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Morbus Bechterew

Welche Symptome verursacht Morbus Bechterew und wie erfolgt die Diagnose? Hier finden Sie Antworten

© Maren Peters

Maren Peters, Biologin und Wissenschaftsjournalistin

Geprüft von Werner Siefer, Biologe

Veröffentlicht:
Aktualisiert: 2021-06-01T00:00:00+02:00 2021-06-01T00:00:00+02:00

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Inhaltsverzeichnis
Arzt untersucht die Wirbelsäule eines Patienten mit seinen Händen

© Shutterstock

Morbus Bechterew oder Spondylitis ankylosans

Morbus Bechterew ist eine chronische, entzündlich-rheumatische Erkrankung, die (phasenweise) sehr schmerzhaft sein kann. Sie betrifft vor allem die Gelenke der Wirbelsäule und des hinteren Beckens, des Kreuz-Darmbeins. Morbus Bechterew zählt zu den rheumatischen Erkrankungen, die das axiale Skelett betreffen (Fachbegriff: axiale Spondylarthritis, kurz axSpA). Unbehandelt verformt und versteift (verknöchert) sich die Wirbelsäule im Verlauf der bislang unheilbaren Autoimmunerkrankung zunehmend, was die Beweglichkeit beeinträchtigt.

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Die korrekte medizinische Bezeichnung für Morbus Bechterew lautet ankylosierende Spondylitis (AS; Spondylitis anky­losans), was zu Deutsch so viel wie „krümmende und versteifende Entzündung der Wirbelkörper“ bedeutet. An Morbus Bechterew können Menschen in jedem Alter erkranken, häufig sind gerade jüngere Personen (unter 30 Jahren) betroffen. Je früher Morbus Bechterew diagnostiziert und behandelt wird, desto besser ist die Prognose für den Krankheitsverlauf.

Der für eine Spondylitis anky­losans umgangssprachlich gebräuchliche Name Morbus Bechterew ist abgeleitet vom Namen des russischen Neurologen und Psychiaters Wladimir Bechterew (1857-1927). Bechterew führte unter Anderem diverse Untersuchungen zu Aufbau und Funktion des zentralen Nervensystems durch. Er beschrieb 1892 auch die Bechterew`sche Krankheit, eine entzündliche Arthritis (Gelenkentzündung) der Wirbelsäule, die – soweit ihm bekannt war – nur bei Männern auftritt. 

Wirbelsäulen Verkrümmung im Zeit Verlauf bei Erkrankung

© Science Photo Library

Rheuma in der Wirbelsäule: Bei Morbus Bechterew entzünden sich Teilbereiche der Wirbelsäule chronisch, welche im weiteren Verlauf zu Verknöcherungen der Wirbel und bleibenden Schäden führen können. Die abgebildete Grafik zeigt die zunehmende Verformung der Wirbelsäule, die häufig zu enormen Einschränkungen in der Beweglichkeit bei Betroffenen führt.

Symptome bei Morbus Bechterew

Morbus Bechterew betrifft laut Expertenschätzungen etwa knapp ein Prozent der Menschen in Mitteleuropa. Entgegen früherer Annahmen deuten neue Untersuchungen darauf hin, dass Frauen und Männer gleichermaßen erkranken. Die meisten Quellen gehen jedoch davon aus, dass Männer etwa zwei- bis dreimal so häufig betroffen sind.

Schmerzen bei Morbus Bechterew

Typische Anzeichen für Morbus Bechterew (ankylosierende Spondylitis) sind lang anhaltende, tief sitzende Schmerzen im Rücken, dem Gesäß oder der Hüfte, die in den Morgenstunden besonders stark ausgeprägt sind. Häufig tritt auch eine Morgensteifigkeit auf. Bei vielen Morbus Bechterew-Betroffenen sind die Schmerzen so groß, dass sie davon in der zweiten Nachthälfte aufwachen und sich bewegen müssen. Lässt der Schmerz durch Bewegung langsam nach, ist dies ein Hinweis auf entzündliche Rückenschmerzen. Die Schmerzen gelten als chronisch, wenn sie länger als zwölf Wochen bestehen.

Neben dem Rücken können bei Morbus Bechterew weitere Gelenke von Entzündungen (Arthritis) betroffen sein, manchmal auch Sehnen (Enthesitis). Typisch sind dann Schmerzen in der Ferse. Bei manchen Patienten entzünden sich ganze Finger oder Zehen im Strahl (Daktylitis). Langfristig beeinträchtigen die entzündlichen Veränderungen in den Gelenken und am Skelett die aufrechte Haltung, führen zu schmerzhaften Muskelverspannungen und schränken die Beweglichkeit ein, vor allem im Bereich der Wirbelsäule.

