Schilddrüsenunterfunktion: Was ist das?
In Deutschland sind etwa 5 von 100 Menschen an einer Schilddrüsenunterfunktion erkrankt. Frauen und ältere Menschen sind am häufigsten betroffen.
Eine Schilddrüsenunterfunktion lässt sich in der Regel gut behandeln. Patienten nehmen dafür täglich eine Tablette mit Schilddrüsenhormonen ein. So gleichen sie den Hormonmangel aus und die Beschwerden verschwinden in den meisten Fällen.
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Schilddrüsenunterfunktion: Symptome
Bei einer Schilddrüsenunterfunktion läuft der Stoffwechsel in Zeitlupe. Das löst unterschiedliche Beschwerden aus. Typisch für eine Schilddrüsenunterfunktion ist, dass Betroffene müde sind und schnell frieren. Ärzte erkennen eine ausgeprägte Schilddrüsenunterfunktion außerdem an diesen Anzeichen:
- Gewichtszunahme trotz Appetitlosigkeit
- langsamer Puls und niedriger Blutdruck
- Herzstolpern (Extraschläge des Herzens)
- Kurzatmigkeit
- Haarausfall
- trockene und teigige Haut, zum Beispiel im Gesicht
- trockene Augen (Sehstörungen sind in der Regel ein Anzeichen für eine Schilddrüsenüberfunktion und nicht für eine Unterfunktion)
- Kribbeln, Taubheitsgefühl
- vergrößerte Zunge
- Verstopfung
- Wassereinlagerungen in den Beinen
- Muskelschwäche
- heisere Stimme
- Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
- Depressionen
- Libidoverlust, eingeschränkte Fruchtbarkeit und Erektionsstörungen
Bei manchen Patienten vergrößert sich die Schilddrüse und bildet eine sogenannte Struma (umgangssprachlich Kropf), die sichtbar am Hals hervortritt.
Eine Schilddrüsenunterfunktion kann außerdem die Libido sowie die Fruchtbarkeit einschränken. Frauen klagen häufig über eine starke oder unregelmäßige Periode. Bei Männern kommen Erektionsstörungen vor.
Schilddrüsenunterfunktion: Ursachen
Für eine Schilddrüsenunterfunktion gibt es unterschiedliche Ursachen. Zum einen kann sie angeboren sein. Die Schilddrüse ist bei den betroffenen Kindern nicht oder nur teilweise vorhanden oder sie ist zwar vorhanden, bildet aber nicht genügend Hormone. Die Schilddrüsenunterfunktion kann auch während der Schwangerschaft beim ungeborenen Kind entstehen. Das passiert zum Beispiel, wenn die werdende Mutter zu wenig Jod aufnimmt oder Antikörper gegen das Gewebe der Schilddrüse bildet und diese an das Kind weitergibt.
Etwa 1 von 3500 Neugeborenen ist betroffen – Mädchen häufiger als Jungen. Bei jedem Baby bestimmen Ärzte routinemäßig die Schilddrüsenwerte. Falls eine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt, wird sie sofort behandelt. Das ist wichtig, da es sonst zu Entwicklungsstörungen bis hin zu Hirnschäden kommen kann.
Die Schilddrüsenunterfunktion kann auch erworben sein – etwa durch einen Jodmangel. Jod ist ein Spurenelement, das der Körper nicht selbst herstellen kann und der Mensch daher über das Essen aufnehmen muss. Der Körper braucht es, um die Schilddrüsenhormone herzustellen. Wird dauerhaft zu wenig Jod über die Nahrung aufgenommen, kann es zu einer Schilddrüsenunterfunktion kommen. Das ist in Industrieländern jedoch selten.
Die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion ist hierzulande die sogenannte Hashimoto-Thyreoiditis. Das ist eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper die Schilddrüse fälschlicherweise als fremd erkennt und angreift. Dabei kommt es in der Regel zunächst zu einer Schilddrüsenüberfunktion und erst anschließend zu einer Schilddrüsenunterfunktion. Sie entwickelt sich bei Hashimoto schleichend über einen längeren Zeitraum.Ärzte vermuten, dass genetische Faktoren eine Rolle bei Hashimoto spielen. Sie gehen davon aus, dass Eltern die Veranlagung für die Erkrankung an ihre Kinder vererben. Umweltfaktoren wie ein Jodmangel, Viruserkrankungen und Hormonumstellungen können Hashimoto anschließend auslösen.
Es gibt bestimmte Medikamente, die eine Schilddrüsenunterfunktion auslösen können. Dazu gehören etwa bestimmte Krebsmedikamente oder Lithium, das bei bestimmten psychischen Erkrankungen zum Einsatz kommt. Darüber hinaus kann eine zu hohe Dosierung der Medikamente bei der Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion das Gegenteil bewirken: die Unterfunktion des Organs.
