Die Liebe in reiferen Jahren ist längst kein Tabu mehr – die meisten Menschen möchten unabhängig vom Alter eine erfüllte Sexualität erleben. Auch wenn körperliche Einschränkungen den Geschlechtsverkehr beeinträchtigen, bleibt das Verlangen nach Nähe, Erotik und Intimität. Im besten Fall gewinnt das Liebesleben sogar eine neue Qualität. Wir sprechen mit dem Urologen und Sexualmediziner Axel-Jürg Potempa über häufige Probleme bei Frauen und Männern, therapeutische Möglichkeiten, die gelassene Sicht auf den eigenen Körper und die Kraft der Kommunikation.
Unser Experte für Sexualmedizin
Dr. Axel-Jürg Potempa, niedergelassener Urologe und Sexualmediziner in MünchenUnd wenn man fürchtet, nicht mehr attraktiv zu sein oder nicht mehr wie früher zu „performen“?
Sicher, die Körper verändern sich. Es muss aber auch mal gesagt werden, dass es ganz tolle reife Körper gibt. Es lohnt sich auch jenseits der 50 oder 60, mit Empathie und Geduld etwas für seine Fitness zu tun. Sport hat unglaublich positive Auswirkungen, er führt zu mehr Ausstrahlung und einem positiveren Körpergefühl, setzt Hormone frei. Es ist aber häufig nicht der Blick des Partners, der uns negativ bewertet. Es sind die eigenen Ansprüche. Die Aufgabe des Alters ist es, sich mit seinem Körper anzufreunden – auch wenn das ein Stück weit Abschied nehmen heißt. Dann entsteht Raum für Neues.
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Wo können Schmerzen noch herrühren?
Oft liegt es an mangelnder Feuchtigkeit im Scheidenbereich. Gleitgel auf Wasserbasis hilft hier oft. Aber es können auch Infektionen wie Pilzerkrankungen dahinterstecken, die Schwellungen und Rötungen im Scheidenbereich hervorrufen und den Beckenboden verkrampfen lassen. Schmerzen beim Sex sollten Betroffene stets abklären lassen.
Guten Sex erleben (Unser Podcast für ein gutes Körpergefühl – Folge #8)
Zu Gast im Podcast:
Dr. med. Viola Kürbitz, Urologin und Sexualmedizinerin mit Praxis in WesterstedeIn dieser Podcastfolge sprechen wir über Sex und seine enge Beziehung zu unserem körperlichen Wohlbefinden.
Ein erfülltes Sexleben schenkt Lebenskraft, entspannt und lässt zugleich eine Menge Glückshormone durch den Körper strömen.
Wir haben die Urologin und Sexualmedizinerin Viola Kürbitz gefragt, was es braucht, um guten Sex zu erleben und was man bei Problemen tun kann. Sie verrät außerdem, wie Orgasmus und Psyche zusammenhängen und worauf es in der Partnerschaft in Bezug auf eine erfüllte Sexualität ankommt.
Was macht Männern zu schaffen?Weitverbreitet sind Erektionsstörungen, wir sprechen von endothelialer Dysfunktion. Rund acht Millionen Männer leiden darunter. In 70 Prozent liegen körperliche Ursachen zugrunde, in 30 Prozent psychische. Häufig weisen die Probleme auch auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen hin. Männer, die plötzlich Erektionsstörungen bekommen, haben wenige Jahre später oft Probleme mit den Herzkranzgefäßen. Die fehlende Sexualität kann ein Vorbote für andere Erkrankungen sein, wie Durchblutungsstörungen und Gefäßverengungen. Man sollte solche Anzeichen mit seinem Arzt besprechen.
Medikamentöse Hilfe für ihn
- PDE-5-Hemmer (Viagra, Levitra, Cialis, Spedra) wirken nach sexueller Stimulation über die Durchblutung in den Schwellkörpern und führen etwa 30 Minuten nach der Einnahme zur Erektion.
- 25 Prozent der Männer reagieren nicht auf PDE-5-Hemmer. Eine neue Alternative ist ein Gel zum Auftragen auf die Eichel (Vitaros). Auch ohne Erregung macht das Prostaglandin E1 die Gefäße am Penis weit, erzeugt so eine Erektion.
- Bei verfrühter Ejakulation wird ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer bei Bedarf vor dem Sex oral eingenommen. Er bringt die Kontrolle zurück (Priligy).
- Die Ejakulation verzögert auch ein Spray, das die Empfindlichkeit senkt, ohne die Erektion zu beeinflussen (Fortacin).
Wie wirken sich Medikamente aus?
Einige Wirkstoffe beeinträchtigen die Sexualität erheblich, dazu zählen Blutdrucksenker, Psychopharmaka, Migränemittel. Natürlich darf man die Arzneien nicht absetzen. Aber es gibt fast immer Alternativen, die weniger Auswirkungen auf die Sexualität haben.
Auch ohne Medikamente kann die Lust schwinden. Was sind die Ursachen?
Die Gründe sind vielschichtig. Körperlich liegt es häufig an den Hormonen – ein Hormonstatus beim Arzt bringt Klarheit. Dann kann man besprechen, ob etwa die Gabe von Testosteron Sinn macht, nach dem Motto: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Manchmal zeigt die Flaute im Bett auch, dass andere Probleme die Partnerschaft belasten. Ich erlebe oft, dass fehlende Kommunikation der Knackpunkt ist. Es existieren mitunter völlig unterschiedliche Vorstellungen von der Beziehung. Etwa wenn sich ein Partner zurückzieht aus Angst, dass es mit seiner Sexualität nicht mehr wie gewohnt funktioniert. Der andere hätte damit aber vielleicht gar kein Problem. Durch das Missverständnis, durch Scham und Sprachlosigkeit kommt die Sexualität völlig zum Erliegen, und die ganze Beziehung leidet. Das ist tragisch.
Stichwort Scham: Können wir uns auch im Alter noch von Prägungen lösen?
Das ist eine der Chancen des Alters. Wir können frühere Gefühle, die wir mir Sexualität verbinden, hinter uns lassen. Wichtig ist zu lernen, sich zu äußern. Die Schweigespirale verstärkt Probleme. Aussprache kann heilsam sein – und schon die Lösung. Den Prozess unterstützen Arzt oder Paarberater.
FOCUS-GESUNDHEIT 05/20
Dieses Interview ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Beitrag sowie mehr zum Thema Altersgesundheit finden Sie in der Ausgabe Gesund ins Alter von FOCUS-GESUNDHEIT, erhältlich als E-Paper oder Print-Heft.
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