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Progressive Muskelentspannung

Die Progressive Muskelentspannung ist eine Entspannungstechnik, bei der Muskeln an- und entspannt werden. Lesen Sie die Anleitung und Anwendungsgebiete.

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Inhaltsverzeichnis
Junge Frau liegt auf dem Rücken auf einer Trainingsmatte und entspannt sich, die Arme von sich gestreckt

© Shutterstock

Was ist Progressive Muskelentspannung?

Die Progressive Muskelentspannung ist eine Entspannungstechnik, bei der die Übenden die wichtigsten Muskelgruppen nacheinander zunächst bewusst anspannen und dann lockerlassen. Das soll den Körper entspannen, die Gedanken zur Ruhe kommen lassen und damit Stress und Alltagsbelastungen reduzieren. Die Progressive Muskelentspannung heißt auch Progressive Muskelrelaxation oder abgekürzt PMR.

Die Entspannungsmethode hat ihren Ursprung im Jahr 1908. Der Physiologe Edmund Jacobson hatte festgestellt, dass sich die Muskelspannung bei Unruhe erhöht. Umgekehrt ließen sich Erregung und Angst verringern, wenn die Muskulatur bewusst entspannt wurde. Damals begann er, ein Training zu entwickeln, bei dem die Ausführenden unterschiedliche Muskelgruppen an- und entspannten und so zu tiefer Entspannung kommen sollten. Erstmals offiziell beschrieben hat er die PMR im Jahr 1929. Entsprechend heißt diese Technik heute in der ausführlichen Schreibweise Progressive Muskelentspannung nach Jacobson.

Dem Vater der PMR ging es hauptsächlich darum, durch den Wechsel aus bewusster An- und Entspannung körperliche Verspannungen frühzeitig wahrzunehmen und ihnen entgegenzusteuern. Seit der Entwicklung der Progressiven Muskelentspannung hat sich die Entspannungsmethode jedoch erheblich verändert. So waren früher zum Beispiel mehr als 50 Sitzungen notwendig, um die Technik zu erlernen. Auch die Anzahl der Übungen weicht heute teilweise erheblich von den ursprünglichen Empfehlungen Jacobsons ab.

Das Grundprinzip ist jedoch gleichgeblieben: Auf ein bewusstes Anspannen einer bestimmten Muskelgruppe folgt ein willkürliches Entspannen eben jener. Die Übenden gehen die Muskelgruppen nacheinander, also progressiv, durch. So lassen sich verschiedene Entspannungsprozesse im Körper anstoßen, zum Beispiel:

  • ruhigerer Pulsschlag
  • ruhigere Atmung
  • verlangsamte Darmtätigkeit
  • niedrigerer Blutdruck

Die Progressive Muskelentspannung ist leicht zu erlernen und durchzuführen. Sie brauchen dazu keine Hilfsmittel. Die PMR lässt sich gut in den Alltag integrieren und in vielen Lebenssituationen anwenden, wenn Sie etwas Übung haben. Bis Sie die Technik verinnerlicht haben, dauert es allerdings ungefähr zwei bis drei Monate.

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Progressive Muskelentspannung: Anleitung

Die Progressive Muskelrelaxation erlernen Sie am besten bei einem Profi. Lassen Sie sich von einem Experten in die Technik einführen und alle Übungen zeigen. Dann sind Sie anschließend auch in der Lage, sie korrekt auszuführen. Es gibt verschiedene Übungen, die Sie in unterschiedlichen Positionen durchführen können. Möglich ist die Progressive Muskelentspannung im Liegen. Wenn Sie die Progressive Muskelentspannung lieber im Sitzen anwenden möchten, suchen Sie sich einen bequemen Sessel oder ein Sofa.

  • Wenn Sie sitzen, sollten Ihre Füße Bodenkontakt haben und Sie sollten sich anlehnen können. Wenn Sie liegend üben, sollte dies auf dem Rücken und mit von sich gestreckten Beinen geschehen. Sie können sich auch ein Kissen in den Nacken legen, wenn Sie möchten.
  • Nun spannen Sie verschiedene Muskelgruppen nacheinander bewusst an und lassen sie wieder locker. Es gibt unterschiedliche Abläufe, bei denen zum Beispiel erst eine Körperhälfte, dann die andere und anschließend die Körpermitte angespannt und wieder entspannt wird. Alternativ kommen erst die Extremitäten an die Reihe, dann der Rumpf, dann der Kopf.
  • In der klassischen PMR-Anleitung beginnen Sie mit der rechten Hand, wechseln dann zur linken Hand, es folgen rechter Oberarm, linker Oberarm, Stirn, Gesicht, Nacken, Rücken, Brust, Bauch, Beine. Das Ganze wiederholen Sie einige Male.

Die Anspannungsphase soll kürzer sein als die Entspannungsphase bei der Progressiven Muskelentspannung. Wie oft und wie lange sie die Muskeln anspannen, lässt sich etwas variieren. Es sollten aber mindestens fünf Sekunden sein, in denen Sie ruhig weiteratmen. Sie können die Anspannung auch zehn Sekunden halten, gefolgt von 45 bis 60 Sekunden Entspannung. Manche Lehrende erachten auch 15 bis 20 Sekunden Entspannung für ausreichend.

Idealerweise üben Sie zweimal pro Tag an einem ruhigen Ort. Ziel ist es, unterscheiden zu lernen, wie sich die normale Anspannung im Vergleich zur überhöhten Anspannung anfühlt. Sie lernen auch, bewusst loszulassen und die Entspannung zu fühlen.

