Schizophrenie: Anzeichen oft schon Monate vorher
Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, die zu den Psychosen zählt und sich durch verschiedenste Symptome bemerkbar macht. Viele Betroffene zeigen schon Monate oder Jahre vor dem Ausbruch der Psychose erste Warnzeichen. Doch diese sind oft so unspezifisch, dass sie nicht gleich eine Schizophrenie als Krankheitsbild vermuten lassen. Weder der Betroffene selbst noch sein Umfeld bringen die Symptome mit einer so schwerwiegenden psychischen Störung in Verbindung.
Es gibt einige Frühwarnzeichen, anhand derer sich eine Schizophrenie erkennen lässt:
- Lustlosigkeit, Antriebs- und Motivationsstörungen, Desinteresse, sinkendes Engagement, z. B. in der Schule oder im Job
- Schlafprobleme
- gedrückte Stimmung, Niedergeschlagenheit
- Anspannung, Nervosität, Unruhe, Ruhelosigkeit
- Reizbarkeit, Launenhaftigkeit
- Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- und Konzentrations-Störungen – die Gedanken geraten oft durcheinander
- Erhöhte Licht- und Geräuschempfindlichkeit
- Vermehrte Konfliktbereitschaft – Betroffene geraten öfter mit anderen aneinander
- Misstrauen gegenüber anderen und Trugwahrnehmungen – sie beziehen alles auf sich selbst
- Rückzug aus der Gesellschaft, Isolation
- Vernachlässigung der äußeren Erscheinung, ungepflegtes Aussehen
Einige Studien weisen sogar darauf hin, dass sich Schizophrenie an den Augen erkennen lassen könnte, denn deren Bewegungen verändern sich. Zudem scheint die Netzhaut der Augen bei Betroffenen dünner zu sein als bei Gesunden, wie eine Studie der Uniklinik Ulm ergab.
Es gibt mehrere Formen der Schizophrenie, die Symptome unterscheiden sich in Art und Ausprägung. Bei jeder Form liegt der Schwerpunkt auf jeweils anderen Symptomen.
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Paranoide Schizophrenie – Symptome
Patienten mit paranoider Schizophrenie haben Wahnvorstellungen verschiedenster Art und stellen sich Dinge vor, die mit der Realität nichts zu tun haben. Sie fühlen sich verfolgt, überwacht und kontrolliert. Andere hegen Verschwörungstheorien, glauben, schwer krank oder für höhere Aufgaben berufen zu sein.
Die meisten erleben zudem bei Schizophrenie Halluzinationen, vorwiegend akustische. So kann ein Mensch mit Schizophrenie Stimmen hören, obwohl in Wirklichkeit niemand mit ihm spricht. Die Stimmen im Kopf beschreiben manchmal sämtliche Handlungen, die sie gerade unternehmen, oder geben ihnen Anweisungen und Befehle. Manche führen Gespräche mit sich selbst und murmeln Unverständliches vor sich hin. Zwischen dem Wahn und einer Halluzination bei einer Schizophrenie gibt es übrigens einen entscheidenden Unterschied: Bei Wahnvorstellungen ist das Denken gestört, bei einer Halluzination funktioniert die Wahrnehmung nicht richtig.
Zudem erleben Menschen mit Schizophrenie sich selbst und ihre Umwelt als fremd – die Grenzen zwischen dem Ich und dem Umfeld verschwimmen. „Ich-Störung“ sagen Fachärzte dazu. So gelingt vielen keine Unterscheidung mehr zwischen „eigen“ und „fremd“. Viele sind zudem überzeugt, andere könnten ihre Gedanken lesen, diese beeinflussen oder sie ihnen wegnehmen. Sie fühlen sich von außen manipuliert, ferngesteuert oder hypnotisiert.
Im Gegensatz zu anderen Schizophrenie-Formen sind bei der paranoiden Schizophrenie die Stimmung, Gefühle, Sprache, Bewegungen oder der Antrieb kaum beeinträchtigt.
