Nervosität, vielleicht auch ein Gefühl der Traurigkeit, Hitzewallungen und immer weniger Lust auf Sex. Klingt nach typischen Symptomen der Wechseljahre. Und Männer können davon ebenso betroffen sein wie Frauen. Erfahren Sie hier, wie sich die Wechseljahre bei Männern äußern, ob es überhaupt „richtige“ Wechseljahre sind und wie sich die Beschwerden behandeln lassen.
Gibt es Wechseljahre beim Mann?
Ob es die Wechseljahre beim Mann wirklich gibt, ist unter Experten umstritten. Fest steht: So, wie wir die Wechseljahre bei der Frau kennen, existieren sie beim Mann nicht. Es lässt sich keine klare Grenze zwischen „vor den Wechseljahren“ und „in den Wechseljahren“ ziehen, wie es bei der Frau durch die letzte Regelblutung möglich ist.
Aber nichtsdestotrotz zeigen auch Männer in der Lebensmitte teils ähnliche Symptome. Ein Phänomen, das auch Andropenie oder Andropause genannt wird. Dieser Name ist abgeleitet von den Androgenen, den Geschlechtshormonen, die an der Entwicklung männlicher Geschlechtsmerkmale beteiligt sind. Allerdings ist die Bezeichnung etwas unglücklich, da sie auch „Tod des Mannes“, analog zu Menopause, „Tod der Periode“ bedeutet.
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In den Wechseljahren, bei Männern auch Klimakterium virile genannt, produziert der Körper weniger des männlichen Sexualhormons Testosteron. Das beginnt schleichend, die Wechseljahre können bei Männern schon ab einem Alter von Mitte, Ende 30 beginnen. Dann nämlich nimmt die körpereigene Testosteron-Produktion pro Jahr um durchschnittlich eins bis 1,2 Prozent ab. Deshalb bezeichnet man die Wechseljahre bei Männern auch als Testosteron-Mangel-Syndrom.
Ebenfalls weniger werden die Hormone Dehydroepiandrosteron (DHEA), ein Steroidhormon und Vorstufe für die männlichen Sexualhormone, sowie Dehydroepiandrosteronsulfat (DHEAS), ein Sexualhormon. Zudem verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen den Hormonen – und zwar von Mann zu Mann sehr unterschiedlich. Die Wechseljahre bei Männern entwickeln sich über eine Dauer von vielen Jahren. Bemerkbar machen sie sich dann meist zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr.
Bei 30 Prozent der Betroffenen ist die Veränderung im Hormonspiegel genetisch bedingt. Aber auch Medikamente, Stress und bestimmte Erkrankungen können Einfluss auf ihn haben. Bei etwa jedem dritten Mann über 55 Jahre sinken die Hormonwerte extrem. Ein Vorgang, den Experten als Hypogonadismus bezeichnen. Die Hoden produzieren dann nicht mehr genug Testosteron.
Wechseljahre bei Männern: Symptome
Anders als bei Frauen, bei denen der Spiegel der Sexualhormone schubweise abnimmt und dadurch die Beschwerden recht plötzlich auftreten, entwickeln sich die Wechseljahre bei Männern über einige Jahre hinweg. Das Hormonlevel sinkt gemächlich, die Symptome der Wechseljahre beim Mann wie Hitzewallungen oder Libidoverlust machen sich nur langsam bemerkbar und sind auch nicht so ausgeprägt wie bei Frauen, da sich der Körper an das neue Niveau anpassen kann. Rund die Hälfte der Männer bekommt gar nichts davon mit.
Die anderen 50 Prozent leiden an ähnlichen Beschwerden wie Frauen in der Menopause. In den Wechseljahren können Männer vermehrt schwitzen, die Muskulatur und damit auch die Kraft nehmen ab, während sich vermehrt Bauchfett einlagert und die männliche Mitte wächst. In den Wechseljahren haben Männer außerdem häufig Beschwerden wie
- Müdigkeit
- Erektionsprobleme
- geringere Knochendichte, Knochen- und Gelenkbeschwerden
- Konzentrationsprobleme, schlechtere Gedächtnisleistung
- generelle Nervosität
Manchmal äußern sich die Wechseljahre beim Mann auch in Schwindelgefühl, weniger Lust auf Sex und anhaltende Antriebslosigkeit. Mitunter führen die Wechseljahre bei Männern in eine Depression.
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Wechseljahre bei Männern: Behandlung
Sei es, weil „echte Männer nicht zum Arzt gehen“ oder weil sie die Symptome nicht ernst nehmen: trotz merklicher Beschwerden leiden viele Männer lieber still, als sich ärztliche Hilfe zu holen. Dabei lassen sich die Wechseljahre beim Mann mit Medikamenten, aber häufig auch schon mit einer Umstellung der Lebensgewohnheiten lindern.
