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Wie Diabetes das Sexualleben von Männern und Frauen beeinflussen kann

Diabetes Symptome können auch anders auftauchen als üblich: Welche Unterleibsprobleme verursacht werden und Therapiemöglichkeiten, die helfen finden Sie hier. Außerdem - Ein Gynäkologe verrät, warum viele Frauen eine falsche Diagnose erhalten.

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Inhaltsverzeichnis
Eine Frau liegt enttäuscht im Bett während der Mann verzweifelt am Bettrand sitzt.

© ImagoImages

Unterleibsprobleme und ihre Ursachen

Sie sind oft das erste Anzeichen für eine Zuckerkrankheit: Nerven- und Gefäßschäden beeinträchtigen auch die Blasen- und Sexualfunktion. Das betrifft vor allem Menschen, die noch nicht wissen, dass sie Diabetes haben – und solche, deren Blutzuckerwerte nicht immer ideal eingestellt sind. Stört die Polyneuropathie das Wärme-, Kälte- und Vibrationsempfinden, wird es schwerer, Lust zu spüren.

„Hohe Zuckerwerte nehmen so direkt Einfluss auf die Sexualfunktion“, sagt Ruth Kirschner-Hermanns, Leiterin der Neuro-Urologie am Universitätsklinikum Bonn und am Neurologischen Rehabilitationszentrum Godeshöhe e. V. „Selbst kurzzeitig erhöhte Werte dämpfen das sexuelle Empfinden, da sie über Strukturen im zentralen Nervensystem die Blutversorgung der Geschlechtsorgane beeinträchtigen.“

Bei Männern wie auch bei Frauen wird dann nicht mehr genug Blut in die Schwellkörper der Geschlechtsorgane geleitet. Männer entwickeln Erektionsstörungen, Frauen leiden unter Scheidentrockenheit und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Sie brauchen deutlich länger, um zum Orgasmus zu kommen.

Innere Organe sind ebenfalls betroffen: Fallen die zur Harnblase führenden Nervenfasern aus, treten Blasenfunktionsstörungen auf. „Der hohe Zuckergehalt ist ein Nährboden für Pilze und Bakterien“, ergänzt Ruth Kirschner-Hermanns, „Diabetiker sind dadurch anfällig für Infektionen im Blasen- und Genitalbereich.“

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Diabetes: Auswirkungen auf die Psyche

Der Einfluss des Diabetes auf die Psyche sollte nicht unterschätzt werden – und die ist beim Sex ja immens wichtig. Körperliche Veränderungen wie Injektionsstellen oder Insulinpumpen können als Makel gesehen werden. Männer empfinden häufig allein das Risiko, keine Erektion zu bekommen, als beängstigend. Die Stresshormone, die dabei ausgeschüttet werden, genügen manchmal schon für das Ausbleiben einer Erektion.

Schwankungen bei Lust und Leistung sind normal. Wenn es aber über Monate bei Männern im Bett nicht klappt, kann es sich um eine erektile Dysfunktion handeln – die Unfähigkeit, eine ausreichende Steife des männlichen Glieds für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr zu erlangen. Viele Männer trauen sich nicht, über die Erektionsstörungen zu sprechen, und warten zu lange, bis sie sich einem Arzt anvertrauen. „Über die Region unterhalb des Bauchnabels wird gern geschwiegen“, bedauert der Münchner Urologe und Sexualmediziner Thomas Stadler.

Dabei wäre das zu einem frühen Zeitpunkt wichtig, um die Erektionsfähigkeit zu erhalten.
Ein Arzt mit der entsprechenden Qualifikation wird eine gründliche Anamnese und Diagnostik durchführen.