Hebephrene Schizophrenie – Anzeichen
Die hebephrene Schizophrenie zieht in erster Linie den Affekt – den emotionalen Ausdruck -, den Antrieb und das formale Denken in Mitleidenschaft. Diese Symptome sind typisch:
- Auffälliges Gefühlsleben: Die Stimmung ist starr, kaum veränderlich und die Gefühle sind verflacht. Dann wieder lachen und kichern Betroffene in Situationen, die eigentlich ernst ist.
- Formal gestörtes Denken: Patienten sind gedanklich fahrig, bleiben nicht bei der Sache und springen von einem Thema zum nächsten.
- Unangemessenes Verhalten, das nicht zur Situation passt: Menschen mit Schizophrenie vollführen manchmal Bewegungen, die auf andere bizarr, verschnörkelt und unverständlich wirken. Manche artikulieren sich auch übertrieben, wählen seltsame, unpassende, unverständliche Wörter oder drücken sich gestelzt aus.
- Die Möglichkeit zur Selbstkritik und Selbstreflexion ist vermindert.
- Die soziale Kompetenz kommt abhanden, was sich wiederum in fehlenden Freundschaften niederschlägt. Betroffene sind nicht in der Lage, enge soziale Kontakte zu knüpfen.
Meist fehlt ihnen die Einsicht, tatsächlich krank zu sein.
Katatone Schizophrenie – Symptome
Diese Form der Schizophrenie beeinträchtigt besonders die Motorik und Bewegungen. Sie kommt seltener vor. So lässt sich die katatone Schizophrenie erkennen:
- Auffällige Bewegungen: Betroffene besitzen ein hohes Maß an Erregung und einen enormen Bewegungsdrang. So laufen sie oft ziellos hin und her oder vollführen die immer gleichen stereotypen Bewegungen. Manchmal schneiden sie auch Grimassen.
- Erstarrung (Stupor): Dann erstarren sie wiederum und verharren in manchmal merkwürdigen Körperhaltungen, oft über viele Stunden. Für andere Menschen sind sie in diesem Zustand durch Ansprechen oft nicht erreichbar. Selbiger kann sich jedoch sehr schnell ändern und schlagartig in eine heftige Erregung und Aggressivität umschlagen.
Was ist Schizophrenie?
Die Schizophrenie gehört per Definition zu den Psychosen, genauer gesagt zu den endogenen Psychosen. Das heißt, dass die psychische Erkrankung „von innen heraus“, ohne besondere negative Erlebnisse oder körperliche Ursachen, entsteht. Menschen mit einer Psychose verlieren den Bezug zur Wirklichkeit, haben Wahnvorstellungen und erleben Störungen der Wahrnehmung, des Denkens, der Sprache und Gefühle.
Aus diesen Symptomen lässt sich auch die Schizophrenie-Bedeutung ableiten: Das Wort Schizophrenie heißt so viel wie „gespaltener Geist“ (griechisch schizein = „spalten, zerspalten, zersplittern“ und phrēn = „Geist, Seele, Gemüt“). Der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler prägte den Begriff im Jahr 1911.
Wichtig ist jedoch, dass die Intelligenz und die intellektuellen Fähigkeiten der Betroffenen meist nicht beeinträchtigt sind, jedenfalls zunächst nicht. Anders als viele glauben, hat die Schizophrenie nichts mit „Verrücktsein“, geistiger Störung oder gespaltener Persönlichkeit zu tun.
Schizophrenie: Wie viele erkranken und in welchem Alter?
Ärzte schätzen, dass ungefähr 4,6 von 1.000 Menschen im Lauf ihres Lebens an Schizophrenie erkranken. Jedes Jahr erhalten etwa 15 pro 100.000 Einwohner die Diagnose Schizophrenie neu. Männer und Frauen trifft die Erkrankung nahezu gleich oft, aber Männer erkranken drei bis vier Jahre früher. Meist zeigt sich die psychische Krankheit erstmals zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr. Die Mehrheit – nämlich 65 Prozent – ist bei der Diagnose jünger als 30 Jahre. Gehäuft ist die Krankheit bei Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss, geringem sozioökonomischem Status und bei Alleinstehenden zu finden. Noch nicht geklärt ist die Frage, ob die soziale Benachteiligung eine Mitursache oder die Folge der Schizophrenie ist.