Eine Schilddrüsenunterfunktion kann auch entstehen, wenn Ärzte das Organ bei einer Operation oder Bestrahlung teilweise oder ganz entfernen. Das ist bei einer Schilddrüsenüberfunktion und bei Schilddrüsenkrebs manchmal notwendig.In sehr seltenen Fällen entsteht eine Schilddrüsenunterfunktion durch eine Erkrankung der Hirnanhangsdrüse oder des Hypothalamus. Diese Bereiche des Gehirns bilden Hormone, die die Hormonproduktion der Schilddrüse beeinflussen. Ärzte bezeichnen dieses Krankheitsbild als zentrale Schilddrüsenunterfunktion.
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Schilddrüsenunterfunktion: Behandlung
Eine Schilddrüsenunterfunktion ist durch die Therapie in der Regel nicht heilbar. Betroffene müssen (je nach Ursache vorübergehend oder lebenslang) Hormonersatz-Medikamenten einnehmen. Passt die Dosierung, klingen die Symptome in der Regel ab.
Das Mittel der Wahl ist das Hormon Levothyroxin (L-Thyroxin), das die Schilddrüsenwerte normalisiert. Die Dosis ist individuell verschieden und richtet sich nach dem Köpergewicht, den aktuellen Schilddrüsenwerten (vor allem dem TSH) und dem subjektiven Wohlbefinden des Betroffenen. Erwachsene und Kinder bekommen eine Tablette. Für Säuglinge wird die Tablette zerkleinert und zu einer Paste verarbeitet. Ärzte empfehlen, das Medikament morgens eine halbe Stunde vor dem Frühstück einzunehmen. Denn der Körper nimmt den Wirkstoff in nüchternem Zustand besser auf. Nebenwirkungen treten nur in sehr seltenen Fällen auf, wenn die Dosis zu hoch ist. Dann kann es zu Nervosität und Kopfschmerzen kommen. Der Arzt passt die Dosis daraufhin an.Im Durchschnitt dauert es zwei bis drei Monate, bis sich der Hormonspiegel normalisiert hat und die Beschwerden der Schilddrüsenunterfunktion verschwinden. Patienten müssen das Medikament in der Regel ein Leben lang einnehmen. Die Dosis sollte der Arzt in regelmäßigen Abständen überprüfen.
Wird die Schilddrüsenunterfunktion nicht behandelt, kann es in sehr seltenen Fällen zu Komplikationen kommen. Bei Kindern können das Wachstum und die geistige Entwicklung gestört sein. Erwachsene können Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen entwickeln.Schilddrüsenunterfunktion: Ernährung
Eine Schilddrüsenunterfunktion lässt sich nicht ausschließlich natürlich behandeln – etwa durch Hausmittel oder eine bestimmte Ernährungsform. Patienten sind immer auf Medikamente angewiesen, um das Schilddrüsenhormon Tetrajodthyronin bzw. Thyroxin (kurz T4 genannt) zu ersetzen. Es ist aber sinnvoll, zusätzlich auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu achten. Betroffene sollten sich dafür an ihren Arzt oder an einen Ernährungsberater wenden.
Patienten mit einer Schilddrüsenunterfunktion müssen wie gesunde Menschen auch darauf achten, ausreichend Jod (bei Erwachsenen bis 50 Jahre 200 Mikrogramm, danach 180 Mikrogramm), zu sich zu nehmen. Bei einigen Betroffenen sind – in Absprache mit dem Arzt – zusätzlich Jod-Tabletten sinnvoll.
In dieser Tabelle finden Sie Lebensmittel, die Jod enthalten und deshalb bei einer Schilddrüsenunterfunktion empfohlen sind:
- Getrocknete Algen (Achtung: Hier kann es zu einer Überschreitung der generell empfohlenen Jod-Höchstmenge von 500 Mikrogramm kommen)
- Seefisch wie Scholle, Seelachs und Kabeljau
- Meeresfrüchte
- Champignons
- Brokkoli
- Erdnüsse
- Spinat
- Kürbiskerne
- jodiertes Speisesalz (maximal ein Teelöffel)
Es gibt grundsätzlich keine Lebensmittel, die Personen mit Schilddrüsenunterfunktion meiden müssen. Einige Nahrungsmittel sollten jedoch nicht zeitgleich mit den Hormontabletten eingenommen werden. Der Grund dafür ist, dass diese Speisen die Aufnahme der Medikamente hemmen können. Dazu zählen:
- Kaffee
- Eisenreiche Lebensmittel wie Weizenkleie und Leber
- Kalziumreiche Lebensmittel wie Milch und Joghurt
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Schilddrüsenunterfunktion: Diagnose
Darüber hinaus wird der Arzt einige Bluttests veranlassen. Die Werte geben Auskunft über Schilddrüsenhormone – darunter das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH), das die Leistung der Schilddrüse ankurbelt. Bei einer Schilddrüsenunterfunktion sinkt die Leistung des Organs und der Körper erhöht die TSH-Produktion. Deshalb fällt der TSH-Wert hoch aus. Die Schilddrüse schafft es bei einer Schilddrüsenunterfunktion nicht, genügend Hormone des Typs T3 und T4 herzustellen. Diese Werte fallen bei den Patienten zu niedrig aus.