Die Entzündungen verlaufen im Schub

Während einer akuten Entzündungsphase, dem Schub, leiden die Patienten unter besonders starken Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, ihr Rücken kann sich deutlich krümmen. Wird Morbus Bechterew früh genug erkannt und behandelt, erlangen viele Betroffene jedoch außerhalb der Schübe beinahe ihre normale Haltung zurück. Allerdings bleibt häufig eine verminderte Knochendichte (Osteopenie) bestehen, manchmal Knochenschwund (Osteoporose).

Zu den Beeinträchtigungen des Muskel-Skelett-Systems kommen bei etwa der Hälfte der Morbus Bechterew-Patienten Beschwerden in anderen Geweben und Organen. Besonders häufig sind die Augen betroffen, bei denen sich die Regenbogenhaut entzündet (Uveitis), oder die Haut, indem sich eine Schuppenflechte (Psoriasis) entwickelt. Auch der Darm kann bei Morbus Bechterew mit chronisch-entzündlich erkranken, etwa an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Ist die Krankheit weiter fortgeschritten, können Atembeschwerden auftreten.

Ein versteifter Rundrücken ist typisch für das Vollbild der entzündlich-rheumatischen Wirbelsäulenerkrankung, den Bechterew

© Focus Gesundheit

➊ Ein versteifter Rundrücken ist typisch für das Vollbild der entzündlich-rheumatischen Wirbelsäulenerkrankung, den Bechterew. ➋ Zur Entzündung kommt es, wenn Abwehrzellen irrtümlich Knorpelbestandteile angreifen. Benachbarter Knochen wird beschädigt. Reparaturvorgänge führen schließlich zu überschießender Gewebeneubildung. ➌ Unbehandelt fixieren Knochenbrücken immer größere Teile der Wirbelsäule. Entzündungshemmer und Physiotherapie sollen den Prozess aufhalten.

Morbus Bechterew bei Frauen

Morbus Bechterew äußert sich bei Frauen meist durch andere Symptome als bei Männern, vor allem zu Beginn. Daher wird Morbus Bechterew bei Frauen in der Regel erst deutlich später erkannt. Auch dies könnte dazu beitragen, dass von den in Deutschland um die 340.000 registrierten Morbus Bechterew-Erkrankten nur ungefähr ein Viertel Frauen sind.

Das zeichnet Morbus Bechterew bei Frauen aus:

  • erste Symptome häufiger an Gelenken außerhalb der Körperachse
  • zu Beginn öfter die Halswirbel statt der untere Rücken betroffen
  • Entzündungen von Sehnenansätzen und Schleimbeuteln an für Morbus Bechterew untypischen Körperstellen
  • scheinbar langsameres Fortschreiten der Erkrankung
  • Versteifungen und Verknöcherungen treten meist erst in späteren Stadien auf als bei Männern
  • die Schmerzbelastung ist trotzdem keinesfalls geringer

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Diagnose von Morbus Bechterew

Bei den meisten Patienten wird Morbus Bechterew erst Jahre nach Auftreten der ersten Symptome diagnostiziert. Rückenschmerzen sind weit verbreitet und ein sehr unspezifischer Hinweis auf eine Erkrankung. Sie können viele Ursachen haben. Oft gehen Betroffene erst zum Arzt, wenn weitere Beschwerden auftreten oder die Schmerzen unerträglich werden.

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Anzeichen für Morbus Bechterew ergeben sich für den Arzt durch ein ausführliches Gespräch, bei dem er die Krankengeschichte und aktuelle Beschwerden erfragt (Anamnese). Anschließend wird er seinen Patienten umfassend untersuchen. Erhärtet sich der Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung oder sogar schon auf Morbus Bechterew, können bildgebende Verfahren wie Röntgen oder eine Kernspintomografie/ Magnetresonanztomografie (MRT) weitere Anhaltspunkte liefern.