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Schizophrenie-Arten: Drei unterschiedliche Formen
Die Schizophrenie hat viele Gesichter. So gibt es mehrere Arten der psychischen Erkrankung, bei der jeweils andere Symptome in unterschiedlicher Ausprägung im Vordergrund stehen. Allen gemeinsam ist: Die Schizophrenie ist eine sehr einschneidende Erkrankung, die schwere Folgen nach sich ziehen kann, wenn Ärzte sie nicht rechtzeitig diagnostizieren und behandeln. Drei Schizophrenie-Formen unterscheiden Psychiater hauptsächlich:
- Paranoide Schizophrenie: Sie kommt mit ungefähr 65 Prozent der Fälle am häufigsten vor. Meist beginnt sie im Alter zwischen 25 und 35 Jahren. Typisch für die paranoide Schizophrenie sind Wahnvorstellungen und Halluzinationen.
- Hebephrene Schizophrenie: Diese Form beginnt meist im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. Vor allem das Gemüt und die Gefühlswelt sind beeinträchtigt.
- Katatone Schizophrenie: Sie beginnt ebenfalls meist zwischen 15 und 25 Jahren. Sie äußert sich in Störungen der Motorik und Bewegungen.
Neben diesen drei Hauptformen gibt es noch weitere, seltenere Ausprägungen der Erkrankung.
Schizophrenie: Ursachen sind weitgehend unbekannt
Die Ursachen der Schizophrenie sind noch immer nicht aufgeklärt. Experten vermuten jedoch, dass mehrere neurobiologische, psychologische und soziale Faktoren zusammenwirken müssen, damit die Erkrankung tatsächlich ausbricht. Eine Erklärungsmöglichkeit bietet das sogenannte „Vulnerabilitäts-Stress-Coping-Modell“: Schizophrenie-Patienten sind empfindsamer (Vulnerabilität), besitzen weniger Widerstandskraft (Resilienz) und halten belastenden Lebensereignissen schlechter stand. Die Ursache für diese Anfälligkeit liegt auch in den Genen (genetische Disposition). Gleichzeitig können sie mit innerlichen oder äußerlichen Stressfaktoren schlechter umgehen und verfügen über keine wirksamen Bewältigungsstrategien (Coping).
Folgende Faktoren können bei der Entstehung der Schizophrenie eine Rolle spielen und sie begünstigen:
- Gene: Bekannt ist, dass die Schizophrenie genetisch bedingt ist, aber nur teilweise. Betroffene besitzen „Empfänglichkeitsgene“, sogenannte Suszeptibilitätsgene. Mehr als 100 solcher Risikogene haben Wissenschaftler bislang ausfindig gemacht. Allerdings ist der einzelne Beitrag dieser Gene sehr klein. Zu einem gewissen Teil ist also die Schizophrenie vererbbar. So haben Angehörige von Betroffenen ein erhöhtes Risiko für diese Psychose. Wie hoch es ist, hängt von der Enge der Verwandtschaft ab. Bei eineiigen Zwillingen liegt das Erkrankungsrisiko bei bis zu 50 Prozent. Ist ein Eltern- oder Geschwisterteil erkrankt, beträgt es ungefähr zwölf Prozent.
- Veränderungen im Gehirn: Forscher wissen, dass einige Botenstoffe im Gehirn im Übermaß aktiv sind, etwa Dopamin, Serotonin und Glutamat. Wenn deren Gleichgewicht aus der Balance gerät, läuft die Kommunikation zwischen verschiedenen Gehirnarealen nicht mehr reibungslos. Die Struktur und Organisation von Gehirnfunktionen sind gestört.
