In Europa wird im Vergleich zu anderen Gebieten weltweit am meisten getrunken: 10,6 Liter reinen Alkohol konsumiert ein Erwachsener im Schnitt pro Jahr. Deutschland liegt auf Platz 14 der internationalen Statistik und mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von elf Litern sogar noch über dem weltweiten Durchschnitt. Zwar trinken die Deutschen in den letzten Jahren weniger – doch immer noch deutlich zu viel. „Fast jeder fünfte Mann und 15 Prozent aller Frauen, insgesamt 9,5 Millionen Menschen, nehmen Alkohol in schädlichen Mengen zu sich“, sagt Ulrich John, Psychologe und Direktor des Instituts für Sozialmedizin und Prävention der Universitätsmedizin Greifswald. Für Männer liegt die Grenze bei 24 Gramm Reinalkohol pro Tag, das entspricht zwei Gläsern Bier à 0,3 Liter. Frauen sollten täglich nicht mehr als zwölf Gramm Reinalkohol trinken, also ein Glas Bier oder 0,1 Liter Wein.
Alkoholkonsum reduzieren in fünf Schritten
„In der Regel sind es erst äußere Anlässe, die Menschen dazu bewegen, ihren Alkoholkonsum zu hinterfragen“, sagt John. „Man wird bei der Arbeit auffällig, weil man zu spät oder mit einem Kater kommt. Man fällt im Straßenverkehr auf, verliert den Führerschein oder verursacht einen Unfall.“ Viele Menschen bemerken erst dann, dass sie ein Problem haben und etwas ändern müssen. Alkoholkranke sollten sich unbedingt an einen Psychologen wenden oder um eine stationäre Therapie bemühen. Aus eigener Kraft gelingt das Aufhören meist nicht. Wer jedoch lediglich seinen Alkoholkonsum reduzieren und auf das „Glas zu viel“ verzichten möchte, kann sich an diesen fünf Schritten orientieren:
Schritt 1: Verhalten beobachten
Stimmt es, dass ich in den letzten Jahren immer ein bisschen mehr trinke? Muss es sein, dass ich mir jeden Abend ein Feierabendbier genehmige? Wer sein Trinkverhalten hinterfragt, macht den ersten Schritt in ein gesünderes Leben. „In der Psychologie spricht man von Hinterfragen automatisierter Handlungen“, sagt Ulrich John. Auch die Auswirkungen von Alkohol auf die Psyche sollte sich jeder vor Augen führen: Brauche ich Alkohol, um mich zu entspannen?
Schritt 2: Die innere Abwägung
Das Bier vor dem Fernseher oder der Abendspaziergang mit der Frau – was ist mir wichtiger? „In der Therapie stellen wir diese Überlegungen bildlich mit einer Waage dar“, erklärt der Psychologe. „Auf der einen Seite stehen die Vorteile einer Verhaltensänderung, auf der anderen Seite die Nachteile.“ Vielleicht wird das Bier allein auf der Couch unwichtig im Vergleich zu einem gemeinsamen Erlebnis.
Schritt 3: Konkrete Pläne schmieden
Überwiegen die Vorteile, können Ziele gesetzt werden: Bis Ostern abends nur ein Glas trinken oder auf einer Party genau mitzählen, wie viele Gläser man getrunken hat. „Die Selbstbeobachtung ist eine wichtige Voraussetzung, um sein Verhalten zu ändern“, rät Therapeut Ulrich John. „Hier sind realistische Ziele wichtig, sonst ist das Scheitern vorprogrammiert.“ In dieser Phase sollten Partner und Familie den Durchhaltewilligen positiv unterstützen.
Schritt 4: Taten folgen lassen
Für dieses Handlungsstadium braucht es klare Strategien. „Nur mit viel Selbstsicherheit und einem starken Willen gelingt es, in der Gruppe Nein zu sagen“, sagt Ulrich John. Statt Ausreden zu finden („Ich muss noch Auto fahren!“), solle man dazu stehen, dass man nicht trinken möchte. „Mit starkem Willen und einer Strategie ist es machbar, weniger Alkohol zu trinken.“ Und wenn man mal scheitert: abhaken und weitermachen!
Schritt 5: Langfristig durchhalten
Nun muss das Weniger-Trinken nachhaltig ins Leben integriert werden. Wichtig dabei: kleine Schritte gehen, realistische Ziele setzen und geduldig mit sich selbst sein. Gewohnte Rituale wie der wöchentliche Prosecco mit den Freundinnen können durch neue gemeinsame Hobbys ersetzt werden. „Ab ins Fitness-Studio, oder raus in den Wald, das schafft Erfolge und nette Erlebnisse“, sagt John. „Bewegung beeinflusst die Stimmung genauso gut oder besser als Alkohol, sie macht Trinken überflüssig.“ Am wichtigsten sei, Geduld mit sich zu haben. Manchmal dauere die Umstellung bis zu zwei Jahre. „Tiefgreifende Gewohnheiten“, sagt Psychologe John, „lassen sich bei niemandem über Nacht ändern.“
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Check-Liste für einen gesunden Umgang mit Alkohol
Wer ab und zu ein Glas trinken und dennoch gesund leben will, sollte einige Regeln beachten:
- Vermeiden Sie es, sich zu betrinken.
- Für Frauen ist ein Standardglas genug, für Männer zwei.
- Trinken Sie nicht bei der Arbeit, beim Studieren, beim Autofahren, vor dem Sport oder direkt vor dem Schlafengehen.
- An zwei Tagen in der Woche sollte man gar nicht trinken.
- Für Kinder, Schwangere und Stillende ist Alkohol tabu.
- Ältere Menschen sollten besonders zurückhaltend sein.
- Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob Sie Alkohol trinken dürfen, wenn Sie bestimmte Medikamente nehmen.
Dies ist eine gekürzte Fassung. Den vollständigen Text mit vielen weiteren Abnehm-Tipps finden Sie in FOCUS-GESUNDHEIT Nr. 46 „Gesünder leben“ – als Print-Heft oder Digital-Ausgabe.
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