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Penicillinallergie

Penicillinallergie: Die typischen Symptome einer echten Penicillinallergie und welche Antibiotika alternativ geeignet sind.

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Inhaltsverzeichnis
Spritze, Tabletten und drei Medizinflaschen vor blauem Hintergrund

© Shutterstock

Was ist eine Penicillinallergie?

Viele Menschen vermuten, allergisch gegen Penicillin zu sein. Zwar gehören Allergien gegen Penicillin zu den häufigsten Arzneimittelallergien. Das Antibiotikum – immer noch eines der wirksamsten – ist allerdings ziemlich gut verträglich. Allergische Reaktionen auf Penicillin sind ausgesprochen selten und werden oft fälschlicherweise angenommen. Beispielsweise meint jeder Zehnte in den USA, er leide unter einer Penicillinallergie. Untersuchungen ergaben jedoch, dass bei 90 Prozent dieser vermeintlich Betroffenen gar keine Penicillinallergie besteht.

Weil sie allergische Symptome, die eigentlich etwas anderes ausgelöst hat, dem Penicillin zuschreiben, glauben viele Menschen, sie seien überempfindlich. Andere haben von ihren Eltern gehört, sie hätten eine Penicillinallergie – ohne, dass das je genau überprüft wurde. Und wieder andere verwechseln die Nebenwirkungen einer Antibiotikaeinnahme mit einer Allergie gegen das Mittel und meinen fortan, sie seien allergisch.

Die Folgen fälschlicherweise angenommener Penicillinallergien sind gravierend: Unkritische Ärzte verschreiben Patienten, die eine Penicillinallergie angeben, aus Sicherheitsgründen alternative Antibiotika, die aber meist schlechter wirken und das Risiko für Antibiotika-Resistenzen erhöhen. Kritische Mediziner fordern deshalb, dass eine behauptete Penicillinallergie immer zuerst abzuklären ist, bevor alternative Mittel zum Einsatz kommen. Stellt sich dann wirklich eine Allergie heraus, bekommen Betroffene natürlich ein alternatives Medikament.

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Kreuzallergien – allergische Reaktionen auf ähnliche Allergene, zum Beispiel gegen Birkenpollen und zugleich gegen bestimmte Obstsorten – können bei einer Penicillinallergie auch vorkommen, sind jedoch selten. Wer wirklich eine Penicillinallergie hat, der reagiert meist auch auf eine bestimmte Antibiotika-Gruppe, die sogenannten Beta-Laktam-Antibiotika allergisch, etwa auf Cephalosporine, Monobaktame und Carbapeneme. Alle drei Klassen kommen also bei bakteriellen Infektionen als Alternative nicht infrage. In Studien stellte sich heraus, dass 75 Prozent der Patienten mit vermeintlicher Penicillinallergie die anderen Beta-Laktam-Antibiotika vertragen – also vermutlich auch gar keine Penicillinallergie haben.
Coumputerillustration des Schimmelpilzes Penicillium

© Mauritius Images

Computerillustration des Pilzes Penicillium ( von lateinisch penicillus "Pinsel"). Die Pilze werden als Pinselschimmel bezeichnet, weil ihre Sporenbündel wie Pinsel aussehen. Der Pinselschimmel besteht aus einem stark verzweigten Netz dieser Sporenbündel, die als Fortpflanzugnseinheiten dienen. Aus Penicillium-Pilzen wird das Antibiotikum Penicillin hergestellt.

Penicillinallergie: Warum die Alternativen problematisch sind

Besteht bei einem Patienten tatsächlich eine Überempfindlichkeit gegen Penicillin, muss der Arzt zur Therapie der Grunderkrankung auf ein anderes Medikament ausweichen. Der Mediziner weiß, welche Antibiotika bei einer Penicillinallergie infrage kommen. Klassische Alternativen für Penicilline sind zum Beispiel Makrolide, Chinolone oder Glykopeptide. Diese Breitband-Antibiotika wirken gegen viele verschiedene Bakterien, schädlich wie nützlich. Sie lösen bei allergischen Patienten zwar keine Reaktion mehr aus, haben aber gravierende Nachteile:

  • Ihre Wirkung ist schwächer.
  • Sie können mehr Nebenwirkungen haben.
  • Sie fördern Antibiotikaresistenzen, weil sie nicht so gezielt wirken wie Antibiotika mit schmalerem Wirkspektrum.
  • Sie sind teurer als Penicilline.

Studien zufolge haben Menschen, die mit alternativen Antibiotika anstelle von Penicillin behandelt wurden, ein um 14 Prozent höheres Risiko, sich mit multiresistenten Keimen (MRSA) zu infizieren. Der Einsatz alternativer Antibiotika sollte also wohlüberlegt sein, wenn ein Patient meint, er hätte eine Penicillinallergie

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Penicillinallergie: Symptome

Besteht tatsächlich eine Penicillinallergie, kommt es meist zu den typischen Allergie-Symptomen:

  • fleckig-knotiger Hautausschlag
  • Juckreiz
  • laufende Nase
  • tränende Augen
  • Zungenschwellung
  • Ödeme (Schwellungen aufgrund von Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe)
  • Fieber
  • pfeifende oder brummende Atmung
Die allergische Reaktion kann in seltenen Fällen heftiger ausfallen und in einen anaphylaktischen Schock münden. Das ist eine akute allergische Reaktion mit Atemnot, Krampfanfällen, Kreislaufproblemen und Bewusstseinsstörungen, die lebensgefährlich sein kann.
Fleckig-knotiger Hautauschlag auf Dekolleté, Hals und Oberarmen

