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Hypochondrie

Die Angst vor Krankheiten kennen viele. Diese kann sich zu einem krankhaften Wahn entwickeln. Lesen Sie hier, welche Symptome und Ursachen die Hypochondrie hat und wie die Behandlung aussieht.

Geprüft von Ingrid Müller, Biologin

Veröffentlicht:
Aktualisiert: 2022-05-17T00:00:00+02:00 2022-05-17T00:00:00+02:00

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Inhaltsverzeichnis
Patientin mit einer großen Menge Tabletten und einem Glas Wasser auf dem Tisch vor sich

© Shutterstock

Was ist ein Hypochonder?

Ein Hypochonder ist im allgemeinen Sprachgebrauch ein Mensch, der übertriebene Angst vor ernsthaften Erkrankungen und dem Kranksein hat. Laut Definition beobachten Personen mit Hypochondrie permanent ihren Gesundheitszustand, machen sich große Sorgen um ihre Gesundheit, fürchten sich zwanghaft vor Krankheiten oder bilden sich ein, bereits schwer erkankt zu sein, etwa an Krebs. Fachleute bezeichnen die Hypochondrie auch als hypochondrische Störung.

Ärzte können jedoch bei einem Hypochonder keine körperliche Krankheit nachweisen oder eine körperliche Krankheitdiagnose stellen. Auch wenn die Ängste objektiv unbegründet sind - ein Hypochonder leidet seelisch enorm unter seiner Krankheitsangst und die Lebensqualität ist oft eingeschränkt. Die Hypochondrie ist eine psychische Erkrankung, bei der Sie Hilfe benötigen.

Die Bedeutung des Begriffs Hypochondrie ist in der Gesellschaft oft negativ belegt: Ein Hypochonder gilt als „überdreht“, wehleidig und eingebildeter Kranker. Dies ist problematisch angesichts der Tatsache, dass die Hypochondrie eine psychische Störung ist.

Hypochondrie gehört zu den somatoformen Störungen

Aufgrund ihrer Symptome ähnelt die Hypochondrie oft einer Angst-, Panik- oder Zwangsstörung. Tatsächlich ordnen Mediziner die Hypochondrie in die Gruppe „somatoforme Störungen“ ein. Betroffene kontrollieren ihren Gesundheitszustand permanent, besitzen eine erhöhte Wachsamkeit ihrem Körper gegenüber und empfinden Symptome wie einen beschleunigten Herzschlag als äußert bedrohlich. Sie beschwören Katastrophen herauf und fürchten, in Kürze einen Herzinfarkt zu erleiden.

Menschen, die eine hypochondrische Störung haben,  besitzen oft eine veränderte, verschärfte Körperwahrnehmung: Sie erleben tatsächlich körperliche Symptome, sind also keine Simulanten. Daher  lassen sie sich immer wieder medizinisch untersuchen. Sie tun dies, auch wenn die Untersuchungen keine Krankheiten zu Tage fördern und die Ärzte ihnen versichern, dass sie keine organische Ursache für die Symptome finden können.

Hypochondrie-Formen: Vom Gesundheitsbewusstsein bis zum krankhaften Wahn

Die Hypochondrie  kann verschiedene Formen annehmen:

  • Nosophobie: Betroffene haben generell Angst, krank zu werden. Sie leben besonders gesundheitsbewusst und meiden aus Angst vor ansteckenden Krankheiten Arztpraxen und kranke Menschen.
  • Dysmorphophobie: Patienten glauben, missgebildet, entstellt oder hässlich zu sein.
  • Bromosis: Betroffene Personen sind davon überzeugt, unangenehm zu riechen.
  • Parasitosis: Hypochonder mit dieser Form haben die Vorstellung, von Parasiten befallen zu sein – etwa von Würmern oder Spinnen.

Auch das Ausmaß der Hypochondrie kann sehr verschieden sein. Es reicht vom ausgeprägten Gesundheitsbewusstsein und sehr gesundem Lebensstil bis hin zur festen Überzeugung, schwerst krank zu sein („hypochondrischer Wahn“). Die Wahrscheinlichkeit, an einer ausgeprägten Hypochondrie zu erkranken, ist jedoch gering.  Experten gehen von rund einem Prozent der Allgemeinbevölkerung aus. Meist sind Personen zwischen 30 und 50 Jahren betroffen.

