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Corona-Impfung: Für welche Kinder sie sinnvoll ist

Der Impfstoff von Biontech/Pfizer ist für Kinder ab zwölf zugelassen. Eine allgemeine Impfempfehlung der STIKO gibt es nicht. Was trotzdem dafür spricht.

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Corona-Impfung: Junge trägt schwarze Maske und hat ein Pflaster auf dem Oberarm

© Mauritius Images

Markus Knuf, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Klinikum Worms

© Ben Pakalski

Markus Knuf ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit den Schwerpunkten Neuropädiatrie sowie Neonatologie und arbeitet als Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Klinikum Worms. Er ist Mitglied im Vorstand der DGPI (Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e. V.) und Professor für Pädiatrische Infektiologie und Pädiatrische Intensivmedizin an der Universitätsmedizin Mainz.

Der Impfstoff für Kinder ab zwölf ist da, doch eine allgemeine Impfempfehlung gibt es nicht. Warum das so ist, erklärt Kinderarzt Markus Knuf.

Warum gibt es von der Ständigen Impfkommission (STIKO) aktuell keine allgemeine Empfehlung für alle Kinder zwischen zwölf und 17?
Bei den Empfehlungen der STIKO geht es hauptsächlich um den Schutz des Geimpften selbst. Für die Entscheidung des Gremiums ist einerseits wichtig, wie sicher und wirksam der Impfstoff vor COVID-19 schützt und andererseits, wie gefährlich die Krankheit für die geimpften Kinder ist. Die STIKO muss Nutzen und Risiken eines Impfstoffs gegeneinander abwägen.

Und für Kinder ist eine Infektion weniger gefährlich als für Erwachsene, oder?
Ja, sie werden viel seltener im Krankenhaus behandelt. Die Prozentzahl derer, die auf eine Intensivstation müssen, liegt beispielsweise bei fünf Prozent. Von 1632 stationär behandelten Kindern, mussten (Stand Juni 2021) 83 auf der Intensivstation versorgt werden. Bei den über 60-Jährigen benötigen acht bis zehn Prozent Intensivpflege - bei einer deutlich größeren Anzahl an Patienten, die auf einer Normalstation behandelt wurden. Die sogenannte Krankheitslast ist für Kinder sehr gering. Aber auch die relative dünne Datenlage zum Impfstoff hat die Entscheidung der STIKO beeinflusst.

Aber der Impfstoff ist doch schon auf dem Markt?
Auch wenn der Impfstoff bereits zugelassen ist, haben wir dennoch wenige Daten dazu. Es gab eine Studie mit etwas mehr als 2000 Teilnehmern, die Hälfte davon hat ein Placebo bekommen. Daraus kann man zwar Eindrücke ableiten, wie wirksam und verträglich die Impfung ist. Dennoch bleiben viele Fragen offen.

Welche Unklarheiten bestehen denn noch?
Um seltene Nebenwirkungen oder Langzeitfolgen zu bemerken, sind zusätzliche Erhebungen nötig. Unerwünschte Wirkungen, die häufig vorkommen, fallen natürlich auch bei geringen Teilnehmerzahlen auf. Wenn Schmerzen an der Einstichstelle bei 30 Prozent aller Geimpften auftreten und es eine Studie mit 1000 Impflingen gibt, können die Experten mit 300 Rückmeldungen rechnen. Bei einer seltenen Nebenwirkung, die nur einmal unter 10.000 Geimpften auftaucht, wie zum Beispiel Krampfanfälle, dann reicht eine Gruppe mit 1000 Teilnehmern nicht aus. Nur weil eine Nebenwirkung innerhalb einer Studie nicht auffällt, heißt es nicht, dass es sie nicht gibt. Deshalb müssen wir in Zukunft die Anwendung des Impfstoffs in einer größeren Gruppe beobachten.

Welchen Kindern und Jugendlichen rät die STIKO dennoch zur Impfung?
Eine Empfehlung gibt es derzeit nur für Kinder über zwölf mit bestimmten Vorerkrankungen, etwa mit Herz- oder Lungenproblemen, neurologischen Krankheiten oder einer Immunschwäche. Auch wenn innerhalb der Familie jemand schwer erkrankt ist und sich nicht impfen lassen kann, rät die STIKO zur Impfung.

Kann es sein, dass Kinder völlig andere Nebenwirkungen entwickeln als Erwachsene?Ja, es gilt: „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen.“ Sie entwickeln sich unglaublich dynamisch. Kinder über zwölf sind in oder vor der Pubertät und ihr Gehirn ist noch besonders empfindlich für Störungen von außen.

Sollte nicht auch in die STIKO-Entscheidung einfließen, welche gravierenden Auswirkungen ein Lockdown mit Schul- und Kitaschließungen für Kinder hat?
Es ist nicht der Auftrag der STIKO, diese psychosozialen Effekte der Pandemie in ihre Empfehlung einzubeziehen. Für mich als Arzt ist das aber ein sehr gewichtiges Argument, das in der Entscheidung für oder gegen eine Impfung einfließen sollte. Ob ein Erwachsener zwischen seinem 57. und 58. Lebensjahr im Homeoffice arbeitet, spielt meist keine so große Rolle. Mit Kindern und Jugendlichen macht die Pandemie aber sehr viel. Zumal sie sich innerhalb eines Jahres fundamental weiterentwickeln können oder eben nicht. Für sie sind Schließungen von Schulen, Vereinen oder Gemeinschaftseinrichtungen elementar. Man muss sich nur mal ein Kind im ersten Lebensjahr vorstellen, das mitten in der Sprachentwicklung steckt und nur Menschen mit Maske sieht.

Zumal Kinder für die Verbreitung des Virus gar nicht so entscheidend sind. Anfangs dachten wir, dass das Infektionsgeschehen von SARS-CoV-2 dem der Influenza, der echten Grippe, sehr ähnelt. Bei der Grippe sind Kinder der Motor, der dafür sorgt, dass sie sich verbreitet. Beim Coronavirus sind nicht alle Varianten gleichermaßen ansteckend. Dennoch kann man sagen, dass die SARS-CoV-2-Pandemie nicht in diesem Maße von Kindern getrieben wird. Es ist durchaus möglich, dass ein erkranktes Kind seine Eltern und Geschwister nicht infiziert. Aber man muss auch bedenken, dass es 13 Millionen Kinder und Jugendliche in unserem Land gibt. Das ist keine kleine Randgruppe, die wir bei der Pandemiebekämpfung außen vorlassen können. Wir brauchen sie, um eine Herdenimmunität zu erreichen.

Was würden Sie dem Vater eines kerngesunden zwölfjährigen Jungen raten, der sich unsicher ist, ob er sein Kind impfen lassen soll oder nicht?
Ich würde versuchen herauszufinden, wie es dem Kind in den vergangenen Pandemiemonaten ergangen ist. Erzählt mir der Vater, dass der Junge zehn Kilo zugenommen hat, nur noch frustriert in seinem Zimmer sitzt und seine Freunde nicht mehr trifft, dann würde ich ihm erklären, dass eine Impfung wieder für mehr Bewegungsfreiheit sorgen kann. Ich berate grundsätzlich immer ergebnisoffen. Das heißt ich kläre den Vater darüber auf, was wir über Wirksamkeit und Nebenwirkungen wissen. So kann er gemeinsam mit dem Kind eine Entscheidung treffen.

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Quellen

Online-Informationen Statistisches Bundesamt; www.destatis.de; Abruf: 18.06.2021

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© FOCUS-Gesundheit

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