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Bulimie (Bulimia nervosa)

Bulimie: Informieren Sie sich hier über Symptome, Folgen, Ursachen und geeignete Therapien der Ess-Brech-Sucht.

Von

Geprüft von Dr. Andrea Bannert, Mikrobiologin, Redaktionsleitung FOCUS-Gesundheit Digital

Veröffentlicht: 2018-11-12T08:57:00+01:00

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Inhaltsverzeichnis
Eine Frau steht gebückt vor einer Toilette und hält die Hand abweisend hoch

© Shutterstock

Bulimie: Folgen

Die Bulimie zählt zu den Essstörungen und ist eine psychische Erkrankung. Unkontrollierte Ess-Attacken und anschließendes Erbrechen, Einnehmen von Abführmitteln oder extreme Sporteinheiten, aus Angst nach der Essattacke zuzunehmen, charakterisieren die Bulimie. Diese Verhaltensweisen belasten den Körper auf Dauer schwer. Die vielfältigen Folgen von Bulimie können auch akut lebensgefährlich sein. Manche Bulimie-Spätfolgen bleiben selbst nach einer erfolgreichen Therapie bestehen.

Bulimie: Folgen für den Körper

Wenn Erkrankte häufig erbrechen oder Abführmittel schlucken, bekommt der Körper zu wenige Vitamine. Oft haben Betroffene deshalb Symptome einer Mangelernährung – mit teils lebensbedrohlichen Folgen.

Außerdem kann der Körper wegen des ständigen Fastens den Stoffwechsel auf Sparflamme stellen und so den Energieverbrauch drastisch reduzieren.

Durch Erbrechen oder Abführen verliert der Körper wichtige Salze (Elektrolyte). Passiert das wie bei der Bulimie regelmäßig, stört das den Elektrolythaushalt – mit gefährlichen Folgen für das Herz. Fehlendes Salz schwächt die Muskeln - auch den des Herzens. Ein starker Mangel an Kalium kann lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen (Kammerflimmern) auslösen. Kaliumverlust verursacht außerdem Verstopfungen.

Bulimie kann auch Folgen für das Gehirn haben: Der Verlust von Natrium löst möglicherweise Flüssigkeitsansammlung im Gehirn aus (Gehirnödem). Sie können das Denkorgan unwiderruflich schädigen, Krampfanfällen verursachen oder sogar tödlich sein.

Neuere Untersuchungen zeigen, dass Bulimie auch von einem starken Verlust an Hirnsubstanz begleitet werden kann. Betroffene können langfristig unter neurologischen Ausfallerscheinungen und einer geringeren geistigen Leistungsfähigkeit leiden.

Ein Mangel an KalziumVitamin D und Östrogen führt als Bulimie-Spätfolge zu Knochenschwund (Osteoporose). Der Östrogenmangel kann außerdem verurachen, dass die Regelblutung ausbleibt.

Kinder oder Jugendliche, die an Bulimie erkranken, entwicklen sich in der Pubertät oft schlechter oder langsamer als Gleichaltrige und wachsen weniger.

Erbrechen und Durchfall verursachen einen starken Flüssigkeitsverlust im Körper. Zu wenig Flüssigkeit kann die Nieren schädigen. Nierenversagen kann die Folge sein.

Bulimie-Erkankte schaufeln innerhalb kürzester Zeit großen Mengen Nahrung in sich hinein. Der Magen kann sich dabei überdehen und Risse in der Magenwand bekommen. In der Folge entzündet sich oft die Magenschleimhaut oder es enteht ein Magengeschwür mit lebensgefährliche Magenblutungen.

Bulimie: Folgen des Erbrechens

Auch der Brechvorgang an sich schädigt den Körper auf unterschiedliche Weise. Beim Würgen werden die Speicheldrüsen stark beansprucht. Entzünden sich in der Folge die Ohrspeicheldrüsen und schwellen an, entstehen die typischen Hamsterbäckchen der Bulimiker.

