Zwischen 60 und 80 Mal pro Minute schlägt unser Herz tagsüber normalerweise pro Minute. Bei körperlicher oder emotionaler Belastung steigt die Herzfrequenz auf 160 bis 180 Schläge pro Minute an, um mehr Blut und Sauerstoff durch den Körper zu pumpen. In Ruhe fällt sie wieder – und nachts sinkt sie auch mal auf 45 bis 55 Schläge pro Minute ab.
Schlägt das Herz dauerhaft mit weniger als 50 Schlägen pro Minute (Bradykardie), kann das negative Folgen haben. Lesen Sie hier, wie und an welchen Symptomen Sie einen verlangsamten Herzschlag erkennen, was die Bradykardie verursacht, welche Folgen drohen, wie sie diagnostiziert wird und welche Therapie hilft.
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Bradykardie: Definition
Ist eine niedrige Herzfrequenz gefährlich?
Nicht unbedingt. Tritt eine Bradykardie nachts auf, ist das zum Beispiel nicht ungewöhnlich. Im Schlaf senkt unser Körper die Herzfrequenz ab. Auch Leistungs- und Ausdauersportler haben oft eine niedrige Herzfrequenz. Das ist kein Problem, weil ihr gut trainiertes Herz ein hohes Schlagvolumen hat. Es braucht weniger Schläge, um den Organismus mit Sauerstoff zu versorgen. Hier ist die Bradykardie also eher ein gutes Zeichen.
Anders sieht das bei Untrainierten aus. Ist ihre Herzfrequenz zu niedrig, kann das gefährlich werden. Schlägt ihr Herz beständig zu langsam, zirkuliert weniger Blut durch den Körper und es mangelt den Organen an Sauerstoff und Nährstoffen.
Mögliche Symptome der Bradykardie:
- Betroffene fühlen sich schnell schwindelig
- sind erschöpft
- leiden unter Atemnot
- werden sogar kurz bewusstlos
Der Übergang zwischen normal und krankhaft ist fließend. Ob eine Bradykardie harmlos, gefährlich oder lebensbedrohlich ist, sollte immer ein Arzt nach einer gründlichen Untersuchung des Betroffenen einschätzen.
Wie kommt es zur Bradykardie?
Die Herzrhythmusstörung Bradykardie entsteht, wenn das Erregungsleitungssystem des Herzens gestört ist. Ursache kann zum Beispiel eine Fehlfunktion des Sinusknotens – dem Taktgeber des Herzens – am rechten Herzvorhof sein (auch Sick-Sinus-Syndrom genannt). Von hier aus breiten sich die elektrischen Signale normalerweise über den Atrioventrikulären Knoten (AV-Knoten) gleichmäßig über den Herzmuskel aus: er kontrahiert. Daraufhin pumpt das Herz das Blut kontinuierlich durchs gesamte Gefäßsystem.
- Werden zu wenig elektrische Impulse für den Herzschlag gebildet oder ist deren Weiterleitung gestört, kommt es zur Sinusbradykardie. Die Herzfrequenz Betroffener steigt nicht angemessen an und ihr Körper wird nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Deshalb fühlen sich Menschen mit Sinusbradykardie schon bei geringster Anstrengung kraftlos und kurzatmig.
- Die Tachykardie ist das Gegenteil des zu langsamen Herzschlags: ein zu schneller Herzschlag. Ärzte sprechen davon bei mehr als 100 Schlägen pro Minute, obwohl der Betroffene sich nicht anstrengt, sondern in Ruhe ist. Beim Bradykardie-Tachykardie-Syndrom wechseln sich die zu langsame und zu schnelle Herzfrequenz ab.
- Auch eine Blockade zwischen Vorhof und Herzkammer kann eine Bradykardie verursachen. Fällt der Sinusknoten ganz aus, übernehmen andere Herzareale die Funktion des Taktgebers (z.B. der AV-Knoten). Er sendet als Herzschrittmacher weniger Impulse aus. Ein langsamer Herzschlag ist die Folge.
Besteht der Verdacht auf eine der Herzrhythmusstörungen, sollte ein Arzt abklären, was dahintersteckt.
Was ist eine relative Bradykardie?
Erhöht sich unsere Körperkerntemperatur um ein Grad Celsius, steigt normalerweise die Stoffwechselaktivität an und die Pulsfrequenz erhöht sich um etwa acht Schläge pro Minute. Falls die Herzfrequenz trotz Fieber nicht zunimmt und der Herzschlag im Verhältnis zur Temperatur zu niedrig ist, bezeichnen Mediziner das als relative Bradykardie. Sie kommt bei Infektionskrankheiten wie Typhus, der Legionärskrankheit oder Dengue Fieber vor.Werbung
Bradykardie: Ursachen
Herzrhythmusstörungen sind meist die Folge von Herzkrankheiten oder anderen Faktoren, die das Herz aus dem Takt bringen.
