Werbung

Werbung

Hirngespinste: Alltag mit ADHS

Mit welchen Strategien Lisa ihr Leben meistert, was in ihrem Kopf vor sich geht und welche positiven Aspekte sie durch ADHS beobachtet.

Werbung

Eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wird oft mit Kindern in Verbindung gebracht. Doch etwa die Hälfte der Betroffenen hat auch im Erwachsenenalter noch Symptome, was im täglichen Leben zu verschiedensten Herausforderungen führt.

Bei Lisa wurde ADHS erst im Alter von 27 Jahren entdeckt. „Im ersten Moment war mir die Tragweite davon gar nicht bewusst“, erzählt sie. Nachdem sie sich mehr und mehr informiert und mit dem Thema beschäftigt hat, versteht sie, wie ADHS ihr Leben bisher (unbewusst) bestimmt hat.
Lisa Vogel

© privat

Achterbahn im Kopf: Herausforderungen im Alltag

Das Leben mit ADHS ist für Lisa geprägt von einer ständigen Suche nach Motivation und dem Umgang mit einem Gehirn, das von Neuem, Spannendem oder Dringendem angetrieben wird. "Ich kann nicht einfach morgens aufstehen, mir eine To-do-Liste schreiben und sagen: Die arbeite ich jetzt ab. Im Prinzip wache ich morgens auf und es ist immer so ein bisschen wie ein Überraschungsei. Was passiert heute? Wie viel Energie habe ich übrig?", beschreibt sie.

Dies führt zu einem Alltag, der oft chaotisch ist. „Sehr viel Zeit des Tages dreht sich darum, Dinge nicht zu vergessen oder auch darüber nachzudenken, ob ich gerade was vergessen haben könnte“, erzählt sie. Zudem kann sie schwer einschätzen, wie viel Zeit sie für eine Aufgabe braucht, was es erschwert, den Tag zu planen.

Ihre Gedanken beschreibt sie als „innere Achterbahn“: „In meinem Kopf sind ganz viele Schubladen. Die sind alle offen und irgendwie fliegt ganz viel rum und keiner weiß so richtig, wo die Gedanken dann so wirklich hingehören.“

Strategien im Umgang: Body Doubling

Die Methoden, die Lisa anwendet, um mit ADHS im Alltag zurechtzukommen, sind kreativ. "Ich mache zum Beispiel jeden Samstag einen Stream mit meiner Community, wo wir zusammen aufräumen", erläutert sie eine ihrer Strategien. Das nennt sich "Body Doubling". Denn gemeinsam mit anderen Personen fällt das Erledigen von Aufgaben häufig leichter.

Lisa hat aber auch erkannt, dass keine Methode für immer und jeden Tag funktioniert. Denn ihr Gehirn möchte immer neue, spannende Reize. Daher hat sie eine Liste mit möglichen Strategien und entscheidet jeden Tag aufs Neue: Was davon könnte heute funktionieren?

In ihrem Buch „Hirngespinste“ teilt Lisa ihre Erfahrungen und gibt Einblicke in das Leben mit ADHS als Erwachsene.

Positive Aspekte von ADHS

ADHS ist per Definition eine psychische Erkrankung. Inzwischen spricht man aber eher von einer Neurodivergenz. Das bedeutet, dass es neurotypische Gehirne gibt und Gehirne, die anders funktionieren, also quasi einen anderen Bauplan haben – wie auch bei ADHS.

Neue Studien zeigen sogar, dass Menschen mit ADHS durch ihre Kreativität evolutionär im Vorteil waren. Erst in unserer modernen, strukturierten Gesellschaft führte es zu Problemen.

Auch Lisa sieht positive Aspekte in ihrer ADHS. Sie empfindet eine starke Begeisterungsfähigkeit und Kreativität, die ihr hilft, Probleme auf ungewöhnliche Weise zu lösen. "Man findet kreative Wege, seine eigenen Probleme oder die Probleme von anderen zu lösen, weil man es irgendwie auch immer musste", reflektiert Lisa.

Diese positiven Aspekte beobachten viele Menschen mit ADHS:

  • Begeisterungsfähigkeit: Menschen mit ADHS können sich für eine Vielzahl von Themen begeistern, was zu einer breiten Wissensbasis und vielfältigen Interessen führt.
  • Kreativität: ADHS fördert kreative Denkweisen und Problemlösungen, da Betroffene gewohnt sind, Herausforderungen auf unkonventionelle Weise zu meistern.
  • Empathie: Aufgrund des eigenen „Andersseins“ und der damit verbundenen Erfahrungen entwickeln viele Betroffene eine starke Empathiefähigkeit.
  • Hyperfokus: Unter bestimmten Bedingungen können Menschen mit ADHS einen Zustand des Hyperfokus erreichen, in dem sie sich intensiv und über einen längeren Zeitraum hinweg auf eine Aufgabe oder ein Projekt konzentrieren können, was zu außergewöhnlichen Leistungen und hoher Produktivität führen kann.

Podcast: Ursachen, Symptome und Behandlungsoptionen bei ADHS

Lisas Erfahrungen zeigen, dass der Umgang mit ADHS Kreativität erfordert, Selbstakzeptanz fördert und dazu anregt, das Leben auf individuelle Weise zu gestalten. Darüber sprechen wir mit ihr im Podcast „Auf Herz und Nieren“. Zudem haben wir Dr. Daniel Schöttle, Chefarzt der Psychiatrie an der Asklepios Klinik Harburg, zu Gast. Er erklärt, welche Ursachen hinter ADHS stecken, warum oft Depressionen und Suchtproblematiken damit einhergehen und welche Behandlungsoptionen es gibt.

FOCUS-Gesundheit 01/24 – Einfach besser leben 2024

© FOCUS-Gesundheit

FOCUS-Gesundheit 01/2024

Einfach besser leben 2024
Viele Alterungsprozesse lassen sich nachweislich bremsen. Was uns jung hält. Wie wir Lust an Bewegung (wieder) finden. Plus: Übungen fürs Home-Workout. U.v.m.

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Den passenden Arzt finden Sie über unser Ärzteverzeichnis.

Höchster Qualitätsanspruch: So arbeiten wir.

Fragen? Schreiben Sie uns!

Dr. Andrea Bannert

Redaktionsleitung DIGITAL FOCUS-Gesundheit

Facebook Logo Instagram Logo Email Logo
Fragen Bild
Redaktor Bild

Hinweis der Redaktion

Im Sinne einer besseren Lesbarkeit unserer Artikel verwenden wir kontextbezogen jeweils die männliche oder die weibliche Form. Sprache ist nicht neutral, nicht universal und nicht objektiv. Das ist uns bewusst. Die verkürzte Sprachform hat also ausschließlich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung. Jede Person – unabhängig vom Geschlecht – darf und soll sich gleichermaßen angesprochen fühlen.

Weitere Online-Angebote:

Services der © BurdaVerlag Data Publishing GmbH, Deutsches Institut für Qualität und Finanzen