Hat der Arzt mittels eines Bluttests festgestellt, dass tatsächlich ein Testosteronmangel samt charakteristischer Beschwerden vorliegt, können er und der Patient zunächst versuchen, den Lebensstil des Betroffenen zu verändern. Es hat sich gezeigt, dass
- vitaminreiche, pflanzliche Kost
- nicht rauchen
- weniger Alkohol
- Sport und Bewegung (kurbelt Hormonproduktion an)
- Stress abbauen und
- sexuell aktiv bleiben (beugt sinkendem Testosteronspiegel vor)
Wechseljahrbeschwerden effektiv lindern können. Der Testosteronwert ist allerdings sehr individuell, weshalb es schwierig ist, „normal“ und „zu gering“ zu definieren. Laut Bundesärztekammer gelten Werte zwischen zehn und 40 Nanomol pro Liter (nMol/l) als Norm. Bei einem Testosteronwert von, je nach Patient, weniger als zehn oder zwölf Nanomol pro Liter kann der Arzt eine Hormontherapie, zum Beispiel in Form von Gel oder Spritzen, einleiten.
Eine solche sogenannte Hormonersatztherapie ist umstritten. In manchen Fällen kann sie das psychische und körperliche Wohlbefinden verbessern und sich positiv auf Libido und Fettstoffwechsel auswirken. Allerdings gibt es auch gravierende Nebenwirkungen beziehungsweise Langzeitfolgen, die sich bisher kaum absehen lassen. So soll zugeführtes Testosteron unter Umständen Brustschmerzen verursachen sowie das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Prostatakrebs erhöhen können.
Wer es deshalb zunächst auf sanfte Weise versuchen möchte: Es gibt einige Pflanzen, denen nachgesagt wird, dass sie die Wechseljahre beim Mann, als Naturheilmittel eingesetzt, etwas abschwächen können. Dazu gehören
- Brennnessel: soll als Tee getrunken Prostatavergrößerung vorbeugen und den Stoffwechsel aktiv halten
- Johanniskraut: der Heilpflanze wird lindernde Wirkung bei (Winter)Depression nachgesagt, es soll beruhigen und bei Schlafstörungen müde machen
- Melisse: kann ebenso bei Schlafstörungen helfen wie Hopfen oder Baldrian
Egal, ob Sie sich für eine Therapie entscheiden oder nicht: Wichtig sind vor allem eine gesunde Lebensweise und eine positive Einstellung. Der Testosteronspiegel definiert schließlich nicht allein den Mann. Und: Mit ungefähr 75 Jahren sind die Wechseljahre bei Männern für gewöhnlich überstanden.
Testosteronmangel: Warum wir häufiger darüber sprechen sollten (Podcast #62)
Zu Gast im Podcast: Prof. Dr. Frank Sommer, Facharzt für Urologie und Professor für Männergesundheit am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf
Mehr Infos zur Folge
Um das „Männerhormon“ Testosteron ranken sich viele Mythen – zum Beispiel, dass der Spiegel in den „männlichen Wechseljahren” natürlich absinkt oder dass ein Mangel Männer weniger aggressiv macht. Ein Testosteronmangel wird häufig übersehen, obwohl er verbreitet ist und immer öfter auch jüngere Männer betrifft. Darüber hinaus kann er durch eine Corona-Infektion ausgelöst werden.
In dieser Folge sprechen wir mit Frank Sommer, Professor für Männergesundheit am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf, über Warnzeichen wie Antriebslosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder Libidoverlust, die auf einen Testosteronmangel hindeuten können.
Außerdem klären wir häufige Mythen auf und besprechen, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Das ist wichtig, weil ein Mangel des „Männerhormons“ eine Reihe von Folgeerkrankungen nach sich ziehen kann, unter anderem Depressionen, Erektionsstörungen oder Typ-2-Diabetes. Und ihr erfahrt, wie ihr einem Testosteronmangel vorbeugen könnt.
Kooperationspartner der Folge ist Besins Healthcare Germany.
Quellen
- Heinemann, L A J et al.: Sex differences in "climacteric symptoms" with increasing age? A hypothesis-generating analysis of cross-sectional population surveys; The Ageing Male; 2000; DOI: 10.1080/13685530008500334
- Bundesärztekammer, Infomaterial: Testosteron bei älteren Männern; Stand: Januar 2017
- Online-Informationen ZEG Berlin – Berlin Center for Epidemiology and Health Research: www.zeg-berlin.de; Abruf: 27.06.2023