- Entwicklungsstörungen im Mutterleib oder in der Kindheit
- Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt, z. B. Virusinfektion der Mutter
- Schlafstörungen
- Drogenkonsum, z. B. Cannabis, Amphetamine
- Mangelernährung
- Einschneidende Veränderungen im Leben: Trennung, Scheidung, Umzug, neuer Beruf
- Manchmal liegen die Schizophrenie-Ursachen in der Kindheit: Seelische Traumata in der frühen Kindheit, Aufwachsen in einer städtischen Umgebung oder ein Familienklima mit starker Kritik und Bevormundung
Es gibt nicht „den einen“ Risikofaktor für die Schizophrenie, sondern es müssen mehrere aufeinander treffen. Welche es genau sind, ist von Mensch zu Mensch sehr verschieden.
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Schizophrenie behandeln – mehrere Therapien kombinieren
Die Schizophrenie-Therapie sollte immer so schnell wie möglich beginnen. Sonst kann die Erkrankung schwerwiegende Folgen für die Gesundheit, den Lebensalltag und das Sozialleben haben. Bekannt ist jedoch aus einer Umfrage, dass in Deutschland nur etwa 40 Prozent der Menschen mit einer Psychose (nicht nur Schizophrenie) in irgendeiner (nicht nur Facharzt) Therapie sind. Die Schizophrenie behandeln können Ärzte in einer Klinik oder ambulant in einer niedergelassenen Facharztpraxis.
An der Therapie einer Schizophrenie sind Ärzte und verschiedene Therapeuten beteiligt, die eng vernetzt zusammenarbeiten. Sie tüfteln gemeinsam einen individuellen Behandlungsplan aus. Welche Therapien bei Schizophrenie in Frage kommen, hängt von der Erkrankungsphase (Akut-, Stabilisierungs- und Remissionsphase), aber auch den Wünschen und Bedürfnissen des erkrankten Menschen ab. Ärzte kombinieren mehrere Therapien miteinander, die Behandlung fußt also immer auf mehreren Bausteinen. So werden zum Beispiel gegen die Schizophrenie Medikamente, eine kognitive Verhaltenstherapie und die Soziotherapie eingesetzt.
Zunächst geht es darum, die akuten psychotischen und andere Symptome möglichst schnell zum Abklingen zu bringen. So sollen Betroffene wieder ein selbstständiges, selbstbestimmtes und mündiges Leben führen können. Sie sind dann in der Lage, ihre Interessen selbst durchsetzen, sich zu organisieren und ihre Lebensverhältnisse individuell zu bestimmen. Wichtig ist es auch, Angehörige, Lebenspartner und enge Vertraute in die Behandlung mit einzubeziehen.
Schizophrenie-Medikamente: Antipsychotika greifen an den Botenstoffen im Gehirn an
Antipsychotika (Neuroleptika) lassen akute Symptome wirksam abklingen, zum Beispiel Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Sie zielen auf das Gleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn ab und bringen sie wieder ins Lot. Angriffspunkte sind zum Beispiel Dopamin und Serotonin. Ärzte kombinieren meist mehrere Schizophrenie-Medikamente miteinander. Es gibt heute moderne Neuroleptika der zweiten Generation (atypische Neuroleptika), die gut wirken und weniger Nebenwirkungen als ältere Arzneien aus dieser Substanzklasse besitzen.
Patienten müssen die Medikamente – in niedrigerer Dosierung als zu Beginn – noch ein bis zwei Jahre weiter einnehmen. Sonst droht womöglich ein Rückfall und die Schizophrenie kehrt zurück. Ein Problem ist, dass manche Patienten ihre Medikamente selbst absetzen, weil die Krankheitseinsicht fehlt und sie sich wieder vollkommen gesund fühlen. Manchmal weiß auch ihr Arzt nichts davon.
Ein wichtiger Pfeiler für den Therapierfolg ist es daher, dass Patienten ihrem Arzt vertrauen, bei Problemen mit ihm sprechen, die medikamentöse Schizophrenie-Therapie für sich annehmen und hinter ihr stehen. Und: Ärzte verabreichen die Antipsychotika niemals allein, sondern wählen zusätzlich noch andere, nicht-medikamentöse Maßnahmen aus.