© Science Photo Library

Penicillinallerige: Ein fleckig-knotiger Hautauschlag auf Dekolleté, Hals und Oberarmen kann ein Symptom einer Penicillinallergie sein

Penicillinallergie: Test auf eine Allergie

Betroffene fragen sich oft, welcher Arzt bei einer Penicillinallergie helfen kann. Erster Ansprechpartner kann der Hausarzt sein. Der Allergietest gehört dann aber eher in die Hände eines erfahrenen Allergologen – vor allem, wenn ein Provokationstest (siehe unten) stattfindet. Um einen Patienten auf eine Penicillinallergie hin zu testen, sind üblicherweise vier Schritte erforderlich:
  • Anamnese (Gespräch mit dem Patienten)
  • Labordiagnostik einer Blutprobe auf Antikörper
  • Hauttest (zum Beispiel Pricktest, Intrakutantest, Epikutantest)
  • Provokationstest

Beim Provokationstest erhält der Patient unter Aufsicht immer höhere Penicillindosen. Die Ergebnisse dieses Tests sind meist eindeutig, jedoch besteht immer die Gefahr schwerer allergischer Reaktionen bis hin zum allergischen Schock. Deshalb sollte der Provokationstest nur stattfinden, wenn das Laborergebnis und der Hauttest zuvor keine Hinweise auf eine Penicillinallergie lieferten.

Die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie rät Ärzten dringend, Patientenangaben zu einer Penicillinallergie zu hinterfragen und wie oben beschrieben eine gründliche Diagnostik durchzuführen: einerseits, damit der Patient die für ihn bestmögliche Behandlung erhält, andererseits, um die Folgen fälschlicherweise angenommener Penicillinallergien – insbesondere das Entstehen von Kosten und Resistenzen – für die Allgemeinheit in Grenzen zu halten.

Angesichts der Problematik, die vermeintliche Penicillinallergien mit sich bringen, haben australische Wissenschaftler 2020 eine einfache klinische Entscheidungsregel entwickelt, mit deren Hilfe Ärzte das Risiko, ob tatsächlich eine Allergie vorliegt, besser abschätzen könnten.

„PEN-FAST“ heißt das Akronym, nach dem Punkte zu vergeben sind:

•          F – Allergie in den letzten fünf Jahren (2 Punkte)

•          A – anaphylaktischer Schock (2 Punkte)

•          S – schwere Hautreaktionen (2 Punkte)

•          T – eine Therapie war nötig, um die Allergiesymptome in den Griff zu bekommen (1 Punkt)

Bei weniger als drei Punkten, so die Wissenschaftler, läge die Wahrscheinlichkeit einer echten Penicillinallergie bei 3,7 Prozent.

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Penicillinallergie: Behandlung

Wie bei allen Allergien besteht der wichtigste Teil der Behandlung einer echten Penicillinallergie daraus, das Allergen, in diesem Fall das Antibiotikum Penicillin, zu meiden. Tritt die Allergie zum ersten Mal auf, ist das Medikament sofort abzusetzen, damit die Symptome abklingen können und sich nicht weiter verschlimmern. Gegebenenfalls helfen Medikamente, um die allergische Reaktion zu dämpfen: Antihistaminika und Kortison. Kommt es aufgrund einer Penicillinallergie zu einem anaphylaktischen Schock, verabreicht der Notarzt dem Patienten häufig Adrenalin. Gegebenenfalls sind lebensrettende Maßnahmen einzuleiten. Hat ein Arzt eine Penicillinallergie eindeutig nachgewiesen, sollte der Patient das in einem Notfallausweis vermerken und diesen bei sich tragen.

Übrigens muss eine einmal festgestellte Penicillinallergie nicht das ganze Leben lang bestehen: Studien zufolge besteht die Überempfindlichkeit bei jedem zweiten Betroffenen fünf Jahre nach der letzten Reaktion nicht mehr. Nach zehn Jahren reagiert nur noch jeder Fünfte der früheren Allergiker überempfindlich auf das Antibiotikum.

Quellen
  • S2k-Leitlinie: Diagnostik bei Verdacht auf eine Betalaktamantibiotika-Überempfindlichkeit (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI)); Stand: 20.01.2021
  • Albin, S et al.: Prevalence and characteristics of reported penicillin allergy in an urban outpatient adult population; Allergy & Asthma Proceedings; 2014; DOI: 35(6):489–94; 10.2500/aap.2014.35.3791
  • Sachs, B et al.: Penicillinallergie (1): Wenn die Vermutung nicht zutrifft; Deutsches Ärzteblatt; 2018; 115(24); DOI: 10.3238/PersPneumo.2018.06.15.005
  • Shenoy E et al.: Evaluation and Management of Penicillin Allergy – A Review; JAMA Network; 2019; 10.1001/jama.2018.19283
  • Trcka, J et al.: Penicillintherapie trotz Penicillinallergie? Plädoyer für eine allergologische Diagnostik bei Verdacht auf Penicillinallergie; Deutsches Ärzteblatt; 2004; DOI: 101(43): A-2888 / B-2444, C-2331
  • Trubiano J et al.: Development and Validation of a Penicillin Allergy Clinical Decicion Rule; JAMA Internal Medicine; 2020; 180(5): 745–752; DOI: 10.1001/jamainternmed.2020.040
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