Die Baderegeln der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sagen es ganz deutlich: „Gehe niemals mit vollem oder ganz leerem Magen ins Wasser.“ Das heißt, nach dem Essen dürfte man frühestens nach einer halben bis ganzen Stunde Wartezeit wieder Schwimmen. Im Freibad, in dem es an jeder Ecke nach Pommes und Eis riecht, ist das kein leichtes Unterfangen. Vor allem, wenn die Kinder drängeln, schnell wieder ins kühle Nass zu hüpfen. Wie wichtig ist die Baderegel – oder darf man sie auch einmal brechen?
„Es gibt wenige wissenschaftliche Untersuchungen dazu, wie zeitnah man nach dem Essen wieder schwimmen sollte“, sagt Herbert Löllgen, Kardiologe, Sportmediziner und Ehrenpräsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention. „Generell kann es sein, dass der Körper nach einer Mahlzeit erst einmal träge und müde wird.“ Dieser umgangssprachlich als Fress- oder Schnitzelkoma bekannte Zustand ist etwas ganz Natürliches: Um die aufgenommene Nahrung zu verarbeiten, wird der Verdauungstrakt mit mehr Blut versorgt. So haben vor allem Gehirn und Muskeln weniger Blut als gewöhnlich zur Verfügung – es kommt zu einem Blutdruckabfall. Was dann folgt, kennt jeder: Müdigkeit, Konzentrationsverlust und sinkende Leistungsfähigkeit.
Mythos im Schnellcheck
Vorsicht bei Vorerkrankungen
„Solch ein Zustand kann dann prekär werden, wenn man sich gerade in der Mitte eines Sees befindet und das Ufer nicht mehr rechtzeitig erreicht“, warnt Sportmediziner Löllgen. Generell sollte man die eigene Leistungsfähigkeit im Wasser nicht überschätzen. Die Kein-Essen-und-Schwimmen-Baderegel hat Löllgens Einschätzung nach aber in erster Linie Relevanz für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Wer so vorbelastet ist, sollte sich wirklich daran halten und nach einer Mahlzeit 45 Minuten bis eine Stunde mit dem Baden warten.“ Denn nicht nur der Verdauungsprozess, auch das Wasser selber würde den Kreislauf beeinflussen: „Tauchen Sie einmal Ihr Gesicht in eine Schüssel voll Wasser; Sie werden merken, wie Ihr Puls sich verlangsamt.“ Zusammen mit einem niedrigen Blutdruck und dem geschwächten Herz-Kreislauf-System könnte das beim Schwimmen zu kritischen Situationen führen. Bei gesunden Personen sieht der Kardiologe hingegen weniger Probleme.
Neben der physischen Verfassung spielt auch die Art der Nahrung eine Rolle. „Eisbein mit Sauerkraut und Kartoffeln beschäftigen den Magen deutlich länger als ein Stück Kuchen oder ein Wassereis.“ Leichte Kost sei aber völlig ungefährlich für körperlich fitte Menschen.
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So ja!
- Langsam ins Wasser gehen.
- Die eigene Leistungsfähigkeit realistisch beurteilen und dementsprechend nah am Ufer bleiben.
- Bei gesunden Menschen schadet leichte Kost vor dem Schwimmen nicht.
So nicht!
- Vorsichtig sein bei Vorerkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, dann die Pause nach dem Essen unbedingt einhalten.
- Wenn möglich auf schweres, fettiges Essen verzichten.
- Nicht mit dem Kopf voran in kaltes Wasser springen.