Schizophrenie behandeln – weitere Therapien
Neben den Medikamenten gibt es noch viele weitere Behandlungsmaßnahmen bei Schizophrenie. Die wichtigsten sind:
- Kognitive Verhaltenstherapie und andere Psychotherapien: Sie helfen dabei, das meist einschneidende Krankheitserlebnis zu verarbeiten, Lebensprobleme (wieder) zu meistern, sich selbst zu finden sowie die Realität zu erkennen und zu bewältigen. Die Psychotherapie soll außerdem Störungen der Wahrnehmung, irrationale Überzeugungen, Voreingenommenheit und unvernünftige Vorstellungen korrigieren helfen.
- Psychoedukation: Fachleute vermitteln den Patienten Wissen über die Schizophrenie, meist geschieht dies in Gruppen.
- Soziotherapie: Sie soll negative soziale Folgen in der Familie, am Arbeitsplatz oder im gesellschaftlichen Leben vermeiden helfen. Trainiert werden soziale Kompetenzen, etwa die Kommunikationsfähigkeit und soziale Wahrnehmung. Auch Arbeits- und Beschäftigungstherapien oder das Einüben strukturierter Tagesabläufe sind Teil der Soziotherapie. Wichtig ist es immer, die Familie und das soziale Umfeld mit einzubeziehen. Denn ein besseres Verständnis der Schizophrenie hilft nicht nur bei der Krankheitsbewältigung, sondern auch bei der Vorbeugung von Rückfällen.
- Training kognitiver Fähigkeiten: Betroffene trainieren die Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, das Gedächtnis, die planerischen Fähigkeiten und das Denken.
- Ergotherapie: Dabei üben Patienten verschiedenen Tätigkeiten, die sie im Alltag brauchen.
- Physiotherapie: Aktive oder passive Bewegungsformen, um die Beweglichkeit und Funktionen des Bewegungsapparates zu verbessern.
- Körper- und Sporttherapie: Sie erhöhen die körperliche Fitness und verbessern die Stimmung.
- Künstlerische Therapien, zum Beispiel Musik-, Kunst-, Theater- oder Tanztherapie verbessern die Körperwahrnehmung und den Gefühlsausdruck
- Rehabilitative und andere Maßnahmen der Integration: soziale Integration und Inklusion, verbesserte Fähigkeit zur Realisierung von Lebenszielen, bessere Lebensqualität
Ärzte und Therapeuten können die psychische Erkrankung heute gut behandeln, aber nicht immer können sie die Schizophrenie heilen. Manche erleben wieder neue Episoden der Erkrankung.
Schizophrenie bei Kindern
Eine Schizophrenie bei Kindern vor dem 13. Lebensjahr ist äußerst selten. Die hebephrene Schizophrenie wie auch die katatone Schizophrenie beginnen in der Regel zwischen dem 15. Und 25. Lebensjahr, also bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die häufigste Form – die paranoide Schizophrenie – zeigt sich in noch späterem Alter, zwischen 25 und 35 Jahren.
Bricht die Schizophrenie zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr aus, sprechen Ärzte von „early onset schizophrenia“, abgekürzt (EOS). Vor allem männliche Jugendliche und junge Erwachsene sind davon betroffen. Entwickelt sie sich vor dem 13. Lebensjahr, heißt sie „childhood onset schizophrenia (COS). Sie kommt sehr selten vor. Allerdings ist die Diagnose in diesem frühen Alter nicht immer sicher zu stellen, denn es können auch andere Störungen dahinter stecken.
Wenn eine Schizophrenie bei Kindern auftritt, lassen sich oft folgende Kennzeichen feststellen:
- Schleichender Beginn der psychischen Erkrankung
- Verstärkte soziale, motorische und sprachliche Entwicklungsdefizite
- Familiäre Belastung: Schizophrenie kommt gehäuft in der Familie vor
- Die Kinder sind schon vor Ausbruch der Erkrankung schlecht angepasst
Eine Behandlung der Kinder mit Antipsychotika zeigt manchmal nicht den gewünschten Erfolg. Insgesamt verläuft die Schizophrenie bei Kindern tendenziell schwer und besitzt eine schlechtere Prognose.