Der hohe Druck auf Magen und Speiseröhre beim Erbrechen kann Einrisse in der Speiseröhrenwand verursachen. Die sogenannte Refluxkrankheit tritt als Bulimie-Spätfolge auf, wenn der Schließmuskel des Magens durch häufiges Erbrechen geschädigt ist. Dann fließt saurer Mageninhalt in die Speiseröhre. Das kann neben Sodbrennen eine schmerzhafte Entzündung der Schleimhaut verursachen. Der säurehaltige Inhalt des Magens greift beim Kontakt mit den Zähnen den schützenden Zahnschmelz an. Viele Bulimie-Kranke haben deshalb starke Karies.

Wenn sich Bulimiker den Finger oder Gegenstände in den Hals stecken, um den Würgereflex auszulösen, können sie sich dabei selbst verletzen. Durch Bissverletzungen haben Betroffene oft Schwielen oder Narben an den Handknöcheln. Gegenstände im Hals können die Speiseröhre verwunden.

Bulimie: Folgen des Medikamentenmissbrauchs

Genauso schädigend wie Erbrechen ist auch der Missbrauch von Medikamenten. Die oft überdosierte und regelmäßige Einnahme von Abführ- oder harntreibenden Mitteln kann als Spätfolge die Funktion von Nieren und Leber dauerhaft beeinträchtigen. Auch der Darm kann Schaden nehmen. Die Darmbewegungen sind dann träge und zu schwach, um den Stuhl aus dem Darm zu befördern. Eine chronische Entzündung des Darms ist eine mögliche Folge.

Bulimie: psychische Folgen

Die Bulimie geht häufig mit Depressionen und Angsterkrankungen einher. Einige Betroffene leiden dann so sehr unter der Krankheit, dass sie sich das Leben nehmen.

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Bulimie: Ursachen

Bulimie entwickelt sich fast immer aus einem Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren.

Vor allem Frauen sind von der Esstörung betroffen. Rund 90 Prozent der Patienten sind weiblich, nur zehn Prozent sind Männer.

Zudem kommt Bulimie in erster Linie in der westlichen Welt vor. Als eine Ursache wird das westliche Schönheitsideal gesehen. Das idealtypische Gewicht vieler Models liegt im untergewichtigen Bereich.

Psychische Ursachen der Bulimie

Kommen übermäßiger Leistungsdruck, fehlende Anerkennung in der Familie oder von Gleichaltrigen, sozialer Rückzug oder starke Kontrolle durch die Eltern hinzu, steigt das Risiko einer Bulimie. Viele Betroffene haben ein geringes Selbstwertgefühl, Selbstzweifel plagen sie.

Das betrifft häufig nicht nur Figur und Aussehen, sondern auch andere Lebensbereiche wie Schule, Beruf, Partnerschaft und Freundschaften. Die Betroffenen versuchen deshalb, in diesen Bereichen überdurchschnittlich gut zu sein. Gerade die unkontrollierten Essattacken bei einer Bulimie sind häufig von Scham begleitet und verstärken wiederum die Selbstzweifel der Betroffenen. So entsteht ein Teufelskreis aus Selbstzweifeln, Hungern und Ess-Brech-Verhalten, der sich selbst verstärkt.

Viele Bulimiker leiden vor dieser Erkrankung an einer Magersucht. Gerade jüngere Betroffene halten zuerst strenge Dauerdiäten. Das lange Hungern führt zu Unterzuckerungen, die Heißhungerattacken auslösen. Aus Angst vor einer Gewichtszunahme erbrechen sie oder nehmen Abführmittel ein und entwickeln das typische Ess-Brech-Verhaltensmuster der Bulimie.

Bulimie: Mögliche Begleiterkrankungen

Nicht immer ist klar, was Ursache und was Folge der Bulimie ist. So leiden viele Bulimie-Kranke gleichzeitig unter Depressionen. Man geht davon aus, dass das sehr kontrollierte und einschränkende Essverhalten bei Bulimie Depressionen auslösen kann. Dies geschieht aber vor allem dann, wenn die Betroffen auch unabhängig von Bulimie schon ein erhöhtes Risiko für Depressionen haben.