Entsprechend sind bei der Progressiven Muskelentspannung die Übungen für die einzelnen Körperpartien einfach und intuitiv. Einige Beispiele:

  • Hände: Machen Sie eine Faust.
  • Arme: Winkeln Sie die Arme an und spannen Sie sie von den Händen bis zu den Oberarmen an.
  • Gesicht: Spannen Sie erst das gesamte Gesicht an, dann nacheinander mit Pausen Stirn (runzeln), Augenbrauen (hochziehen), Lippen (aufeinanderpressen), Unterkiefer (Zähne sachte zusammenbeißen).
  • Schultern: nach oben ziehen und halten
  • Oberschenkel: anspannen, dabei auch die Fußspitzen nach oben ziehen und die Fersen in den Boden drücken

Atmen Sie zu Beginn der Entspannungsphase bewusst aus und genießen Sie die Pause. Lassen Sie sich fallen. Versuchen Sie, Gefühle und Gedanken, die in der Entspannung aufkommen, bewusst kommen und gehen zu lassen. Beobachten Sie Gefühle und Gedanken außerdem nur, halten Sie sie nicht fest und beurteilen Sie sie nicht (auch nicht sich selbst).

Progressive Muskelentspannung: Anwendungsgebiete

Die Progressive Muskelrelaxation lässt sich für verschiedene körperliche und psychische Probleme einsetzen, mitunter auch begleitend zu einer ärztlichen Behandlung. Einige Beispiele

  • Progressive Muskelentspannung zum Einschlafen: Die Technik des An- und Entspannens lässt Übende ruhiger und gelassener werden. Die Stressresistenz erhöht sich mit wachsender PMR-Routine. Je weniger nervös und angespannt Sie sind und je weniger Sorgen und negative Gedanken sich im Kopf festsetzen, desto leichter fällt Ihnen das Einschlafen.
  • Progressive Muskelentspannung bei Angststörung: Mitunter ist die PMR hier Teil der Therapie. Sie hilft den Betroffenen, sich bewusst zu entspannen, wenn sie sich nach und nach immer weiter in eine angstauslösende Situation begeben oder einem gefürchteten Objekt nähern.
  • Progressive Muskelentspannung bei verspanntem Nacken: Durch die PMR-Technik lernen Sie, Spannungszustände wahrzunehmen und gezielt abzubauen. Verspannungen entstehen oftmals durch Stress, weil Sie die Muskulatur in Drucksituationen unbewusst anspannen. Das willkürliche Entspannen der (Nacken-)Muskeln hilft, Verspannungen zu lösen. Das gilt übrigens auch für andere Körperpartien. So kann Progressive Muskelentspannung auch den Rücken von Schmerzen und Verspannungen befreien helfen.
  • Progressive Muskelentspannung gegen Tinnitus: Bei Ohrensausen kann die Progressive Muskelrelaxation dazu beitragen, die durch den Tinnitus bedingte Anspannung zu lösen und die Aufmerksamkeit vom Ohrenklingeln wegzulenken. Da Betroffene mit der PMR ein Werkzeug zur Linderung des Tinnitus haben, empfinden sie ihn oft als kontrollierbarer und damit als weniger bedrohlich.
  • Progressive Muskelentspannung bei Migräne: Regelmäßiges Entspannungstraining mittels PMR kann dazu beitragen, dass Migräneattacken seltener auftreten. Zudem hatten in einer Studie der Uni Rostock die Probanden weniger Angst vor erneuten Kopfschmerzanfällen und fühlten sich generell körperlich besser.

Nicht einsetzen sollten Sie die Progressive Muskelentspannung bei Muskelkrämpfen sowie Sehnen- und Muskelentzündungen. Auch bei akuten Psychosen und Schizophrenie ist die PMR nicht ratsam, weil sich die Übenden auf innere Prozesse konzentrieren. Dies könnte dazu führen, dass sie das Geschehen wahnhaft interpretieren und sich die Symptomatik eher verstärkt als vermindert.

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Progressive Muskelentspannung: Wirkung

Wann Sie bei der Progressiven Muskelentspannung einen Wirkungseintritt verspüren, hängt davon ab, wie regelmäßig Sie üben. Eine Rolle spielte es aber auch, welcher individuelle Typ Mensch Sie sind. Manchen gelingt es vergleichsweise schnell, sich durch diese Technik in eine tiefe Entspannung zu bringen, andere brauchen Wochen oder Monate dafür.

Ist das aber geschafft, lässt sich die PMR als willkürliche, intensive Erholungspause einsetzen. Sie können Stress abbauen, Verspannungen lösen oder die angespannten Nerven beruhigen. Progressive Muskelentspannung kann außerdem helfen, Ängste abzubauen, Schmerzen zu lindern und generell empfindsamer für die Signale des Körpers zu werden, sprich: ein besseres Körpergefühl zu entwickeln.

Quellen
  • Biesinger, Eberhard: Tinnitus – Endlich Ruhe im Ohr; Trias Verlag; 3. Auflage 2013
  • Hesse, Gerhard: Tinnitus; Thieme Verlag; 1. Auflage 2008
  • Online-Informationen Bundesverband für Autogenes Training und Entspannungstherapie: www.batev.de; Abruf: 11.10.2021
  • Online-Informationen Deutscher Wellness Verband e. V.: www.wellnessverband.de; Abruf: 11.10.2021
  • Online-Informationen Berufsverbände und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland und der Schweiz: www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org; Abruf: 11.10.2021
  • Online-Informationen Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universitätsmedizin Rostock: https://imp.med.uni-rostock.de; Abruf: 12.10.2021
  • Online-Informationen Universitätsklinik des Saarlandes: www.uniklinikum-saarland.de; Abruf: 12.10.2021
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