Schweißtreibende Übungen können angenehm sein. Jedenfalls dann, wenn der Fitness-Raum von frischer Luft durchflutet ist und nur wenige andere ebenfalls an den Maschinen schwitzen. Geöffnete Fenster und viel Platz beim Sport garantieren die neuen Umgangsregeln in Corona-Zeiten. Zehn Quadratmeter stehen jetzt jedem zu.
Auch sonst hat sich einiges verändert in den Reha-Kliniken. An Wänden, Türen und selbst an Stühlen hängen laminierte Hinweiszettel, die Patienten und Therapeuten an die aktuellen Umgangsformen erinnern: Abstand halten, Maske tragen, Hände desinfizieren.
Vor den Untersuchungsräumen bleiben zwischen den Wartenden mindestens zwei Plätze leer. Therapeuten und Patienten nicken sich zur Begrüßung freundlich zu – Händeschütteln ist verboten in diesen Tagen. „Wir wollen und dürfen keine Abstriche bei den Therapie-Angeboten machen. Das ist nur möglich, wenn wir strikt sind bei den Hygieneregeln“, sagt Andrea Menzl, Chefärztin in der Klinik St. Irmingard in Prien am Chiemsee und dort zuständig für das Hygienekonzept.
Wir wollen und dürfen keine Abstriche bei den Therapie-Angeboten machen. Das ist nur möglich, wenn wir strikt sind bei den Hygieneregeln.
Ein Hygienekonzept ist Pflicht
Die Bedrohung durch Sars-CoV-2 lässt einige Patienten davor zurückschrecken, in eine Reha-Klinik zu gehen. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) verzeichnet auch nach dem Abflauen der ersten Pandemie-Welle einen Rückgang bei den Anträgen von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ein Drittel weniger Menschen treten derzeit ihre Reha-Maßnahmen an.
20 Prozent weniger Patienten nehmen die Reha-Kliniken derzeit auf.
„Eine Zurückhaltung aus Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus ist unbegründet“, sagt Andreas Konrad, Abteilungsleiter Rehabilitation der DRV, „die Reha-Zentren bieten auch in der jetzigen Zeit größtmögliche Sicherheit.“ Jede Klinik ist verpflichtet, ein umfangreiches Hygienekonzept vorzuweisen.
Was in den einzelnen Reha-Zentren erlaubt und geboten ist, orientiert sich an den Richtlinien des Robert Koch-Instituts sowie den Handlungsempfehlungen der Rentenversicherung. Zudem sind die Vorschriften der Gesundheitsämter in den jeweiligen Landkreisen zu beachten, wodurch sich die Regeln im Detail von Einrichtung zu Einrichtung unterscheiden. Auf einen veränderten Ablauf des Reha-Alltags müssen sich die Patienten in jedem Fall einstellen. Da sich die behördlichen Vorgaben immer wieder ändern, sollten Patienten Punkte, die ihnen für den Reha-Aufenthalt wichtig sind, direkt vor Ort erfragen.
Das sollten Sie wissen
- Mit covidtypischen Symptomen nimmt keine Reha-Klinik einen Patienten auf. In dem Fall müssen negative Tests vorliegen.
- Erkrankt ein Patient während der Reha, wird sofort ein Corona-Test durchgeführt und Quarantäne verhängt. Bestätigt sich der Verdacht, wird der Betroffene verlegt.
- Endet die Reha vorzeitig, reicht für die erneute Beantragung der Leistung ein Kurzantrag.
Anreise zur Reha
Oberstes Ziel ist es, das Einschleppen des Virus in die Klinik zu vermeiden. Vor der Anreise erhalten die Patienten Informationen über Verhaltensmaßgaben. Ein Fragebogen erfasst, ob sie in Risikogebieten waren, Kontakt zu Infizierten hatten oder Symptome zeigen, die auf eine Covid-Erkrankung hinweisen könnten. Diesen Status erfragen manche, so etwa die Espan-Klinik Bad Dürrheim, kurz vor der Anreise per Telefon erneut. Die Schön Kliniken und die Median Kliniken testen alle Anreisenden auf Sars-CoV-2. Dem Beispiel werden wohl mehr Zentren folgen, wenn die Tests kostenfrei sind. Andere Maßnahmen sind: neuerliche Befragung bei der Ankunft oder Fiebermessen bei der Begrüßung an der Rezeption.
