Hantavirus: Übertragung
Anstecken können Sie sich, wenn Sie mit virushaltigem Speichel, Urin oder Kot der Nagetiere Kontakt haben. Sie müssen also nicht direkt mit den Mäusen oder Ratten in Berührung kommen. Die Erreger können sogar mehrere Tage in der Umwelt überleben – auch in getrocknetem Zustand, dabei bleibt das Hantavirus ansteckend.
Es gibt mehrere Wege der Übertragung beim Hantavirus:
- Einatmen (Inhalation) virushaltiger Teilchen, etwa wenn Staub aufgewirbelt wird und Sie virushaltige Aerosole einatmen. Das Hantavirus tritt dann über die Lunge in den menschlichen Körper ein.
- Biss eines infizierten Nagetiers und Kontakt mit infektiösem Speichel
- Kleinere Hautverletzungen, etwa wenn Sie sich bei der Gartenarbeit verletzt haben und mit virushaltiger Erde oder Staub in Kontakt kommen.
- Konsum verunreinigter Lebensmittel, an denen Hantaviren haften – die Erreger gelangen dann über den Verdauungstrakt in den Körper.
Bei jenem Hantavirus, das in Europa zirkuliert, ist eine Übertragung von Mensch zu Mensch vermutlich nicht möglich. Nur bei dem hochansteckenden, in Südamerika vorkommenden Andesvirus (ANDV) gibt es Hinweise auf eine Übertragung zwischen Menschen. Über Haustiere wie Hund oder Katze sowie über Mücken oder Zecken können Hantaviren wahrscheinlich ebenfalls nicht übertragen werden.
Die Inkubationszeit beim Hantavirus beträgt meist zwei bis vier Wochen, also der Zeitraum zwischen der Ansteckung und dem Ausbruch der ersten Symptome. Manchmal schwankt die Inkubationszeit auch zwischen fünf und 60 Tagen.
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Hantavirus-Infektion: Symptome und Verlauf
In vielen Fällen verursacht das Hantavirus keine Symptome und ein Mensch bemerkt die Infektion überhaupt nicht. Manchmal sind die Beschwerden auch nur mild ausgeprägt und unspezifisch. Betroffene gehen nicht in die Arztpraxis und erhalten somit auch keine Diagnose. Ärzte vermuten daher, dass die Dunkelziffer hoch ist.
Hantavirus-Erkrankungen, die Symptome auslösen, fassen Ärzte unter dem Begriff "Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom" (HFRS) zusammen. Die Symptome und der Verlauf der Hantavirus-Infektion hängen davon ab, welcher Virustyp am Werk ist. Das Hantavirus ist also unterschiedlich gefährlich. Manche Hantaviren rufen sehr schwere Krankheitsbilder hervor. Eine Infektion mit den in Deutschland zirkulierenden Virentypen sorgt in der Regel für einen leichten Verlauf des HRFS. Meist lassen sich zwei Phasen unterscheiden.Folgende Anzeichen deuten auf eine Infektion mit dem Hantavirus hin:
- Fieber über 38°C – es setzt schlagartig ein und dauert etwa drei bis vier Tage
- Schüttelfrost
- kolikartige Bauchschmerzen – meist auf einer Seite
- Übelkeit und Erbrechen, Durchfall
- Kopfschmerzen und steifer Nacken
- Muskel-, Glieder- und Rückenschmerzen
- Schwindelgefühle
- Sehstörungen, erhöhte Lichtempfindlichkeit
- Geröteter Rachen, Husten
- Einblutungen in die Bindehaut
- selten: kleine Blutungen in Haut und Schleimhäuten (Petechien), Nasenbluten, Hautrötung (kein Ausschlag) der oberen Körperhälfte
Später können weitere Symptome hinzukommen:
- Herz-Kreislauf-Störungen und akuter Blutdruckabfall – bis hin zum Schock
- Lunge: Husten, Kurzatmigkeit
- Nierenentzündung und vorübergehend eingeschränkte Nierenfunktion – nur selten kommt es zum akuten Nierenversagen
Die in Mitteleuropa vorkommenden Hantavirus-Typen führen nur selten zu Erkrankungsbildern bei denen das Herz oder die Lunge beteiligt ist. Auch deutlich sichtbare äußere Blutungen sind selten. Der Verlauf der Infektion ist hierzulande meist mild. In der Regel heilt die Hantavirus-Infektion ohne Komplikationen und Folgen wieder aus. Nur sehr selten kommen Todesfälle vor. Die Sterblichkeit liegt unter 0,1 Prozent.