Diagnosekriterien

  • Beginn der Erkrankung vor dem 40. Lebensjahr
  • Verlauf schleichend
  • Beschwerden bestehen seit mindestens drei Monaten
  • Schmerzen vor allem am frühen Morgen
  • Morgensteifigkeit
  • Besserung der Beschwerden durch Bewegung

Bildgebende Verfahren

Durch klassisches Röntgen werden bereits vorliegende, knöcherne Veränderungen an der Wirbelsäule, den Kreuzdarmbein- und Hüftgelenken sichtbar. Sie entstehen bei Morbus Bechterew als Folge früherer Entzündung. Ist die Erkrankung schon weit fortgeschritten, sind sogenannte Syndesmophyten erkennbar. Das sind von einer Wirbelkante ausgehende Knochenneubildungen, welche die Bandscheibenfächer mit der Zeit überwachsen (überbrücken) und eindeutige Hinweise auf Morbus Bechterew. Von welchem Bereich der Wirbelsäule ein Röntgenbild aufgenommen wird, hängt davon ab, wo der Patient Beschwerden hat.

Zeigt das Röntgenbild keine deutlichen Veränderungen, der Patient aber typische Symptome einer axialen Spondyloarthritis (axSpA), kann die Diagnose einer nicht-röntgenologischen axialen SpA gestellt werden. Auf die Behandlung wirkt sich der Unterscheidung zwischen Morbus Bechterew und nicht-röntgenologischer axialer Spondyloarthritis kaum aus.

Wie schnell die Erkrankung fortschreitet, ist von den individuellen Voraussetzungen des Patienten, dem Zeitpunkt der DiagnoseMorbus Bechterew“ und der Beständigkeit bei der Therapie abhängig. Regelmäßige Röntgenuntersuchungen der Wirbelsäule und des Beckens dokumentieren den Verlauf der Erkrankung.

Durch eine Magnetresonanztomografie (MRT) können auch aktive Entzündungsstadien von Morbus Bechterew sichtbar gemacht werden. Ein MRT kann das Röntgen ergänzen, sichert aber auch die Diagnose von frühen Formen ohne knöcherne Veränderungen. Ähnliches leistet eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie; speziell: Arthrosonografie). Sie deckt entzündliche Veränderungen von Gelenken (Arthritis) und Sehnenansätzen (Enthesitis) auf.

Labortests

Bluttests durch ein Labor geben Aufschluss über Entzündungsherde im Körper sowie verschiedene andere Werte und Erbmaterial (Gene), die mit Morbus Bechterew in Verbindung stehen. Der CRP-Wert (C-reaktives Protein) zeigt das aktuelle Ausmaß der Entzündungen an. Patienten mit Morbus Bechterew haben meist erhöhte CRP- und Blutsenkungs-Werte. Wie häufig ein Bluttest durchgeführt wird, hängt von den Beschwerden, dem Gesundheitszustand und den Medikamenten ab, die der Betroffene einnimmt.

Ein anderer möglicher Test bei Morbus Bechterew sucht nach einem bestimmten Erbfaktor im Blut: HLA-B27. Über 80 Prozent der Morbus Bechterew-Patienten tragen dieses ererbte (genetische) Merkmal in sich. Bei gesunden Menschen kommt es nur bei unter zehn Prozent vor. HLA-B27 ist also ein Hinweis, wie wahrscheinlich eine Morbus Bechterew-Erkrankung oder axiale Spondyloarthritis ist.

Morbus Bechterew gehört zu den entzündlichen Autoimmunerkrankungen, umgangssprachlich Rheuma genannt. Der Faktor HLA-B27 ist ein Eiweißmolekül, welches regulierend auf das Immunsystem wirkt. Wird er bei einer Person nachgewiesen, sollten weitere Untersuchungen folgen. Das Vorliegen des Erbfaktors alleine ist kein Beweis für Morbus Bechterew. Ist HLA-B27 hingegen nicht nachweisbar, schließt das die Erkrankung nicht aus.

Für die Diagnose Morbus Bechterew muss der Arzt alle Untersuchungsergebnisse berücksichtigen. Die Laborwerte und Bilder zeigen das aktuelle Stadium der Erkrankung, wie weit sie fortgeschritten ist und ob ein akuter Schub vorliegt. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule und anderer Gelenke kann bei Morbus Bechterew sowohl durch entzündliche (reversible) Prozesse als auch durch knöcherne Veränderungen (nicht reversibel) und Knorpelabbau beeinträchtigt werden.

Die Diagnose Morbus Bechterew stellt in der Regel ein Rheumatologe. Etwa die Hälfte der Patienten leidet jedoch auch unter Beschwerden außerhalb des Skeletts. Diese sollten je nach Symptomen und betroffenen Geweben fachübergreifend (interdisziplinär) von verschiedenen Fachärzten behandelt werden. Der Verlauf von Morbus Bechterew, die Aktivität der Krankheit, ob und wie sehr sie den Betroffenen körperlich sowie in seinem Alltag einschränkt, kann anhand von Fragebögen erfasst werden - für alle beteiligten Ärzte gleichermaßen zugänglich.

