und die Tischoberfläche nicht spiegeln.
- Regelmäßig Pausen einlegen: Machen Sie während der Arbeit am Bildschirm mehrere kurze Pausen. Schauen Sie nämlich stundenlang auf eine kurze Entfernung, ermüden die Augenmuskeln, die Sicht beginnt zu flimmern und die Augen brennen. Gönnen Sie Ihren Augen alle 50 Minuten zirka zehn Minuten Pause, in denen sie den Blick in die Ferne schweifen lassen, zum Beispiel, indem Sie aus dem Fenster schauen.
- Die Augen befeuchten: Am Bildschirm blinzeln Sie seltener. Dadurch werden die Augäpfel weniger befeuchtet und der schützende Tränenfilm beginnt auszutrocknen. Dem sogenannten „Office Eye Syndrom“ lässt sich durch bewusstes Blinzeln, genügend Trinken und Augentropfen entgegenwirken. Halten Sie aber Rücksprache mit einem Arzt, bevor Sie Tränenersatzmittel verwenden.
- Die Displaybeleuchtung anpassen: Wer abends im Bett mit dem Handy ein letztes Mal durch den Social-Media-Feed scrollt oder auf dem Tablet lesen möchte, sollte dafür den Nachtmodus einschalten oder die Helligkeit des Displays dimmen. Das kann helfen, den negativen Effekt des blauen Lichts auf Augen und Schlaf ganz ohne Blaulichtfilterbrille zu reduzieren.
Quellen
- Singh S et al.: Blue-light filtering spectacle lenses for visual performance, macular (back part of the eye) protection, and improving sleep quality; Cochrane; 2023; DOI: 10.1002/14651858.CD013244.pub2
- Zhao Z et al.: Research progress about the effect and prevention of blue light on eyes; International Journal of Ophthalmology; 2018; DOI: 10.18240/ijo.2018.12.20
- Online-Informationen Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: www.gesundheit.gv.at; Abruf: 27.11.2024