Definition: Was ist Mukoviszidose?
Mukoviszidose ist eine multisystemische Krankheit, trifft den Körper also an vielen Stellen. Die Störung tritt in allen Organen mit exokrinen Drüsen auf. Exokrin sind Drüsen, wenn sie ihre Sekrete nach außen absondern. Besonders betroffen bei Mukoviszidose sind der Darm, die Lunge, Bauchspeicheldrüse und Leber.
Verursacht wird Mukoviszidose durch einen Fehler im Erbgut. Der Gendefekt ist allerdings selten: In Deutschland gibt es etwa 6.000 bis 8.000 erkrankte Personen. Weltweit sind zwischen 70.000 und 100.000 Menschen von der Erbkrankheit betroffen.
Erste Symptome treten oft schon früh auf und die Krankheit wird üblicherweise noch im ersten Lebensjahr diagnostiziert. Dies liegt auch daran, dass Babys inzwischen im Rahmen des Neugeborenen-Screenings auf Mukoviszidose getestet werden. In einigen Fällen zeigen Betroffene erst im Jugendalter Symptome.
Früher galt Mukoviszidose noch als Kinderkrankheit, das hat sich geändert. Denn Fortschritte in der Therapie steigern stetig die Lebenserwartung erkrankter Personen und erhöhen die Häufigkeit, dass sie erwachsen werden. Inzwischen sind über die Hälfte der Menschen mit Mukoviszidose über 18 Jahre alt. Die Lebenserwartung eines Neugeborenen mit der Erbkrankheit liegt – Stand 2020 – bei 55 Jahren. Doch trotz Therapieerfolgen gilt: Mukoviszidose ist nicht heilbar.
Werbung
Ursachen: Was löst Mukoviszidose aus?
Mukoviszidose wird durch eine Veränderung im Erbgut verursacht. Genauer gesagt: durch einen Defekt des CFTR-Gens. Die Abkürzung CFTR steht für Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator.
Fehler im CFTR-Gen
Das CFTR-Gen liegt auf dem langen Arm des Chromosom Nummer sieben und dient als Bauplan dafür, dass Zellen den sogenannten CFTR-Kanal bilden. Bei gesunden Menschen sorgt dieser Kanal dafür, dass Chlorid aus der Zelle weichen kann. Daher wird der CFTR-Kanal auch Chlorid-Kanal genannt. Außerhalb der Zelle verbindet sich Chlorid mit Natrium. Es entsteht Natriumchlorid, besser bekannt als Kochsalz. Nach der Verbindung ist die Salzkonzentration außerhalb der Zelle höher als in der Zelle. Daher strömt Wasser aus der Zelle, um den Unterschied auszugleichen. Dieser Vorgang wird als Osmose bezeichnet und sorgt bei gesunden Menschen etwa für befeuchtete Schleimhäute.
Bei Menschen mit Mukoviszidose ist der CFTR-Kanal gestört oder fehlt ganz. Es kann kaum oder gar kein Chlorid aus den Zellen weichen. Daher ist außerhalb der Zellen auch weniger Salz und, Stichwort Osmose, weniger Wasser strömt aus. Dies hat zur Folge, dass der Flüssigkeitsfilm außerhalb der Zelle trocken und fest wird – und der für Mukoviszidose typische zähe Schleim entsteht.
Vererbung des Gendefekts
Mukoviszidose ist nicht ansteckend. Die Weitergabe des Gendefekts geschieht durch Vererbung: Cystische Fibrose wird autosomal rezessiv vererbt. Autosomal bedeutet, dass der Gendefekt nicht auf dem Geschlechterchromosom liegt. Deshalb erkranken Frauen wie Männer gleich häufig.
Ein rezessiver Erbgang bedeutet, dass es zwei veränderte Erbanlagen – die der Mutter und die des Vaters – braucht, um die Krankheit weiterzugeben. Nur wenn beide Elternteile den Gendefekt an ihr Kind vererben, erkrankt es an Mukoviszidose.