Behandlung von Morbus Bechterew

Morbus Bechterew sollte mit einem umfassenden Therapie-Konzept behandelt werden. Welcher Baustein im Vordergrund steht hängt vom Stadium der Erkrankung und Schmerzzustand des Patienten ab. Bei einem akuten Schub stehen Schmerzlinderung und Entzündungshemmung an erster Stelle, außerhalb der Schübe viel Bewegung mit mobilisierenden und stabilisierenden Übungen. Ein gutes Konzept besteht bei Morbus Bechterew zum einen aus Information und Schulung des Betroffenen, was in seinem Körper vor sich geht und wie er seinen Alltag mit der Erkrankung zukünftig am besten meistern kann. Zum anderen werden die Symptome behandelt, mit einer Kombination aus Physiotherapie oder Krankengymnastik und Medikamenten. Es können auch Injektionen und seltener eine Operation bei Morbus Bechterew nötig sein.

Morbus Bechterew Übungen

Die Basis einer Morbus Bechterew- Therapie bilden regelmäßige Bewegungsübungen. Abhängig von den Schmerzen und dem Entzündungszustand verordnet der Arzt zudem Medikamente. Unter Umständen müssen dauerhaft nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) eingenommen werden. Spricht ein Patient nicht auf die Standardtherapie an, kann er mit sogenannten TNF-alpha-Blockern behandelt werden.

Die Bewegungstherapie erhält oder verbessert sogar die Beweglichkeit der Patienten und erleichtert so den Alltag mit Morbus Bechterew. Medikamente allein können dies nicht leisten. Mit der richtigen Physiotherapie und intensivem Training können die Beschwerden soweit gelindert werden, dass manche Betroffene ihre Medikamentendosis herabsetzen können.

Eine regelmäßige Bewegungstherapie erhält trotz Morbus Bechterew nicht nur die körperliche Funktionsfähigkeit, sie lindert im Verlauf der Übungen auch deutlich die Schmerzen. Langfristig stabilisiert das Training den Körper, verbessert Haltung, Koordination und beugt Stürzen vor. Welche Übungen am besten wirken, ist bei Morbus Bechterew von Patient zu Patient verschieden. Bei jedem sind andere Körperbereiche betroffen.

Neben einer vom Arzt verordneten Physiotherapie oder Krankengymnastik organisiert die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB) in vielen Orten verschiedene Bewegungsangebote. Darunter wöchentliche Funktionstherapie und Kurse mit für Morbus Bechterew-Patienten geeigneten Sportarten. Auch diese Angebote können verordnet und der Beitrag von den Kassen übernommen werden. Die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB) bietet auch Unterstützung durch Selbsthilfegruppen.

Ernährung bei Morbus Bechterew

Die meisten Untersuchungen zur Ernährung bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen beziehen sich auf Patienten mit rheumatoider Arthritis, dem „klassischen Gelenkrheuma“. Grundsätzlich können die Erkenntnisse auf andere Formen von entzündlichen Rheumaformen übertragen werden, auch auf Morbus Bechterew.

Allgemein gehört eine ausgewogene Ernährung (Mischkost) zusammen mit ausreichend Bewegung und Entspannungsmomenten zu einer gesunden Lebensweise. Starkes Übergewicht sollte generell vermieden werden. Diäten, vor allem dauerhafte, bergen jedoch immer die Gefahr eines Nährstoffmangels. Wer seine Ernährung umstellen möchte, sollte sich umsichtig informieren und bei übertriebenen Versprechen stutzig werden. Eine Erkrankung wie Morbus Bechterew verschwindet nicht in Kürze, weil einzelne Lebensmittel nicht mehr verzehrt werden.

Es gibt allerdings Lebensmittel, die Substanzen enthalten, welche als Botenstoffe im Körper wirken oder solche beeinflussen können. Darunter auch Stoffe, die Entzündungsprozesse verstärken oder bremsen. Daher kann die Ernährung durchaus ein wichtiger Bestandteil der Morbus Bechterew-Therapie sein. Eine Ernährungsumstellung wirkt jedoch, wenn dann deutlich langsamer und nicht so intensiv wie Medikamente. Die Ernährung kann also die medikamentöse Behandlung kaum ersetzen, vor allem nicht zu Beginn einer Therapie.

