Definition: Was ist eine Ergotherapie?
Einfach erklärt: Der Begriff "Ergotherapie" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Gesundung durch Betätigung". Sie hilft Menschen, die durch eine Krankheit, einen Unfall, psychische Probleme oder eine Behinderung körperlich oder mental eingeschränkt sind und bestimmte Alltagsaufgaben nicht (mehr) durchführen können.
In der Ergotherapie lernen die Patienten, wie sie durch handwerkliche oder künstlerische Tätigkeiten ihre Körperfunktionen und ihre Sinne stärken und somit ihre Handlungsfähigkeit verbessern können. Auch den Umgang mit anderen Menschen können sie in der Behandlung trainieren. Das Ziel einer Ergotherapie ist, dass der Patient (wieder) größtmögliche Selbstständigkeit in seinem Berufs- und Privatleben erlangt. Letztlich geht es in der Ergotherapie darum, den Alltag zu üben.
Eine Ergotherapie ist für jedes Alter geeignet, also für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Ergotherapien werden in Ergotherapie-Praxen, Reha-Kliniken, Seniorenheimen oder Behindertentagesstätten angeboten. Die Behandlung ist zudem als Einzel- oder Gruppentherapie möglich.
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Ergotherapeutische Diagnostik
Am Anfang einer Behandlung befragt der Ergotherapeut den Patienten und/oder seine Angehörigen, welche Einschränkungen der Betroffene hat. Darüber hinaus untersucht er den Patienten körperlich und führt standardisierte Tests (zum Beispiel zur Überprüfung der Koordination, Motorik oder Konzentrationsfähigkeit) mit ihm durch.
Der Ergotherapeut bespricht danach mit dem Patienten, welche Einschränkungen verbessert werden sollen und welche Fertigkeiten er besonders stärken möchte. Gemeinsam mit dem Patienten stellt er dann einen Therapieplan auf.
Ergotherapeutische Behandlungsmethoden
Die Ergotherapie kommt sowohl bei psychischen als auch körperlichen Ursachen für Einschränkungen im Alltag zum Einsatz.
Je nach Patient und Zielen der Behandlung werden unterschiedliche Methoden angewendet.
Ergotherapie in der Psychiatrie
In der Psychiatrie hilft die Ergotherapie Patienten, die an einer Depression, Angststörung, Suchterkrankung, bipolaren Störung, an einem Borderline-Syndrom, an einer Zwangserkrankung, Bulimie, Magersucht, Demenz oder Schizophrenie leiden. Die ergotherapeutische Behandlung hilft den Betroffenen, Ängste und Aggressionen abzubauen, ihren Antriebswillen zu steigern, ihre Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer zu stärken, ihre Tagesstrukturierung zu verbessern und ihre Aktivität und Selbstständigkeit wiederzuerlangen.
Abhängig vom psychischen Leiden des Patienten kommen verschiedene ergotherapeutische Behandlungsmethoden in Frage:
Eine Therapie, die die Aktivitäten des täglichen Lebens (sogenannte ADLs) stärken soll, kann zum Beispiel so aussehen, dass der der Patient Garten- oder Werkstattarbeit macht oder in einem klinikeigenen Café oder Laden mitarbeitet. Hierbei lernt er, im Alltag verschiedene Aufgaben zu planen und durchzuführen, mit aufkommenden Emotionen zurechtzukommen und seinen Bezug zur Realität zu festigen. Man bezeichnet diese Form der Ergotherapie auch als kompetenzzentriert-alltagsrelevant.
Eine andere Methode ist die sogenannte subjektbezogene-ausdruckszentrierte Therapie, hier lernt der Betroffene, seine Bedürfnisse und Emotionen richtig wahrzunehmen und diese eindeutig zu erkennen. Der Therapeut leitet die Patienten zum Beispiel zum Malen oder Basteln an.