In Deutschland gibt es etwa drei bis vier Millionen Menschen, die sowohl ein gesundes CFTR-Gen als auch ein verändertes in sich tragen. Diese Menschen sind Anlage- oder Merkmalsträger: gesund, aber tragen die Gen-Mutation in sich. Als Mutationen bezeichnet man Veränderungen der DNA, also der Erbinformation.
Wenn zwei Merkmalsträger ein Kind zeugen, vererben Mutter und Vater nach dem Zufallsprinzip je ein CFTR-Gen, entweder das gesunde oder das veränderte. So ergibt sich, dass der Nachwuchs mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 % zwei mutierte Gene erbt und Mukoviszidose hat. Ebenso wahrscheinlich ist, dass das Kind zwei gesunde CFTR-Gene erbt. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % wird das Kind selbst Merkmalsträger – es trägt die Mutation in sich, ohne Folgen für die eigene Gesundheit.
Mukoviszidose: Symptome
Bei Mukoviszidose sind die Körpersekrete verändert: Sie sind zähflüssiger als bei gesunden Menschen. Der zähe Schleim wirkt auf zahlreiche Organe. Besonders häufig betroffen sind Lunge, Bauchspeicheldrüse, Leber, Niere und die Geschlechtsorgane. Die häufigsten Symptome sind:
- Ständiger Husten
- Verdauungsstörungen
- Untergewicht
Welche Organe betroffen und wie ausgeprägt die Symptome sind, kann variieren. Denn auch wenn alle Menschen mit cystischer Fibrose einen Defekt im gleichen Gen haben, sind über 2.000 verschiedene Mutationen im CFTR-Gen bekannt. Daher gibt es viele Ausprägungen der Krankheit.
Symptome der Lunge
Menschen mit Mukoviszidose haben oft Probleme mit der Lunge, denn der zähe Schleim verstopft das Organ. Um die Atemwege zu befreien, husten Betroffene häufig. Chronischer Husten, oft mit Auswurf, und pfeifende Atemgeräusche sind typische Symptome.
Der zähe Schleim macht Patienten auch anfälliger für Infektionen, denn Schadstoffe und Krankheitserreger können nicht mehr gut abtransportiert werden und bleiben in den Atemwegen. Daher sind auch chronische Nasennebenhöhlenentzündungen und wiederholte Lungenentzündungen typisch für die Erbkrankheit. Langfristig zerstören ständige Entzündungen das Lungengewebe, was anhaltende Atemnot zur Folge haben kann. Unter Umständen sind Betroffene auf ständige Sauerstoffzufuhr angewiesen.Symptome des Verdauungstrakts
Auch typisch bei Mukoviszidose sind Probleme mit der Verdauung, denn der zähe Schleim verstopft die Bauchspeicheldrüse und die Leber. So kann Nahrung nicht richtig verarbeitet werden und Nährstoffe aus dem Essen werden schlechter aufgenommen. Es kommt zu Mangelernährung und Untergewicht.
Weitere typische Mukoviszidose-Symptome im Verdauungstrakt sind:
- Bauchschmerzen
- Blähungen
- Verstopfung
- hartnäckiger Durchfall
- übelriechender oder fettiger Stuhl
- Darmverschluss (akuter Notfall)
Symptome des gestörten Salzhaushalts
Mukoviszidose-Patienten haben einen krankhaft gestörten Salzhaushalt: Sie verlieren viel Salz über den Schweiß. Typische Anzeichen dieses erhöhten Salzverlustes sind starker Durst, Kopfschmerzen oder Muskelzittern und Krämpfe. Auch Schwindel und Verwirrtheit können auftreten.Symptome bei Babys und Kindern
Bereits kurz nach der Geburt kann bei Babys mit Mukoviszidose ein akuter Notfall entstehen: Darmverschluss. Der Grund hierfür ist ein zäher und klebriger Stuhl. Ein weiteres Symptom, das die Erbkrankheit schon früh anzeigt, ist sehr salziger Schweiß. Den bemerken Eltern betroffener Kinder manchmal beim Küssen und Schmusen.