Arznei- und Lebensmittel können sich bei Morbus Bechterew jedoch ergänzen. Und unter Umständen ist es möglich, durch andere Ernährungsgewohnheiten Medikamente langfristig herunter zu dosieren. Am besten bespricht der Patient seine Ernährung und Umstellungspläne mit seinen behandelnden Ärzten und informiert sich bei fachkundigen Beratungsstellen. Diese können fundierte Empfehlungen zum Thema Ernährung bei Morbus Bechterew geben oder entsprechende Anlaufstellen vermitteln.

In jedem Fall sollten sich Morbus Bechterew-Patienten schnellstmöglich das Rauchen abgewöhnen. Tabak ist zwar kein Lebens-, sondern ein sogenanntes Genussmittel, der Konsum fördert jedoch offenbar knöcherne Versteifungen, wie Studien zeigen.

 

Medikamente bei Morbus Bechterew

Ziele der medikamentösen Therapie bei Morbus Bechterew sind die Schmerzen zu reduzieren, Symptome wie Steifheit und Einschränkungen zu mindert, also die Funktionsfähigkeit zu verbessern, sowie die Entzündungsprozesse im Körper zu hemmen und weitere Verknöcherungen zu verhindern. Den Schwerpunkt der Therapie sprechen Arzt und Patient ab. Er kann verändert und dem Verlauf der Morbus Bechterew-Erkrankung angepasst werden, etwa bei einem akuten Schub.

Die Standarttherapie bei Morbus Bechterew sind sogenannte nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR). Können diese die Entzündungsaktivität der Erkrankung nicht ausreichend reduzieren stehen seit einigen Jahren neue Medikamente gegen Morbus Bechterew zur Verfügung. Diese neuen Medikamente werden als Biologika bezeichnet und hemmen spezielle entzündungsfördernde Botenstoffe, die Zytokine. Zu diesen gehört auch der Tumor-Nekrose-Faktor alpha (TNF-α), Ansatzpunkt vieler Biologika-Präparate.

Die TNF-alpha-Blocker helfen in der Regel auch jenen Morbus Bechterew-Patienten, bei denen die Therapie mit NSAR nicht wirksam war. Sollten auch sie nicht zu nennenswerten Verbesserungen führen, können Patienten zu anderen TNF-Blockern wechseln. Wer unter welchen Umständen mit Biologika behandelt werden sollte, empfiehlt die Assessment of SpondyloArthritis international Society (ASAS) und die Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). Auch an weiteren Biologika wird geforscht, etwa einer Therapie mit Antikörpern.

Manche Gelenk- oder Sehnenansatzentzündungen können bei Morbus Bechterew auch durch eine in das betroffene Areal gesetzte Spritze (lokale Glukokortikoid-Injektion) behandelt werden.

Operationen bei Morbus Bechterew

Wird Morbus Bechterew in einem frühen Stadium diagnostiziert und konsequent behandelt, müssen die Patienten nur selten operiert werden. Ist die Erkrankung schon weit fortgeschritten, sind verschiedene Eingriffe möglich. Ziel ist immer, Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit oder Einschränkungen zu verbessern. Ist etwa das Hüftgelenk durch die Entzündungen geschädigt, kann es durch ein künstliches ersetzt werden. Diese Operation (Total-Endoprothese) kann unabhängig vom Lebensalter vorgenommen werden, ist jedoch ein großer Eingriff.

Manche Morbus-Bechterew-Patienten können durch die Verkrümmung ihrer Wirbelsäule nicht mehr horizontal geradeaus sehen. Ihnen kann eine Aufrichtungsoperation helfen, die Sichtachse wieder anzuheben und ihren Blickwinkel zu vergrößern. Diese Operation sollten jedoch nur erfahrene Wirbelsäulenchirurgen vornehmen. Zudem kann die Wirbelsäule bei Morbus Bechterew durch einen Wirbelbruch derart instabil werden, dass eine operative Stabilisierung nötig ist.

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Verlauf und Lebenserwartung bei Morbus Bechterew

Morbus Bechterew ist eine chronische Erkrankung. Der Verlauf zieht sich in der Regel über Jahre und Jahrzehnte, nur in seltenen Fällen tritt im Frühstadium spontan ein Stillstand ein. Häufiger verläuft Morbus Bechterew in Schüben, mit Phasen starker Schmerzen und hoher Entzündungsaktivität. Diese wechseln mit Zeiten ohne größere Beschwerden. Manche Patienten leiden auch durchgehend und haben keine Erholungsphasen ohne deutliche Einschränkungen.