Bei der wahrnehmungszentrierten Therapie hingegen geht es hauptsächlich um Sinneseindrücke. Unter Anleitung des Ergotherapeuten lernt der Patient, sich auf seine Wahrnehmung zu konzentrieren und diese zu verbessern. Dazu führt er einfache Übungen durch. Zum Beispiel muss der Patient verschiedene Materialien ertasten.
Ergotherapie bei Demenz
Eine ergotherapeutische Behandlung kann helfen, den Krankheitsverlauf bei mittlerer und schwerer Demenz zu mildern und die Lebensqualität zu verbessern, stellten Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Dokumentation und Information fest.
Der Schwerpunkt der Ergotherapie bei Demenzkranken liegt darauf, neben der kognitiven Leistungsfähigkeit vor allem die Körperwahrnehmung zu fördern. Denn diese nimmt beim Patienten im Laufe der Erkrankung zunehmend ab. Das gilt besonders für die Hände der Erkrankten, im schweren Demenzstadium haben sie Schwierigkeiten, ihre Hände zu bewegen und schließen. Wenn der Patient frühzeitig eine Ergotherapie beginnt, kann er solche körperlichen Einschränkungen oft verhindern.
Die Ziele der Ergotherapie bei Demenzpatienten sind je nach Stadium der Krankheit unterschiedlich:
Wenn die Erkrankung im Anfangsstadium ist, geht es in der Ergotherapie darum, die noch vorhandenen kognitiven Fähigkeiten des Patienten möglichst lange zu erhalten und sein Langzeitgedächtnis durch Erinnerungsarbeit anzuregen, seine Orientierung zu stärken und seine Körperwahrnehmung zu trainieren.
Bei fortgeschrittener Krankheit dreht es sich in der Therapie hauptsächlich darum, dass der Patient übt, seinen Körper weiterhin vollständig zu spüren und wahrzunehmen und er alltägliche Dinge selbstständig durchführen kann. Außerdem macht der Ergotherapeut mit dem Betroffenen Übungen, um Gelenkversteifungen, vor allem in den Händen und Armen, zu vermeiden, trainiert mit ihm Sturzprophylaxe, behebt mit ihm Probleme bei der Nahrungsaufnahme, er versucht seine sprachliche Ausdrucksfähigkeit anzuregen und seine Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit zu verbessern.
Ergotherapie in der Geriatrie
Darüber hinaus kommt die Ergotherapie in der Geriatrie (Altersheilkunde) zum Einsatz. Hier stellt sich der Ergotherapeut speziell auf die altersbedingten Beschwerden des Patienten ein und konzipiert die Behandlung entsprechend. So leiden ältere Menschen oft an einer verminderten Funktion der Sinnesorgane und sind von Krankheiten wie etwa Parkinson, Osteoporose oder Rheuma betroffen.
Hinzu kommt, dass einige Senioren durch den Verlust ihres Partners oder von Freunden an Einsamkeit leiden und depressiv geworden sind. Die ergotherapeutische Behandlung kann helfen, die Beweglichkeit des Patienten zu erhalten, seine Feinmotorik zu stärken, seine geistigen Fähigkeiten (Konzentration und Gedächtnis) zu fördern, seine Selbstständigkeit zu erhalten (vor allem bei alltäglichen Aufgaben wie Essen, Trinken, Körperpflege, Ankleiden), seine Kontakt- und Orientierungsfähigkeit zu unterstützen und seine psychische Stabilität zu stärken.
Ergotherapie in der Orthopädie
Mit Hilfe der Ergotherapie können Patienten, die im Bewegungsapparat eingeschränkt sind, ihre Beweglichkeit trainieren und verbessern. Typische Therapiegründe sind: Verschleißerscheinungen oder Verletzungen der Wirbelsäule, Knochen oder Gelenke, ein Bandscheibenvorfall, eine angeborene Fehlbildung im Bewegungsapparat, eine Unfallverletzung, Rheuma, eine Krebserkrankung der Knochen, Muskeln und Nerven, eine Amputation.