Auch wenn ein Baby noch keine Anzeichen hatte, entwickeln Kinder mit Mukoviszidose meist in den ersten Lebensjahren Symptome: Oft sind sie anfälliger für Krankheiten, untergewichtig, kleiner und allgemein weniger belastbar.
Werbung
Mukoviszidose: Verlauf und Lebenserwartung
Alle Menschen mit cystischer Fibrose haben einen Defekt im gleichen Gen, im CFTR-Gen. Doch der Fehler liegt im Detail: Es sind über 2.000 verschiedene Mutationen bekannt, die diese Erbanlage verändern können. Entsprechend viele verschiedenen Ausprägungen der Krankheit gibt es. Jede mit eigenen Folgen für die Gesundheit, jede mit einem individuellen Krankheitsverlauf und jede mit anderen Auswirkungen auf die Lebenserwartung.
Fortschritte in der Therapie steigern stetig die Lebensqualität und -erwartung der Erkrankten, doch Mukoviszidose ist eine unheilbare und tödliche Krankheit. Bis heute ist sie mit verkürzter Lebenszeit verbunden: Die Lebenserwartung eines Neugeborenen mit Mukoviszidose liegt – Stand 2020 – bei 55 Jahren. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Lebenserwartung dieses Geburtenjahrgangs in Deutschland beträgt für neugeborene Mädchen 83,4 Jahre und für Jungen 78,6 Jahre.
Therapie: Wie wird Mukoviszidose behandelt?
Die Mukoviszidose-Behandlung ist vielseitig und richtet sich nach den Bedürfnissen des Patienten. Daher lässt sich auch nicht pauschal beantworten, welcher Arzt der richtige Mediziner für eine Therapie ist. Bei Untergewicht hilft etwa eine andere Fachkraft als bei Atembeschwerden.
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Menschen mit cystischer Fibrose in besonderen Zentren behandelt werden, die sich auf die seltene und komplexe Erkrankung spezialisiert haben. Dort kann ein ganzes Team aus Ärzten, Ernährungstherapeuten, Pflegekräften, Physiotherapeuten und psychosozialen Betreuern weiterhelfen. Laut dem Mukoviszidose e.V. gibt es derzeit über 50 solcher Zentren in Deutschland. Wo Sie diese finden, erfahren Sie etwa auf der Website des Vereins.
Immer von Vorteil ist, wenn eine Therapie möglichst früh und möglichst konsequent erfolgt, denn dann liegt die Lebenserwartung der erkrankten Person oft höher.
Therapie mit Medikamenten
Im Jahr 2012 wurde das erste Medikament für die Mukoviszidose-Therapie zugelassen, inzwischen gibt es vier sogenannte CFTR-Modulatoren (Stand 2021). Diese können bei manchen der rund 2.000 verschiedenen Mutationen im CFTR-Gen die Störung im Salz-Wasser-Haushalt verbessern.
Auch typisch ist, dass Mukoviszidose-Patienten Medikamente einnehmen, die die Verdauung und Nährstoffaufnahme verbessern.
Neben der Einnahme ist auch die Inhalation von Medikamenten ein wichtiger Teil der Therapie von Mukoviszidos. Beim Inhalieren kommen die Wirkstoffe direkt dort an, wo sie wirken sollen – in der Lunge. Dies können zum Beispiel Medikamente sein, die schleimlösend wirken oder die Atemwege erweitern. Auch Antibiotika kann inhaliert werden, etwa bei Lungeninfekten.Physiotherapie
Ein weiterer fester Bestandteil einer Mukoviszidose-Behandlung ist Physiotherapie, auch bekannt als Krankengymnastik. Dabei wird vor allem die Lungenfunktion verbessert: Die Patienten lernen Techniken, mit denen sie den zähen Schleim in der Lunge lockern können.Ernährung
Viele Mukoviszidose-Patienten haben Probleme mit der Verdauung, weshalb eine Ernährungstherapie wichtig ist. Dabei wird eine optimale Ernährung erarbeitet, die zum Beispiel der gestörten Nährstoffaufnahme entgegenwirken kann.