Ursache eines verlangsamten Herzschlags können folgende Erkrankungen des Herzens sein:
- koronare Herzkrankheiten
- Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
- Erkrankungen des Herzmuskels (Kardiomyopathie)
- Herzmuskelentzündungen (Myokarditis)
Manchmal rufen auch andere Ursachen eine Bradykardie hervor:
- Stoffwechselstörungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion
- Störungen des Elektrolythaushaltes (Kaliummangel, Magnesiummangel)
- Schlafmangel und Unterkühlung
- Medikamente: So kann eine Bradykardie durch Betablocker, Digitalispräparate oder Rhythmusmedikamente ausgelöst werden.
- Auch hoher Alkohol-, Drogen- oder Nikotinkonsum begünstigt das Problem.
Zu bradykardem Vorhofflattern oder -flimmern kann es kommen, wenn der AV-Knoten gestört ist. Über den Atrioventrikulären Knoten breiten sich die elektrischen Signale normalerweise gleichmäßig über den Herzmuskel aus: er kontrahiert und das Herz pumpt das Blut kontinuierlich durchs Gefäßsystem. Gewöhnlich funktioniert er wie ein Filter, damit die Erregungen nicht zu rasch vom Vorhof auf die Kammer übergeleitet werden, wenn wir uns sehr anstrengen. Lässt der AV-Knoten krankheitsbedingt nur noch jede dritte bis fünfte Erregung vom Vorhof an die Herzkammer durch, kommt es jedoch zum bradykarden Vorhofflattern. Die Kammerfrequenz sinkt ab, obwohl die Vorhoferregung sehr schnell ist (von 240 bis 340 Schlägen pro Minute).
Beim bradykarden Vorhofflimmern (ab einer Vorhoffrequenz von 340 Schlägen pro Minute in unregelmäßigem Rhythmus) flimmern die Vorhöfe, die Kammern dagegen verfolgen durch die ausbleibenden Impulse einen langsamen Takt. Fällt die Frequenz unter 40 Schläge pro Minute ab, kommt es zu den typischen Symptomen einer Unterversorgung des Körpers und des Gehirns mit Sauerstoff.
Kardiologen nutzen bei der Beschreibung des Vorhofflimmerns mitunter das Bild des Herzens als Automotor. Es gleicht hier vielen Fehlzündungen, von denen nur manche den Motor zum Laufen bringen – also das Herz dazu, sich zusammenzuziehen.
Bradykardie: Symptome
Oftmals verursacht eine Bradykardie keine oder nur geringe Symptome. Menschen mit verlangsamtem Herzschlag können vollkommen beschwerdefrei bleiben. Vor allem (Leistungs-)Sportler sind an den niedrigen Ruhepuls gewohnt und fühlen sich gut damit, weil ihr Körper trotzdem optimal versorgt wird.
Arbeitet das Herz bei Untrainierten sehr langsam (unter 40 Schläge pro Minute), können sich Betroffene jedoch spürbar weniger leistungsfähig fühlen. Der Grund: Fällt die Herzfrequenz so stark herab, dass nicht mehr genug Blut durch den Körperkreislauf gepumpt wird, fehlen dem Organismus Sauerstoff und Nährstoffe.
Zusammengefasst können folgende Symptome Anzeichen für eine Bradykardie sein:
- Sie fühlen sich allgemein unwohl, antriebslos und Ihnen wird öfter übel.
- Sie sind spürbar weniger belastbar. Schon bei geringer Anstrengung kommen Sie außer Atem und es ist Ihnen vielleicht etwas schwindelig.
- Möglicherweise haben Sie Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder es treten durch eine verminderte Augendurchblutung Sehstörungen auf.
- Auch Nervosität und Ängste können Folge einer niedrigen Herzfrequenz und mangelnder Versorgung sein.
- Leidet bei unter 30 bis 40 Herzschlägen pro Minute die Sauerstoffversorgung des Gehirns, können Betroffene bewusstlos werden beziehungsweise in Ohnmacht fallen.
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Bradykardie: Diagnose
Ob das Herz zu langsam schlägt, können Sie selbst prüfen, wenn Sie sich entspannt hinsetzen und eine Minute lang Ihren Puls zählen. Sind es weniger als 50 bis 60 Schläge, kann das auf eine Bradykardie hindeuten.
Viele Herzrhythmusstörungen sind kein Grund zur Sorge. Trotzdem sollten Sie bei Verdacht auf eine Bradykardie Ihren Arzt aufsuchen, damit er eine Diagnose stellen und ergründen kann, ob eine Therapie nötig ist. Insbesondere, sobald Symptome dazukommen. Wenn Sie sich also oft schwindelig fühlen oder bei Belastung kurzatmig werden.
Der Mediziner wird sich für eine Diagnosestellung zuerst mit Ihnen unterhalten. Er erkundigt sich nach Grunderkrankungen (vor allem des Herzens) und fragt nach Medikamenten und frei verkäuflichen pflanzlichen Mitteln, die Sie einnehmen. Schildern Sie genau, was Sie in die Praxis führt – und warum Sie an die Diagnose Bradykardie denken.