Beim Verdacht auf eine Hantavirus-Infektion wenden Sie sich an Ihre Arztpraxis oder das Gesundheitsamt. Die Infektion mit dem Hantavirus oder der Verdacht darauf ist meldepflichtig nach dem Infektionsschutzgesetz.
Wer die Hantavirus-Infektion überstanden hat, besitzt wahrscheinlich eine lebenslange Immunität gegenüber dem Virustyp, mit dem er sich angesteckt hat.
Hantavirus-Infektion: Diagnose
Die Diagnose einer Hantavirus-Infektion beginnt mit dem Gespräch zu Ihrer Krankengeschichte, der Anamnese. Für Ärzte sind zum Beispiel folgende Fragen hilfreich:
- Welche Symptome haben Sie?
- Wann haben Sie die Symptome erstmals bemerkt?
- Wie intensiv sind die Beschwerden ausgeprägt?
- Haben sie schlagartig begonnen oder sich nach und nach entwickelt?
- Wo sind die Symptome lokalisiert?
- Hatten Sie Kontakt mit Nagetieren oder deren Ausscheidungen?
- Sind Sie kürzlich auf Reisen in einem anderen Land gewesen?
- Sind Grunderkrankungen bei Ihnen bekannt?
Ihre Antworten liefern schon erste Anhaltspunkte, was der Grund für Ihre Beschwerden sein könnte. Dann folgt meist eine körperliche Untersuchung. Der Arzt tastet den Körper ab und achtet auf eventuelle Veränderungen.
Die finale Diagnose „Hantavirus-Infektion“ lässt sich durch ein Blutbild stellen. Ärzte bestimmen aus dem Blutserum die IgM- und IgG-Antikörper – diese Abwehrstoffe bildet das Immunsystem beim Kontakt mit dem Virus. Direkt lässt sich der Erreger über sein Erbgut nachweisen, mit Hilfe der sogenannten Polymerasekettenreaktion (engl. Polymerase Chain Reaction = PCR). Mit diesem „Hantavirus-Test“ ist auch eine Bestimmung des jeweiligen Virustyps möglich.
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Hantavirus-Infektion: Therapie
Es gibt keine Therapie, die gezielt und spezifisch gegen Hantaviren wirkt. Ärzte behandeln daher nur die Symptome und lindern sie, etwa durch fiebersenkende und schmerzlindernde Wirkstoffe wie Paracetamol. Bei einzelnen Patienten soll die frühzeitige Therapie mit dem antiviralen Wirkstoff Ribavirin Erfolge gezeigt haben. Die Wirksamkeit ist jedoch nicht wissenschaftlich nachgewiesen.
Verläuft die Erkrankung schwer, müssen Ärzte ihre Patienten manchmal auf der Intensivstation behandeln, um Blutungen zu stillen und den Kreislauf zu stabilisieren. Bei einem Nierenversagen kann eine Blutwäsche (Dialyse) nötig sein. Ist die Lunge betroffen, wird manchmal eine künstliche Beatmung notwendig. In schweren Fällen haben Ärzte bei Lungenpatienten den Wirkstoff Icatibant mit Erfolg eingesetzt – allerdings ist das Medikament für diesen Anwendungsfall nicht zugelassen („off label use“).Hantavirus-Infektion: Langzeitfolgen sind selten
Eine Infektion mit dem Hantavirus verursacht in der Regel keine Langzeitfolgen. In den meisten Fällen verläuft die Erkrankung mild und heilt ohne Komplikationen wieder aus. Manchmal entwickelt sich jedoch eine sehr ernste und schwerwiegende Krankheit, die sogar lebensbedrohlich werden kann. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Nieren, die Lunge oder das Herz angegriffen sind. Die Organe können versagen, dann ist das Hantavirus tödlich. Allerdings kommt dies in Deutschland nur sehr selten vor und die Sterblichkeit ist gering.