Ähnliches gilt für Angsterkrankungen (Panikstörungen, Zwangsstörungen oder soziale Phobien), die oft mit einer Bulimie einhergehen. Denn Hungern und Diäten - vor allem im jugendlichen Alter - können zu biologischen Entwicklungsstörungen führen. Insbesondere die Funktion des Botenstoffs Serotonin, der im Gehirn sowohl für Stimmungslagen, Kontrolle von Verhaltensweisen als auch Appetit zuständig ist, kann durch frühe Diäten beschädigt werden und später das Risiko einer Bulimie erhöhen.

Viele Betroffene erkennen ihre eigenen Bedürfnisse kaum oder gar nicht. Körpersignale wie Hunger oder Sättigung nehmen sie nur eingeschränkt wahr. Deshalb handeln sie häufig so, wie sie glauben, dass es von ihnen erwartet wird. Sie fühlen sich abhängig von der Meinung anderer. Dadurch baut sich eine große innere Spannung auf, die sich dann in plötzlichen Gefühlsausbrüchen und Essattacken äußern kann. 

Das Risiko, an Bulimie zu erkranken, steigt auch, wenn Familienmitglieder Bulimie, Depressionen, Zwangsstörungen oder andere Suchterkrankungen haben.

Bulimie: Therapie

Die Bulimie kann dem Körper Schäden zufügen, die selbst nach einer erfolgreichen Therapie bestehen bleiben. Je länger die Krankheit andauert, desto größer ist das Risiko solcher irreversibler Folgen. Auch das Risiko eines späteren  Bulimie-Rückfalls steigt mit der Dauer der Erkrankung. Deshalb ist es für Betroffene wichtig, die Bulimie als Krankheit anzuerkennen und zu behandeln.

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Bulimie: Beratung und erste Hilfe

Wenn Betroffene oder Außenstehende Anzeichen einer Bulimie wahrnehmen, dann sind Beratungsstellen eine erste Anlaufstelle für Hilfe. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zeigt auf ihrer Internetseite die Adressen von Beratungsstellen für Esstörungen in ganz Deutschland (www.bzga-essstoerungen.de). Außerdem bietet sie telefonische Beratung an.

Bulimie: kombinierte Therapie

Eine Bulimie hat meist psychische Ursachen, zeigt sich in körperlichen und psychischen Symptomen und kann schwere körperliche Folgen haben. Deshalb sollte die Bulimie-Erkrankung immer mit einer Kombination aus psychotherapeutischer und medizinischer Begleitung behandelt werden. Je nach Schwere der Bulimie kann eine Therapie bis zu mehreren Jahren dauern.

Mithilfe der Behandlung sollen die Patienten den Teufelskreis aus Ess-Brech-Attacken durchbrechen und wieder zu einer normalen und gesunden Ernährung finden. Meist findet die kombinierte Therapie ambulant statt. In schweren Fällen kann auch eine stationäre Aufnahme sinnvoll sein. Manchmal eignet sich eine Kombination aus stationärer und anschließender ambulanter Behandlung.

Die unterschiedlichen Therapiebausteine können in Einzelsitzungen oder in Gruppen stattfinden. Die wichtigsten Voraussetzungen, um die Bulimie zu heilen, sind allerdings der Wille und die Motivation der Betroffenen. Erst wenn sie sich die Krankheit eingestehen und bereit sind, sich behandeln zu lassen, können sie die Bulimie besiegen.

Die Therapie der Essstörung umfasst in der Regel die folgenden drei Aspekte:

  • körperliche Regeneration und Ernährungstherapie
  • Psychotherapie
  • Einbeziehung der Familie

Bulimie: Ernährungstherapie

Obwohl Bulimie-Patienten fast immer die genauen Kalorienzahl einzelner Lebensmittel kennen, wissen sie oft wenig über gesunde Ernährung und normales Essverhalten. Im Rahmen einer Esstherapie und Ernährungsberatung lernen sie, gesunde Mahlzeiten zuzubereiten. Oft verringert schon dieses Wissen die Zahl der Essanfälle.

Bei der Ernährungstherapie analyisert der Ernährungsmediziner auch das bisherige Essverhalten. Er erstellt zusammen mit dem Patienten Essenspläne, mit denen Heißhunger und unkontrollierte Essattacken vermieden werden können.