Der Übergang zwischen sehr gesundheitsbewussten Menschen und Hypochondern ist allerdings fließend. Mediziner können nicht immer klar abgrenzen, wer lediglich besorgt um seine Gesundheit ist und wer tatsächlich an Hypochondrie erkrankt ist. Das ausschlaggebende Kriterium ist hier der Leidensdruck des Patienten.

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Hypochondrie: Symptome sind nicht eingebildet

Menschen mit Hypochondrie zeigen meist folgende Symptome:

  • Sie haben Angst vor Krankheiten oder können sich schwere Krankheiten einbilden.
  • Sie sind auf ihren Körper fixiert und deuten Kleinigkeiten als schwerwiegende Krankheit. Leichte Kopfschmerzen sind für sie beispielsweise ein Hinweis auf einen Hirntumor. Verdauungsbeschwerden nach einer deftigen Mahlzeit interpretieren sie als Darmkrebs. Sie stellen also Eigendiagnosen.
  • Wegen der ständigen Angst, krank zu sein, kontrollieren und beobachten Hypochonder-Patienten sich permanent selbst, indem sie zum Beispiel ihren Puls und Blutdruck prüfen oder die Körpertemperatur messen.
  • Die Betroffenen sind davon überzeugt, krank zu sein, obwohl der Arzt keine Ursache finden kann.
  • Sie besuchen häufig Ärzte, um ihre Symptome abklären zu lassen. Wenn Ihr Arzt ihnen sagt, er könne keine organische Ursache finden, akzeptieren sie dies nicht. Sie halten dies für falsch, vertrauen dem medizinischen Befund nicht und glauben weiterhin, krank zu sein. So konsuliertieren sie immer mehr Mediziner - Experten sprechen von "Ärzte-Hopping" oder "Doktor-Shopping". Gleichzeitig schämen sie sich für die vielen Arztbesuche oder haben große Angst davor, dass ein Arzt ihre Selbstdiagnose bestätigt.
  • Hypochondrie-Patienten haben oft Probleme im sozialen und beruflichen Leben.
Hypochondrie kann zusammen mit anderen psychischen Krankheiten auftreten. Experten gehen davon aus, dass rund 40 Prozent der Betroffenen Depressionen haben. Manche leiden auch unter Zwangsstörungen. Die psychische Erkrankung kann die Hypochondrie auslösen, aber auch eine Folge der hypochondrischen Störung sein.

Hypochondrie: Ursachen liegen oft schon in der Kindheit

Die Ursachen der Hypochondrie sind nicht genau bekannt. Hypochonder sind jedoch oft vorsichtige und ängstliche Personen. Es gibt einige Risikofaktoren, die die Entwicklung der hypochondrischen Störung begünstigen können. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Erlebnisse in der Kindheit: Mediziner führen hypochondrische Störungen oft auf die Kindheit zurück. Betroffene haben meist in jungen Jahren schlechte Erfahrungen mit Krankheiten gemacht. Sie waren etwa selbst als Kind schwer krank oder mussten miterleben, wie ein Familienmitglied gegen eine Erkrankung gekämpft hat.
  • Auch der Erziehungsstil kann zur Entwicklung der Hypochondrie beitragen – etwa, wenn die Eltern leichte Symptome des Kindes dramatisieren. Die Kinder machen dadurch die Erfahrung, dass Krankheiten stets schlimm und lebensbedrohlich sind. 
  • Extremer Stress und psychische Belastungen können die Entstehung einer Hypochondrie befördern.

Cyberchondrie: Krank durchs Internet

Hypochonder recherchieren häufig selbst nach möglichen Diagnosen für ihre Beschwerden. Die Suche im Internet kann die Beschwerden wiederum verstärken und neue Symptome auslösen. Mediziner sprechen in diesem Fall von Cyberchondrie. Neben seriösen Informationen finden Laien im Internet auch spekulative Details über Krankheiten – beispielsweise in Blogs oder Foren. Die falschen Informationen können die Betroffenen verunsichern und zusätzliche Ängste auslösen. In der Folge achten Hypochonder noch stärker auf ihre Körpersignale und nehmen mehr Beschwerden wahr.

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Hypochondrie: Behandlung mittels Psychotherapie

Ärzte behandeln Hypochondrie-Patienten in der Regel mit einer Psychotherapie. Es bietet sich vor allem die sogenannte kognitive Verhaltenstherapie (KVT) an. Dabei lernen die Betroffenen, dass Beschwerden wie etwa leichte Kopfschmerzen normal sind und keine schwerwiegenden Erkrankungen bedeuten. Sie können sich so von ihren Gedankenmustern lösen und die Hypochondrie besiegen.