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Besuch in der Reha
Angehörige, die zu Besuch kommen, stellen ein Risiko dar. Auch hier sind die Regelungen unterschiedlich. Inzwischen gestatten die meisten Kliniken wieder Stippvisiten. Die Treffen dürfen allerdings ausschließlich draußen stattfinden, Patientenzimmer oder Therapieräume sind für Gäste tabu. Die Median-Kliniken halten nach wie vor an einem generellen Besuchsverbot fest.
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Alltag in der Reha
Drinnen herrscht Maskenpflicht, lautet die Kurzfassung der essenziellen Corona-Etikette. Die Schön Klinik Berchtesgadener Land gestattet in diesem Punkt keine Lässigkeiten.
Hier bleibt die Gesichtsbedeckung selbst im Fitness-Raum auf. In der Klinik St. Irmingard darf der Mund-Nase-Schutz bei anstrengenden sportlichen Übungen vorübergehend am Kinn parken. Woanders stehen Plexiglasscheiben zwischen Fahrradergometern, um Infektionen durch Aerosole zu verhindern. Masken verteilen alle Kliniken täglich frisch, meist am Morgen vor dem Frühstücksraum.
Die Mahlzeiten finden in drei Schichten zu festgelegten Uhrzeiten in gleichbleibenden Gruppen statt. Anstelle von Büfett gibt es Tellergerichte.
Die neuen Abstandsregeln verlangen mehr Platz für jeden. Die Gruppengrößen bei Schulungen und Therapien sind von im Schnitt 15 auf fünf Teilnehmer gesunken. „Die Reha-Einrichtungen stellt dies vor erhebliche Herausforderungen“, weiß Christof Lawall, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (Degemed). „Die Angebote müssen häufiger stattfinden, Personal- und Raumbedarf steigen.“
Aus der Not machte die Leitung der Klinik St. Irmingard eine Tugend. 20 Schulungen ließ sie aufzeichnen. Die Videos sind im Patientenfernsehen auf den Zimmern zu sehen, die Ausstrahlungszeiten stehen im Therapieplan.
FOCUS-GESUNDHEIT 07/20
Dieser Artikel ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Text finden Sie in der Ausgabe Reha & Kur von FOCUS-GESUNDHEIT. Weitere Themen: Hygienekonzepte von Kliniken in Zeiten von Corona, kardiologische Reha, multimodale Schmerztherapie u.v.m.
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Testen bei verdächtigen Symptomen
Bei Husten, Schnupfen, Glieder- oder Kopf- schmerzen sowie erhöhter Körpertemperatur müssen Patienten und Mitarbeiter zum Corona-Test. Bis das Ergebnis vorliegt, gilt Quarantäne im Zimmer. Sollte der Test positiv sein, verlegen die meisten Einrichtungen die Rehabilitanden in ein Akutkrankenhaus.
Das Infektionsrisiko in einer Reha-Klinik ist nicht höher als am Heimatort.
Angesichts all dieser Vorkehrungen sagt Lawall von der Degemed: „Ich gehe davon aus, dass das Infektionsrisiko in einer Reha-Klinik nicht höher ist als am Heimatort – wahrscheinlich sogar geringer.“ Laut Rentenversicherung ist es bislang in den Einrichtungen lediglich zu „vereinzelten Infektionen mit dem Coronavirus“ gekommen. Sollte dies der Fall sein, entscheidet das lokale Gesundheitsamt über das weitere Vorgehen. Kann ein Patient seine medizinische Rehabilitation wegen einer Corona- Infektion nicht zu Ende führen, reicht für eine erneute Leistung ein Kurzantrag bei der Rentenversicherung. Das Formular liegt in den Reha-Kliniken vor.