Bulimie: medizinische Behandlung

Sind die Nieren oder das Herz durch Erbrechen oder den Missbrauch von Abführmitteln beschädigt, ist eine zusätzliche medizinische Behandlung notwendig.

Bulimie: Psychotherapie

Eine psychologische Behandlung ist bei Bulimie unumgänglich. Dazu gehört meist eine Verhaltenstherapie. In der Verhaltenstherapie stärken die Betroffenen vor allem ihr Selbstwertgefühl, verbessern die Wahrnehmung ihrer eigenen Bedürfnisse und reduzieren Selbstzweifel. Sie lernen neue Denkmuster, um im Alltag mit Stress und Leistungsdruck besser umzugehen. Dadurch können sie die typischen Verhaltensmuster der Bulimie durchbrechen.

Zusätzlich kann die Familie in die Therapie mit einbezogen werden, um bestehende Konflikte zu lösen. Auch Elemente aus Kunst-, Musik- oder Bewegungstherapie können in die Behandlung einfließen.

Bulimie: Therapie mit Medikamenten

Als Medikament setzen Ärzte manchmal den Wirkstoff Fluoxetin in der Bulimie-Therapie ein. Fluoxetin steuert im Gehirn die Verarbeitung des Botenstoffs Serotonin und reduziert depressive Stimmungen und die typischen unkontrollierten Verhaltensweisen bei Bulimie.

Nur in seltenen Fällen können Betroffene sich bei einer Bulimie selber heilen. Bei knapp einem Drittel der Erkrankten gehen die Symptome zwar nach einiger Zeit ohne Behandlung zurück. Allerdings erleidet der Großteil wieder einen Rückfall. Es gibt aber erfolgversprechende Therapieansätze, die vor allem auf Selbsthilfe abzielen. Betroffene werden bei dieser Form der Behandlung ebenfalls von Therapeuten angeleitet. Nähere Informationen und Hilfe finden Sie bei Beratungsstellen, Ärzten und Psychotherapeuten.

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Bulimie: Symptome

Die Bulimie zeigt sich in einer Mischung aus psychischen, verhaltensauffälligen und körperlichen Anzeichen. Außenstehende erkennen diese nur schwer, weshalb die Bulimie oft lange übersehen wird.

Das liegt vor allem daran, dass die Betroffenen meistens ein normales Gewicht behalten. Ihre Ess-Brech-Attacken versuchen sie zu verheimlichen. Deshalb planen sie mitunter den Zeitpunkt der Essanfälle regelrecht, um dabei nicht erwischt zu werden. Abführmittel werden versteckt und unbeobachtet eingenommen.

Nach außen wirken Bulimiker bei den Mahlzeiten vor allem diszipliniert. Am ehesten wird die Bulimie von Außenstehenden erkannt, wenn Betroffene bei Essanfällen oder dem anschließenden Erbrechen überrascht werden. Andere Erkrankte nehmen Abführmittel und verstecken große Mengen davon.

Bei einer anderen Form der Bulimie legen die Betroffenen exzessive Sporteinheiten ein, um einer Gewichtszunahme entgegenzuwirken, anstatt sich zu erbrechen oder abzuführen.

Ess-Brech-Attacken treten bei Bulimie mindestens zwei Mal pro Woche und bis zu mehrmals am Tag auf. Zwischen den akuten Attacken fasten Bulimiker oder essen nur gesunde Lebensmittel, die vor allem kalorien- und fettreduziert sind.

Im Gegensatz zur Magersucht ist das Gewicht kein eindeutiges Bulimie-Anzeichen. Während Magersüchtige extrem abnehmen, sind die meisten Bulimiker normal- oder nur leicht untergewichtig. Es gibt auch Betroffene, die übergewichtig sind. Allerdings kontrollieren Bulimiker ständig ihr Gewicht und steigen manchmal mehrmals am Tag auf die Waage.

