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Erfolgsgeschichte der Medizin: Wie moderne MS-Therapien Leben verändern

Warum viele MS-Patienten heute hoffnungsvoll in die Zukunft blicken können.

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Arzt-Patienten-Gespräch

© Imago Images

Nach wie vor ist Multiple Sklerose (MS) eine schwerwiegende neurologische Erkrankung und dennoch ist sie mittlerweile in den meisten Fällen gut behandelbar. Christoph Kleinschnitz ist Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen. Zusammen mit MS-Patientin Rebecca Kühl hat er uns erklärt, was die Diagnose MS heute bedeutet.
Christoph Kleinschnitz

© Universitätsklinikum Essen

Christoph Kleinschnitz leitet seit Mai 2016 die Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen. Zuvor arbeitete er mehrere Jahre an der Neurologischen Universitätsklinik Würzburg. Seine klinischen Schwerpunkte sind neben der Multiplen Sklerose auch Schlaganfälle und neurologische Intensivmedizin.

 

„Bei mir waren es Sprechstörungen und ein komisches Taubheitsgefühl sowie Kribbeln, das von meinem linken Bein bis zu den Rippen reichte“, erinnert sich MS-Patientin Rebecca Kühl an die ersten Anzeichen ihrer Erkrankung. Mit diesen Symptomen ging die damals 20 Jahre alte Studentin zum Hausarzt, der sie rasch zum Neurologen ins Krankenhaus überwies. Die Untersuchungen bestätigten, was sie selbst schon vermutete: „Die Ärzte sagten mir, dass ich an MS leide und gerade meinen ersten Schub hatte.“

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Was ist Multiple Sklerose (MS)?

80 bis 85 Prozent aller MS-Patienten leiden unter einer solchen schubartigen Verlaufsform. Schübe sind plötzlich auftretende neurologische Ausfallerscheinungen wie zum Beispiel Sehstörungen, Gefühlsstörungen, Lähmungen und Schwindel. „Diese Symptome dauern einige Tage an und verschwinden anfangs komplett oder teilweise wieder. Bis zum nächsten Krankheitsschub können dann einige Monate oder Jahre vergehen“, erklärt Neurologe Christoph Kleinschnitz. Ärzte bezeichnen MS als Autoimmunerkrankung. „Das bedeutet, dass sich Bestandteile des körpereigenen Immunsystems gegen Bestandteile innerhalb des Nervensystems richten und diese auch zerstören - die Nervenhülle und am Ende die Nervenzelle selbst“, sagt Kleinschnitz. Bestimmte Immunzellen der Betroffenen wandern aus dem Blut und den Lymphknoten über die Blut-Hirnschranke ins Gehirn und richten dort Schaden an.

Entzündungen in Hirn und Rückenmark

Das Hirn funktioniert wie eine Art Computer, der seine Signale über das Rückenmark zum Körper schickt oder vom Körper empfängt. Treten Entzündungen in Hirn oder Rückenmark auf, können die Botschaften nicht so genau übertragen werden. Je nach Ort der Schädigung, können etwa Sprechstörungen und Taubheitsgefühl wie bei Rebecca Kühl die Folge sein.

Multiple Sklerose (MS): Diese Verlaufsformen unterscheiden Mediziner

  • Am häufigsten diagnostizieren Ärzte die schubförmige Verlaufsform. Während eines Schubes kommt es, verursacht durch einen oder mehrere Entzündungsherde in Hirn oder Rückenmark, zu körperlichen Störungen oder neurologischen Ausfällen. Klingt ein Schub wieder ab, können sich die Symptome komplett beziehungsweise teilweise zurückbilden oder aber das entzündete Nervengewebe vernarbt.
  • Bei der primär chronisch-progredienten Verlaufsform gibt es keine Schübe. Der körperliche Zustand der Patienten verschlechtert sich schleichend. „Bei Betroffenen nimmt vor allem die Gehfähigkeit kontinuierlich ab. Sie können also schlechter, weniger lange oder langsamer laufen. Manche benötigen einen Stock oder einen Rollstuhl als Unterstützung. Auch das Gedächtnis kann betroffen sein. Gedächtnisstörungen und Konzentrationsstörungen sind typisch“, erklärt Neurologe Christoph Kleinschnitz.
  • Bleibt eine ursprünglich schubförmige MS unbehandelt, kann sich nach zehn bis 15 Jahren eine sogenannte sekundär chronisch-progrediente MS entwickeln. Das bedeutet, dass keine Schübe mehr auftreten. Stattdessen erfolgt eine kontinuierliche Zunahme der Beschwerden. „Heute kommt diese Form nicht mehr häufig so vor, da wir die Krankheit mittlerweile gut medikamentös behandeln können“, sagt Kleinschnitz.