Mehr als 50 % der Männer mit Diabetes haben Potenzprobleme. Ein Viertel der Diabetiker leidet in regelmäßigen Abständen unter einer Pilzinfektion
Quellen: diabetesDE, Deutsches Ärzteblatt 2016

Diabetes: Erektionsstörung

Experte Stadler rät bereits bei ersten Anzeichen einer Störung zu einem Arztbesuch. „Hinter einer erektilen Dysfunktion können eine Polyneuropathie, aber auch bereits erste Gefäßschäden stecken, die unter Umständen einen Herzinfarkt ankündigen“, sagt er. Zwei bis fünf Jahre vor einem Infarkt träten bei vielen Patienten Erektionsprobleme auf. Zur Diagnose gehören ein ausführliches Gespräch, Urin- und Laborwerte, ein Ultraschall und eine körperliche Untersuchung. Erst dann wird über die geeignete Therapie nachgedacht. „Nicht immer müssen es sofort Potenzmittel sein“, sagt Urologin Kirschner-Hermanns.

Bevor man mit diesen Medikamenten die Symptome bekämpft, sollten mögliche Ursachen behandelt werden. Etwa durch eine konsequente Blutzuckereinstellung oder Änderungen von schädlichen Lebensgewohnheiten wie zu wenig Bewegung und Rauchen. In einer italienischen Studie klappte es bei einem Drittel der übergewichtigen Teilnehmer wieder im Bett, nachdem sie sich mehr bewegten, abnahmen und sich gesünder ernährten.

Haben die Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg, stehen Medikamente wie PDE-5-Hemmstoffe und andere symptomatische Therapien zur Verfügung: Vakuumpumpe, Schwellkörperimplantat oder Schwellkörper-Autoinjektionstherapie. „Aber nie auf eigene Faust mit Potenzmitteln experimentieren“, warnt Thomas Stadler, „gerade bei Vorerkrankungen oder Medikamenteneinnahme.“

Diabetische Neuropathie

Polyneuropathie ist ein Sammelbegriff für Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die Nerven im gesamten Körper betreffen. Bei der diabetischen Neuropathie sind körperliche Prozesse beeinträchtigt, darunter auch die Erweiterung von Gefäßen, die Blasen-, Mastdarm- oder Sexualfunk­tion. Mediziner vermuten, dass es durch die Einlagerung von Glukose in den Blutgefäßen zu einer Unterversorgung der Nervenzellen mit Sauerstoff oder Nährstoffen kommt.

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Diabetes: Unterleibsinfektionen

Steril ist es da unten bei uns nicht – und das ist auch gut so. Blase, Vagina, Penis und Darmausgang sind dicht mit Bakterien besiedelt. Im gesunden Fall bilden sie den Schutzschild des Intimbereichs, der andere Eindringlinge abhält. Bei Dia­betikern ist die Abwehrfunktion oft gestört – sie gehören zur Risikogruppe für Pilzinfektionen und Blasenentzündungen. „Je älter die Patientinnen sind, desto empfindlicher ist ihre Darm- und Vaginalflora“, sagt Ruth Kirschner-Hermanns. Hohe Blutzuckerwerte erhöhen die Ausscheidung von Glukose in den Harn. Auch neue Medikamente wie GLP1-Analoga erhöhen den Zuckerwert im Urin. Der ist bekanntermaßen warm und zusammen mit der Glukose ein idealer Nährboden für Pilze und Bakterien. „Bakterien aus dem Darmbereich dringen wegen der verminderten Immunabwehr leichter in die Harnröhre ein und verursachen eine Blasenentzündung“, erklärt die Fachärztin für Urologie und Andrologie, Kirschner-Hermanns. Meist sind Frauen betroffen, aber auch Männer mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko für Entzündungen der Nebenhoden, Eichel, Prostata und Blase. Krämpfe, ständiger Harndrang, Blut im Urin – meist ist eine Blasenentzündung sehr schmerzhaft. Bei Diabetikern, die unter Nervenstörungen leiden, muss die Infektion jedoch keine Schmerzen verursachen. Daher ist sie schwieriger zu diagnostizieren. Am schnellsten gelingt die Therapie mit einem Antibiotikum. Schon etwa fünf Stunden nach der ersten Einnahme lassen die Beschwerden nach.

„Antibiotika werden meist zu schnell und zu häufig verabreicht“, sagt Kirschner-Hermanns. Vor allem ältere Patientinnen, die aufgrund des veränderten Hormonhaushalts, des Diabetes oder einer Blasenschwäche schon vorbelastet sind, entwickeln Resistenzen. „Die Neigung zu wiederkehrenden Harnwegsinfekten steigt – ein Teufelskreis“, so die Bonner Urologin.