Hantavirus-Infektion: Impfung
Eine Hantavirus-Impfung gibt es bis jetzt noch nicht. Es sind aber Maßnahmen bekannt, mit denen Sie sich vor einer Hantavirus-Infektion schützen können. Einige Tipps:
- Achten Sie darauf, nicht mit den Ausscheidungen von Nagetieren in Kontakt zu kommen. Für die in Deutschland kursierenden Virustypen sind Rötel- und Brandmäuse das Reservoir.
- Bekämpfen Sie Nagetiere, die sich in Ihrem Wohnumfeld eingerichtet haben, etwa im Keller, Schuppen oder auf dem Dachboden.
- Achten Sie auf ausreichende Hygienemaßnahmen, zum Beispiel regelmäßiges Händewaschen.
- Bewahren Sie Lebensmittel so auf, dass sie Nagetiere nicht anlocken. Verschließen Sie Nahrungsmittel fest (in Boxen) und lagern Sie diese so, dass die Nager nicht an sie herankommen. Auch Tierfutter sollten Sie fest verschließen.
- Entsorgen Sie Abfälle in verschließbaren Mülleimern. Essensreste und tierische Abfälle gehören nicht auf den Hauskompost.
- Beseitigen Sie Sperrmüll und anderen Abfall, die als Nistplätze für Mäuse und Ratten dienen könnten.
- Achten Sie auf entsprechende Schutzmaßnahmen, wenn Sie mit toten Nagetieren hantieren müssen. Tragen Sie Handschuhe und Atemschutzmaske (FFP3). Tote Tiere benetzen Sie vor der Entsorgung mit einem Reinigungsmittel, dann in einer Plastiktüte verschließen und in den Hausmüll geben.
- Schützen Sie sich auch beim Aufenthalt in Räumen, die von Mäusen verunreinigt sind. Befeuchten Sie die Räume, um das Aufwirbeln von Stäuben zu verhindern, die sie anschließend einatmen könnten. Tragen Sie zudem Handschuhe und Atemschutzmaske.
Die Gefahr für eine Hantavirus-Infektion ist in Deutschland in ländlichen Gebieten höher als in den Städten. Auch ist das Ansteckungsrisiko in einigen Teilen Deutschlands besonders groß. Zu diesen Gebieten gehören zum Beispiel die Schwäbische und Fränkische Alb, Unterfranken, der Odenwald oder Oberschwaben.
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Was ist das Hantavirus?
Hantaviren sind überall auf der Welt verbreitet. Seinen Namen hat das Hantavirus vom koreanischen Fluss Hantan-gang. Während des Koreakriegs zu Beginn der 50er-Jahre erkrankten Tausende Soldaten an einem schweren Fieber, das mit inneren und äußeren Blutungen einherging (hämorrhagisches Fieber). Erstmals isolierten Forscher das Hantavirus im Jahr 1977. Hantaviren gehören zur Familie der Hantaviridae. Die bekanntesten Typen von Hantaviren sind:
- Puumalavirus (PUUV) – zu finden ist es in den Balkanländern, Mitteleuropa (Deutschland) und im europäischen Teil Russlands. In Nord- und Westeuropa kommt fast ausschließlich PUUV vor. Reservoir: Rötelmaus
- Dobrava-Belgrad-Virus (DOBV) – dieser Typ kommt wie PUUV in den Balkanländern, Mitteleuropa (Deutschland) und im europäischen Teil Russlands vor. Reservoir: Brandmaus, Gelbhalsmaus, Schwarzmeerwaldmaus
- Hantaanvirus (HTNV) – es kommt nur im asiatischen Teil Russlands, in China und auf der koreanischen Halbinsel vor. Reservoir: Brandmaus
- Seoulvirus (SEOV) – ist vermutlich weltweit verbreitet, aber das tatsächliche Vorkommen ist unbekannt. Reservoir: Wanderratte.
- Sin-Nombre-Virus (SNV) – kommt besonders in Nordamerika vor. Reservoir: Hirschmaus
- Andesvirus (ANDV) – ist vor allem in Südamerika verbreitet. Reservoir: Reisratte
Quellen
- Online-Informationen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): www.infektionsschutz.de; Abruf: 15.03.2021
- Online-Informationen Friedrich-Loeffler-Institut (FLI): www.fli.de; Abruf: 15.03.2021
- Online Informationen Robert Koch-Institut: www.rki.de; Abruf: 15.03.2021
- Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL): www.lgl.bayern.de; Abruf: 15.03.2021