Morbus Bechterew kann in jeder Phase spontan zum Stillstand kommen. Die Erkrankung verläuft bei jedem betroffenen anderes und muss entsprechend individuell behandelt werden. Typisch sind die Verknöcherungen in der Wirbelsäule, die sich als Folge der Entzündungen bildenden. Ohne Behandlung versteift und verkrümmt sich die Wirbelsäule bei Morbus Bechterew mit der Zeit immer mehr. Durch die knöcherne Durchbauung der Entzündungsareale nehmen die Schmerzen zwar meist ab, die Bewegungseinschränkungen jedoch zu.

Ausmaß der Behinderung

Je früher Morbus Bechterew erkannt und behandelt wird, desto besser kann eine solche Entwicklung verhindert oder zumindest deutlich gebremst werden. In Phasen mit hoher Entzündungsaktivität und starken Schmerzen fühlen sich die Patienten allerdings geschwächt und kaum leistungsfähig. Trotzdem können viele Menschen mit Morbus Bechterew bis zum Erreichen des normalen Rentenalters in ihrem Beruf arbeiten. Haben sie eine sehr belastende Tätigkeit, kann eine frühzeitige Umschulung helfen, nicht berufsunfähig zu werden.

In hochentwickelten Ländern kommt es nur selten zu einem sehr schweren Verlauf von Morbus Bechterew. Trotzdem kann unter Umständen ein Ausmaß der Behinderung erreicht werden, der die Betroffenen zwingt vorzeitig aus dem Berufsleben auszuscheiden. Wie schwer die Beeinträchtigungen durch Morbus Bechterew sind, stuft ein Sachbearbeiter des Versorgungsamts bei Antrag eines Behindertenausweises anhand von Befunden, Gutachten und Arztberichten ein.

Von dieser amtlichen Einschätzung hängt ab, welcher Grad der Behinderung einem Morbus Bechterew-Betroffenen anerkannt wird. Ab einem Behinderungs-Grad von 50 ist eine Person laut Gesetz schwerbehindert. Um ihre Benachteiligung zumindest etwas auszugleichen, können im Schwerbehindertenausweis sogenannte Nachteilsausgleiche oder Merkzeichen ergänzt werden. 

Prognose bei Morbus Bechterew

Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Morbus Bechterew-Patienten unterscheidet sich statistisch nicht von der der übrigen Bevölkerung.

Vererbung als Ursache von Morbus Bechterew

Die genaue Ursache für Morbus Bechterew ist nicht bekannt. Nach Stand der Wissenschaft entstehen entzündlich-rheumatische Erkrankungen aufgrund von Fehl- oder Überreaktionen des Immunsystems. In einigen Familien leiden mehrere Personen unter Morbus Bechterew oder ähnlichen Erkrankungen (Spondyloarthritiden). Dies deutet daraufhin, dass die Veranlagung für Morbus Bechterew vererbt werden kann. Bei über 80 Prozent der Patienten lässt sich der Faktor HLA-B27, ein Eiweißmolekül, durch Labortests nachweisen.

Allerdings erkranken längst nicht alle Menschen an Morbus Bechterew, die den Erbfaktor in sich tragen. Damit die Krankheit ausbricht, muss zu der Vererbung von HLA-B27 noch ein zusätzlicher Auslöser kommen. Dies scheinen in der Regel Infektionen zu sein. Die überschießende Reaktion des Immunsystems verursacht anschließend offenbar die chronischen Entzündungen an der Wirbelsäule und im Becken. Unklar ist, ob auch extreme Belastungen, körperliche wie seelische, zum Ausbruch von Morbus Bechterew beitragen. Sicherlich verstärken sie jedoch die Symptome.

Quellen
  • S3-Leitlinie: Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen (Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh), et al.); Stand: 09.11.2018
  • S3-Leitlinie: Axiale Spondyloarthritis und Morbus Bechterew (Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh), et al.); Stand: Mai 2017
  • Online-Informationen Deutsche Rheuma-Liga e. V.: www.rheuma-liga.de; Abruf: 30.04.2019
  • Online-Informationen Netzwerk zur Selbsthilfe Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V., Bundesverband (DVMB): www.frauen-bechterew.de; Abruf: 30.04.2019
  • Online-Informationen Charité Universitätsmedizin Berlin: www.bechterew-check.de; Abruf: 30.04.2019
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