Wenn Sie vermuten, dass Ihr Kind keine normalen Stimmungsschwankungen hat und sich nicht wie andere Kinder entwickelt, suchen Sie immer den Kinder- und Jugendarzt auf. Nur er kann feststellen, ob es sich tatsächlich um eine Schizophrenie handelt.
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Schizophrenie: Verlauf ist sehr verschieden
Der Verlauf der Schizophrenie ist bei manchen Menschen günstig: Bei rund 20 Prozent bleibt es bei einem Schub. Sie erleben keine neue psychotische Episode mehr und bleiben seelisch gesund. Aber nicht immer läuft es so gut: Etwa 60 von 100 Betroffenen haben nach der ersten Episode innerhalb von zwei Jahren einen Rückfall.
Eine akute Psychose kann Wochen oder sogar Monate andauern und erst dann abklingen. Die meisten brauchen einige Zeit, bis sie ihren Alltag wieder normal bestreiten oder in ihren Beruf wieder einsteigen können. Die Erfahrungen einer Psychose sind nicht ganz leicht zu „verdauen“. Viele sind verunsichert und das Selbstwertgefühl hat gelitten.
Bei etwa einem Viertel der Menschen mit Schizophrenie klingen die Beschwerden nie ganz ab, sondern nehmen langsam zu – und bleiben dann dauerhaft bestehen. Die Symptome sind oft stark ausgeprägt und schwer behandelbar.
Etliche Betroffene brauchen viel Hilfe und Unterstützung, um ihren Alltag zu bewältigen oder beruflich wieder einigermaßen Tritt zu fassen. Einige können gar nicht mehr arbeiten. Auch das Sozialleben leidet unter der Krankheit: Viele finden schwer Freunde oder geraten mit anderen in Konflikte. Sie ziehen sich in die eigenen vier Wände zurück. Auch das hat Folgen: Abbruch von Schule, Studium oder Berufsausbildung, Arbeitslosigkeit, sozialer Abstieg, geringer Verdienst oder Frührente. Außerdem ist die Krankheit Schizophrenie bis heute gesellschaftlich mit einem Stigma behaftet. Kranke werden ausgegrenzt und weniger akzeptiert.
Schizophrenie: Lebenserwartung sinkt
Auch auf die Lebenserwartung hat die Schizophrenie Einfluss. So sterben Betroffene durchschnittlich zehn Jahre früher als der Bevölkerungsdurchschnitt. Besonders gefährdet sind Erkrankte mit häufigen Rückfällen. Die Gründe dafür sind:
- Suchtkrankheiten: verstärkter Konsum von Alkohol, Nikotin und Drogen
- Weitere Erkrankungen wie Infektionen, Diabetes oder Herzkrankheiten – entweder als Folge des Lebensstils oder durch die Nebenwirkungen der Medikamente
Manche Erkrankte nehmen sich das Leben. Wenn es Ärzten und Therapeuten jedoch gelingt, die Schizophrenie gut zu behandeln, steigt auch die Lebenserwartung.
Schizophrenie: Diagnose immer beim Psychiater
Die Schizophrenie steht im ICD-10-Katalog unter dem Kürzel F20. ICD-10 ist die Internationale Klassifikation der Krankheiten (engl. International Classification of Diseases). Dort sind alle Schizophrenie-Formen niedergeschrieben: Hinter F20.0 verbirgt sich die paranoide Schizophrenie, hinter F20.1 die hebephrene Schizophrenie und hinter F20.2 die katatone Schizophrenie.
Die Diagnose einer Schizophrenie gehört in die Hände eines erfahrenen Psychiaters, der gut mit dem Krankheitsbild vertraut ist. Denn manchmal sind andere körperliche oder psychische Erkrankungen der Grund für die Symptome, zum Beispiel eine Depression, bipolare Störung, Zwangsstörungen oder Tumoren.
