Kurz nach ihrem 50. Geburtstag bekommt jede Frau in Deutschland Post. Rosafarben ist die Betreffzeile, Absender der Gemeinsame Bundesausschuss. Es handelt sich um eine Einladung zur Brustkrebs-Früherkennung, die von da an alle zwei Jahre im Briefkasten liegt. Ein Terminvorschlag ist auch dabei. Bei keiner Früherkennungsmaßnahme wird es den Frauen so einfach gemacht. Doch kaum eine andere ist mit so viel Unsicherheit verbunden: Nur etwa jede zweite der angeschriebenen Frauen nimmt die Einladung an.
Mit einem Anteil von über 30 Prozent ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Fast 70.000 neue Diagnosen stellen Ärzte in Deutschland jedes Jahr, mehr als 17.000 Patientinnen sterben in derselben Zeit. Wie bei anderen Krebsarten gilt bei bösartigen Veränderungen der Brust: Je eher Ärzte sie entdecken, desto größer sind die Heilungschancen.
Das Mammografie-Screening
Deshalb gibt es in Deutschland seit 2009 das flächendeckende Mammografie- Screening, bezahlt von den Krankenkassen. Vorbilder für den Massentest waren die Niederlande, Schweden, Norwegen und Finnland, wo das Angebot schon seit den 70er-Jahren etabliert ist. Wörtlich übersetzt, bedeutet „Mammografie“ die „bildliche Darstellung der Brust“, die in der Fachsprache „Mamma“ heißt. Moderne Geräte machen Tumoren sichtbar, die mit den Händen nicht tastbar wären. Die Untersuchung selbst dauert nur wenige Minuten: Bei freiem Oberkörper wird jede Brust zwischen zwei Scheiben aus Plexiglas gedrückt. Aus zwei Perspektiven entstehen Bilder, die sich zwei eigens geschulte Fachärzte anschauen.
„Dieser Doppelbefund steigert die Qualität enorm und ist unter den Früherkennungsmaßnahmen einzigartig“, sagt Tanja Fehm, Direktorin der Universitätsfrauenklinik in Düsseldorf. „Bei Auffälligkeiten bitten wir sie erneut zur Untersuchung.“ Das ist statistisch bei 30 von 1000 Frauen der Fall. „Bei ihnen folgen eine weitere Aufnahme, eventuell eine Ultraschalluntersuchung und eine Biopsie“, erklärt Fehm. Dabei entnimmt ein Arzt unter Betäubung eine Gewebeprobe aus dem verdächtigen Areal, um diese Zellen genauer zu untersuchen. Bei 24 der 30 Frauen mit auffälligem Befund stellt sich im weiteren Verlauf heraus: Die Veränderung ist unbedenklich, es ist zum Beispiel nur eine Zyste oder eine Bindegewebsverdichtung. Sechs von 1000 Untersuchten erhalten die Diagnose Brustkrebs.
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Der Brust-Selbstcheck
Einen wichtigen Beitrag zur Früherkennung können Frauen selbst leisten: Indem sie ihre Brust einmal im Monat abtasten und Auffälligkeiten ihrem Frauenarzt zeigen. Gehen Sie beim Brust-Selbstcheck am besten systematisch vor und erledigen Sie die Untersuchung stets in derselben Reihenfolge. So vergessen Sie keinen Schritt und erlangen mit der Zeit Routine.
Wie effektiv sind Früherkennungsmaßnahmen?
Im Podcast sprechen wir mit Prof. Karin Michels, Direktorin des Instituts für Prävention und Tumorepidemiologie am Uniklinikum Freiburg: Welche Früherkennungsmaßnahmen gibt es und wie effektiv sind sie? Welche überraschenden Faktoren erhöhen das Brustkrebsrisiko? Können wir selbst überhaupt etwas tun, um unser Risiko zu senken?