Auch ausreichend Flüssigkeit ist wichtig: Menschen mit cystischer Fibrose verlieren beim Schwitzen oder durch dünnen Stuhlgang viel Salz und Wasser. Deshalb sollten sie viel trinken, am besten mehr als zwei Liter Wasser pro Tag. Bei Bedarf, und nach Absprache mit dem Therapeuten, kann das Wasser mit Salz angereichert werden.
Weitere Mukoviszidose-Therapien
Neben den gängigen Therapien – Medikamente, Physio- und Ernährungstherapie – gibt es noch zahleiche andere Behandlungen, die den Gesundheitszustand eines Mukoviszidose-Patienten verbessern können: Bewegung und Sport bessern etwa die Leistungsfähigkeit. Auch typische Folgeerkrankungen können behandelt werden, etwa Angststörungen, Depressionen, Diabetes, Eisenmangel, Gelenkentzündungen, Lebererkrankungen oder Osteoporose.Wenn die Organe einer betroffenen Person stark geschädigt sind, kann auch eine Transplantation nötig sein. Typischerweise werden bei Menschen mit Mukoviszidose die Lunge, die Leber oder die Bauchspeicheldrüse transplantiert.
Werbung
Diagnose: Wie wird Mukoviszidose erkannt?
Seit 2016 werden alle Babys im Rahmen des Neugeborenen-Screenings auf Mukoviszidose getestet. So können Ärzte die angeborene Krankheit entdecken, noch bevor Symptome auftreten und früh mit einer Therapie beginnen. Beim Screening wird dem Baby ein paar Tage nach der Geburt eine kleine Blutprobe entnommen, meist aus der Ferse. Diese wird anschließend im Labor untersucht.
Aber: Auffällige Blutwerte sind noch keine Diagnose! Nur bei circa einem von fünf auffälligen Screenings bestätigt sich der Verdacht, dass ein Baby Mukoviszidose hat. Falls die Werte eines Neugeborenen auffällig sind, kommt in einem zweiten Schritt immer eine weitere Diagnostik zum Einsatz. Diese eignet sich auch für ältere Kinder mit auffälligen Symptomen.
Bei Verdacht auf Mukoviszidose gilt der Schweißtest als Goldstandard. Dabei wird der Salzgehalt im Schweiß gemessen, denn dieser ist bei Menschen mit cystischer Fibrose erhöht. Der Test ist ungefährlich und schmerzfrei.
Wenn auch mehrere Schweißtests kein eindeutiges Ergebnis bringen, kann ein Gentest durchgeführt werden. Dabei wird im Labor mittels einer Blutprobe das Erbgut untersucht. Ein Gentest kann neben einer Diagnose auch die exakte Veränderung im CFTR-Gen bestimmen. Derzeit sind über 2.000 verschiedene Mutationen im CFTR-Gen gekannt, die Mukoviszidose auslösen können.
Quellen
- S3-Leitlinie: Mukoviszidose bei Kindern in den ersten beiden Lebensjahren, Diagnostik und Therapie (Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e.V. (GPP) und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ)); Stand: 06.03.2020
- Online-Informationen Helmholtz Zentrum München. Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH): www.lungeninformationsdienst.de; Abruf: 20.09.2021
- Online-Informationen Bundesministerium für Bildung und Forschung: www.gesundheitsforschung-bmbf.de; Abruf: 20.09.2021
- Online-Informationen Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin: www.patienten-information.de; Abruf: 20.09.2021
- Online-Informationen Mukoviszidose e.V. – Bundesverband Cystische Fibrose: www.muko.info; Abruf: 20.09.2021
- Pressemeldung Statistisches Bundesamt: Lebenserwartung in Deutschland nahezu unverändert; 09.07.2021