Die Schizophrenie-Diagnose stellen Psychiater anhand verschiedener Kriterien, zum Beispiel:
- Die Symptome müssen mindesten vier Wochen lang bestehen: Die wichtigsten sind Wahnvorstellungen und akustische Halluzinationen (Stimmen hören)
- Ärzte beobachten das Verhalten ihres Patienten
- Gespräche mit Angehörigen geben weiteren Aufschluss über den Zustand, die Beschwerden und das Verhalten
- Psychologische Tests: Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis
- Körperliche und neurologische Untersuchung (Funktion des Nervensystems) sowie bildgebende Verfahren wie Computertomografie (CT) oder Magnetresonsanztomografie (MRT), um andere Erkrankungen auszuschließen
- Blutuntersuchung
- Drogentests
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Informationen für Angehörige
Erkrankt ein Familienmitglied oder Freund an einer Psychose, ist das für die Angehörigen oft schwer zu ertragen. Häufig leben Betroffene in einer akuten Phase der Erkrankung in einer wahnhaften welt, die für Außenstehende nur schwer zu begreifen ist. Möglicherweise sind sogar Angehörige Teil der wahnhaften Welt und Betroffene reagieren mit Misstrauen, ziehen sich zurück oder reagieren gar feindselig.
Die meisten Angehörigen wissen in dieser Situation oftmals nicht, was los ist und sind sie unsicher, wie sie sich dem Erkrankten gegenüber verhalten sollen und wie sie ihm helfen können. Oftmals erkennen ERkrankte ihren eigene ZUstand nicht und weigern sich, eine Therapie zu beginnen. Im Umgang mit erkrankten Personen kann folgendes helfen:
- Betroffene erleben häufig enormen Stress, versuhen Sie im Umgnag mit ihnen Ruhe auszustrahlen und sorgen Sie für eine entspannte Umgebung. Akzeptieren Sie, wenn er sich zurückziehen möchte. Und vermeiden Sie, mit ihm zu streiten oder ihm Vorwürfe zu machen.
- Bieten Sie Sicherheit. Seien Sie für Ihren Angehörigen da, zeigen Sie ihm, dass Sie ihn weiterhin lieben und zu ihm halten.
- Versuchen Sie nicht, dem Erkrankten seine Wahnvorstellungen auszureden, sondern hören Sie ihm zu und interessieren sich für sein Erleben. Nehmen Sie Ihren Angehörigen ernst und zeigen Sie Verständnis und Akzeptanz für seine Situation – ohne dabei direkt auf die Wahnvorstellungen einzugehen. Eventuell können Sie versuchen das Gespräch auf neutralere Themen zu lenken.
- Regen Sie Ihren Angehörigen zu regelmäßiger körperlicher Aktivität an, zum Beispiel, indem Sie gemeinsam mit ihm spazieren gehen.
- Sollten Sie das Gefühl haben, dass ihr Angehöriger agressiv reagiert und sich eventuell selbst gefähreden könnte, kontaktieren Sie den behandelnden Arzt oder den sozialpsychatrischen Notdienst.
- Eine wichtige Hilfe und Anlaufstelle können auch Angehörigengruppen sein, diese finden Sie unter anderem hier: www.nakos.de
Quellen
- S3-Leitlinie: Schizophrenie (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V.(DGPPN)); Stand: 15.03.2019
- Online-Informationen Berufsverbände und Fachgesellschaften für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien: www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org; Abruf: 27.07.2019
- Online-Informationen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG): www.gesundheitsinformation.de; Abruf: 21.07.2019
- Online-Informationen Kompetenznetzes Schizophrenie: www.kns.kompetenznetz-schizophrenie.info; Abruf: 20.07.2019
- Online-Informationen Bundes Psychotherapeuten Kammer: www.bptk.de/patienten/psychische-krankheiten; Abruf: 21.07.2019
- Online-Informationen Robert Koch-Institut (RKI): www.rki.de; Abruf: 20.07.2019
- Online-Informationen Universität Ulm: www.uni-ulm.de; Abruf: 20.07.2019
- Online-Informationen Universitätsklinikum Ulm: www.uniklinik-ulm.de; Abruf: 20.07.2019