Ursachen sollte durch eine Urinkultur auf den Grund gegangen und über pflanzliche Therapien nachgedacht werden. Auch eine Impfung gegen Blasenentzündung ist seit einigen Jahren auf dem Markt.

Diabetes: Orgasmusstörung und trockene Vagina

In der weiblichen Scheide herrscht ein saures Milieu. Der typische pH-Wert der Vaginalflora von vier schützt vor Erregern. „Diabetikerinnen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Störung des natürlichen Säureschutzes“, sagt Ruth Kirschner-Hermanns.

„Ein erhöhter Blutzuckerspiegel verschiebt den pH-Wert in den alkalischen Bereich.“ Die Haut trocknet aus und reißt leichter ein. Die Frauen haben Schmerzen beim Sex. Nervenschäden mindern zudem die Empfindsamkeit. Dadurch brauchen die Frauen länger, bis sie zum Orgasmus kommen. Hormonhaltige Salben und Zäpfchen beheben die Scheidentrockenheit, spezielle Cremes pflegen die Haut.

"Diabetes ist ein wichtiger Risikofaktor für eine Harninkontinenz bei Frauen"

Ruth Kirschner-Hermanns
Leiterin der Neuro-Urologie am
Universitätsklinikum Bonn

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Diabetes: Blasenschwäche bei Frauen

„Diabetes ist ein wichtiger Risikofaktor für eine Harninkontinenz bei Frauen“, sagt Neuro-Urologin Kirschner-Hermanns. Früher dachten Mediziner bei einer diabetischen Blase meist an eine Blasenentleerungsstörung, bei der zu viel Restharn in der Blase bleibt. „Heute wissen wir, dass eine diabetische Blasenfunktionsstörung ganz unterschiedlich sein kann“, erklärt die Expertin. „Oft ist die Blase von Diabetikern überaktiv, die Betroffenen müssen sehr häufig zur Toilette und haben ein vermehrtes Dranggefühl.“

Hinzu kommt bei übergewichtigen Typ-2-Diabetikerinnen häufig ein schwacher Beckenboden. Warnzeichen, auf die Diabetiker achten sollten, sind seltene oder besonders häufige Toilettengänge (überaktive Blase oder eine unvollständige Entleerung mit Resturin in der Blase) sowie ungewollter Harnverlust oder das Gefühl, dass sich die Blase nie ganz leert.

Mit einer Urinprobe, einem Ultraschall der Blase und einem Blasenprotokoll, dem Miktionstagebuch, bei dem Patienten Trinkmenge und Wasserlassen dokumentieren, erkennt der Arzt eine Funktionsstöung des unteren Harntrakts (Zystopathie). Die Behandlung reicht von Beckenbodengymnastik über Medikamente und Elektrostimulation bis hin zur Operation. Auch Männer sind von Blasenfunktionsstörung betroffen. Sie wird jedoch oft zu spät diagnostiziert, da die meisten Ärzte Prostata-Probleme vermuten. An eine diabetische Nervenschädigung als Auslöser denken sie häufig nicht.

Guten Sex erleben (Unser Podcast für ein gutes Körpergefühl – Folge #8)

Zu Gast im Podcast:

Dr. med. Viola Kürbitz, Urologin und Sexualmedizinerin mit Praxis in Westerstede

In dieser Podcastfolge sprechen wir über Sex und seine enge Beziehung zu unserem körperlichen Wohlbefinden.

Ein erfülltes Sexleben schenkt Lebenskraft, entspannt und lässt zugleich eine Menge Glückshormone durch den Körper strömen.

Wir haben die Urologin und Sexualmedizinerin Viola Kürbitz gefragt, was es braucht, um guten Sex zu erleben und was man bei Problemen tun kann. Sie verrät außerdem, wie Orgasmus und Psyche zusammenhängen und worauf es in der Partnerschaft in Bezug auf eine erfüllte Sexualität ankommt.