Gut vorbereitet ist, wer sich über folgende Fragen Gedanken macht:
- Unter welchen Beschwerden leiden Sie?
- Wie oft, wie lange und in welchen Situationen treten sie auf?
- Haben die Häufigkeit und/oder die Dauer der Beschwerden zugenommen?
Anschließend wird Sie der Mediziner Ihres Vertrauens körperlich untersuchen. Er misst den Puls und hört sich die Herztöne an. Nimmt er Blut ab, lassen sich bestimmte Stoffwechselerkrankungen ausschließen (zum Beispiel eine Schilddrüsenunterfunktion).
Um eine Bradykardie zu diagnostizieren, kann der Hausarzt oder Kardiologe mit einem Ruhe-EKG (Elektrokardiogramm) die Herzströme aufzeichnen. So erkennt er eine langsame Herzfrequenz und kann nach Ursachen für die Bradykardie fahnden.
Weil es sein kann, dass die Störung nur ab und zu oder allein bei körperlicher Anstrengung auftritt, macht der Mediziner gegebenenfalls ein Langzeit-EKG, das den Herzrhythmus über 24 Stunden aufzeichnet. Es zeigt, wie sich das Herz im Tagesverlauf verhält.
Auch Belastungstests (Spiroergometrie) kommen in Frage, um die Herzfrequenz und den Herzrhythmus anzuschauen, wenn Sie sich anstrengen.
In manchen Fällen kommt eine elektrophysiologische Untersuchung (EPU) des Herzens dazu. Mit dieser speziellen Herzkatheter-Untersuchung bestimmt der Arzt die Art und Ursache der Herzrhythmusstörungen. Bei Verdacht auf eine Herzerkrankung kommen zudem ein Ultraschall des Herzens (Echokardiografie) oder ein Kardio-MRT oder -CT infrage.Bradykardie: Therapie
Ob und wie der Kardiologe eine Bradykardie behandelt, hängt von ihrer Ursache und dem Schweregrad ab. Ein verlangsamter Herzschlag, der keine Beschwerden verursacht, muss nicht immer gleich therapiert werden. In leichten Fällen können Hausmittel wie
- Kaffee
- Bewegung
- Wechselduschen
den Blutkreislauf anregen und den Puls steigern.
Vor einer Therapie muss der Arzt den Auslöser identifizieren. Verursachen Medikamente wie Betablocker eine Bradykardie, passt der verschreibende Arzt die Behandlung an oder setzt das Medikament ab. Auch Stoffwechselerkrankungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion können zu einem verlangsamten Herzschlag führen. Hier gilt es, die Grunderkrankung zu behandeln.
Fällt der Herzschlag dauerhaft auf 40 Schläge pro Minute ab und kommen alltagseinschränkende Bradykardie-Symptome wie Schwindel hinzu, macht eine Behandlung Sinn. Der betreuende Mediziner kann frequenzanhebende Medikamente (zum Beispiel Atropin) verschreiben oder einen Herzschrittmacher implantieren, der dem Herz wieder einen regelmäßigen Rhythmus vorgibt. Ohne Behandlung einer Bradykardie mit Symptomen drohen eine Herzinsuffizienz und Organschäden.Gut zu wissen: Bei Bradykardie Medikamenten braucht es oft Geduld, bis das richtige Mittel und die richtige Dosierung gefunden sind.
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Bradykardie und Sport
Bei Leistungssportlern ist ein verlangsamter Herzschlag in Ruhepausen eine Folge des Trainings und in der Regel unproblematisch. Treten Unterversorgungs-Symptome der Bradykardie auf, sollte aber auch ein gut trainierter Mensch diese vom Arzt abklären lassen.
Bradykardie: Folgen
Nicht jede Bradykardie wird sofort bemerkt. Treten in Folge Symptome wie Schwindel, Leistungsschwäche, Atemnot oder sogar Ohnmachtsanfälle auf, besteht allerdings Handlungsbedarf. Unbehandelt können Herzrhythmusstörungen eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) und – sehr selten – einen plötzlichen Herztod auslösen.
Wie kann ich einer Bradykardie vorbeugen?
Dem Herz zuliebe gilt generell: Genug Bewegung, ausreichend Schlaf, eine ausgewogene, gern mediterrane und vorwiegend pflanzliche Ernährung, der Verzicht auf Zigaretten und zu viel Alkohol sowie ein Gleichgewicht zwischen Belastung und Entspannung ist der Schlüssel zu einem gesünderen Leben.
Quellen
- Online-Informationen Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie und angeborene Herzfehler: www.dgpk.org; Abruf: 20.10.2020
- Online-Informationen Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.: www.dgk.org; Abruf: 20.10.2020
- Online-Informationen Verein zur Förderung der
Sportmedizin Hannover e.V.: www.germanjournalsportsmedicine.com; Abruf: 20.10.2020 - Online-Informationen Deutsche Herzstiftung e.V.: www.herzstiftung.de; Abruf: 20.10.2020