In der Ergotherapie stärkt der Patient seine Muskulatur und verbessert seine Beweglichkeit. Wenn nötig, trainiert er außerdem seine Feinmotorik, die Koordination seiner Hände und Finger oder seine Gangsicherheit. Der Ergotherapeut kann mit dem Betroffenen außerdem üben, wie er an seinem Arbeitsplatz gut zurechtkommt und zum Beispiel seinen Schreibtisch rückenfreundlich einrichtet, was er beim Sitzen auf dem Bürostuhl beachten sollte und welche Gymnastikübungen im Arbeitsalltag seinen Bewegungsapparat kräftigen.
Kann ein Patient seine Bewegungsfähigkeit nicht mehr vollständig erlangen, entwickelt der Ergotherapeut mit ihm Techniken, um den Mangel auszugleichen. Er trainiert mit ihm zum Beispiel den Umgang mit Hilfsmitteln wie Prothesen, Handschienen und Geräten für den Haushalt.
Ergotherapie bei Kindern
Ergotherapie wird auch in der Pädiatrie eingesetzt: Wenn Kinder oder Jugendliche eine körperliche oder geistige Entwicklungsstörung haben, an einer Krankheit leiden, die sie im Alltag einschränkt oder behindert sind, kann eine Ergotherapie nötig sein, um ihre Schwächen auszugleichen und ihre Fähigkeit zu verbessern, selbstständig zu handeln.
Die Ergotherapie hat das Ziel, die Bewegungsabläufe und die Koordination des Kindes zu verbessern, seine Sinneswahrnehmung zu schulen und zu stärken, seine Konzentration, Ausdauer und kognitive Leistungsfähigkeit zu fördern, seine Motivation und seine Neugier zu stärken, seine Eingliederung in die Gesellschaft zu verbessern und ihm zu größtmöglicher Selbstständigkeit zu verhelfen.
Die Behandlung benötigt eine enge Zusammenarbeit mit den Erziehern, Lehrern, anderen Therapeuten und Eltern.
Neurofeedback
Neurofeedback wird häufig aber nicht ausschließlich von Ergotherapeuten durchgeführt. Die Methode setzen Therapeuten bei unterschiedlichen Indikationen ein. Einfach ausgedrückt ist Neurofeedback eine Behandlungsmethode, die die Gehirnaktivität bei einem Patienten misst, die Signale an einen Computer weiterleitet und dem Patienten dann eine visuelle oder optische Rückmeldung (Feedback) darüber gibt.
Durch diese wiederholte Rückmeldung lernt das Gehirn, seine Aktivität besser zu regulieren und zum Beispiel negative Verhaltensweisen zu verändern. Das Denkorgan wird dadurch sozusagen anders konditioniert. Dies geschieht unbewusst und ist für den Patienten daher nicht mit Anstrengung verbunden.
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Ergotherapie: Risiken
Die ergotherapeutische Behandlung besitzt keine besonderen Risiken. Komplikationen können sich dann ergeben, wenn der Betroffene in der Therapie seine Belastungsgrenze überschreitet. Dies sollte der Ergotherapeut unbedingt vermeiden.
Fühlt sich der Patient überfordert, sollte er dies mit dem Ergotherapeuten besprechen. Dann ist es ratsam, die Behandlung anzupassen und eventuell ein neues Therapieziel festzusetzen.
Quellen
- Online-Informationen Berufsverbände und Fachgesellschaften für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland, Österreich, Schweiz und Italien: www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org; Abruf: 28.04.2019
- Online-Informationen Deutscher Verband der Ergotherapeuten (DVE): www.dve.info; Abruf: 28.04.2019
- Online-Informationen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: www.wegweiser-demenz.de; Abruf: 28.04.2019
- Online-Informationen Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V.: www.deutsche-alzheimer.de; Abruf: 28.04.2019