Wenn der TSH-Wert hoch ist, aber die Hormone T3 und T4 noch im Normalbereich liegen, sprechen Expert*innen von einer latenten (verdeckten) Schilddrüsenunterfunktion. Ob bereits diese Form behandelt werden muss, ist bei Medizinern umstritten.
Ist der TSH-Wert erhöht und sind die T3- und T4-Werte zu niedrig, handelt es sich um eine manifeste (erkennbare) Schilddrüsenunterfunktion. Ärzte bezeichnen die Diagnose auch als manifeste Hypothyreose.
Wichtig zu wissen ist auch, dass eine routinemäßige Messung des Hormons TSH bei gesunden Menschen nur bedingt aussagekräftig ist. Der Wert kann tagesabhängig höher liegen, obwohl die Schilddrüse in Ordnung ist. Das kann zu unnötigen Sorgen und Behandlungen führen. Eine Ausnahme bilden Neugeborene: Bei ihnen werden in einem Screening stets die Schilddrüsenhormone gemessen.
Schilddrüsenunterfunktion: Welcher Arzt?
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Sie an einer Schilddrüsenunterfunktion erkrankt sein könnten, sollten Sie zum Arzt gehen. Der erste Ansprechpartner ist der Hausarzt. Je nach Beschwerden wird er verschiedene Spezialisten (Fachärzte) hinzuziehen.
Endokrinologische Schilddrüsenspezialisten sind Endokrinologen (Hormon-Ärzte), die sich auf Erkrankungen der Schilddrüse spezialisiert haben. Sie übernehmen in der Regel die Diagnose und führen verschiedene Tests durch. Neben Ultraschall und Blutanalyse beherrschen sie zum Beispiel auch die sogenannte Feinnadelpunktion. Damit können die Ärzte Schilddrüsenkrebs ausschließen. Nach der Diagnose Schilddrüsenunterfunktion bestimmt der Endokrinologe in der Regel die Art der Behandlung. Auch für die regelmäßige Kontrolle ist für gewöhnlich ein Endokrinologe zuständig.
Nuklearmediziner können zum Beispiel ein sogenanntes Schilddrüsenszintigramm erstellen, das anzeigt, welche Bereiche der Schilddrüse ausreichend funktionieren und welche nicht produktiv genug sind. Letzteres weist auf eine Unterfunktion der Schilddrüse hin und hilft so bei der Diagnose.
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Schilddrüsenunterfunktion: Schwangerschaft
Schwangere mit einer Schilddrüsenunterfunktion sollten regelmäßig zur Kontrolle zum Arzt gehen. Die Medikamente müssen die Unterfunktion während der Schwangerschaft und Stillzeit optimal ausgleichen. Ansonsten kann es als Folge zu körperlichen und geistigen Entwicklungsstörungen beim Kind kommen. Auch Fehl- und Frühgeburten können auftreten.
Wichtig zu wissen ist auch, dass der Jodbedarf während der Schwangerschaft und Stillzeit erhöht ist. Werdende Mütter sollten zusätzlich Jod einnehmen. Die genaue Dosis sollten sie mit ihrem Arzt besprechen.
Es kommt auch vor, dass eine Frau während der Schwangerschaft eine Schilddrüsenunterfunktion entwickelt. Dabei können ähnliche Symptome wie etwa ein geringer Puls und Müdigkeit auftreten. Schwangere müssen in diesem Fall sofort mit der Behandlung beginnen, um das Kind im Mutterleib zu schützen. Auch Frauen mit einer latenten Schilddrüsenunterfunktion raten Experten in der Regel dazu Hormone einnehmen.
Schilddrüsenunterfunktion: Kinderwunsch
Eine Schilddrüsenunterfunktion kann den Menstruationszyklus und die Eizellreifung beeinflussen und die Fruchtbarkeit herabsetzen. Manche Patientinnen haben daher Probleme damit, schwanger zu werden. Beim Mann kann eine Schilddrüsenunterfunktion zu einer eingeschränkten Libido und Impotenz führen. Die betroffenen Paare sollten sich an ihren Arzt wenden. Dieser prüft, ob die Dosis der Medikamente richtig eingestellt ist. Sind die Schilddrüsenhormone ausgeglichen, kann das Paar in der Regel ein Kind auf natürlichem Wege bekommen.
Quellen
- S2k-Leitlinie: Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin); Stand: 01.06.2016
- Herold, G.: Innere Medizin; Eigenverlag; Köln; 2020.
- Online-Informationen Berufsverband Deutscher Internisten: www.internisten-im-netz.de; Abruf: 16.08.2021
- Online-Informationen Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: www.endokrinologie.net; Abruf: 16.08.2021
- Online-Informationen Bundesministerium für Gesundheit: gesund.bund.de; Abruf: 16.08.2021
- Online-Informationen Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Österreich: www.gesundheit.gv.at; Abruf: 16.08.2021
- Online-Informationen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: www.gesundheitsinformation.de; Abruf: 16.08.2021