Mittel und Therapien

Für Männer:

  • PDE-5-Hemmstoffe bewirken, dass bei sexueller Erregung mehr Blut in den Schwellkörper des Penis fließt und ihn steif macht. Wichtig: Risikofaktoren beim Arzt abklären.
  • Ein gefäßerweiterndes Medikament spritzt sich der Mann bei der Schwellkörper-Autoinjektionstechnik in den Penis. Auch hier fließt mehr Blut und führt zur Erektion.
  • Bei nachgewiesenem Mangel an Testosteron hilft eine Hormontherapie. Das Hormon wird gespritzt, als Pflaster auf die Haut geklebt oder als Gel eingerieben.

 

Für Frauen:

  • Ein Beckenbodentraining fördert die Durchblutung im Vaginalbereich und häufig die Orgasmusfähigkeit. Gut trainierte Muskeln des Beckenbodens vermindern das Risiko der Inkontinenz.
  • Hormonhaltige Salben und Zäpfchen beheben Probleme wie Scheidentrockenheit oder Schmerzen beim Sex, wenn die Haut zu trocken ist oder sich nicht ausreichend Scheidenflüssigkeit bildet.
  • Bei wiederkehrenden Blasenentzündungen unterstützen harntreibende Tees das Ausschwemmen der Bakterien. Pflanzliche Antibiotika sindAlternativen bei nicht fiebrigen einfachen Harnwegsinfekten.

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Interview: Frauen mit Diabetes

Werner Mendling, Professor für Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe

Herr Prof. Mendling, Sie gelten als einer der wenigen Experten für Vaginalpilz in Deutschland. Diabetikerinnen klagen oft über Pilzinfektionen – Sie kritisieren zu viele falsche Diagnosen.
Ich gehe von 30 bis 50 Prozent Fehldiagnosen aus. Was da brennt und juckt, ist oft gar kein Vaginalpilz.

Was ist die wahre Ursache der Beschwerden?Der Hauptgrund für juckende Haut im Intimbereich ist eine Vulvodynie – das sind Schmerzzustände im Bereich der Vulva, die oft Stress, Angststörungen oder Depressionen als Ursachen haben. Die Behandlung mit Beckenbodentraining und Cremes ist langwierig; ein guter Gynäkologe wird aber erfolgreich sein, indem er verschiedene Therapiewege austestet. Auch ein Lichen sclerosus, eine lebenslange Autoimmunerkrankung, kann der Grund sein. Dieser ist allerdings seltener.    Warum ist es wichtig, die richtige Diagnose rasch zu stellen?Der Lichen sclerosus zum Beispiel muss früh erkannt und mit Cremes therapiert werden, da einmal aufgetretene Hautveränderungen meist nicht mehr rückgängig zu machen sind. Die Haut der Vagina verdünnt sich, wird weiß, pergamentartig und sehr empfindlich. Dadurch verengen sich die Harnröhre und der Scheideneingang, was Schmerzen beim Wasserlassen und beim Sex verursacht. Außerdem erhöht sich die Gefahr eines Vulvakarzinoms, also eines bösartigen Tumors an der Scheide.

Warum wird der Vaginalpilz so häufig falsch diagnostiziert?
Frauen kaufen sich die Cremes und Zäpfchen meist selbst in der Apotheke und gehen nicht zum Gynäkologen. Die Medikamente sind schnell wirksam und billig. Außerdem wird viel zu wenig geforscht, denn die Wissenschaft liegt vor allem in der Hand der Uni-Kliniken – und die sehen so „leichte“ Infektionen wie einen Vaginalpilz gar nicht und beschäftigen sich wissenschaftlich mit anderen Fragen.

Kommen Hautveränderungen im Bereich der Scheide bei Diabetikerinnen besonders häufig vor?Ja, durch die allgemein schlechtere Stoffwechsellage entstehen eine gan-ze Reihe von Veränderungen der Haut. Bei Typ-1-Diabetes sind zudem autoimmun bedingte Hauterkrankungen häufiger – oder ihr Auftreten deutet auf einen noch unentdeckten Diabetes hin.

Dies ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Text finden Sie in FOCUS-Diabetes „Seele stärken" 03/2019 – als Print-Heft oder als digitale Ausgabe.

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Dieser Artikel enthält allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Den passenden Arzt finden Sie über unser Ärzteverzeichnis.

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