„Zwei Tage nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, habe ich wie geplant meine Klausur in der Uni geschrieben. Ich habe mich damals von der Diagnose nicht sonderlich beeindrucken lassen und auch früh mit einer Basistherapie begonnen. Ich wusste, dass sich die Therapien bei MS stark verbessert haben“, erzählt die heute 30-Jährige.

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Leben mit der Diagnose MS

Dass Multiple Sklerose heute in den meisten Fällen hervorragend behandelbar ist, bestätigt auch Neurologe Kleinschnitz. „Ich will nicht sagen, dass die MS ihren Schrecken verloren hat, bis heute ist sie eine schwere neurologische Krankheit. Aber unsere Patienten können heute in der Regel ein aktives Berufs- und Sozialleben führen. Und natürlich sitzt mittlerweile bei weitem nicht jeder Patient im Rollstuhl.“

Den individuellen Verlauf, den die Erkrankung nimmt, können Mediziner allerdings bis heute nicht vorhersagen. „Wir haben bisher keinen Marker im Blut der Patienten gefunden, anhand dessen wir sagen können, ob ein Patient in zehn Jahren noch gut zu Fuß ist oder auf welche Therapie er anspricht“, so der Neurologe.

Nie zu wissen, wann der nächste Schub kommt und welche Folgen er vielleicht haben wird, ist auch für Rebecca Kühl nicht immer leicht. „Zu Beginn meiner Erkrankung habe ich viel verdrängt, heute gehe ich lieber offener mit meiner MS um. Auch weil ich zeigen möchte, dass es eben nicht nur Erkrankte mit schweren Verlaufsformen gibt“, sagt sie. In die Zukunft möchte sie positiv blicken und sich nicht damit befassen, dass sich ihr Gesundheitszustand verschlechtern könnte. „Schließlich wissen auch Gesunde nie, ob sie morgen eine schwerwiegende Diagnose bekommen und ich weiß eben nicht genau, wie es mit meiner MS weitergeht.“

Und dennoch beeinflusst die MS das Leben von Kühl. „Mein linkes Bein wird schwächer und ich muss nach einer Zeit aufpassen, nicht zu stolpern und hinzufallen“, sagt sie. Zusätzlich zur Physiotherapie bekommt sie eine medikamentöse Behandlung gegen ihre Erkrankung.

Wie Ärzte MS behandeln

Bei der schubförmigen MS finden große Entzündungsprozesse in Hirn und Rückenmark statt. „Die Medikamente, die wir den Betroffenen geben, wirken hervorragend gegen die Entzündung. Im Vergleich zu den anderen Verlaufsformen der MS ist bei der schubförmigen der Therapieerfolg am größten“, erklärt Neurologe Kleinschnitz.

Wie sich die MS-Therapie verbessert hat

Die ersten Therapieoptionen kamen bereits in den 90er Jahren auf den Markt. Vorher gab es nur Medikamente gegen die Symptome. „Seitdem hat es eine Blüte an neuen, innovativen Therapien gegeben: Antikörpertherapien, Tabletten, Injektionen, Infusionen. Heute haben wir verschiedenste Immuntherapien zur Verfügung, die wir je nach Verlaufsform und dem individuellen Patientenprofil einsetzen können“, sagt Neurologe Kleinschnitz.

Aber auch zur Behandlung der schleichenden (progredienten) Verlaufsformen sind mittlerweile zwei Medikamente auf dem Markt, die Gehfähigkeit und Motorik der Patienten verbessern und der Müdigkeit entgegenwirken. „Eine weitere Verschlechterung der Erkrankung können sie zumindest verzögern“, erklärt der Neurologe.

Lange war es für die Pharmaindustrie schwierig einen passenden Wirkstoff zu finden. „Bei den progredienten Verlaufsformen ist die Entzündung viel geringer. Da steht mehr ein schleichender Nervenzelluntergang im Vordergrund, dessen genaue Mechanismen man lange nicht verstanden hat“, so Kleinschnitz.

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Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Den passenden Arzt finden Sie über unser Ärzteverzeichnis.

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Dr. Andrea Bannert

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