Auch die Biofeedback-Methode kann Hypochondern helfen. Dabei machen Ärzte beispielsweise den Herzschlag auf einem Bildschirm sichtbar. Der Patient kann sehen, dass Gedanken an eine befürchtete Herzkrankheit den Puls beschleunigt. Er lernt, dass die Symptome lediglich durch seine Änsgte und Gefühle entstehen und ungefährlich sind.

Hypochondrie-Behandlung: Unterstützung durch Angehörige und Selbsthilfe

Wie lange die Hypochondrie-Therapie dauert, hängt davon, wie lange die Patienten schon an der hypochondrischen Störung leiden. Wichtig ist außerdem, ob weitere Krankheiten vorliegen, zum Beispiel Depressionen oder Persönlichkeitsstörungen. Für Patienten mit Depressionen ist es beispielsweise sinnvoll, zusätzlich Medikamente (Antidepressiva) einzunehmen.

Ob die Therapie der Hypochondrie erfolgreich ist, hängt auch davon ab, wie stark das soziale Netzwerk des Patienten ist. Angehörige sollten in die Behandlung miteinbezogen werden und den Betroffenen soweit wie möglich unterstützen. Auch eine Gruppentherapie mit anderen Betroffenen ist eine Möglichkeit.

Daneben ist Hilfe zur Selbsthilfe bei Hypochondrie besonders wichtig. Betroffene lernen dabei zum Beispiel Autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Yoga. Die Übungen helfen dabei, Stress abzubauen und unterstützen die Therapie.

Hypochondrie: Diagnose immer beim Arzt

Betroffene suchen häufig im Internet nach einem  einfachen Test, um zu prüfen, ob sie womöglich ein Hypochonder sind. Einen Hypochondrie-Test, der verlässliche Ergebnisse liefert, gibt es jedoch nicht. Er bietet Ihnen bestenfalls einige Anhaltspunkte für eine erste Einschätzung. Suchen Sie immer Ihren Hausarzt auf, wenn Sie den Verdacht haben, unter Hypochondrie zu leiden. Er wird Sie gegebenenfalls an einen Psychologen oder Psychiater weiterleiten.
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Am Anfang steht immer ein ausführliches Gespräch mit Ihrem Arzt. Es liefert ihm schon erste Hinweise darauf, ob Sie eventuell an Hypochondrie erkrankt sind. Ärzte setzen verschiedene strukturierte Fragenbögen als Hypochondrie-Test und Instrumente zur Diagnose ein, zum Beispiel:

  • Illness Attitudes Scales IAS2
  • Whiteley–Index WI3
  • Multidimensional Inventory of Hypochondriacal Traits MIHT

Folgende Merkmale müssen bei einer Hypochondrie erfüllt sein:

  • Seit mindestens sechs Monaten sind Sie davon überzeugt, an einer oder mehreren schweren Krankheiten zu leiden, obwohl der Arzt keine körperliche Ursache feststellen kann.
  • Sie haben bereits viele Ärzte besucht und sich mehrmals auf die gleiche Krankheit untersuchen lassen.
  • Sie leben mit der ständigen Sorge, krank zu sein. Daher kontrollieren Sie Ihren Körper permanent auf Symptome.
  • Sie erleben einen zunehmenden Leidensdruck.
Quellen
  • S3-Leitlinie: Funktionelle Körperbeschwerden (Deutsches Kollegium für Psychosomatische Medizin (DKPM) und Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie e.V. (DGPM) et al.); Stand: Juli 2018
  • Martin A, Witthöft M: Krankheitsangst und Hypochondrie. Aktuelle Entwicklungen in Nosologie, Diagnostik, Modellbildung und Therapie; Psychotherapeut; 2013 DOI: 10.1007/s00278-013-1017-1
  • Karl F: Hypochondrie – Die eingebildete Krankheit; Allgemeine Homöopathische Zeitung; 2013; DOI: 10.1055/s-0032-1314736
  • Online-Informationen Berufsverbände und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland und der Schweiz: www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org; Abruf: 23.09.2019
  • Online-Informationen Berufsverband Deutscher Internisten e.V.: www.internisten-im-netz.de; Abruf: 23.09.2019

 

 

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