Ein sichtbares Symptom der Bulimie sind angegriffene Zähne. Die Zähne kommen beim Erbrechen immer wieder mit stark säurehaltigem Mageninhalt in Kontakt. Die Säure bewirkt, dass der Zahnschmelz angegriffen wird. Dadurch kann sich starke Karies an den Zähnen entwickeln.

Häufig haben Bulimiker sogenannte Hamsterbäckchen. Würgen und Erbrechen beansprucht vor allem die Ohrspeicheldrüsen stark. Sie können sich entzünden und anschwellen. So entstehen die bei Bulimie typischen Bäckchen, die an das Gesicht eines Hamsters erinnern.

Der Teufelskreis aus Fasten, Heißhunger und Ess-Brech-Attacken wirkt sich auf unterschiedliche Weise auf den Körper aus. Sehr schnell sind auch Stoffwechsel und Hormonhaushalt betroffen. Ein weiteres Bulimie-Symptom können bei Frauen deshalb Menstruationsstörungen sein. Die Regelblutungen sind dann unregelmäßig oder bleiben ganz aus.

Die Essstörung Bulimie hat zudem Ähnlichkeiten mit anderen Suchterkrankungen. Die Betroffenen kreisen gedanklich ständig um Essen, Aussehen und Abnehmen. Sie empfinden diese zwanghafte Beschäftigung mit Kalorien, Nahrungszusammensetzung und Gewichtskontrolle oft als quälend. Das Gedankenkarussell können sie aber nicht stoppen. Zwischen den unkontrollierten Essanfällen sind die Betroffen oft sehr leistungsorientiert und perfektionistisch.

Betroffene ziehen sich oft zurück und vernachlässigen ihre Interessen. Auch selbstverletzendes Verhalten und starke Stimmungsschwankungen sind mögliche Anzeichen.

Die Bulimie tritt häufig zusammen mit anderen psychischen Erkrankungen auf, z.B. Depressionen, Alkohol-, Drogen- oder andere Suchterkrankungen.

Bulimie: Diagnose

Die Diagnose „Bulimie“ wird dann gestellt, wenn folgende Kriterien zutreffen:

  • unkontrollierte Essanfälle und gegensteuernde Maßnahmen (Erbrechen, Abführmittel, Sport) mindestens zweimal pro Woche
  • das Verhaltensmuster von Essanfällen und Erbrechen, Gebrauch von Abführmitteln oder exzessive Sporteinheiten dauert länger als drei Monate an
  • übertriebene Beschäftigung mit der Kontrolle des Körpergewichts (z.B. mehrfach am Tag wiegen)
  • übertriebene Sorge um Körperform und Gewicht

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Bulimie: Definition

Die Bulimie (Bulimia nervosa) ist eine Essstörung. Bulimie-Kranke verschlingen bei Essattacken zuerst unkontrolliert große Mengen, vor allem an fett- und zuckerreichen Nahrungsmitteln. Gleich nach dem Essanfall empfinden die Betroffenen Ekel, ein schlechtes Gewissen oder Scham. Aus Angst vor einer Gewichtszunahme wollen sie die aufgenommenen Kalorien sofort wieder loswerden und versuchen sich unmittelbar nach der Essattacke zu erbrechen, nehmen Abführmittel ein oder treiben exzessiv Sport.

Zwischen diesen akuten Episoden von unkontrollierten Essanfällen und Gegenmaßnahmen achten Bulimie-Erkrankte übermäßig diszipliniert darauf, was sie zu sich nehmen und meiden alle ungesunden Nahrungsmittel. Fast immer verheimlichen Bulimie-Kranke dieses Verhalten und versuchen, die Essattacken und Gegenmaßnahmen zu verbergen. Außerdem zeigen die Betroffenen häufig keinen auffälligen Gewichtsverlust und wirken nach außen sehr kontrolliert. So bleibt die Bulimie oft lange unerkannt.

