Es gibt kaum ein Gemüse, das so vielseitig ist wie die Zwiebel. Fast überall passt sie dazu: Salate, Suppen, Soßen, Fleischgerichte, sie verfeinert jedes herzhafte Gericht. Ich bin wirklich ein großer Fan der äußerlich so unscheinbaren Knolle. Diese Beziehung hat allerdings vor kurzem einen Knacks bekommen – genauer gesagt, als ich von Kontaktlinsen auf eine Brille umgestiegen bin. Seitdem tränen meine Augen unaufhörlich, sobald ich anfange, die Zwiebel auf dem Schneidebrett zu zerkleinern.
Zwiebeln setzen eine Art Reizgas frei, wenn ihre Zellen angegriffen und beschädigt werden. Ein Enzym namens Aliinase, das sich normalerweise im Inneren der Zelle befindet, tritt aus und kommt in Kontakt mit den Zellwänden. Darin ist die Aminosäure Isoalliin gespeichert, die Schwefel enthält. Treffen Aliinase und Isoalliin aufeinander, läuft eine chemische Reaktion ab: Das Enzym spaltet die Aminosäure. Dabei entsteht ein Stoff namens Propanthial-S-oxid. Verdunstet diese Chemikalie, entsteht ein reizender Dampf. Gelangt er in die Augen, beginnen diese zu tränen. Was für den Menschen nur eine lästige Nebenwirkung beim Kochen ist, dient der Zwiebel als Abwehrmechanismus gegen kleinere Fressfeinde, beispielsweise Mäuse.
Zwiebelschneiden: Der Selbstversuch
Um das lästige Weinen zu vermeiden, wäre es also sinnvoll, die Augen vor dem aufsteigenden Zwiebel-Gas zu schützen. Meiner Erfahrung nach gab es mit Kontaktlinsen tatsächlich keine Probleme. Aber was kann helfen, wenn man nicht gerade zufällig Linsenträger ist? Im Internet finden sich dazu endlos viele Tipps, Tricks und Lifehacks. Die seriösesten (nein, ich stecke mir keinen Kieselstein in den Mund) werde ich im Selbstversuch testen. Pro Methode schneide ich eine halbe, faustgroße Gemüsezwiebel in Würfel. Zwischen den Tests gebe ich meinen Augen etwa fünf Minuten Zeit zum Regenerieren.
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Tipp 1: Taucherbrille aufsetzen
Der Gedanke dahinter: Die Taucherbrille schützt die Augen vor den reizenden Dämpfen. Ich setze also in der Küche meine alte Schwimmbrille auf und komme mir dabei ziemlich komisch vor. Immerhin sieht mich dabei außer den neugierigen Nachbarn von gegenüber keiner.
- Tränenstatus: Null. Also null Tränen. Die Nase läuft ein wenig, aber sonst bleibt alles trocken.
- Alltagstauglichkeit: Solange man eine Taucherbrille griffbereit und keine allzu ausgeprägte Sehschwäche hat, in Ordnung. Abzüge gibt es in der B-Note für die Optik und weil die Gläser nach einiger Zeit von Innen beschlagen.
Tipp 2: Brettchen nass machen
Das Wasser soll die freiwerdenden Stoffe der Zwiebel binden und verhindern, dass sich stechendes Gas bildet.
- Tränenstatus: Gut. Überraschenderweise verspüre ich keinen Drang zu weinen.
- Alltagstauglichkeit: Praktikabel. Ich habe ein kleines Holzbrett genommen und sowohl dieses als auch das Messer vorher kurz unter den laufenden Wasserhahn gehalten.
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Tipp 3: Zwiebel unter Wasser schälen
Ähnlich wie bei der vorherigen Methode soll das Wasser vermutlich die auftretenden Chemikalien binden.
- Tränenstatus: Ertragbar. Das Brennen in den Augen setzt erst relativ spät ein.
- Alltagstauglichkeit: Einfach durchzuführen.
Tipp 4: Nur durch den Mund atmen
Vermutlich soll so vermieden werden, dass die reizenden Dämpfe in die Nase gelangen. Ich bin skeptisch, aber los geht’s.
- Tränenstatus: Brennend. Nach etwa der Hälfte der Schneidezeit brennen die Augen doch sehr stark, als ich am Ende angelangt bin, haben sie sich beide mit Tränen gefüllt. Die Nase ist trotz Atemtechnik kurzzeitig zu.
- Alltagstauglichkeit: Gut, aber durch die ausbleibende Wirkung hinfällig.
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Tipp 5: Einen Schluck Wasser in den Mund
Eine der großen Küchenlegenden. Das Wirkprinzip bleibt mir verschlossen. Mal sehen, was der Praxistest ergibt.
- Tränenstatus: Aua, aua. Am Ende der Zwiebel hat sich ein schützender Tränenfilm auf beide Augen gelegt.
- Alltagstauglichkeit: Hilfreich, um den Koch kurzzeitig ruhig zu stellen. Für mehr reicht es nicht.
Tipp 6: Unter der Dunstabzugshaube arbeiten
Das Prinzip ist klar: Die Dunstabzugshaube zieht die Zwiebel-Gase weg, bevor sie in die Augen gelangen können.
- Tränenstatus: Trocken.
- Alltagstauglichkeit: Gut, zumindest für Menschen mit vollausgestatteter Küche. Bitte darauf achten, dass die Herdplatten aus sind, bevor Sie anfangen zu schneiden.
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Fazit
Ein Kilogramm Zwiebeln später bin ich überrascht vom Ausgang einiger Schneide-Durchgänge. Manches, wie das Schälen unter Wasser oder den Schluck Wasser im Mund, habe ich im Vorfeld für Humbug gehalten und wurde zumindest teilweise eines Besseren belehrt. Testsieger sind für mich die Taucherbrille, die Dunstabzugshaube und das nasse Brettchen. Jetzt bleibt nur noch die Frage: Was koche ich mit den ganzen geschnittenen Zwiebeln?
Foto: Shutterstock