Je nach Art der gewählten Gegenmaßnahme zur Kalorienaufnahme definieren sich die Typen von Bulimie:

  • Bulimie mit Erbrechen (Perging-Typ)
  • Bulimie ohne Erbrechen (Nicht-Perging-Typ)
  • atypische Bulimie

Bei allen Typen der Bulimie werden die mehrfach in der Woche auftretenden Ess-Anfälle häufig durch weitere Maßnahmen zur Gewichtsreduktion begleitet. Dazu gehören neben Fasten oder übermäßigem Sport auch der regelmäßige Missbrauch von Medikamenten wie harntreibende Mittel (Diuretika), Appetitzügler und Schilddrüsenhormone. Manche Bulimie-Kranke, die gleichzeitig an Diabetes leiden, dosieren ihr Insulin absichtlich zu gering.

Bulimie mit Erbrechen (Perging-Typ)

Bei der häufigsten Form der Bulimie, dem Purging-Typ, versuchen Betroffene gleich nach dem Essanfall zu erbrechen, indem sie den Brechreiz mit Absicht herbeiführen. Oder sie wollen sich dem Gegessenen mithilfe von Abführmitteln (Laxantien) oder Einläufen schnell wieder entledigen. Diese Form der Bulimie wird auch als Ess-Brech-Sucht bezeichnet.

Bulimie ohne Erbrechen (Nicht-Perging-Typ)

Eine andere Form ist die Bulimie ohne Erbrechen, der sogenannte Nicht-Perging-Typ. Statt sich zu erbrechen oder das Essen abzuführen, legen diese Bulimie-Kranken nach einem Essanfall exzessive Sporteinheiten ein, um der Kalorienzufuhr entgegenzusteuern.

Atypische Bulimie

Es kann vorkommen, dass bei einer Bulimie nicht alle genannten Kriterien für die Diagnose erfüllt sind aber das Gesamtbild trotzdem klinisch relevant ist. Ein Betroffener kann z.B. regelmäßig unter Essanfällen leiden und sich anschließend erbrechen oder Abführmittel missbrauchen, sich aber ansonsten nicht übertrieben um sein Körpergewicht sorgen. Dann leidet der Bulimie-Kranke unter einer atypischen Bulimie.

Bulimie und Magersucht

Vor allem die psychischen Symptome der Bulimie ähneln denen der Magersucht (Anorexia nervosa). Ähnlich wie an Magersucht Erkrankte sorgen sich auch Bulimie-Kranke übertrieben um ihr Gewicht und ihre Körperform. Die eigene Figur wird bei beiden Krankheiten gestört wahrgenommen.

Häufig ist die Magersucht ein Vorläufer der Bulimie. Viele Bulimie-Patienten litten zuvor mehrere Monate oder Jahre an Magersucht.

Oft lassen sich Magersucht und Bulimie nur schwer voneinander abgrenzen. Auch bei der Magersucht kann es zu wiederkehrenden Essattacken kommen. Magersucht-Kranke können danach ebenfalls Gegenmaßnahmen wie Erbrechen, Abführen oder Sport zeigen. Beim Nicht-Perging-Typ der Bulimie erbrechen Betroffene sich hingegen nicht oder nehmen keine abführenden Medikamente ein. Es gibt auch Mischformen beider Krankheiten.

Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal ist deshalb das Gewicht. Im Gegensatz zur Magersucht, bei welcher die Betroffenen massiv an Gewicht verlieren, führt die Bulimie häufig zu keiner auffälligen Gewichtsreduktion und kann selbst bei Übergewicht bestehen. Meistens haben Bulimie-Kranke ein normales Gewicht. Per Definition wird die Diagnose Magersucht bei Erwachsenen unabhängig vom Ess-Brech-Verhalten ab einem BMI von 17,5 oder niedriger gestellt.

Quellen
  • S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie bei Essstörungen (Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie et al.); Stand: 2010
  • Online-Informationen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: www.bzga-essstoerungen.de; Abruf: 23.10.2018
  • Online-Informationen Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information; Abruf: 21.10.2018
  • Online-Informationen Berufsverbände und Fachgesellschaften für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien: www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org; Abruf: 21.10.2018
  • Online-Informationen Österreichische Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie: https://oegpb.at; Abruf: 23.10.2018
  • Online-Informationen Pschyrembel: www.pschyrembel.de; Abruf: 21.10.2018

 

 

 

 

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